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Ein Gedicht! Klassische Lyrik

Schöne neue Welt

(nach Novalis, »Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren«

aus »Heinrich von Ofterdingen«)

Wenn nicht mehr Maus und Tastaturen
Sind Schlüssel aller Signaturen,
Und wenn wir, wollen wir was wissen,
Nur in ein Headset sprechen müssen,

Wenn das Programm und seine Fibel
Sind wirklich nutzerkompatibel,
Und auch die Hilfe, die man rief,
Kommt schnell und kontextsensitiv,

Dann bleibt, dank kluger Algorithmen,
Viel Zeit, um sich der Kunst zu widmen.
Wo wir dann wandeln, traumverloren –
Ein Dank den Administratoren!

Und wo das »Read me« redundant,
Und selbst der Android charmant,
Da fliegt mit einem geheimen Klick
Die ganze Welt auf einen Stick.

Barbara Messing, Wuppertal

 

Was mein Leben reicher macht

Jeden Sommer aufs Neue begeistert mich der Inhaber unserer Eisdiele mit seiner liebevoll durchdachten Art, das Eis zum Mitnehmen zu verpacken. Auch wenn die Eisbecher auf dem Beifahrersitz Kilometer über Land gefahren wurden, ist nichts ausgelaufen und die Sahne noch genauso appetitlich in Form wie gerade eben aufgesprüht.

Sabine Gems, Weilmünster, Taunus

 

Was mein Leben reicher macht

Der alte, feingesichtige indische Herr, der gelegentlich eine Station vor mir aus dem Bus steigt, seine Tüten abstellt, meine Augen sucht und seine Hände vor der Stirn faltet und mich grü.t: »Namaste – ich grü.e das Licht in dir …«

Ulrich Imming, Stuttgart

 

65 Jahre DIE ZEIT

Die ZEIT-Leserin Elfie Grünbichler aus Hamburg verpackte ihren Wunsch in ein wunderbares Gedicht voller kühner Reime und lud die KinderZEIT in die Katholische Grundschule St. Antonius in Hamburg-Winterhude ein. Die Redakteurinnen Katrin Hörnlein und Magdalena Hamm besuchten die Klasse 4b. Sie erzählten von ihrer Arbeit – wie man für Artikel recherchiert, wer sich die Themen ausdenkt, woher die Bilder kommen.

V. l.: Magdalena Hamm und Katrin Hörnlein

Im Gegenzug fragten sie die Schüler nach Wünschen, Interessen und Ideen. „Ich würde gerne wissen, warum das Wasser flüssig ist“, fragte Schülerin Isabell. Ihre Klassenkameradin Helene wünscht sich Berichte über Pferde, Haustiere, Franz möchte mehr über Libyen und China erfahren, andere etwas über Sport und Musikinstrumente.

Zwei Schülerinnen lesen in der Pause die KinderZEIT

Zum Abschluss zeigten drei der Jungs aus der Klasse ihre Version von „Monsta“, dem Hit von Culcha Candela. „Der Besuch war spannend“, resümierte Lea-Francesca. Und Charlien fand  „toll, dass viel über die Zeitung gesprochen wurde, und dass wir was über uns erzählen konnten“. Dieser Meinung war auch Hedda: „Ich mag, dass Sie sich um uns kümmern, und dass echte Redakteure bei uns waren.“

Klasse 4b der Grundschule St. Antonius in Hamburg-Winterhude

 

Nomen est Omen

Ich sammle Namen – seit 35 Jahren. Angefangen hat das mit einem Kinderarzt namens Dr. Bub, dem sich die Hautärzte Dr. Richard Pickelmann und Dr. Pilz, der HNO-Spezialist Dr. Vollnhals und der Strahlentherapeut Dr. Krebs hinzugesellten, die für ihre Patienten hoffentlich nie den Bestattungsdienst Philipp Leicher werden in Anspruch nehmen müssen.

Was hätten Josef Beeren, Katja Garofani (deutsch: Frau Nelken), Josephine Knospe, Herr Eichenlaub, der Niederländer F. Clematis und die Französin Annie Salat gemacht, wenn sie nicht Gärtner geworden wären? Möglicherweise treffen sie sich ab und zu mit dem Gartengestalter Enzio Giardino und dem Landschaftsökologen Hans Goldammer. Auch Pierre Poivre, der Nelkenbaumsetzlinge nach Europa schmuggelte, würde sich in ihrer Runde vermutlich wohl fühlen. Für unser Wohl sorgen Bianca Hopf als Chefin einer Weißbierbrauerei, in einem Münchner Hotel der Küchenchef Ansgar Schlemmer und auf dem Münchner Olympiaturm Otto Koch unter Aufsicht des Lebensmittelüberwachers Wurmseher und des Ernährungswissenschaftlers Hans Kalbfleisch.

Überhaupt die Wissenschaft! Dass Alexander Unterwasser Wasserforscher werden musste – klar. Sein Schweizer Kollege Schneebeli ist Schneeforscher, Frau Prof. Ewigleben schürft als Archäologin in der Vergangenheit. Und welcher Wissenschaftler trüge nicht gern den Namen des Botanikers Johnny Lovewisdom? Martin Green als Photovoltaikfachmann hat vielleicht gemeinsame Interessen mit Martin Grüner vom Bundesministerium für Umwelt. Radiomoderator John Records Landecker legt Platten auf. A. Nothnagel, Gabriele Pace und Uwe Seelmann kümmern sich um unser Seelenheil. Sollte finanziell was schieflaufen, kämpft Herr Ralf Steuer mit dem Finanzamt um unsere Groschen, und Peter Filzmaier beschäftigt sich als Politikwissenschaftler mit Geben und Nehmen. Und falls Chris Moneymaker und Jamie Gold, die beide im Poker Millionensummen gewonnen haben, überfallen werden, rufen sie einfach den Chef der US-Bundespolizei an – der heißt: John Pistole!

Bärbel Rott, Freising

 

Was mein Leben reicher macht

Seit 1996 bemühen wir uns mit dem Verein „Zukunft für Kinder – Aldea Laura e. V.“ darum, Mayakindern in Guatemala Schulbildung zu ermöglichen. Ich bin stolz, dass wir mittlerweile immerhin 220 Kindern Schul- und Ausbildung ermöglichen können. Kürzlich erreichte mich aus heiterem Himmel der Anruf einer Grundschul-Direktorin: „Wir haben von ihrem Guatemala-Schul-Projekt gehört und mit unseren Kindern einen Sponsorenlauf durchgeführt. 6000 Euro sind zusammengekommen.“ Ich kann mein Glück kaum fassen: So helfen Kinder Kindern.

Eberhard Nusch, Nürnberg

 

65 Jahre DIE ZEIT

Isny im Allgäu hat einen ambitionierten Plan. Die Stadt möchte eine Lücke im historischen Stadtbild entlang der mittelalterlichen Mauer mit einem modernen Tor schließen. Der weltbekannte Schweizer Architekt Peter Zumthor machte den Entwurf für das Neue Stadttor: ein Turm aus Glas, gekrönt von einer  Kugel aus Holz. Die Kugel bietet Raum für ein Café und eine kulturelle Nutzung. Nun gilt es, ein Nutzungskonzept zu entwickeln. Es muss zu Isny passen und zu diesem einzigartigen Turm, für dessen Bau die Stadt nach Sponsoren und Mäzenen sucht. Rat holen sich die Isnyer von Experten und hatten sich daher den Besuch des Architektur-Spezialisten der ZEIT, Hanno Rauterberg, gewünscht: „Ich bin gekommen, weil ich das Projekt interessant finde und Peter Zumthor schätze.“

Hanno Rauterberg (rechts) beim Stadtrundgang in Isny

Das Treffen mit dem Feuilleton-Redakteur der ZEIT folgte einem Tischgespräch mit dem Konzeptkünstler Timm Ulrichs, Annalisa Zumthor, der Frau des Architekten, der Kulturmanagement-Professorin Karen van den Berg von der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen, der Intendantin des Theaters in Chur, Ute Haferburg, und den Interventionsforschern Professor Peter Heintel und Larissa Krainer von der Universität Klagenfurt. Allen imponierten Mut und Willen der Isnyer zur Umsetzung des Projekts.

Hanno Rauterberg (rechts) im Gespräch über das Stadttor-Projekt

„Wir sind bestätigt worden, in dem, was wir bislang gemacht haben“, sagte Karin Hoser, die Leiterin des Isnyer Kulturbüros, „und wir haben in intensiven Gesprächen viele Anregungen erhalten.“ Das Kulturprogramm im Neuen Stadttor muss etwa Neues bieten, das so nur in diesem außergewöhnlichen Gebäude stattfinden kann und es muss integrieren, was die Stadt schon jetzt an Kultur zu bieten hat. „Hanno Rauterberg hat uns ermutigt, mit unserem Projekt die Identität der Stadt zu stärken und, aus unseren Traditionen heraus, die Zukunft zu gestalten“, resümiert Bürgermeister Rainer Magenreuter.

 

Was mein Leben reicher macht

Ich betrete am frühen Morgen den Balkon und blicke auf das noch unbebaute Feld bis zu den nicht weit entfernten Anhöhen. Die Sonne wandert gemächlich die Kuppe des Bergs entlang und wirft vereinzelt Strahlen auf das hohe taubedeckte Gras. Während ich angesichts dieser einzigartigen Kulisse an die wundervollen Momente denke, die mir die Frau an meiner Seite schon geschenkt hat, bemerke ich, dass Felix, unser Kater, wach wird und gemütlich zu mir geschlendert kommt. Wie ich ihn darum beneide, dass er diese Freiheit der Natur in vollen Zügen genießen kann!

Marc Hild, Schweich

 

Straßenbild

Bei mir um die Ecke befindet sich eine Kieferorthopädische Praxis, an deren Schild ich regelmäßig vorbeilaufe, die ich aber zum Glück noch nie von innen gesehen habe. Vor einiger Zeit fiel mir zu meinem Vergnügen auf, dass sich plötzlich etwas verändert hatte. Das Schild sah nicht mehr so aus, wie vom Arzt in Auftrag gegeben. Der „Täter“ hat sich einige Mühe gegeben seine Änderungen vorzunehmen, denn das Schild befindet sich in c.a. 2m Höhe . Vielleicht war es ein rachsüchtiger Patient!?

Wolfgang Groehl, Dortmund

 

Was mein Leben reicher macht

Ich arbeite bei der Tafel in einem Nachbarort. Bei meinem letzten Einsatz bedankte sich eine junge Kundin – offensichtlich russischer Herkunft – mit den mühevoll formulierten Worten: „Ganz wenig Dank“! Auf mein wahrscheinlich verdutztes Gesicht hin verbessert Sie sich: „Ganz vielen Dank!“

Sonja Köhler, Friedrichshafen