Lesezeichen
 

Ein Gedicht! Klassische Lyrik

Der Sohn des Polykrates

(nach Schiller: „Der Ring des Polykrates“)

Er trat auf den Balkon von drinnen
Und schaute mit vergnügten Sinnen
Auf zwei gekühlte Türme hin.
„Es ist nun nicht mehr störanfällig,
das AKW, und nicht gefährlich“,
sprach er und nahm sich einen Gin.

„Die Strahlung kann nicht mehr entweichen,
Beton und Stahl sind dick und reichen.
Im Notfall schaltet es sich aus.
Und will man es mit Macht zerstören,
mit Flugzeug, Bomben und Gewehren,
der Mantel hält das spielend aus.“

„Und wenn“, sprach nun der Sohn zum Vater,
„ein Beben kommt, ein neuer Krater?
Gibt es dafür auch Garantie?“
„Man kann die Angst auch übertreiben,
darüber sollt’ man besser schweigen.
Wir brauchen Strom und Energie.“

„Und wenn“, fragte der Sohn nun leiser,
„die Kühlung stoppt und es wird heißer?
Schmilzt nicht der ganze Kern dahin?“
„Ach, Sohn, du machst dir zu viel Sorgen!
Denk doch an heute, nicht an morgen“,
sprach er und nippte kurz am Gin.“

Albrecht Gralle, Northeim

 

Das regt mich auf

TOEFL (ETS), IELTS – und das war es dann auch fast schon: Da schieben sich Organisationen (befeuert von staatlichen Institutionen, international) gegenseitig Geld und Existenzwahrung zu und der Student ist hilflos ausgeliefert, weil angewiesen auf nicht einmal eine Handvoll „Tester“, besser Oligopolisten. Die EU wäre am Zug – von wegen Bildungsförderung. Hier besteht Handlungsbedarf, der Bedarf an einem kostengünstigeren Angebot, von öffentlicher Hand organisiert, von der Europäischen Union subventioniert und einheitlich im Verfahren. Mit einer solchen Entscheidung, hin zur Förderung, wäre dann auch einmal der Bologna-Gedanke greifbar vermittelt. Damit ließe sich auch endlich nachvollziehen, dass von internationaler Vergleichbarkeit et cetera auch der Lernende etwas hat und die daraus resultierenden Möglichkeiten auch in positiver Weise genutzt werden können. Und sei es letztlich lediglich in der Wahl der Ausbildungsstätte, ohne für eine simple Sprachprüfung, gültig für ganze zwei Jahre, gleich das gesamte monatliche ERASMUS-Stipendium berappen zu müssen.

Alexander Fischer

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Lieblingskollegin Daniela. Die siebzehn Kinder im Hort sind super und großartig. Aber es wäre nur das halbe Glück, wenn ich es nicht mit Daniela teilen könnte. Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit mit »unseren« Kindern.

Max Mustermann, Frankfurt*

*Auf Wunsch des Verfassers geändert

 

Was mein Leben reicher macht

Männerskiausflug nach Südtirol. Ein Freund, meine beiden erwach­senen Söhne und ich. In einem kleinen Hotel empfängt uns der Seniorchef (er ist 86) und sagt: »Do host aber zwoa fesche Burschn.« Mir wird warm ums Herz.

Manfred Römer, Eislingen

 

Was mein Leben reicher macht

An einem sonnigen Vorfrühlings­morgen zu unserer Schulbaustelle zu fahren und zu sehen, wie das neue Gebäude durch die Ideen und Hände vieler engagierter Menschen an Form gewinnt.

Beatrice Mainz, Taunusstein

 

Zeitsprung

Das schwarz­weiße Foto stammt aus dem Jahr 1976 und zeigt meine Frau Maria mit unserer Tochter Lisa an einem See im Wendland. Dort hatten wir uns mit sieben anderen Leuten damals einen Bauernhofgekauft, damit unsere Kinder auch das Landleben kennenlernen konnten. Nach der Wende erschlossen sich uns neue Nah­erholungsgebiete, und so zeigt das Farbfoto aus dem Jahr 2010 Lisa mit ihrer Tochter Emilia auf dem Darß an der Ostsee. Auch technisch übrigens ein Zeitsprung: Das Schwarz-­Weiß Foto wurde mit der Spiegel­reflexkamera aufgenommen, der Film in der eigenen Dunkelkammer – das heißt: in der Speisekammer unserer großen Altbauwoh­nung entwickelt und abgezogen. Das Farbfoto kommt aus einer Digitalkamera.

Clemens Tembrink, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Meine 81­jährige Oma anrufen und hören, was für tolle Ketten sie wieder gefädelt hat, obwohl sie sich bei einem Sturz beide Handgelen­ke gebrochen hat. Sie fragt mich, ob ich ihr online vielleicht noch dicke weiße Perlen für ein Armband mit passender Kette bestellen kann. Hoffentlich noch 100 000 Mal!
Corinna Michel, Marburg

 

Was mein Leben reicher macht

Westfalenstadion. Vor dem Spiel sammeln die Pfandsammler wieder Flaschen und Dosen ein. Wir ha­ben seit Jahren unseren Stamm­sammler Micha. Flaschen abgelie­fert, kurzes Gespräch über das Spiel. Dann wühlt er in seinem Wagen. Es gibt eine volle Flasche Bier für jeden von uns. Ein Ge­schenk, das von Herzen kommt.
Jonas Hagedorn, Dortmund

 

Kritzelei der Woche

Frühmorgens, auf dem Weg zur Arbeit, in Bahn und Bus, trifft man schon auf mun­tere Leute. Ihre modische Erscheinung weckt einen aus der eigenen Verschlafenheit – ein willkommener Tagesbeginn. Wenn man dann zeitig genug im Büro eintrifft, noch niemand anruft oder reinkommt, dann lässt sich das eben Gesehene in Ruhe aufkritzeln. Was für ein schöner Start in den Arbeitstag!
Dieter Kästner, Erfurt