Neulich entdeckte mein Neffe in meinem ehemaligen Kinderzimmer einen kleinen Origamikranich. »Der sieht fast aus wie ein Drache!«, meinte er. Da schufen wir mithilfe seiner Fantasie und von ein paar Bastelmaterialien aus dem Kranich unseren eigenen »Ohnezahn« (aus dem Kinofilm Drachenzähmen leicht gemacht). Ich bin sehr glücklich, dass mein Lu mich immer wieder daran erinnert, die Welt mit Kinderaugen zu betrachten. Und dass das Einfachste meist auch das Schönste ist.
In der frühen Kindheit war mein absoluter Lieblingsplatz das Kanapee in der Wohnküche meines Elternhauses. Während meine Mutter nach dem Essen den Abwasch (von Hand) erledigte, hielt ich bei den vertrauten Geräuschen meinen Mittagsschlaf auf dem gemütlichen, mit grünem Rips bezogenen Möbelstück. Wir Geschwister machten uns die begehrten Plätze auf dem Kanapee streitig. Dass Küchen heute meist zu klein sind für Kanapees, finde ich schade. Aber ich gebe gern zu: Moderne, lautlos arbeitende Geschirrspülautomaten und Babyphones, mit denen man den Schlaf der Kleinen überwachen kann, sind sehr bequem.
Sandra Schadek, die mir mit ihrem Buch Ich bin eine Insel: Gefangen im eigenen Körper geholfen hat, die Diagnose ALS zu akzeptieren. Sie stieg vor 13 Jahren in einen Regionalzug, ich erwischte gleich den ICE.
Heino Aron Veldhoen, Strenglin, Schleswig-Holstein
Sein Stimm’ ist vor Verzweiflung, Wut und Häme
so bös geworden, dass sie nicht gefällt.
Ihm ist, als ob es nur Probleme gäbe
und außer den Problemen keine Welt.
Sein enger Geist, beleidigt, stark beschnitten,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
zeigt Stagnation nur und Tristesse mitten
in der Welt, die bunt und lebhaft ihn umweht.
Nur manchmal bringt des Lebens laute Weise
ihm den Moment –, dann holt das Glück ihn ein,
verweilet einen Augenblick, ganz leise –
und hört doch augenblicklich auf zu sein.
Wenn in meiner Kindheit mal eine Schlorre hinter mir herflog, dann hatte ich meine Mutter wohl etwas geärgert. Es handelte sich dabei um einen Hausschuh, und diesen Begriff hatte sie aus ihrer Danziger Heimat mitgebracht.
Frühmorgens aufwachen, liegen bleiben, nach dem Radioschalter tasten: NDR Kultur, Klassisch in den Tag. Dunkelheit, Augen schließen, ganz Ohr! Gute Musik, dazu die Stimme von Philipp Schmid, konzentrierter Hörgenuss, fast so schön wie im Konzertsaal. Nach einer Stunde ist Schluss, und ich starte froh gestimmt in den jungen Tag.
Enkeltochter, 11 Jahre, sich versonnen im Spiegel betrachtend: »Ich bin froh, dass ich so bin, wie ich bin.« Großmutter, 72 Jahre: »Du kannst auch froh sein, dass du so bist, wie du bist. Ich bin auch froh, dass du so bist, wie du bist. Ich bin auch froh, dass ich so bin, wie ich bin.« Enkelin: »Ich wäre froh, wenn ich so wäre wie du, wenn ich Oma bin.«
Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich am Ende eines Konzerts oft Blumengeschenke entgegennehmen darf. Dass auch ich als Mann so ein Triumphgemüse erhalte, ist heutzutage fast schon die Regel. Falls traditionsbewusste Veranstalter dennoch einen feinen Unterschied machen wollen, erhalten wir Sänger im Gegensatz zu unseren Kolleginnen eben »flüssige Blumen«. Wobei ich einen edlen Wachauer Smaragd-Riesling niemals als »Triumphgemüsesaft« bezeichnen würde!