Zeitweise brauche ich eine kreative Pause von meiner wissenschaftlichen Arbeit als Doktorand der Biologie. Dann missbrauche ich meinen Bürotisch gern als Leinwand. Die Zeichnung widerspiegelt eine gewisse Sehnsucht, bald vom Bürosessel loszukommen und sich wieder in die belebte Welt da draußen zu begeben.
Entstanden ist diese Kritzelei bei einem internationalen Workshop in Berlin zum Thema EU-Recht, -Wirtschaft und -Politikwissenschaften. Nicht dass ich mich gelangweilt hätte, aber diese Themen sind so gradlinig, dass ich Angst hatte, meine Gehirnzellen würden sich in parallelen Reihen anordnen. Und um dies zu vermeiden, habe ich dann kreuz und quer gekritzelt, allerlei kleine Bildchen und Symbole, die mir eingefallen sind. Während einer Pause hat eine Mitstudentin aus dem Kosovo – ich selbst bin ein luxemburgischer Däne – das Blatt geklaut und einige ihrer eigenen Kritzeleien zugefügt. Deshalb sind einige Details am Rande des Werks viel künstlerischer als der Rest.
Diese Kritzelei entstand Anfang Januar während einer Schulung mit dem klangvollen Titel »Beschwerdemanagement«. Ich konnte mich nicht besonders gut konzentrieren, weil ich an meine Omi denken musste, die nach gut 89 Jahren ohne jedes Wehwehchen nun schon seit Wochen wegen eines Arm- und eines Beinbruchs im Krankenhaus lag. An diesem Tag war ihr 90. Geburtstag. Die Familienfeier war bereits abgesagt. Trotzdem besuchten wir sie mit Blümchen und Kuchen an ihrem Krankenbett. Neben der Freude über ihre Sprüche für alle Kinder, Enkel und Urenkel fürchteten wir schon damals, dass sie es vielleicht nicht mehr nach Hause schafft. Als sie jetzt, zweieinhalb Monate später, friedlich einschlief, klangen ihre liebevollen Ermahnungen immer noch nach.
Einen 80. Geburtstag am Niederrhein gefeiert, zuvor die Anreise aus Berlin. Es war ein wunderbarer Abend. Nun sind die Gäste dabei, sich zu verabschieden. Unser Gastgeber braucht lange – mit jedem werden noch ein paar Worte gewechselt. Gelegentlich mündet das in ein weiteres Gespräch. Ich habe allen schon guten Weg und gute Nacht gewünscht und warte nun, dass wir ins Bett können, denn morgen geht es schon wieder nach Hause. Ich bin sooo müde. Kritzelnd versuche ich, immer schön locker zu bleiben.
Ich saß (als Prüferin) in der Aufnahmekommission für Lehramtsstudenten der Musik. Diese jungen Menschen müssen eine sehr anspruchsvolle praktische Prüfung über sich ergehen lassen. Sie singen und spielen Klavier sowie ein anderes Instrument. Dazu werden sie noch in Gehörbildung und musikalischer und sonstiger Allgemeinbildung getestet. Das Ganze dauert etwa 45 Minuten. Da ich nur für den Gesang zuständig war, blieb mir also jede Menge zeit, die Kandidaten kritzelnderweise auf der Rückseite des Programmzettels zu verewigen.
Vor etwa einem halben Jahr sollten wir uns für den Kunstunterricht ein Skizzenbuch kaufen und ein Deckblatt dafür malen. Während ich noch dabei war, mir etwas Passendes auszudenken, fing ich einfach an zu kritzeln. Und aus einem Männchen wurde ein Monatsprojekt. Mittlerweile bin ich aber fertig.
Während eines Telefongesprächs mit einem guten Freund über Zukunftspläne, Träume und Ideen hatte ich den Artikel eines alten Magazins über meine Generation und ihre twenty something crisis im Kopf und unter dem Kugelschreiber.
Im Verlauf einer Sitzung unseres Obst- und Gartenbauvereins hat die Schriftführerin, meine Frau Franziska, einige Notizen für das anstehende Protokoll gleich verziert – passend zum Thema. Die Reinschrift des Protokolls sah dann allerdings wieder ganz nüchtern und sachlich aus…
Seit einigen Jahren arbeite ich ehrenamtlich als Telefonseelsorgerin bei der »Nummer gegen Kummer«, dem Kinder- und Jugendtelefon hier in Deutschland. Während mir die Anruferinnen und Anrufer ihre Sorgen erzählen, halte ich immer einen Kugelschreiber bereit, um bei langen und schwierigen Gesprächen kleine Kritzeleien anzufertigen. Vielleicht, um Gehörtes durch Symbole zu zeichnen?
Vor einiger Zeit nahm ich an einer Lehrertagung in Zürich teil. Dort forderte der Kabarettist Emil Steinberger (der übrigens gerade 80 Jahre alt geworden ist) uns Lehrpersonen zu mehr Humor im Schulalltag auf. Während einer Prüfung letzte Woche fragte mich ein Schüler, ob bei der Aufgabe ein Lineal benutzt werden müsse. Dies verneinte ich. Das Ergebnis – ganz in Emils Sinne – sehen Sie hier. Korrigieren Sie mit?