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Die Kritzelei der Woche

…Es war ein sehr langes Telefonat, und weil ich von meinem Arbeitsplatz auf die Kantstraße gucken kann, fing ich auf der Schreibtischunterlage an, meine Straße zu skizzieren. Ich war schon bei den Passanten, dem Bus und den Falschparkern unten links, und das Gespräch wollte noch nicht enden. 20 Minuten! Danach war die Zeichnung zwar nicht ganz fertig, aber es gab an dem Tag ja noch weitere Anrufe… Was all die Telefonate gebracht haben? Nun, Notizen sind kaum auf meinem Blatt, dafür kommen immer mehr Fußgänger dazu, auch jetzt, wo ich dies hier schreibe – zugegeben, ich bin Maler.

Lutz Brandt, Berlin

 

Die Kritzelei der Woche

Diese Seminarmitschrift habe ich beim Aufräumen und Sortieren meiner alten Uni-Mappen wiederentdeckt. Es ging um museale Ausstellungskonzepte – noch zu erkennen an den zaghaften Bemühungen, oben links tatsächlich etwas aufzuschreiben. Die bildlichen Assoziationen zur Stadt Hamburg, wo ich studierte, haben mich dann aber doch mehr gereizt. Und das Blatt wie von selbst gefüllt.

Anna Stemmann, Oldenburg, Niedersachsen

 

Die Kritzelei der Woche

Endlich ruft meine Tochter aus Pennsylvania an. Der Hurrikan hat auch ihren Wohnort betroffen, und ich habe mir große Sorgen gemacht. Nun erfahre ich, dass Sturm, Regen und Schnee bei ihnen zwar heftig waren, dass die umstürzenden Bäume aber »nur« auf die Treppe und zwischen die parkenden Autos gefallen sind. Auch der Strom funktioniert wieder: Sie müssen die Sauerstoffversorgung für das Aquarium nicht mehr mit dem Schneebesen erledigen. Auf dem Weg zur Arbeit am Rand von New York, erzählt meine Tochter, sei alles unheimlich dunkel. Ich bin sehr erleichtert und bemerke plötzlich, dass ich beim Telefonieren meine ganze Kalenderseite zerkritzelt habe.

Gabriele Messerschmidt, Leipzig

 

Die Kritzelei der Woche

Neulich in Berlin kehrten wir in ein total unscheinbares Sushi-Restaurant ein. Es hatte vielleicht vier Tische, aber ich habe noch nie so guten Fisch gegessen! Dabei entstand diese Kritzelei. Sie zeigt den Koch und Besitzer, ich glaube, es war ein Afghane. Er erzählte in einer Tour von Makrelen, Thunfisch, Austern und sonstigem Meeresgetier und wie man dieses zur optimalen Geschmacksentfaltung zubereiten müsse. Bloß nicht zu viel Sojasoße! Ein wahrhafter Liebhaber …

Rafael Parente, München

 

Die Kritzelei der Woche

Diese Kritzelei entstand während eines Telefonats mit meiner Oma. Sie lebt im Bergischen Land, ich wohne mittlerweile in München. Wir stellten fest, dass es an beiden Orten regnete. Ich saß an meinem Schreibtisch am Fenster, beobachtete die Regentropfen und fing an zu kritzeln. Im Bergischen Land gibt es einen Ort namens »Schloss Burg«, so wurde irgendwann das Wort »Regen« zu »Regensburg«. Und das Wetter heute in Regensburg? REGEN!

Nina Gerlach, München

 

Die Kritzelei der Woche

Ich studiere an der Uni Bonn. In unserem Seminar »Kultur, Identität und Tourismus in Theorie und Praxis« sprachen wir über den Strukturalismus – und zwar so lange, bis es auch wirklich jeder verstanden hatte. Ich bin eher der visuelle Typ: Eine Forschungsreise des berühmten Ethnologen Claude Lévi-Strauss habe ich mir dabei so vorgestellt.

Trang Dang, Köln

 

Die Kritzelei der Woche

Das Bild ist so etwas wie die Zusammenfassung meines Portugal-Urlaubs. Ich saß in einem Lissabonner Café und fing an, auf meinem Platzdeckchen zu kritzeln. Erst waren es nur einzelne Figuren, dann wurden es immer mehr, und ich konnte nicht mehr aufhören. Da nahm ich das Papier mit und habe während meines Urlaubs noch jeden Tag etwas dazugekritzelt.

Naeko Ishida, Heidelberg

 

Die Kritzelei der Woche

Anfang des Jahres habe ich bei der Post als Brief- und Paketzustellerin gearbeitet. Damit ich den Überblick in meinem Postbus nicht verlor, half mir jeden Tag ein Routenplan als Gedankenstütze. Darauf markierte ich, bei welchen Adressaten ich Pakete abzuliefern hatte, damit ich dort nicht vorbeirauschte. Eines Abends saß ich ziemlich erschöpft am Esstisch, bekam einen paketfarbenen Filzer in die Hand und ließ alle Verzweiflung aus mir heraus, die eine Paketzustellerin nur haben kann. Hochachtung vor allen Paketboten dieser Welt, die unser neues Kaufverhalten (via Internet) ausbaden müssen!

Hilke Theis, Wyk auf Föhr

 

Die Kritzelei der Woche

Während die Kinder die letzten Ferientage bei Oma und Opa verbringen, habe ich aufgeräumt – und auf der Schreibtischunterlage meiner achtjährigen Tochter Birte diese Kritzelei gefunden. Entstanden ist sie in vielen Stunden des CD-Hörens, Vorsich-hin-Träumens, Sich-vor-Schularbeiten-Drückens …

Susanne Kremer, Stuttgart

 

Die Kritzelei der Woche

Seit über zehn Jahren fahre ich mit der Höllentalbahn vom Schwarzwald nach Freiburg zur Arbeit. Die Zeit im Abteil verbringe ich mit Kritzeleien wie dieser. Die immer gleiche Landschaft zieht im Wechsel der Jahreszeiten vorbei. Felsen, Bäume und Himmel. Momentaufnahmen, die »verkritzelt« werden. Über die Jahre ist ein hoher Stapel Kritzelblätter entstanden. Das Höllental mündet in eine Station, die immer über Lautsprecher mit »Nächster Halt: Himmelreich« angesagt wird. Ich sammle weiter …

Torsten Deigner, Feldberg, Baden-Württemberg