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Langlebig

Ein Zeichenausflug mit Freunden führte mich 1974 zu den jahrhundertealten Olivenbäumen in der Nähe von Lefkes auf der Kykladeninsel Paros. Ich folgte mit dem Bleistift den Strukturen des zerklüfteten Stammes. Ein Wunder, dass aus diesem Veteranen immer noch junge Triebe sprießen, dachte ich. Doch die kleinen weißen Blüten zeigten, dass immer noch Oliven reifen würden. Und nun, 40 Jahre später, bei meiner jüngsten Reise nach Paros im Mai 2014, erkenne ich meinen Baum wieder.
Er wird mich wohl überleben.

Christian Wiethüchter, Braunschweig

 

Lebenslauf

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Meinen Lieblingsbaum sehe ich jeden Werktag vom Zugfenster aus, wenn ich nach München zur Arbeit fahre. Daraus ist die Idee entstanden, ein komplettes Jahr aus dem Lebenslauf dieser Eiche fotografisch zu dokumentieren.

Michael Kammerer, Mühldorf, Oberbayern

 

Der Schnullerbaum

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Auf dem riesigen Gelände des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg gibt es viele Bäume. Mächtige Eichen und imposante Kastanien sind darunter. Ein unscheinbarer Baum aber, vielleicht eher ein Busch oder Strauch, dessen Namen ich nicht einmal kenne, erregte meine Aufmerksamkeit. Nicht wegen seiner Erscheinung, nicht wegen seines Standortes, sondern wegen der besonderen Früchte, die er trägt: Schnuller! Dieses Bäumchen steht im Eingangsbereich der Kinder-Poliklinik. Wir mussten selber mit unserem jüngsten dort auf der Onkologie eine Nacht verbringen – mit gutem Ausgang. Aber welche Geschichten könnten diese Schnuller wohl erzählen, von welchem Schicksal könnten sie berichten und von welchem Glück und welcher Trauer? Dieser Baum hat mich sehr bewegt.

Dirk Ludewig, Hamburg

 

Goethe im Garten

Dieses Baums Blatt, der von Osten / Meinem Garten anvertraut, / Giebt geheimen Sinn zu kosten / Wie’s den Wissenden erbaut, so beginnt Goethes Gedicht Ginkgo Biloba. Auf einer Studienfahrt nach Berlin und Weimar mit dem Leistungskurs Deutsch habe ich im Juni 1992 in der Schlossgärtnerei Dornburg an der Saale einen Ginkgo-Setzling erworben. Inspiriert dazu hatte mich die Besichtigung des Renaissanceschlosses, in dem Goethe im Jahr 1828 einige Zeit verbracht hat. Eingepflanzt in unseren Reihenhausgarten, hat sich der »Fächerbaum« Jahr für Jahr entfaltet und muss seit einigen Jahren im Herbst von unserem Gärtner sogar geschnitten werden, damit er den Nachbarn nicht zu viel Schatten beschert. Aber unseren kleinen Garten prägt er eindrucksvoll.

Jutta Collmann, Ortenberg, Baden

 

Aufs Innigste

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In einem Park in Dublin haben sich eine Platane und eine metallene Bank aufs Innigste miteinander verbunden – ein jahrzehntelang dauernder Prozess, der von den Besitzern und Besuchern des Parks erstaunt und interessiert beobachtet wird.

Sarah Conrad, Kiel

 

Grüne Kathedrale

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Linz, die Hauptstadt von Oberösterreich, ist nicht nur ein pulsierender Wirtschaftsstandort und eine Kulturstadt, sondern auch eine Stadt mit vielen Parks, Grünflächen und bewaldeten Hügeln. Nur ein paar Gehminuten sind es vom Stadtzentrum auf die Gugl, den Froschberg und den Bauernberg. Dort finde ich mein Baumwunder. Zwei mächtige Hängebuchen zum Beispiel. Arm in Arm überragen sie jede Villa im Umkreis und lassen ihre ausladenden Äste bis zur Erde fallen. Der dichte Blättervorhang bildet eine Kuppel. Behutsam streife ich die sattgrünen Blätter zur Seite und betrete den Innenraum. Ich wähne mich in einer grünen Kathedrale. Ein Gefühl der Stille und Geborgenheit umfängt mich und lässt mich träumen: hier einziehen und wohnen. Ein Picknick machen, begleitet vom Vogelgesang in den Ästen. Na, zumindest den Schlafsack von zu Hause holen und einmal hier übernachten. Nur hier!

Gisela Schreiner, Linz, Österreich

 

Quittenduft

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Mein Favorit ist ein alter Quittenbaum, und ich bestaune ihn seit gut einem Jahr. So lang arbeite ich nämlich in dem Haus, dessen Vorgarten er ziert. Er ist immer schön, egal, ob er kahl ist, anfängt, zu grünen und zu blühen, ob er seine Früchte trägt oder ob sich das Laub verfärbt. Die Früchte duften und lassen sich in Gelee, Schnaps und Likör verwandeln. Ich habe den Baum schon so oft fotografiert, dass ich etwas schräg angesehen werde im Dorf. Jetzt wird das Haus, vor dem er steht, bald saniert, aber ich passe gut auf ihn auf.

Christina Stettin, Amöneburg, Hessen

 

Langlebig

Bei einem Spaziergang in Münster-Roxel fanden mein Mann und ich an einem alten, liebevoll restaurierten Bauernhaus eine Tafel mit folgenden Zeilen:

Pflanz einen Baum,
und kannst Du auch nicht ahnen,
wer dereinst in seinem Schatten tanzt.
Bedenke, Mensch,
es haben Deine Ahnen,
eh’ sie Dich kannten,
auch für Dich gepflanzt.

Karin Reeck, Korntal-Münchingen bei Stuttgart