Waren bei meiner Großmutter in einem Zimmer Fenster und Tür gleichzeitig geöffnet, rief sie: »Es zieht hier wie Hechtsuppe«, und meinte den Luftzug, der sie frösteln ließ. Ich dachte dabei immer an eine gute Fischsuppe, die erst durchziehen muss, um lecker zu sein. Inzwischen vermute ich eher, dass der Ausdruck aus dem Jiddischen stammt. Da bedeutet »Hech Supha« nämlich »wie ein Sturmwind«.
Mit großem Vergnügen lese ich diese Rubrik. Eines meiner Lieblingswörter ist Gewitterbüx. Bei dieser Art von Hose handelt es sich um das Gegenteil des Tangas, und in diesem Winter kam sie wenig zum Einsatz. Sie ist so was wie ein Liebestöter (nomen est omen), eben ein Schlüpfer, der so richtig warm hält. Keine Ahnung, warum so eine Büx, die nicht wirklich sexy ist, Gewitterbüx heißt.
Bei einem unserer Spaziergänge kamen uns auf einem leicht abfallenden Waldweg drei Jugendliche auf Fahrrädern entgegen. Johlend, ausgelassen und mit Karacho sausten sie zwischen den Bäumen durch. Karacho, das war damals in den Fünfzigern auch unser Lieblingswort. Alles, was wir anstellten, ob halsbrecherische Schlittenabfahrten, Schussfahrten im Fahrradpulk oder die Mutsprünge von der Felsenklippe in den kühlenden Edersee – alles musste mit Schwung und Tempo geschehen. Lädierte Knie, eine blutende Nase oder ein gebrochenes Schlüsselbein, nichts konnte uns stoppen… Hauptsache, Karacho.
Wann immer ich das Wort Ausbüxen lese oder höre, löst es bei mir eine große Freude aus. Hat es doch etwas von Freiheit, Mut und Abenteuer: der Hund, der auf der Autobahn mit der Polizei Fangen spielt, weil er seinem Herrchen beim Gassigehen auf dem Rastplatz ausgebüxt ist, der Fünfjährige, der in Frankfurt am Main aus der elterlichen Wohnung ausgebüxt und auf eigene Faust mit dem Bus zum Flughafen gefahren ist…
In der ZEIT Nr. 34/13 las ich nun unter dem Titel Die Rückkehr der Könige über Tausende von Yellowstone-Bisons, die aus dem Park ausgebüchst waren – hier mit ch statt x (was laut ZEIT-Korrektorat ein orthografischer Fehler ist, für den wir um Entschuldigung bitten! Anm. d. Red.). Egal, wie es zum Ausbüxen kommt oder was mit den Ausgebüxten passiert: Ausbüxen hat was!
Ernst-Dieter Honermeier, Büdelsdorf, Schleswig-Holstein
Immer wieder ärgert man sich über Menschen, die Hauswände bekritzeln oder öffentliche Einrichtungen beschädigen. Und wie froh ist man, wenn die Übeltäter dingfest gemacht werden!
Seit wir vor drei Jahren nach Bonn-Bad Godesberg gezogen sind, nutze ich häufig die Südbrücke, um auf die andere Rheinseite zu kommen. Und jedes Mal amüsiere ich mich erneut über eine Wort-Kreation meines Navigationsgerätes. Denn der Sprecherin war offensichtlich nicht bekannt, dass sich hinter der Abkürzung »Kw-Stieldorf« der Ortsteil Königswinter-Stieldorf verbirgt. So behalf sie sich mit einer anderen Bedeutung der Buchstabenfolge kW, und das Navi schickt die Autofahrer jedes Mal nach »Kilowatt-Stieldorf«.
Wird in den Verkehrsnachrichten von einem Unfall berichtet, entsteht in meinem Kopf das Bild von verletzten Menschen, womöglich weit entfernt vom Heimatort, hilflos und verzweifelt. Wie viel besser klingt da doch »Stau wegen Bergungsarbeiten«: Wenn ich das höre, bin ich beruhigt: Da sind kompetente Menschen, die sich um die Opfer kümmern, und diese dürfen sich nun – hoffentlich – geborgen fühlen.
Nachdem sich ein junger Mann am Kiosk vorzudrängeln versuchte, mahnte ihn eine Berliner Omi, er benehme sich wie der letzte »Heiopei«. Ob der Gescholtene das Wort verstand, wage ich nicht abschließend zu bewerten. Aber Omis Blick hat auch greicht.
Als ich ein kleines Mädchen war (es ist inzwischen gut acht Jahrzehnte her) pflegte meine Mutter, wenn ich etwas Dummes angestellt hatte, halb spöttisch, halb liebevoll zu sagen: »Du bist mir eine schöne Thusnelda!« (Thusnelda, Sie erinnern sich, war die Gattin von Armin, dem Cherusker). Ich aber hörte nur die Liebe, nicht den Spott heraus, daher bekam meine erste, heiß geliebte Puppe den Namen Tunella. Und was ist uns heute von der schönen Thusnelda geblieben? Die Tussi!
Ich werde unmutig, wenn mir eine widerspenstige Haarsträhne vom Kopf absteht. Alles wird wieder gut, wenn mein Mann – eine ganze Ecke älter als ich – dieses herrlich altmodische Wort benutzt und fragt: »Ist dein Herrenwinker wieder draußen?«