natürlich gibt es amüsantere Aktivitäten an einem strahlend sonnigen Sommernachmittag, als ihn freiwillig vor düsterer Bühnenkulisse bei Kerzenschein zu verbringen – zumal um schwermütige Texte zu hören. Aber Ihnen ist es gelungen, daraus eine kleine künstlerische Sternstunde zu machen. John Donnes schaurigmorbides Todesduell und die Große Elegie von Joseph Brodsky, von Ihnen rezitiert, interpretiert und musikalisch begleitet, ließen den dunklen Theatersaal plötzlich heller leuchten als den Sonnenschein draußen. Mitten im Sommer in abgründige Texte eintauchen? Mit Ihnen – jederzeit wieder!
vor einem knappen Jahr begegneten wir uns zufällig in Salzburg. Nach einem anregenden Gespräch schenkten Sie mir eine Jedermann-Eintrittskarte. Kurz darauf saßen wir in der ersten Reihe am Salzburger Domplatz und konnten eine wunderbare Jedermann-Aufführung erleben. Für diese Einladung bin ich Ihnen heute noch dankbar und möchte Ihnen auf diesem Weg herzliche Grüße aus Südtirol senden! Und meine Einladung vom letzten Jahr steht natürlich noch – herzlich willkommen in Tisens, Herr Gottschalk!
auch Sie als Ökonomin müssen doch eingestehen, dass Menschen und Gesellschaften nicht nur am Erfolg ihrer Wirtschaft messbar sind. In Sachsen-Anhalt aber wurde im Zuge des koalitionspolitischen Geschachers die Zuständigkeit für die Hochschulen vom Kultus- ins Wirtschaftsministerium geschoben, das Sie leiten. Dadurch gerät die Unabhängigkeit von Studium
und Lehre in Gefahr – bis hin zur Veräußerung für (kurzfristige) Firmeninteressen! Bildung im Allgemeinen und insbesondere Geisteswissenschaften sind essenziell für mündige Bürger, auch wenn sie keinen direkt messbaren Wirtschaftsfaktor
darstellen. Menschen sind eben nicht bloß Humankapital! Bitte korrigieren Sie diese Politik! Jan Renner, Magdeburg
ich bin Akademikerin, alleinerziehend, Mutter von fünf Kindern (davon zwei mit Behinderungen) und „natürlich“ bedürftig. Ich würde mich als antragserfahren bezeichnen. Heute öffne ich den Brief der Familienkasse mit den Anträgen auf „Leistungen für Bildung und Teilhabe“: sechs Anträge pro Kind, also insgesamt dreißig! Bürokratischer Wahnsinn! Ich brauche Stunden, um alle Nachweise zu kopieren. Und ich frage mich, warum unser Staat die Väter (in diesem Fall einen Selbstständigen und Großverdiener) nicht mit allen Mitteln zur Verantwortung zieht und sich auf seine eigentlichen Aufgaben besinnt: direkt die Schulen mit Geld zu überschütten. Nur das kommt bei allen Kindern an. Ich setze Kaffee auf und fülle Antrag Nummer neun aus.
jetzt höre ich endlich auf damit, Ihren Namen zu googeln, ihn in diverse Telefonbuch-Suchseiten einzugeben oder bei Verlagen nach Ihnen zu fragen. Ich versuche es mit einem literarischen Umweg – ein anderer würde zu Ihnen ja auch nicht passen – und nehme mir die ZEIT, um Ihnen zu schreiben. Auch wenn Sie vielleicht gerade in Wien sitzen und wahrscheinlich nicht weit von meinem Revier am Karmelitermarkt frühstücken. Ich habe eine Bitte an Sie: Schreiben Sie doch noch ein Buch! Ich finde beim besten Willen nichts mehr, was mich nach Ihrem Roman Engelszungen mit ähnlicher Faszination auf Ihr Osteuropa von gestern und heute einstimmen kann, das ich Stück für Stück gerade für mich entdecke.
als Bundesumweltminister wissen Sie bestimmt, dass in Italien die Ausgabe von Plastiktüten in Supermärkten und anderen Geschäften verboten wurde. Und es funktioniert tatsächlich, ich habe es selbst gesehen: 28 besetzte Kassen in einem einzigen Supermarkt, und jeder Kunde hatte eine Einkaufstasche dabei. Plastik gefährdet die menschliche Gesundheit (Bisphenol A und Weichmacher!) und verursacht gewaltige ökologische Probleme: So landen nach vorsichtigen Schätzungen jährlich mindestens 7000 Tonnen unverwüstliches Plastik im Meer. Im Nordatlantik sollen unvorstellbare 100 000 Tonnen Plastik in einem einzigen Riesenstrudel treiben. Zugegeben, lieber Herr Röttgen, die Energiepolitik ist knifflig.
Aber das mit dem Plastiktütenverbot wäre doch ganz einfach, oder?
vielleicht sitzt du ja gerade in Kiel, lässt dir den Wind um die Nase wehen und liest diese Zeilen. Im Strandkorb sitze ich auch gerade, allerdings steht dieser nicht an der Ostsee, sondern zu Hause auf der Terrasse, und es trennen uns damit genau 537 Kilometer. Ich freue mich, wenn ich dich endlich im hohen Norden besuchen komme. Nur du und ich, wie schön das wird! »Wir gehen mit Sand in den Schuhen und Salz auf der Haut und Wind in den Haaren nach Haus« – weil der Sommer schon so nahe ist.
obwohl 700 Kilometer zwischen Tübingen und Hamburg liegen, verbindet uns seit 35 Jahren eine innige und verlässliche Freundschaft. Besonders dankbar bin ich dafür, dass Du mich so magst, wie ich bin, mit all meinen Unzulänglichkeiten. Und damit Du bald mal wieder einmal in den Norden kommst, schicke ich Dir heute auf diesem ungewöhnlichen Weg dieses Foto von Deinem letzten Besuch in Hamburg. Sei gegrüßt und umarmt von Deiner Freundin.
vor meiner Haustür im schönen Schwetzingen hängt ein Plakat der Republikaner. Auf dem steht: »Sarrazin hat Recht – wir schon längst.« Ich habe Ihr Buch nicht gelesen und kann mir also auch kein wirkliches Urteil dazu erlauben. Aber ich frage mich nun doch: Was denken Sie darüber, dass immer mehr rechte Parteien mit Ihrem Namen werben? Nehmen Sie das in Kauf? Fühlen Sie sich langsam wie Goethes Zauber-lehrling? Oder brauchen Sie vielleicht einfach Hilfe, weil diese Plakate immer so verflixt hoch hängen?
Eigentlich könnte ich auch als Beitrag für die Spalte Was mein Leben reicher macht schreiben: »Die Gedanken an vier wunderschöne Jahre mit Dir«. Vier Jahre, an deren Ende die Trennung stand. Aber ich mache es anders: Ich lasse Dich hier grüßen und danke Dir für unsere gemeinsame Zeit. Und ich schicke Dir dieses Foto von den zwei blauen Stühlen. Erinnerst Du Dich noch an unseren Campingurlaub, bei dem es so furchtbar viel geregnet hat?