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Was mein Leben reicher macht

Ärger im Job verschafft mir eine unruhige Nacht. Morgens sitze ich dann zeitunglesend in der U-Bahn. Trotz meiner schlechten Laune huscht mir hin und wieder ein Lächeln übers Gesicht – und der Mann gegenüber lächelt jedes Mal mit. Als ich aussteigen muss, hält er mir sein Handydisplay entgegen. Da steht: »Wenn Sie lächeln, gehen die Blumen auf und das Herz«. Es wurde doch noch ein schöner Tag.

Sarah Spitzl-Kirch, München

 

Was mein Leben reicher macht

Mit unseren Enkeln saßen wir am Lagerfeuer. Gespannt hörten sie dem Opa zu, der vorlas. Moritz (elf Jahre) war derart begeistert, dass er spontan beschloss, Dichter zu werden. Am nächsten Morgen holte er sich Papier und einen Bleistift – auf dem er längere Zeit kaute. Schließlich meinte er: Opa, Dichten ist schwer, ich werde doch lieber Chemiker.

Rolf Smidt, Wilhelmsdorf, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Vor 39 Jahren gab mir mein damaliger Freund Manuskripte zur Aufbewahrung. Die Papiere machten viele Wohnungswechsel mit, ohne je abgeholt zu werden. Jetzt stand er urplötzlich mit seiner Frau vor meiner Tür. Er wollte die Freundin wiedersehen – an die Papiere hatte er gar nicht mehr gedacht.

Evelyn Schade, Lüneburg

 

Was mein Leben reicher macht

Ich reise allein zu den Wasserfällen von Iguaçu in Brasilien. Eine Gruppe Touristen dort trägt Anstecker, auf denen der Name ihres Tour-Guides steht: Rejane Wenzel. Ich bin aufgeregt (»That’s my name!«), suche und finde sie schließlich. Trotz der Sprachbarriere stellen wir fest, dass unsere Vornamen »Königin« bedeuten. Für eine Viertelstunde habe ich eine brasilianische Schwester!

Regine Wenzel, Siegen

 

Was mein Leben reicher macht

Samstag auf dem Wochenmarkt. Die Inhaberin des Käsestandes stellt fest, dass ich endlich entbunden habe. Sie gratuliert und schenkt mir spontan einen Blumenstrauß, den sie eigentlich für sich selbst gekauft hatte.

Leona Schneider, Lingen

 

Was mein Leben reicher macht

Unfall auf der A 3 im Westerwald. Über eine Stunde Stillstand. Vor uns ein älteres Paar. Nach einer Weile steigt der Mann aus, klettert über die Leitplanke und kommt mit einem Strauß Margeriten für seine Part- nerin zurück.

Peter Baukloh, Leverkusen

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Sohn ist Asperger-Autist. Ich betrete das große weiße Schulgebäude und finde im ersten Stock den Schulleiter, der seit Herbst hier ein Gymnasium aufbaut. Für zwei Stunden tauchen wir in ein Gespräch. »Würden Sie ihn nehmen, meinen Sohn?«, lautet am Ende die bange Frage. »Ja«, sagt er, »ja, ich würde ihn nehmen.«

Anne Lehmann, Leipzig

 

Was mein Leben reicher macht

Meine zehnjährige Tochter bekommt abends – schon im Schlafanzug – überraschend Besuch. Der zwölfjährige Nachbarsjunge drückt ihr etwas verlegen ein Urlaubsmitbringsel in die Hand: Ohrstecker. Sie lässt sich beiläufig die zuvor hinter die Ohren geschobenen Haare ins Gesicht fallen, lächelt ihn an und bedankt sich freundlich.

Sie hat keine Ohrlöcher.

Amei Fischer, Althengstett, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Mit 66 Jahren habe ich mit dem Klavierspielen begonnen. Ich spiele nun seit über zwei Jahren und kröne meine morgendliche Übungsstunde jedes Mal mit Beethovens Freude, schöner Götterfunken. Dann bin ich für den Tag gerüstet.

Peter Jalufka, Greven