Lesen, was das Zeug hält: Jetzt geht es nicht mehr anders. Nachdem das fiese Wintereis mir Anfang Februar einen schwierigen Fußbruch bescherte, ist es nun der lädierte Arm, der mich als Folge des ersten Fahrradausflugs ans Bett, bzw. den inzwischen bequemeren Sessel fesselt. Nun sind es neben der ZEIT vor allem Frauen, die mich fesseln: von Herta Müller über Julia Schoch zu Ingrid Noll; nicht zu vergessen die eine oder andere hübsche Krankenschwester. Aber ich habe auch einen Leidensgenossen im Krankenhaus dazu überreden können mit mir zu scrabbeln, denn ein „Scrabbelianer bin ich ja – immer lustig heißa, hopsassa…“
Sport im Klövensteen. Wenn ich an der Pony-Waldschänke in den Feldweg 90 einbiege und dann zwischen Wald und Wiese gen Hamburg-Sülldorf laufe, stellt sich ein Gefühl von großem Frieden ein. Die Stadt mit ihren Geräuschen weit weg. Nur Vögel, manchmal Kühe, immer Pferde. Wenn mir dann noch eine Herzensdame entgegenläuft, wir gemeinsam weiterlaufen, ist das Glück perfekt.
Im vergangenen Jahr verlor Dresden wegen der Waldschlösschenbrücke den Titel als Weltkulturerbe. Jetzt startete Martin Roth, der Chef der Staatlichen Kunstsammlungen, zum Gegenangriff: Mit der Eröffnung der „Türckischen Cammer“ im Dresdner Schloss stellt er ein anderes Weltkulturerbe in die Stadt. Und damit es jeder versteht, ließ Roth viereinhalb Millionen Dönertüten mit dem Slogan „Weltkültür“ bedrucken. Was ich allerdings bedauere: Der Ministerpräsident oder die Oberbürgermeisterin holen sich keinen Döner. Also wird sich nichts ändern.
In „Vertikalspannung“ (das Lächeln am Fuße der Leiter ist mir schon vergangen) lese ich im Buch von Peter Sloterdijk Du mußt dein Leben ändern. Nachdem ich begriffen habe, „wie wünschenswert es wäre, auf die andere Seite des Vorstellungsgetümmels zu gelangen“, stolpere ich über einen Findling von Frantz Wittkamp: „Erzähl doch bitte weiter, und was passierte dann?“ „Dann fiel er von der Leiter und kam nie unten an.“
Ein Glück, das Lächeln ist wieder da! Ilona Hushahn
Du mußt dein Leben ändern ist bei Suhrkamp erschienen, und Das Lächeln am Fuße der Leiter von Henry Miller bei Rowohlt. die Werke von Frantz Wittkamp erscheinen bei Coppenrath
Jedes Jahr im Frühling, wenn das erste zarte Grün der Bäume sprießt und Frühlingsblumen sich vorsichtig durch die Erde schieben, erlebe ich das alljährliche Wunder des Erwachens der Natur in unserem kleinen Garten.
Von der Terrasse aus kann ich meinen Blick schweifen lassen und lauschen. Das Ohr vernimmt ein feines Geplätscher und ich sehe einen Sprudelstein, über dem das Wasser seinen Lauf nimmt. Beim Betrachten und Lauschen entspannt sich die Seele. Den Vögeln ist der Wasserlauf eine willkommene Abwechslung. Für mich ist es immer eine Freude, sie beim Trinken oder beim Planschen zu beobachten.
Die ersten Frühlingsblumen empfangen uns mit einer großen Farbpalette. Es scheint, als ob sie mit ihrer Farbenpracht in einen Wettstreit getreten sind. Eine Küchenschelle hat bis zur Mittagszeit ihre Blüten voll geöffnet und hält diese der Sonne entgegen, um am Abend, wenn sie ihre Blütenkelche wieder schließt, von ihr zu träumen.
Die Rankrosen, im Sommer im hellen Rosa und dunklem Rot gekleidet, halten sich jetzt noch mit ihrer Blüte zurück. Sie gibt dem kleinen, bescheidenen Veilchen jetzt den Vortritt. An den Knospenständen der Rhododendren und Hortensien können wir die Blütenpracht im Sommer schon erahnen. Die Magnolie verspricht mit ihren schönen und lila Blüten wieder ein Augenschmaus zu werden.
Der Apfelbaum lockt uns mit zarten Grün und kleinen Fruchtknospen. Wir erfreuen uns an den kräftigen Ästen des Spalierobstes und den Weinranken. Sie versprechen wieder den Genuss von Äpfeln und von süßen roten und weißen Weintrauben.
Am Ende des Gartens steht ein japanischer Kirschbaum. Seine Äste sind übersät mit üppigen rosa Blüten, in denen sich die ersten Bienen laben. Die Zweige neigen sich über den kleinen Teich. Es ist, als ob er sich vor diesem Wunder der alljährlichen wiederkehrenden Pracht verneigt und diese willkommen heißt.
Leben lassen, der neue Roman von Eva Rossmann, ließ mich abtauchen in eine Welt, die ich nur aus meiner Studentenzeit kenne: das tun, wonach einem gerade ist, sich spontan verabreden, kochen und essen, wann man gerade das Bedürfnis danach hat (auch mitten in der Nacht), schlafen, wenn man müde ist (auch am Tag). Der Unterschied: Rossmanns Protagonistin Mira Valensky steht mitten im Leben, macht Karriere, verdient gut, ist sogar verheiratet.
Aber sie hat keine Kinder. So gern ich berufstätige dreifache Mutter bin, so gern tauche ich hin und wieder in diese unbeschwerte Wiener Atmosphäre ab, in der es letztlich aber um Tod oder eben „Lebenlassen“ geht. Da bin ich dann wieder glücklich mit meinem Leben, in dem es andere bemerkenswerte Aufregungen gibt. Und ich bin froh, wenn sich diese in Grenzen halten.
Elisabeth Obexer Seeber, Sand in Taufers, Südtirol.
(Leben lassen ist in der Folio Verlagsgesellschaft erschienen.)
Reisen bildet, sagt man. Doch manche Reisen bleiben einem versagt. Als Ersatz gibt es Reiseberichte. Per Anhalter durch die Galaxis kann man nicht reisen, aber man kann den Roman von Douglas Adams lesen. Gegen Ende der Geschichte stranden Unternehmensberater auf einem Planeten und führen sogleich das Laub von den Bäumen als gesetzliches Zahlungsmittel ein. Doch das hat ein kleines Inflationsproblem zur Folge: Eine Packung Erdnüsse kostet plötzlich drei Laubwälder. Da lernt man was über die gegenwärtige Finanzkrise auf unserem Planeten.
Mario Trunzer, Betzigau
Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams ist bei Heyne erschienen
Es ist eigentlich ein armes Dorf. Arm an Größe, arm an Luxus, überhaupt arm an materiellen Dingen. Aber nur, wenn man es von außen betrachtet. In Wirklichkeit ist es ein reiches Dorf: reich an Gemeinschaft, reich an Glauben, reich an Freude, reich an Klang, reich an Farbe und vor allem: reich an Stille. Das Dorf heißt Taizé. Erstaunlich, wie wenig ein Mensch an Materiellem benötigt. Auch um diese Erkenntnis hat Taizé mich bereichert.
Als Mahatma Gandhi starb, soll Albert Einstein gesagt haben: „Zukünftige Generationen werden kaum glauben können, dass ein Mensch wie er jemals auf Erden gewandelt ist.“ Kürzlich habe ich den Film Gandhi wieder gesehen, der 1982 in Neu-Delhi uraufgeführt wurde, einen Tag bevor ich geboren wurde. Ben Kingsley alias Gandhi sitzt am Sterbebett seiner Frau, Tränen laufen seine Wangen hinunter. Er war schließlich auch nur ein Mensch, denke ich und neige dazu, mit Gandhi mitzuweinen oder vielmehr um ihn zu weinen. Wo zum Teufel ist Gandhi? Gewaltlosigkeit und so? Nein, Gandhi war nicht abstrakt und ist auch heute keine Utopie. Ich kann es jetzt glauben.
Ich war mit einer Freundin Rad fahren, am ersten warmen Tag. An einer Kreuzung hatten wir gehalten, um ein Foto zu machen. Da kam ein altes Männlein auf einem Elektro-Rollstuhl den Weg entlang. Schief saß es auf seinem ruckelnden Gefährt. Wir waren eigentlich völlig unverdächtig: zwei Frauen, mit Mountainbikes, Jeans, bestimmt gesunder Gesichtsfarbe. Wir standen einfach da, als der Mann seinen Rollstuhl neben uns stoppte. Er sah mit besorgter Miene an und fragte: „Kann ich Ihnen helfen?“ „Nein, danke“, sagten wir verlegen, und er zuckelte weiter. Unter seinem Sitz lagen zwei Aststücke, wohl für seinen Ofen zu Hause. Er war alt, aber in der Seele ein Cowboy.
Ein Gentleman.