Es passt eigentlich nicht zusammen, dass der Unterarmbruch meiner Frau mich reicher gemacht hat. Aber als sie aus dem Krankenhaus nach Hause kam, musste ich für sie kochen. Lange hatte ich mich davor gedrückt. Da fiel
mir Wolfram Siebecks Alle meine Rezepte in die Hand. Einiges hatte ich schon ausprobiert, aber nie das Soufflé Grand Marnier.
Hoch konzentriert ging ich an die Arbeit. Bestellte in der Apotheke Weinstein. Rührte die Zutaten zusammen. Und ab in den Ofen. Das Soufflé ging auf, wurde goldgelb, behielt sein Volumen, als ich es aus dem Ofen nahm. Ich war
richtig stolz. Und es hat meiner Frau ausgezeichnet geschmeckt.
Die Ausstellung The Scripted Life von Candice Breitz im Kunsthaus Bregenz ist eine der bislang intelligentesten Bespielungen der Bregenzer Kunsthaus-Kathedrale. Und es gab bei Gott schon viele gute vorher! Amen.
Franz-Paul Hammling, Bregenz
(Die Ausstellung läuft noch bis zum 11. April)
Freiheit pur: Aus dem Van heraus gemeinsam in den neuseeländischen Sonnenuntergang zu blicken, wo nichts die Ruhe stört außer der Wind, der den Van auf dem Gipfel der Banks Peninsula zum Schwanken bringt und mich langsam in den Schlaf wiegt.
Eine Entdeckung im Internet: der Deutschlandradio-Wissen-Podcast Hörsaal. Nun kann ich beim Abwaschen Adorno hören und mich über das rollende „r“ akademischer Rhetorik der fünfziger Jahre freuen. Die Fenster putzen sich viel leichter, wenn dabei Herbert Marcuse Über Gleichgültigkeit gegen die Kultur philosophiert. Sockensortieren war schon immer eine Qual, doch wenn Ralf Dahrendorf in einem Vortrag von 1959 über Arbeiter im Ruhrgebiet und ihre Zufriedenheit im Bergwerk spricht, wird es zum Vergnügen. Ohne Ähs und andere Füllwörter haben diese Wissenschaftler gestochen scharf und frei gesprochen – besser, als heute manch einer schreiben kann.
Seit meine Freundin sich von mir getrennt hat, lebe ich wie in einer Altherren-WG: Johnny Cash singt für mich, Clint Eastwood erzählt die großen Geschichten, Philip Roth und Cormac McCarthy erklären mir die Welt. Der Glücksfall der letzten Woche: Johnny Cashs postmortales Meisterwerk Ain’t No Grave. Es ist so wunderschön, dass man dem großen alten Mann fast Glauben schenken möchte. Dann fällt mir Philip Roths Verwirrspiel Operation Shylock in den Schoß. Leben und Tod in all seinen Schattierungen – keine schlechte Woche in meiner Altherren-WG.
Dirk Benker, Nürnberg
(Ain’t No Grave ist bei American Recordings erschienen, Operation Shylock im Hanser Verlag)
Ich faste jedes Jahr. Obwohl mir die Askese schwerfällt. Nun lese ich zu allem Auszehrungsunglück auch noch das Buch Das bin doch ich von Thomas Glavinic. Da wird auf jeder Seite getrunken. Gut: auf jeder zweiten Seite gesoffen. Ich bin noch unentschieden, ob die Katerstimmung auf jeder vierten Seite meiner Abstinenz zuträglich ist oder nicht. Das Buch jedenfalls bringt mich munter durch die Fastentage.
Susanne Jasper, Wedtlenstedt bei Braunschweig
(Das bin doch ich ist im Hanser Verlag erschienen)
Auch Erwachsenen können Künderbicher viel Freude machen. Kün-derbicher? Natürlich Kinderbücher! Aber wenn man das Bilderbuch Der Wechstabenverbuchsler von Mathias Jeschke und Karsten Teich so verschlungen hat wie ich, dann kann das schon mal passieren. Da erzählt Nina, die kleine Tochter, vom neuen Mann im Haus(halt) ihrer Mutter. Ob es eine Rettung gibt für Herrn Mackerbenn, äh: Beckermann? Das wird hier nicht verraten.
Jörg Gugel, Höchstadt an der Aisch
(Der Wechstabenverbuchsler ist im Boje Verlag erschienen)
Ich arbeite bei der Deutschen Bahn und fahre jeden Tag von Dresden nach Leipzig zur Arbeit. Den immer gleichen Durchsagen der Zugchefs vor jedem Bahnhof hört man da kaum noch zu. In meine Zeitung vertieft werde ich neulich umso erstaunter aus meinen Gedanken gerissen, als eine gut gelaunte Männerstimme durch die Lautsprecher in ungewohnt lockerer Art die Fahrgäste begrüßt, über die weitere Reise informiert und ankündigt, dass „wenn alles planmäßig verläuft“ wir den nächsten Bahnhof um 16:23 Uhr erreichen werden. Die Ansage ist zugegeben etwas lang, aber erfrischend anders. Auf den Gesichtern der Fahrgäste um mich herum sieht man ein kleines Lächeln. Als der Zugchef dann die Fahrkarten kontrolliert, halte ich ihn an und sage ihm, dass ich seine natürlich nicht ganz vorschriftsmäßige Durchsage eben richtig toll fand. Seine Antwort: „Wissen Sie, das geht runter wie Öl.“ Kurz vor Erreichen des nächsten Bahnhofs klingt durch die Lautsprecher: „…wir erreichen nun Riesa, die Stadt der Nudelmacher..“ Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.