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Flugs: Mein Wort-Schatz

Wie das Wort flugs schon beim Hören an mir vorbeisaust, so geht mir das, was ich flugs mache, leicht von der Hand. Unkraut jäten etwa: Ich schlendere zur Gartenbank, um dem Müßiggang zu frönen, aber zwischendurch zupfe ich flugs noch vier, fünf kleine Kräutersprösslinge aus der Erde unterm Rosenbusch. Viele Male flugs gezupft, und das Jäten ist keine Arbeit mehr! Nebenbei freut sich die Familie, dass von ihr keiner ranmuss. Na ja: Manchmal wird aus »flugs« auch eine Stunde oder mehr. Dann nämlich, wenn die Zeit wie im Flug vergeht.

Gudrun Duisberg, Aachen

 

Was mein Leben reicher macht

Der Blick aus dem Küchenfenster auf den Zitronenbaum im Garten. An den Zweigen, die durch das Gitter ins Fenster wachsen, gibt es gleichzeitig sonnengelbe Zitronen und weiße Blüten. Unsere vier Kinder und ihre drei Freunde sitzen im und unter dem Baum.

Annette Steinich, Tunis, Tunesien

 

Friedenslerchen

s92-selbstgemacht

Als Studentin der »Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas« liegen mir wie auch meinen Kommilitoninnen beide Kategorien sehr am Herzen: sowohl die Kultur als auch die Geschichte unserer östlichen europäischen Nachbarn. So beschloss ich zu Beginn der neuen Jahreszeit, einen alten russischen Brauch wiederzubeleben: Traditionell wurde der Frühling in Russland am 22. März mit dem Backen von Lerchen gefeiert. Es sind die ersten Vögel, die aus dem Süden zurückkehren. Und natürlich wurden dabei nicht die Tiere selbst in den Ofen geschoben, sondern Vögel aus süßem Hefeteig. Aus gegebenem Anlass haben meine Kommilitoninnen und ich den Brauch etwas umgewandelt, aus dem Teig nicht nur Frühlingslerchen, sondern auch Friedenstauben geformt und mit bestem Wodka auf die Völkerverständigung und den Frieden angestoßen.

Valentina Goldmann, Berlin

 

annas wal

(nach Ernst Jandl, »ottos mops«)

annas wal kalbt
anna: kalb, wal, kalb
annas wal hat kalb
anna: haha

anna malt wal
anna malt kalb
anna halt
anna: wal wal
anna lacht

annas wal schallt
anna: mach wal mach
annas wal macht
annas wal lacht
anna: tach wal tach

Norbert Sachs-Paulus, Buseck-Trohe, Hessen

 

Was mein Leben reicher macht

Die licht- und wärmeerfüllte Erinnerung an fast zehn Jahre Ehe mit meinem geliebten Mann. Zu meinem Glück hatte ich ihn über eine Anzeige in der ZEIT kennengelernt. Jetzt habe ich ihn durch den schweren Verlauf einer Leukämie für immer verloren.

Gedi Guzy, Passau

 

Klaterig: Mein Wort-Schatz

»Du siehst aber Klaterig aus«, sagte man bei uns in Niedersachsen, wenn jemand abgespannt und abgearbeitet war und sein Gesicht Zeugnis davon ablegte. Richtig echt wirkt das Wort aber nur mit dem dunkel gefärbten Vokal, wie man ihn im Hildesheimer Land verwendet: »klootrig«. Dieser Ausdruck ist mir in Mainz und Rheinhessen nie wieder begegnet, es sei denn bei den versprengten Nordlichtern, die einander auch an manch anderen mundartlichen Einsprengseln erkennen.

Annelen Ottermann, Mainz

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einer anstrengenden Nacht meinen schlafenden, anderthalbjährigen Sohn im Arm zu halten und im ersten Licht des neuen Tages sein entspanntes Gesicht zu betrachten. Zu sehen, wie sich ein Lächeln darauf ausbreitet und er sogar im Schlaf leise vor sich hin lacht. Seine schönen Träume tragen mich durch den Tag.

Nicole Hieber, Freising

 

Zeitsprung: Totengedenken

Am 10. März spazierte ich mittags durch den Schlosspark Charlottenburg und kam auch am Mausoleum der Königin Luise vorbei – (das leider nur im Sommer geöffnet hat, weshalb man die meisterliche Grabskulptur von Christian Daniel Rauch erst ab April wieder besuchen kann). Doch als ich nach gut einer Stunde auf meinem Rückweg wieder den Blick auf das in der Sonne liegende Denkmal richtete, sah ich, wie sich eine Frau an der Eingangstür zu schaffen machte. Und als sie zur Seite trat, stand dort ein wunderschöner Strauß aus weißen Lilien und Rosen! Die Frau wollte gerade davoneilen, als ich sie ansprach. Es stellte sich heraus, dass sie als Stadtführerin arbeitet und – in der preußischen Geschichte sehr bewandert – dieses private Gedenken jedes Jahr zum Geburtstag der Köni­gin zelebriert.

Barbara Noculak, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Zwei süß verwirrte, hochbetagte Opis liegen in einem Krankenzimmer unserer Klinik. Der eine schafft es, nachts in das Bett des anderen zu kriechen. Eng anei­nander gekuschelt findet sie die Nacht­schwester beim Rundgang vor und fragt: »Was machen Sie denn im Bett ihres Zimmernachbarn?« Leicht empörte Ant­wort: »Man muss ja nicht immer gleich an Sex denken!«

Joachim Aspacher, Karlsruhe

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn am späten Nachmittag »meine« scheue Fasanenhenne aus dem Gebüsch tritt und sich – vorsichtig nach allen Sei­ten sichernd – dem kleinen Futterplatz nähert, um die Körner zu picken, die ich ihr täglich streue.

Rita Schelden, Warendorf