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Muschdr: Mein Wort-Schatz

Ein Wort, das ich tatsächlich hüte wie einen Schatz, ist Muschdr, schwäbisch für Muster. Meine Oma verwendete es als Kosenamen für mich und meine Schwester, seit ich denken kann. Ich kenne sonst niemanden, der den Begriff auf diese Weise gebraucht. Seit ein paar Jahren sagt sie es nicht mehr. Vielleicht hat sie das Wort wie auch andere Dinge vergessen. Oder ich bin jetzt zu groß für dieses verbale Streicheln. Trotzdem klingt immer wieder in meinem Kopf nach, wie sie es trocken und gleichzeitig liebevoll ausspricht.

Ich habe noch niemanden gefunden, dem ich den Schatz weitergeben möchte. Ich werde ihn wohl für meine Enkelkinder aufbewahren.

Andrea Sigg, Winterstettendorf, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

13. Januar 2014. Die Kerzen am Weihnachtsbaum flackern. Unser Siebenjähriger beschenkt uns mit Gaben, die er unter den Baum gelegt hat: in Windeseile zusammengetragene Schokoladenfiguren und Selbstgetöpfertes, während wir Eltern strengstes Verbot hatten, das Wohnzimmer zu betreten. Es wird ein sehr fröhlicher Abend. Eine schöne Idee von ihm, einfach noch einmal Weihnachten zu feiern! Wir haben dann per Telefon die Oma auch noch einmal dazugeholt.

Kerstin Neuwirth, Berlin

 

Klare Anweisung

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Im Zeitalter von E-Mails und SMS ist das doch ein netter Hinweis, mal wieder einen Liebesbrief per Hand zu schreiben.

Es gibt in unserer Stadt übrigens mehrere Kästen mit diesem Hinweis. Da meint es jemand wirklich ernst!

Karen Falch, Saarbrücken

 

Was mein Leben reicher macht

Nach getaner Arbeit und einem guten Abendessen noch einen Spaziergang zu machen und innerhalb weniger Hundert Meter die erleuchteten Wohnungen dreier meiner Kinder zu erblicken. Die Gedanken gehen zur Jüngsten, auf ihren Bauernhof, ein paar Dörfer östlich gelegen. Ich meine sogar, die Schafe dort zu hören…

Rudolf Keßner, Weimar

 

Schulmeister: Mein Wort-Schatz

Das Wort Schulmeister zeigt einen entscheidenden Wandel unserer Bildungskultur. Früher war der Schulmeister oft die einzige Lehrkraft einer einklassigen Dorfschule. Er unterrichtete alles von Religion über Lesen und Schreiben bis Rechnen. Ich erinnere mich noch gut an Paukstunden, in denen wir gebetsmühlenartig leierten: »Seechs mal seechs ist seechsunddreißig…« Manchem mag auch das Lied im Gedächtnis geblieben sein, das auf die lange Zeit unzureichende Bezahlung der Lehrkräfte hinwies: »Was er nicht isst, das packt er ein, das arme Dorfschulmeisterlein«. Inzwischen haben sich Didaktik wie auch Bezahlung verbessert, und wenn heute jemand von »schulmeisterlichem Verhalten« spricht, dann handelt es sich in der Regel um eine unerwünschte Belehrung.

Renate Steinhorst, Bamberg

 

Was mein Leben reicher macht

Unsere sechsjährige Enkelin philosophiert mit ihrer Freundin: »Ich weiß nicht, ob ich in den Himmel komm oder in die Hölle, ich glaube, in den Himmel.« Meint die Freundin ganz realistisch: »Zuerst kommst du mal in die Erde.«

Hedi Winter, Markdorf, Baden-Württemberg

 

Die Kritzelei der Woche

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Nach sechs Stunden Weiterbildung zum Thema »kunsttherapeutische Arbeit mit Kindern« brauchte auch ich einen Fluchtort. Anstatt weiter dem Dozenten mein Ohr zu leihen, ließ ich den Stift Entspannungsrunden machen und zeichnete drauflos.

Nora Steimann, Zürich

 

Was mein Leben reicher macht

Einige Jahre lang litt meine liebste Freundin unter einer Angsterkrankung, die sie sogar zu einem Suizidversuch veranlasste. Inzwischen hat sie es geschafft, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Sie hat ihre Geschichte in Worte gefasst und steht nun als Botschafterin auf der Bühne, um anderen Betroffenen Mut zu machen. Ich bin so stolz auf sie.

Susanne Giepen, Essen

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Arbeitstag im Altenheim geht zu Ende, da öffnet sich eine Zimmertür, eine ältere Dame steckt den Kopf durch den Türspalt. »Hallo, Frau R., wie geht es Ihnen?«, spreche ich sie an. »Nicht gut, ich möchte mal raus«, erwidert sie. »Hätten Sie Lust, mich zu begleiten? Ich muss noch etwas besorgen.« Nach kurzer Suche findet sich (im Bad über dem Bademantel) der vermisst geglaubte Wintermantel.

Wir gehen zusammen bei eiskaltem Wind, fest untergehakt. Plötzlich lässt sie los und fasst in ihre Tasche. Sie muss niesen. Ich folge ihrem Blick: Das rasch aus der Manteltasche gezogene vermeintliche Taschentuch ist eine grüne Socke. Noch auf dem Rückweg müssen wir beide über die Taschensocke lachen.

Sabine Kalkhoff, Hamburg