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Überzwerch: Mein Wort-Schatz

Im Duden ist vermerkt, dass das Wort überzwerch in Süddeutschland beheimatet sei und unter anderem »quer« oder »verschroben« bedeute. Ich habe es in meiner Kindheit von beiden Eltern ab und zu gehört. Von der Mutter eher bei praktischen Problemen: »Das passt so nicht, wir müssen es überzwerch nehmen.« Der Vater verwendete das Wort gern zur Charakterisierung von Meinungen und Zeitgenossen, die, wie das Zwerchfell im Körper, quer lagen. Ich möchte nicht, dass der Ausdruck ganz aus dem Sprachgebrauch verschwindet, zumal er sich oft auch zur Kritik an Leserbriefen und manchen Zeitungsbeiträgen so gut eignet.

Klara Klotter, Kehl

 

Was mein Leben reicher macht

Als ich alter Mann neulich nicht so recht auf mein Fahrrad kam, meinte ein kleines Mädchen: »Onkel, besser, du gehst zu Fuß!« Zum Niederknien: So viel Weisheit und Fürsorge im Zuspruch eines Kindes! Sei bedankt, du kleine Ahnungsvolle!

Lothar Rehfeldt, Lübeck

 

Was mein Leben reicher macht

Am Abend müde und abgekämpft nach Hause kommen und ein Päckchen aus Wien vorfinden. Inhalt: eine original Sachertorte, ein Fläschchen Sekt und ein Gruß von meiner lieben Freundin Maria.

Heidrun Becker, Zürich

 

Almdudler

(Nach Johann Wolfgang von Goethe, »Mailied«)

Wie spärlich deucht uns
Die Bergnatur!
Wege beschwerlich!
Steinig die Flur!

So arm die Dörfer,
Der Ortskern trist.
Bei Bauern und Kühen
Bleibt kein Tourist!

O kommt, Milliarden!
Komm, Investition!
Kommt, all Ihr Ölscheichs!
Komm, Wüstensohn!

Du segnest herrlich
Die Bergregion
Mit Discos und Wellness
Und manch Attraktion.

O Golf am Gipfel!
O Skywalk-Fun!
O Mega-Skizirkus
Und Almflitz-Bahn!

High seid Ihr Älpler
Im Highlight-Trend.
Bleibt ewig glücklich
Im Super-Event!

Heide Jahnke, Buchenbach

 

Was mein Leben reicher macht

Beim Besuch meiner 90-jährigen Mutter gemeinsam mit meiner Frau Rommé zu spielen. Meine Frau stammt aus Indien, und Kartenspielen galt ihr bisher als Teufelswerk. Doch zu meiner Überraschung bat sie mich im vergangenen Jahr, ihr das Spiel zu erklären. So sitzen wir jetzt beisammen, und je nach Spielsituation ärgern wir uns, jauchzen wir oder bluffen – fast wie zur Kinderzeit.

Klaus Haller, Ostfildern-Kemnat

 

Welterklärer


Wer sein Fischgeschäft eine »Fisch-Oase« nennt, der sieht Lachsforellen unter Dattelpalmen oder hat nicht das innigste Verhältnis zur Sprache. Jedenfalls gibt es diese Fisch-Oase in Bensheim-Auerbach an der Bergstraße. Eben buchstabiert ein Erstklässler an der Hand seiner Mutter auf der anderen Straßenseite das merkwürdige Wort: O-A-S-E. Dann: »Mama, was ist eine O-a-s-e?« Die Mama etwas ungehalten: »Das siehst du doch! Eine Oase ist ein Geschäft, das Fische verkauft!« Das Kind nickt vage. Irgendwie hat es sich mehr erhofft.

Gisela Wand, Bensheim-Auerbach

 

Was mein Leben reicher macht

An einem dieser goldenen Oktobertage wandere ich im Hochschwarzwald und bin so überwältigt vom Blick über Berge und Täler, dass ich mich prompt verlaufe. Ich frage die Bewohnerin eines einsamen Forsthauses, wo ich denn gelandet sei. Sie kocht mir erst einmal Kaffee und bringt mich dann mit ihrem Auto auf den richtigen Weg. »Man soll doch jeden Tag etwas Gutes tun«, erklärt sie mir strahlend, »und heut sind Sie dran!«

Elke Habel, Grenzach-Wyhlen

 

Wiedergefunden, mehrmals


Dieses Schlüsseletui hat mir meine Frau vor 15 Jahren geschenkt, und deshalb ist es mir besonders wertvoll. Trotzdem ging es im Lauf der Jahre dreimal verloren, tauchte aber stets recht spektakulär wieder auf. Beim ersten Mal geschah es, als ich Säcke mit Plastikmüll für den Abtransport bereitlegte. Plötzlich war das Etui unauffindbar. Nach ein paar Tagen sah ich am Zaun auf der anderen Straßenseite einen Zettel: »Schlüsseletui gefunden«. Es war mir in den Haufen der Müllsäcke gefallen. Beim zweiten Mal wusste ich noch gar nicht, dass ich es eigentlich verloren hatte, als meine Frau nach zehn Kilometern Radfahrt beim Bäcker auf das Etui zeigte – ich hatte es auf den Sitz meines Liegerades gelegt und war darauf die ganze Strecke gefahren. Beim dritten Mal war es vor drei Wochen auf unserer Hausstrecke auf unerklärliche Weise aus einer ans Rad gehängten Leinentasche verschwunden. Vergeblich fuhren wir die Route noch einmal ab, doch eine Frau, die – wie sie sagt – eigentlich nie Kleinanzeigen liest, entdeckte die, die ich in meiner Verzweiflung aufgab, und rief mich eine Woche später an: Ihre Kinder hatten das Etui gefunden. Vielleicht sollte ich mir, um mein Glück nicht über Gebühr zu strapazieren, ein Schlüsselband anschaffen und es nur in Ausnahmefällen ablegen.

Reinhard Scholz, Flintbek

 

Was mein Leben reicher macht

Bob, assistant principal der Highschool, mit der uns ein Schüleraustausch verbindet, und drei Wochen lang mein fürsorglicher Gastgeber‚ ließ es sich nicht nehmen, mich persönlich zum Chicagoer Flughafen zu bringen. Mit englisch-trockenem Humor begabt und eher unamerikanisch spröde, sagt er zum Abschied »Goodbye« und – zum ersten Mal – »my friend«. Alle pathetischen »We’ll miss you« anderer Kollegen in Saint Charles habe ich tränenfrei als rituelle Kommunikation abgehakt. Aber Bobs Worte beschäftigen mich während des Rückflugs über sieben Zeitzonen hinweg.

Andreas Goletz-de Ruffray, Ammersbek