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Kritzelei der Woche

Im vergangenen Jahr war ich mit meiner Klarinette zum ersten Mal auf einem Lieder­ und Klezmerworkshop. Der Raum war angefüllt mit der Musik, und sogar wenn man selbst das Instrument zur Seite gelegt hatte, spielten andere noch weiter. Auf einem Notenblatt versuchte ich, alle Instrumente einzufangen.

Susanne Grytzka, Dortmund

 

Was mein Leben reicher macht

Noch vor ein paar Tagen hätte ich geschrieben: »Dass wir uns nach zehn gemeinsamen Jahren endlich trauen, unser geliebtes Hamburg für drei Jahre zu verlassen, um mit unserer wundervollen Tochter an die deutsche Schule nach Tokyo/Yokohama zu gehen.« Und jetzt die Ereignisse in Japan! Unser ganzes Mitgefühl gilt dem japanischen Volk und allen Betroffenen. Die Frage nach unserer persönlichen Zukunft rückt in den Hintergrund. Ich bin dankbar dafür, dass ich durch die emotionale Verbunden­heit zu meinem Mann gelernt habe, von den eigenen Lebensumständen abzusehen und wahres Mitgefühl aufzubringen, ohne die eigene Si­tuation bedauern zu müssen.

Sonja Clasing, Hamburg

 

Ein Gedicht! Klassische Lyrik

11. März 2011

nach Theodor Fontane, »Die Brük’ am Tay (28. Dezember 1879)«

»Wann treffen wir drei wieder zusamm’?«
»Um die neunte Stund’, am östlichen Damm.«
»Beim Block Nummer eins.« –»Ich breche die Wand.«
»Ich ’s Dach.« – »Ich komme von Norden her.«

»Und ich von Süden.« – »Und ich vom Meer.«
»Hei, das gibt einen wilden Tanz,

Und keiner der Meiler bleibt dann noch ganz.«
Und die Kühlung, die doch so sicher hät?«
»Von dem Tsunami wird sie zerschellt!«

»Zerstört!«
»Tand, Tand,
Ist das Gebilde von Menschenhand.«

(…)

»Wann treffen wir drei wieder zusamm’?«
»Um Mitternacht, am Bergeskamm.«
»Hoch über der Insel, mit wilder Flamm’.«

»Ich komme.« – »Ich mit.« – »Ich nenn euch die Zahl.«
»Und ich die Namen.« – »Und ich die Qual.«

»Hei!
Zerborstene Blöke, die Strahlung ist frei.«
»Tand, Tand, Ist das Gebilde von Menschenhand.«

Ortwin Beisbart, Stegaurach, Oberfranken

 

Was mein Leben reicher macht

So viele Menschen äußern zurzeit ihre Trauer und ihr Entsetzen über das Leid der Menschen in Japan. Es stimmt nicht, dass wir gar nichts für die Zukunft lernen. Alle Ge­spräche darüber bereichern mich, nutzlos ist keines.
Ingrid Schormann, Rheinbach

 

Ein Gedicht! Klassische Lyrik

Der Sohn des Polykrates

(nach Schiller: „Der Ring des Polykrates“)

Er trat auf den Balkon von drinnen
Und schaute mit vergnügten Sinnen
Auf zwei gekühlte Türme hin.
„Es ist nun nicht mehr störanfällig,
das AKW, und nicht gefährlich“,
sprach er und nahm sich einen Gin.

„Die Strahlung kann nicht mehr entweichen,
Beton und Stahl sind dick und reichen.
Im Notfall schaltet es sich aus.
Und will man es mit Macht zerstören,
mit Flugzeug, Bomben und Gewehren,
der Mantel hält das spielend aus.“

„Und wenn“, sprach nun der Sohn zum Vater,
„ein Beben kommt, ein neuer Krater?
Gibt es dafür auch Garantie?“
„Man kann die Angst auch übertreiben,
darüber sollt’ man besser schweigen.
Wir brauchen Strom und Energie.“

„Und wenn“, fragte der Sohn nun leiser,
„die Kühlung stoppt und es wird heißer?
Schmilzt nicht der ganze Kern dahin?“
„Ach, Sohn, du machst dir zu viel Sorgen!
Denk doch an heute, nicht an morgen“,
sprach er und nippte kurz am Gin.“

Albrecht Gralle, Northeim

 

Das regt mich auf

TOEFL (ETS), IELTS – und das war es dann auch fast schon: Da schieben sich Organisationen (befeuert von staatlichen Institutionen, international) gegenseitig Geld und Existenzwahrung zu und der Student ist hilflos ausgeliefert, weil angewiesen auf nicht einmal eine Handvoll „Tester“, besser Oligopolisten. Die EU wäre am Zug – von wegen Bildungsförderung. Hier besteht Handlungsbedarf, der Bedarf an einem kostengünstigeren Angebot, von öffentlicher Hand organisiert, von der Europäischen Union subventioniert und einheitlich im Verfahren. Mit einer solchen Entscheidung, hin zur Förderung, wäre dann auch einmal der Bologna-Gedanke greifbar vermittelt. Damit ließe sich auch endlich nachvollziehen, dass von internationaler Vergleichbarkeit et cetera auch der Lernende etwas hat und die daraus resultierenden Möglichkeiten auch in positiver Weise genutzt werden können. Und sei es letztlich lediglich in der Wahl der Ausbildungsstätte, ohne für eine simple Sprachprüfung, gültig für ganze zwei Jahre, gleich das gesamte monatliche ERASMUS-Stipendium berappen zu müssen.

Alexander Fischer

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Lieblingskollegin Daniela. Die siebzehn Kinder im Hort sind super und großartig. Aber es wäre nur das halbe Glück, wenn ich es nicht mit Daniela teilen könnte. Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit mit »unseren« Kindern.

Max Mustermann, Frankfurt*

*Auf Wunsch des Verfassers geändert

 

Was mein Leben reicher macht

Männerskiausflug nach Südtirol. Ein Freund, meine beiden erwach­senen Söhne und ich. In einem kleinen Hotel empfängt uns der Seniorchef (er ist 86) und sagt: »Do host aber zwoa fesche Burschn.« Mir wird warm ums Herz.

Manfred Römer, Eislingen

 

Was mein Leben reicher macht

An einem sonnigen Vorfrühlings­morgen zu unserer Schulbaustelle zu fahren und zu sehen, wie das neue Gebäude durch die Ideen und Hände vieler engagierter Menschen an Form gewinnt.

Beatrice Mainz, Taunusstein

 

Zeitsprung

Das schwarz­weiße Foto stammt aus dem Jahr 1976 und zeigt meine Frau Maria mit unserer Tochter Lisa an einem See im Wendland. Dort hatten wir uns mit sieben anderen Leuten damals einen Bauernhofgekauft, damit unsere Kinder auch das Landleben kennenlernen konnten. Nach der Wende erschlossen sich uns neue Nah­erholungsgebiete, und so zeigt das Farbfoto aus dem Jahr 2010 Lisa mit ihrer Tochter Emilia auf dem Darß an der Ostsee. Auch technisch übrigens ein Zeitsprung: Das Schwarz-­Weiß Foto wurde mit der Spiegel­reflexkamera aufgenommen, der Film in der eigenen Dunkelkammer – das heißt: in der Speisekammer unserer großen Altbauwoh­nung entwickelt und abgezogen. Das Farbfoto kommt aus einer Digitalkamera.

Clemens Tembrink, Berlin