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Die ZEIT kommt zu Besuch!

Die ZEIT wird 65 Jahre alt. Aus diesem Anlass will sie ihre Leserinnen und Leser besuchen. Diese Ankündigung hat im Hamburger Pressehaus für volle Postkörbe und E-Mail-Postfächer gesorgt. Aus ganz Deutschland, aber auch aus Österreich, der Schweiz und aus Italien sind Besuchswünsche gekommen, von Schulen, Werbeagenturen, Pfarreien, Yogaschulen und sogar – aus einem Gefängnis. Zum Beispiel würde Fabienne Javourez-Oeding gern mit Wolfram Siebeck kochen – in der Schulküche der Freien Waldorfschule Lübeck. Der Kaufmann Ernst-W. Krüger aus Rendsburg möchte mit Susanne Gaschke bei Ingwerpralinen über Genuss und Zukunft sprechen und danach seine 7000 verschiedenen Whiskyflaschen nachzählen. Eine rasante Fahrt in dem ersten von Studenten gebauten Allradfahrzeug, dem FP410e, würde einen ZEIT-Redakteur an der Westsächsischen Hochschule in Zwickau erwarten. Anne Baltes, deutsche Studentin in Paris, würde gerne einen Tag mit Gero von Randow streiken, um gesammelte Streik-Erlebnisse auszutauschen. Christine Meyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Nürnberger Oberbürgermeisters, wünscht sich die Unterstützung von Wolfgang Blau für eine Diskussion über Social Media im Bürgermeister- und Presseamt. Und das Ehepaar Rittig aus Grünstadt in der Pfalz würde gern gemeinsam mit Evelyn Finger einen Teil des Jean-Paul-Wegs durch Oberfranken laufen.

Möchten Sie auch, dass jemand von der ZEIT zu Ihnen kommt? Dann schreiben Sie uns! Hier finden Sie weitere Informationen.

 

Eine kleine Weltreise (2)

Ein Weltreise aus traurigem Anlass unternimmt Sabine Kröner, 55: Im vergangenen Jahr ist ihr Mann in den Freitod gegangen, jetzt will sie durch neue Eindrücke Abstand gewinnen. Sie wird nach Buenos Aires fliegen und dann per Schiff durch die Südsee nach Australien, Indonesien, Malaysia, Birma, Indien, Arabien und durch den Sueskanal bis nach Venedig fahren. Auf dieser Seite wird sie jede Woche berichten. Heute: Wie plant man eine Weltreise?

Gesagt, getan. Die „kleine Weltreise“ muss gebucht und organisiert werden. Mit Google komme ich in diesem Fall nicht weiter. Teilstrecken, mal all-inclusive, mal nicht, Landausflüge dito. Wende mich also an meine Nachbarin Sandra. Sie arbeitet in einem Reisebüro und hat mit ihrem Mann zusammen den Sturz meines Mannes live miterlebt. Sie haben den Aufprall gehört, sind runtergegangen und haben Schlimmes gesehen. Sie verschweigen es mir bis heute. Sandra sagt: „Fahre, hol dir neue, schöne Eindrücke!“ Sie hat es mir dann durchgerechnet. Ist der Preis eines Mittelklassewagens, mit dem ich schon geliebäugelt hatte. Weltreise anstatt Giulietta, sage ich mir. Mein Elefantino muss halt noch ein bisschen fahren.

Nun werde ich von Tag zu Tag nervöser – Reisefieber und die Erkenntnis: Du bist keinem Rechenschaft schuldig. Hart, aber birgt auch die große Freiheit in sich: Darf endlich machen, was ich will. Keine Rückversicherung von Mama und Papa, keine Diskrepanzen mit dem Ehemann. Sollte das die „unendliche Leichtigkeit des Seins“ sein? Mir ist mulmig: Wie kriege ich 30 Kilo in den Flieger? Habe ich hier zu Hause alles korrekt hinterlassen? Was, wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert? Dann bin ich einfach nicht da. Ist das leichtfertig, ein Risiko? Ich tu’s, ich muss es tun, für mich, denn für Tote kann ich nichts mehr tun, außer an sie zu denken. Ich möchte diese Reise meinem geliebten Mann widmen, nur für ihn schreibe ich hier.

Sabine Kröner, Heidelberg

 

CO2 sparen?

Es ist die erste Januarwoche. Auf der Straßenseite gegenüber meiner Wohnung dürfen die Leute ihre abgefeierten Weihnachtsbäume niederlegen. Diese werden vom Garten- und Friedhofsamt der Stadt gehäckselt und einer sinnvollen Endverwertung zugeführt. Vielleicht verfeuert man sie oder mischt sie dem Rindenmulch unter. In beiden Fällen ist die CO2-Bilanz neutral. Nicht aber das, was ich hier sehe.

Denn zwei Arbeiter, die die Bäume abholen sollen, kommen mit einem LKW vorgefahren, der mit einem hydraulischen Greifer ausgestattet ist. Der eine bedient die Hebel, der andere passt auf, ob der Greifer auch richtig zupackt. Und die ganze Zeit läuft vernehmbar und grummelnd der Dieselmotor, der die Hydraulik bewegt. Mein Gott, könnten die beiden sich denn nicht Handschuhe anziehen und die Bäumchen mit leichtem Schwung auf die Ladefläche werfen? Das wäre eine gesunde Bewegung an frischer Luft und würde Kraftstoff und CO2 sparen!
Ich werde mal anrufen und eine Rationierung der Diesel-Zuteilung vorschlagen. Dann kämen die beiden vielleicht auf die Idee, wie es umweltschonender geht.

Raimund Carmignac, Witten

 

Was mein religiöses Leben reicher macht

Dass in der katholischen Kirche St. Georg im Münchner Norden zwei Vertreter der muslimischen Gemeinde am Weihnachtsgottesdienst teilnahmen. Der Pfarrer hat den Imam mit Handschlag begrüßt, und dieser hat zu uns gesprochen.

Neeltje Dijkshoorn, München

 

München-Rom und zurück

Silvestertag, gegen 16 Uhr: ab München-Hauptbahnhof nach Rom. Kein Schlafwagen. Mitternacht mit Piccolo am Brenner. Draußen nur Schnee und Stille. Morgens früh in Rom. Erster Espresso am Bahnhof. Den Tag vertrödeln zwischen „Urbi et orbi“, Forum und Piazza Navona. Spätnachmittags zurück. Schnee in München, um sechs Uhr früh. In die „Schmalznudel“ am Viktualienmarkt zum Frühstück.

Ingrid Riedmeier, Unterschleißheim bei München

 

Wiedergefunden: Der Wismut-Ausweis

Als ich kürzlich mein Arbeitszimmer aufräumte, ist mir dieser Ausweis wieder in die Hände gefallen. Mein Onkel hatte ihn fünfzehn Jahre zuvor mit den Worten übergeben: „Du interessierst dich doch für Zeitgeschichte! Du bist der richtige Aufbewahrungspartner für dieses Dokument.“ 1946 war mein Onkel nach einjähriger US-Kriegsgefangenschaft nach Zwickau zurückgekehrt und hatte 1947 bei der SDAG (Sowjetisch-deutschen Aktiengesellschaft) „Wismut“ als Radiometrist angefangen. Seine Aufgabe: Uranerzlager für die sowjetischen Atombomben zu suchen. Mit 64 ging er in Rente und ist 1999 qualvoll an den Folgen der jahrelangen Uranstrahlung gestorben.

Rolf Jürgen Löffler, Laubach-Freienseen, Hessen

 

Wärme

Über mir der Lichtkegel der Leselampe. Die Beine unter der Kuscheldecke ausgestreckt. Ein aufgeklapptes Buch vor der Brille. Draußen klirrender Frost. Um mich herum Wärme. Keine Eisblumen an den Fensterscheiben, kein Zähneklappern vor dem Einschlafen (trotz der heißen Ziegelsteine unterm Federbett). Das Nachkriegskind in mir hofft, dass dieser Luxus von Wärme und Licht bezahlbar bleibt.

Angela Lamza, Dorsten

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn ich ein druckfrisches Buch in der Hand halte, weil die hiesige Stadtbibliothek mir wieder einmal einen „Leserwunsch“ erfüllt hat!

Petra Yildiz, Göttingen

 

Lieber Steinkrebs,

© Frank Rumpenhorst/dpa

in Deutschland stehst Du nun auf der Liste der gefährdeten Arten. Kein Wunder, denn Du bist empfindlicher gegenüber Insektiziden und organischen Belastungen als Dein großer Bruder, der einzige andere einheimische Flusskrebs. Auch die Krebspest, verursacht durch einen Fadenpilz, macht Dir zu schaffen. Wie praktisch für die von uns Menschen neu eingebürgerten amerikanischen Flusskrebsarten, dass sie gegen die Krebspest resistent sind und gleichzeitig als Überträger dienen. So schaffen sie sich ihre Nahrungskonkurrenten noch schneller vom Hals! Ja, wir Menschen haben es wieder einmal versaut. Ob wir je dazulernen werden? Ich hab da meine Zweifel.

Schöne Grüße von Krebs (meinem Sternzeichen) zu Krebs,
Gaby Rottler, Weißenburg

 

Erste-Handarbeits-Hilfe

Samstagnachmittag, im Zug von Hamburg nach Hause. Ich habe einen der letzten Klappsitze erwischt und stricke an den Socken weiter, die sich mein Schwiegersohn von mir gewünscht hat. Zwei Knaben, vielleicht 15 oder 16 Jahre alt, beobachten mich. „Können Sie auch nähen?“, fragt der eine plötzlich. Als ich bejahe, zieht er seinen Anorak hervor und zeigt mir eine aufgerissene Naht am Ärmel. Als der zweite mir auch noch ein Briefchen mit Nähzeug hinhält, ist der Schaden schnell behoben. „Meine Mutter näht so selten“, sagt der Besitzer der Jacke und bedankt sich. Und fragt mich dabei nach meinem Namen. Nicht irgendeiner älteren Frau im Zug wollte er danken, sondern mir als Person. Bemerkenswert, diese Sensibilität eines – wie sich herausstellte – Elftklässlers aus Lübz in Mecklenburg!

Marianne Lentz, Lütjensee bei Hamburg