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Frauen, hört auf, Frauen zu diskriminieren!

Da diskutieren wir über Frauenquote und gefühlte Diskriminierung im Arbeitsleben, und gleichzeitig diskriminieren Frauen sich selber! Was mir gerade passiert ist, hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können: Mein Rechner verweigert seit gestern den Internetzugang. Also raffe ich mich auf, rufe meinen Provider an, und tatsächlich spreche ich schon nach wenigen Minuten mit einer jungen Dame, die meine Kundennummer eintippt, die üblichen Sicherheitsabfragen herunterbetet und mich dann fragt, womit sie mir helfen könne. Warum habe ich mich minutenlang durch den Themendschungel des Automaten getippt, wenn davon nicht der kleinste Informationsschnipsel ankommt? Nein, das ist nicht das Ärgernis von dem ich berichten möchte. Diese junge Frau also wählt sich in mein Modem ein, erkennt ein erfolgreiches Strom-Reset vor fünfzehn Minuten und diagnostiziert meinem Modem gute Werte. Ich bedanke mich und frage nach, welche Fehlermöglichkeit es noch geben könnte. Das könne an den Systemeinstellungen des Rechners liegen, sagt sie. Ob ich einen Sohn oder einen Mann hätte, der mal danach schauen könne… Da bleibt mir glatt die Luft weg. Wenn es weiterhin Frauen gibt, die sich so dämlich ausdrücken, wird auch eine gesetzliche Frauenförderung wenig Heil bringen. Übrigens: Mein Internetzugang spurt wieder. Störung behoben. Mit weiblichem Grips.

Anja Bogner, Achern, Baden

 

Glühende Landschaften

Es grünt gelb und schwarz,
wenn Deutschlands Brüter glühen.
Zukunft ist verkauft.

Heide Boos, Mettmann

 

Rotkappen!

Mein Mann (75) und ich (71), seit 50 Jahren verheiratet, gehen gerne in die Pilze. Letzte Woche waren wir im Taunus. Vier Stunden streifen wir durch den Wald, den Blick fast ständig auf den Boden geheftet. Die magere Ausbeute: acht essbare Pilze. Müde machen wir uns auf den Heimweg. Da sehen wir an einem Bachlauf etwas Rotes aufblitzen. Kann das sein? Rotkappen? Die sind sehr selten. Das unwegsame Gelände schreckt uns nicht und tatsächlich wird unsere Beharrlichkeit mit sechs wunderbaren Rotkappen belohnt. Unsere Freude war groß, wir waren glücklich und hatten ein schmackhaftes Abendessen.

Rosemarie Bollenbacher, Mainz

 

Toller Ballast

Wenn man beim morgendlichen Lauf durch den Park eine Tüte, gefüllt mit zwei Büchern und verschlossen mit einem Post-it, „Zum Mitnehmen und Lesen“, auf einer Bank findet, hüpft das Herz. Es gibt tatsächlich noch Menschen auf dieser Welt, die anderen eine Freude machen möchten, ohne etwas dafür zu verlangen! Ich nehme die Tüte mit. Nach einem Kilometer des Joggens mit Ballast lasse ich die Tasche auf einer weiteren Parkbank hinter mir zurück: Ich möchte, dass sich jemand anderes über die Bücher freut. Und zu viele noch ungelesene Werke warten zu Hause. Trotzdem: einen großen Dank an die unbekannte Person!

Svenja Sundermeier, Minden

 

Zeitsprung: Cottbusser Schillerplatz

Das erste Bild zeigt mich als kleinen Jungen bei einem Sonntagsspaziergang im Jahre 1955 vor dem bekannten spätsezessionistischen Jugendstiltheater auf dem Schillerplatz von Cottbus. Im vergangenen Sommer habe ich meine Heimatstadt nach langen Jahren wieder besucht, und dabei entstand das zweite Bild an gleicher Stelle.

Bis auf die Bepflanzung und die wasserspeienden Tierfiguren hat sich der Platz nur wenig verändert. Doch die Atmosphäre ist grundverschieden: Früher flanierte man dort in Sonntagskleidung, heute wird – was auf dem Foto leider nicht zu sehen ist – auf der Wiese in legerem Look gegrillt.

Wolfgang Kittlick, Berlin

 

Wandel

Einst lernte das Kind:
Der liebe Gott sieht alles!
Heut’ heißt Gott „Gugel“.

Roland Stigulinszky, Saarbrücken

 

Lieber Jürgen Heins,

wir wissen, dass Dich viele Nachbarn gefragt haben, wie Du Dich nur mit diesen Türken abgeben kannst. Und trotzdem hast Du immer an uns geglaubt. Wir sind sehr glücklich, dass Du in unsere Nähe gezogen bist. Durch das Geschäftskonzept, das Du für uns geschrieben hast, sind wir bald keine Hartz-IV-Empfänger mehr, sondern wieder Menschen, die arbeiten und in ihrem eigenen Tante-Emma-Laden stehen. Schön, dass es Dich gibt, Opa Jürgen. Danke für alles!

Schöne Grüße,
Sezen, Ayse und Osman Kayaaslan, Glückstadt

 

Wink des Himmels für Stuttgarter Demonstranten

Demonstration gegen „Stuttgart 21“. Ungewöhnlich viele Menschen sind gekommen. Vor dem Zug durch die Stadt stehen wir mit vielen anderen auf dem Bahnhofsplatz im Regen. Plötzlich reißt der Himmel auf, die Abendsonne erleuchtet den Bahnhofsturm und die Häuser an den Hängen. Am schwarzgrauen Himmel erscheint ein wunderbarer Regenbogen und noch ein zweiter über dem Bahnhof. Zunächst ist es ganz still, dann bricht Jubel aus. Wenn das kein Zeichen des Himmels ist!

Ursula Kirchner, Stuttgart

 

Kritzelei zum Hörbuch


Diese Zeichnung entstand, während ich konzentriert dem Hörbuch Naiv. Super. von Erlend Loe zuhörte. Der Sprecher Andreas Fröhlich hat eine irgendwie optimistische und meditative Stimme zugleich. Vielleicht ist die Kritzelei deshalb recht bunt ausgefallen.

Katharina Nagelmann, Osnabrück

 

Befreiendes Lachen

Wegen meiner Parkinsonerkrankung gibt es in meinem Leben gute und weniger gute Tage. Es liegt mir aber nicht, darüber zu klagen. Meine Frau und ich sagen oft: „So, 5 Minuten, das reicht.“ Bei meiner wöchentlichen Krankengymnastik werde ich von einer wunderbaren Therapeutin betreut, die es immer wieder versteht, mich wie eine „Menschenflüsterin“ zu lesen und aufzumuntern. Beim letzten Mal sah sie es mir wohl an, dass es mir nicht so gut ging. Auf ihr gezieltes Befragen gab ich es dann zu: „Ich musste gestern immer an den Satz eines anderen Parkinsonkranken aus meiner früheren Gruppe denken, der sagte: ‚Wir enden alle mal im Rollstuhl‘.“ Da setzte meine Therapeutin noch einen drauf: „Ja, und wir werden alle sterben!“ Kann sich jemand das befreiende Lachen vorstellen, in das wir beide einstimmten?

Horst Genenger, Lahr/Schwarzwald