Bestanden! Menschen, die mich stürmisch umarmen, Blumen, Sekt aus Mensa-Pappbechern. Viele deutsche Universitäten sind arm an guter Lehre, doch es gibt Ausnahmen. Eine von ihnen war mein Prüfer: Ein Mensch abseits des Elfenbeinturms. Ein Mensch, der seine Studenten begeistern kann. Der engagiert ist, fordernd, manchmal auch streng. Der jetzt lächelt und sagt: „Herzlichen Glückwunsch!“ Ich blicke ihm hinterher. Ihm, der in einem schwarzen Anzug stets Haltung bewahrt. Von dieser Sorte Mensch müsste es mehr geben.
Die gedruckte Zeitung hält mich am Leben, hier in Afrika, intellektuell und kulturell. Was für ein Jammer, wenn sie zugunsten der elektronischen Zeitung verschwinden würde! Elektronik braucht Strom, und den gibt es hier nur unregelmäßig, die Internetverbindung ist oft gestört. Auch wenn die Zeitung aus Deutschland hier erst mit drei Wochen Verspätung ankommt: Ich kann sie in der Hand halten, kann sie lesefreundlich knicken, mit ins Bett nehmen oder in den Bus. Ich kann gute Artikel ausreißen, ausgelesene Seiten weiterschenken. Und nicht zu vergessen: Ich kann das Papier vielfältig verwenden. Zum Feuermachen, als Saugmaterial, als Verpackung. Ein Lob auf die Zeitung
aus Papier!
24. Juni 2010, Abschiedsszenen am Bahnhof nach einer Woche Begegnungsprogramm: katholische und evangelische Jugendliche aus Deutschland umarmen weinend ihre Gäste – jüdische und arabische, muslimische Israelis, die nach dem gemeinsam erlebten WM-Spiel am Vorabend schwarz-rot-goldene Blumenketten um den Hals tragen und nun auch Abschiedstränen in den Augen haben. Ein Leben in Frieden über vielfältige Grenzen hinweg ist möglich, wenn wir tatsächlich Brücken bauen und mit offenen Augen, Armen und Herzen aufeinander zugehen!
Türsteher müssen nicht jede Person in ihren Club lassen, dafür gibt es gute Gründe: Vielleicht ist jemand zu jung, nicht gut genug gekleidet, oder der Raum ist einfach überfüllt. Dass bei diesem Auswahlverfahren manchmal aber auch offener Rassismus eine Rolle spielt, das musste ich vor ein paar Wochen vor einem Club in meiner Heimatstadt
erleben. Als ich mit einigen Freunden, zwei davon afrikanischer Herkunft, zum Eingang kam, gab uns einer der Türsteher zu verstehen, dass diese beiden draußen bleiben müssten. Seine Antwort auf die Frage nach einer Begründung lautete: „Die kommen hier nicht rein. Das ist die Begründung.“ Als ich bemerkte, dass dies rassistisch sei, erntete ich nur Gleichgültigkeit, auch von den anderen Türstehern. Dieser Vorfall hat mich sehr wütend gemacht. Ich konnte kaum fassen, mit so offenem Rassismus konfrontiert worden zu sein, und das in Deutschland. Doch einer der Freunde, gegen den er gerichtet war, meinte, ich solle mich nicht ärgern, das würde öfter passieren.
Man müsse es eben akzeptieren. Aber gerade diese Normalität finde ich ungeheuerlich. In unserer Gesellschaft, die immer multikultureller wird, ist Rassentrennung anscheinend immer noch alltäglich.
Meine Brille muss einen Stoß bekommen haben: Sie drückt auf der Nase. Ich steuere ein Optikgeschäft an. Die Dame dort bemüht sich mit einer Zange um meine Brille, passt immer wieder an, korrigiert. Zum Schluss reinigt sie sie und gibt sie mir zurück. „Was bin ich Ihnen schuldig?“ – „Ein Lächeln!“ Ich lache. Die Dame lacht. Was für ein Morgen! Dieser Tag ist gerettet.
Ich arbeite in einer gerontopsychiatrischen Einrichtung. Mein Anliegen ist es, Menschen, die in sich versinken, die in ihrer eigenen Welt leben, für kurze Augenblicke zu erreichen. Ich sehe den alten, hageren Mann, der mit gesenktem Kopf und auf den Boden gerichtetem Blick mit kleinen Schritten langsam über den Flur wandert, ohne jemals anzukommen. Sein weißes Haar fällt ihm in die Stirn. Ich gehe wie immer zu ihm, berühre seine Hand, begrüße ihn mit seinem Namen. Zum ersten Mal hebt er seinen Kopf und schenkt mir einen Blick. Er hat grüne Augen!