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Strohwitwe

Ich bin Strohwitwe. Das kommt sehr selten vor. Sonst immer überlegt, was ich endlich einmal wieder für mich und mit mir anfange: Ungewöhnlich sollte es sein. Diesmal: Ich lasse mich treiben über die Stunden. Zeitung lesen auf dem Balkon. Zu einem Geburtstag „aufbrezeln“ und mit der S-Bahn hinfahren. Eis mit Erdbeeren nächtens im Bett
essen. Morgens um fünf zufällig eine Sendung über das Neue Museum in Berlin finden. Mich in einem Biergarten verhocken. Haferl Kaffee und Rhabarberkuchen. Nichts lesen. Nur schauen. Endlos am Telefon verquatschen. Glück.

Ingrid Riedmeier, Unterschleißheim

 

Lieber Vladimir Nabokov,

© Keystone/Getty Images

vor ein paar Tagen wärest Du 111 Jahre alt geworden, aber keiner hat es gemerkt, außer vielleicht Dieter E. Zimmer, der unvergessene Recke der ZEIT. Aber das macht nichts. Wir haben ein Buch aufgeschlagen und die Silben „Lo-li-ta“
gesungen. Dann tranken wir ein Glas Champagner und gedachten Deiner im Flügelschlag von allen Schmetterlingen.

Josef Girg, Prag

 

„Hallo!“ – eine Erwiderung

Der Etikette-Trainer Hanisch findet es unhöflich, Anrufer von Firmen nur mit einem „Hallo?“ zu begrüßen. Die Deutsche Knigge Gesellschaft hält es für unkorrekt, eine Kellnerin mit „Hallo Fräulein“ anzusprechen. Auch die Varianten Großes Hallo, Halli Hallo und erst recht Hallodri zeigen wenig Seriosität. Doch sind die Knigge-Leute immerhin so unsicher, dass sie bundes(deutschland)weit nach der passenden Anrede suchen.

Soll „passend“ bedeuten, dass „Hallo“ in bestimmten Situationen auch passt? Hinweise gibt die Etymologie mit dem althochdeutschen „halon“ (holen, rufen), dem französischen „allons“ und dem englischen Gruß „hallo“. Ferner die Unterscheidung der Ornithologen nach Ruf (Orientierung, Warnung) und Gesang (Partner beeindrucken, locken).

Im Europa-Parlament in Brüssel, dessen Sprachendienst 23 Amtssprachen beherrscht, findet man „Hallo“ in entsprechenden Fällen zulässig. Und die Gesellschaft für Deutsche Sprache weiß: Fehler von heute können Standards von morgen sein.

Hi und salut!

Eine Erwiderung von Thilo Tilemann, Wiesbaden auf Das regt mich auf: “Hallo!”

 

So fühlt sich Glück an

Beemp, beemp, beemp, beemp
Beemp, beemp, beemp, beemp

Peter dreht das Küchenradio laut.

I gotta feeling
Oooo-ho
That tonight’s gonna be a good night

Ich komme aus dem Waschkeller nach oben.

That tonight’s gonna be a good good night
Oooo-ho

Die Kinder übernachten heute bei den Großeltern.

Let’s paint the town
We’ll shut it down!
Let’s burn the roof

Peter hopst auf dem Sofa.

And then we’ll do it again
And do it! And do it! And do it all again!
Oooo-ho

Ich springe im Takt mit nach oben gereckter Hand durch die Küche.

Here we come, here we go
We gotta rock-ock-ock!
Easy come, easy go
Now we’re on top-op-op

Wir treffen uns im Wohnzimmer.

Fill up my cup.
RIGHT!!!
Mazel tov!
And then we’ll do it again
And do it! And do it! And do it all again!
Oooo-ho

Das Lied ist vorbei. Wir liegen uns atemlos in den Armen. So fühlt sich Glück an.

Saskia Wegemer, Hamburg, 39 Jahre, ist seit 16 Jahren mit demselben Mann zusammen, gemeinsam haben sie zwei Töchter (2 + 6)

 

Meeresboden

Energie im Fluss
Ölige Meeresfrüchte
Im Computermaul

Martina Lüttich

 

Kritzelei: Problemtier

Immer, wenn ich mit meinem neunzehnjährigen Enkel über irgendwelche Probleme rede – vorausgesetzt, er hat mal Zeit dafür – kritzelt er so vor sich hin. Kürzlich entstand im Lauf eines solchen Gesprächs dieses „Lebewesen“. Es hat mir so gut gefallen, dass ich es rahmen ließ, um es mir an die Wand zu hängen.

Rolf Auer, Mainz

 

Liebe Bundesregierung,

© Andreas Rentz/Getty Images

jedes Jahr zu Silvester wünsche ich mir etwas. Meist etwas Großes. Leider enden meine Wünsche oft sehr klein. In diesem Jahr habe ich mir gewünscht, dass Ihr uns Bürger und Wähler gut regiert. Eine höfliche Frage: Wann fangt Ihr damit an? Ein Drittel des Jahres ist vorbei.

Klaus Kuhn, Köln-Nippes

 

Wiedergefunden: Comic gegen Missbrauch

Wir lesen zurzeit viel über Priester, die es mit der Würde des Menschen nicht so genau nehmen. Da fiel mir kürzlich ein Buch wieder in die Hände, in dem dieses schwierige Thema auf gänzlich unorthodoxe Weise verarbeitet wird: das autobiografische Werk Warum ich Pater Pierre getötet habe von Olivier Ka, eine Arbeit aus der Graphic-Novel-Szene. Ka setzt sich mit einer Missbrauchserfahrung in seiner Kindheit auseinander und befreit sich so von dem Trauma, das sein ganzes Leben zu zerstören drohte. Der Zeichner Alfred hat das in eindringliche Bilder übersetzt. In dieser Geschichte ist es der kumpelhafte Pater Pierre, der Olivier verführen will. Déjà vu? Der Tod des Pater Pierre ist dort übrigens nur symbolischer Art und nicht etwa ein Aufruf zur Selbstjustiz. Doch so soll es sein: Lassen wir die Patres sterben und verschwinden, die Anvertrauen mit dem Recht auf Missbrauch verwechseln!

Matthias Burzinski, Bonn

(Das Buch von Olivier Ka ist im Carlsen-Verlag erschienen)

 

Mein Wort der Woche: Einsicht im Zug

„Verehrte Fahrgäste, die Weiterfahrt unseres Zuges verzögert sich noch um wenige Minuten. Wir bitten Sie um Einsicht“

Durchsage in der Regionalbahn Mannheim–Frankfurt
eingesandt von Mechthild Herzog, Groß-Gerau

 

Ist die EU schlecht fürs Obst?

© reckmann / photocase.com

Warum gibt es die aromatischen Ananas von der Elfenbeinküste nicht mehr? Wo sind die saftigen Pfirsiche aus Griechenland geblieben? Warum bietet kein Händler mehr die dicken Jaffa-Apfelsinen mit der dünnen Innenhaut
an? Ist die EU-Politik daran schuld?

Renate Donath, Hamburg