In Berlin zog am Sonntag der Faschingszug unter dem Motto „Berlin ist keck … und wir sind jeck“ durch die City-West. Das ist meist eine etwas traurige Veranstaltung. Wenn die armen Rheinländer, die das Schicksal nach Berlin verschlagen hat, versuchen, die Februartrübe Stadt mit Frohsinn zu missionieren. Meist erfolglos. Die Berliner kommen überwiegend, um gratis Süßkram für sich und ihre Kinder einzusammeln. Berlin ist karnevalistisch gesehen eine Sahel-Zone. Auch was das Formulieren des Mottos angeht, wäre hier dringend Entwicklungshilfe seitens der Kölner Karnevalsgesellschaft gefordert. Bei deren zeitlos-philosophischen Slogans fühle ich mich immer, als hätte ich schon drei Kölsch getrunken. In diesem Jahr lautet der Leitspruch: „Jedem Jeck sing Pappnas.“ Klingt fast schon wie ein Paragraph des rheinischen Grundgesetzes. Wenn ich das leise wie ein Mantra vor mich hin murmele, wächst mir vielleicht bis Donnerstag von selbst eine Pappnase. Vorteil von Pappnasen: Sie bleiben, im Gegensatz zu den Krawatten an Weiberfastnacht dran. Jedenfalls so lange, bis sie weggebützt sind. Wem es am heftigsten der tollen Tage in Köln auf der Straße zu kühl wird, der begeht ihn artgerecht bei der Party im Holiday Inn. Dort geht es traditionell sehr ausgelassen zu. Details möchte ich hier verschweigen. So wie sich über alles, was im Karneval geschieht, hinterher der Mantel des Vergessens legt. „What happens in Kölle, stays in Kölle“. Es spielen unter anderem die Bläck Fööss und ein Sänger mit dem tendenziell unseriösen Namen King Size Dick. Aber vielleicht sollte es auch „Sing Size Dick“ heißen. Für Nicht-Muttersprachler: „Sing“ ist im Rheinischen das besitzanzeigende Fürwort. Aber gesungen wird natürlich auch. Alaaf, Helau und Hei-Jo.
Margit Stoffels