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Proust-Fragebogen für Blogger (57)

 

 

RhoenradHell

(c) Klaus Friese

Die studierte Anglistin und Japanologin Isabel Bogdan lebt als Autorin und Übersetzerin ( u.a. von Jonathan Safran Foer und Megan Abbott und Tamar Yellin) in Hamburg – nach eigenen Angaben „da es da so schön ist.“ 2012 hat sie ihr Buch „Sachen machen“ veröffentlicht. Das könnte auch des Motto ihres Blogs „is a blog – allmähliche Verfertigung“ sein, der charmant mit einer gewissen Unfertigkeit kokettiert. Neben den festen Rubriken „liest“, „schreibt“ und „übersetzt“ findet sich hier die lose Serie: „Besser ist das“, unter der Bogdan Überlegungen und Tipps zu einem bewussteren Konsumverhalten sammelt und austauscht. Einfach, um etwas gegen gedankenlosen Konsum zu machen. Ihre Weltsicht scheint der Jonathan Safran Foers sehr ähnlich: Könnte er ihren Blog lesen wäre Foer sicher zufrieden mit seiner Übersetzerin.

Was ist für Sie der vollkommene Blog?

Ich lese am liebsten Blogs, bei denen man den Menschen dahinter erkennt; die ein bisschen privat schreiben, sich aber auch gern schwerpunktmäßig mit irgendeinem Thema beschäftigen. Wichtig ist mir, dass Blogs gut geschrieben sind.

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten?

Vielleicht steht mir Katy Derbyshire am nächsten, eine Übersetzerkollegin aus Berlin, die in die andere Richtung übersetzt, also deutsche Literatur ins Englische, und unter Love German Books  ganz wundervoll über deutsche Literatur und die Literaturszene schreibt.

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Herumflattern, hier ein bisschen lesen, dort ein bisschen reingucken, Blogs, Facebook, Twitter, mich ganz fürchterlich von der Arbeit ablenken lassen, kommunizieren, Dinge entdecken, weitergucken, noch was Interessantes finden, huch, schon so spät?

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Bücher lesen, Sachen machen, Freunde einladen, ausgehen, Stepptanz, draußen sein, reisen.

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit?

Ich schreibe die Wahrheit manchmal nicht, aber ich schreibe auch nicht die Unwahrheit. Anders gesagt: Wenn ich nicht die Wahrheit schreiben kann, schreibe ich eben nicht. Und man kann die Wahrheit ja auch freundlicher oder unfreundlicher ausdrücken.

Ihr Lieblingsheld im Netz?

Die Menschen im Netz sind ja wirkliche Menschen, deswegen kann ich mit der Unterteilung in „Netz“ und „Wirklichkeit“ nichts anfangen.

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit?

Zum Thema Helden empfehle ich James Krüss, „Mein Urgroßvater, die Helden und ich“. Sehr kluger Mann.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen?

Begeisterungsfähigkeit, Aufrichtigkeit, Neugier, Humor.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen?

Begeisterungsfähigkeit, Aufrichtigkeit, Neugier, Humor.

Was mögen Sie im Netz am wenigsten?

Bewegte, zappelnde, blinkende Werbung. Popups. Shitstorms. Empörung, ohne sich zu informieren (bin ich aber auch schon drauf reingefallen).

Was stört Sie an Bloggern am meisten?

Unaufrichtigkeit, Rücksichtslosigkeit, Humorlosigkeit. Das gilt natürlich nicht nur für Blogger, sondern auch für alle anderen Menschen. Ansonsten lese ich natürlich nur die Blogs, die ich mag – wenn mir eins nicht gefällt, aus was für Gründen auch immer, dann mache ich es halt zu und denke nicht weiter drüber nach.

Was stört Sie an sich selbst am meisten?

Dass ich mich vom Internet so sehr ablenken lasse. Meine mangelnde Selbstdisziplin.

Ihr glücklichster Moment als Bloggerin?

Viele. Meistens ist es das spontane Feedback – wenn ich mich über etwas freue und meine Leser sich mitfreuen. Oder wenn ich mich über etwas aufrege und jemand sagt: finde ich auch, ich hatte es nur für mich noch nicht so formuliert. Oder wenn ich wegen irgendetwas jammere und mir eine Leserin spontan Schokolade schickt. Eigentlich all die Momente, in denen sich zeigt: das Internet ist voller echter Menschen, und ziemlich viele davon sind großartig. Überhaupt, all die tollen Leute, die ich übers Bloggen kennengelernt habe. Und natürlich, dass irgendwann Rowohlt anfragte, ob ich nicht ein Buch für sie schreiben wollte; die Lektorin las nämlich mein Blog.

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Bloggerin?

Ich habe die netteste, kompetenteste, klügste, konstruktivste, humorvollste Kommentatorengemeinde der Welt, das ist ein ganz großes Glück. Vor einer Weile gab es beispielsweise schmutzige Limericks zum Mitdichten, da kamen in kürzester Zeit über 400 Kommentare, und ich musste keinen einzigen wegmoderieren. Das war wirklich erstaunlich.

Über welches Talent würden Sie gern verfügen?

Ich würde gern singen können.

Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden?

Erstmal möchte ich noch ziemlich lange selbst leben.

Ihre größte Extravaganz?

Ich bin sittsam, bescheiden und rein.

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?

Gespannt auf Neues.

Ihr Motto?

You have to be in the right mood.