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Die Deutschlandkarte im Radio

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Wo werden die meisten Fahrräder geklaut? Wo sind die Deutschen am dicksten? Wer bezieht Ökostrom? Die Deutschlandkarten des ZEITmagazins erscheinen jetzt auch als Kolumne beim Saarländischen Rundfunk im Programm von SR 2 KulturRadio. ZEITmagazin-Redakteur Matthias Stolz beantwortet jeden Sonntag zwischen 14 und 16 Uhr in der Sendung Länge Sieben – Das Kulturmagazin aus Saarbrücken die wichtigsten Fragen zu Deutschland. Diese Woche: Wo in Deutschland dominieren welche Nadelbäume?

 

Sonntagsessen (15)

Wir sind nicht neidisch, ist natürlich gar nicht unsere Art. Aber wir hätten nichts dagegen, genau dieses Leben zu führen: Mimi Thorisson, aufgewachsen in Hong Kong und Paris, lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern im Médoc und kocht und schreibt darüber das Blog Manger.

(c) Oddur Thorisson

 

Eine Hutmacherin von heute: Nele Charlotte Schreiner von NCA Berlin

In ihrem Atelier im Prenzlauer Berg empfängt Nele Charlotte Schreiner mit großem Dutt auf dem Kopf, aber ohne Hut. Sie selbst trage eigentlich kaum Hüte, sagt die 27-jährige Modistin, weil sie keinen „Hutkopf“ habe. Sie entwirft schlichte, aber detailverliebte Kopfbedeckungen für ihr Hutlabel NCA Berlin (die Abkürzung steht für „Nele Charlotte Accessoires“). Nach einer dreijährigen Ausbildung zur Modistin bei der deutschen Hutdesignerin Fiona Benett und Praktika bei Theater- und Filmproduktionen, hat sie sich Anfang des Jahres selbstständig gemacht und ihre erste eigene Hutkollektion „All my beautiful Friends“ entworfen.

Wenn man auf die Straße geht, sieht man eher selten Menschen, die Hut tragen. Warum trauen sich viele nicht an Hüte heran? Es ist sicherlich so, dass man erst die Angst vor dem Hut verlieren muss. Das Tragen eines Hutes ist ein Statement. Hüte sind auch kompliziert. Viele Menschen sind sich unsicher, wie man Hüte am besten trägt.

Könnte man sagen, wir haben es verlernt, Hut zu tragen? Ja, früher waren Hüte selbstverständlich. Heute dagegen fragt man sich: Sitzt der Hut noch? Muss ich ihn immer auflassen? Wann sollte ich ihn abnehmen? Man muss üben, den Hut zu tragen.

Sie selbst tragen ja auch keine Hüte. Warum haben Sie sich für den Beruf der Modistin entschieden? Vor meiner Ausbildung habe ich eine Zeit lang Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften studiert. Es hat mir nicht gefallen, ich habe überlegt, was ich stattdessen machen könnte. Bei meinen Recherchen bin ich auf den Beruf des Hutmachers gestoßen. Obwohl ich mit Hüten nie so viel zu tun hatte, fand ich die Berufsbeschreibung so toll, dass ich mir dachte, das will ich machen. Mich hat das dreidimensionale, fast schon künstlerische, skulpturelle Arbeiten fasziniert, und ich mochte die Mischung von kreativer und handwerklicher Arbeit. Ich wurde übrigens nicht enttäuscht, ich liebe den Beruf der Modistin!

Sie haben als Modistin bei Film-, Theater- und Ballettprojekten mitgewirkt, unter anderem bei Roland Emmerichs Shakespeare-Film „Anonymous“. Inwiefern haben diese Erfahrungen die Arbeit an Ihrer ersten Kollektion beeinflusst? Ich glaube, dass man unterbewusst ganz automatisch neue Ideen von allen Seiten bekommt. Beim Theater habe ich zum Beispiel viel über historische Hutformen oder neue Materialien gelernt. Außerdem sind die Arbeitsweisen am Theater, beim Film und in der Mode ganz unterschiedlich. Wenn man zum Beispiel einen Hut für die Bühne entwirft, muss er nicht hundertprozentig perfekt sein, da das Publikum ihn nur aus mehreren Meter Entfernung sieht. Beim Film muss man sich genau an den historischen Hintergrund der Geschichte halten. Das heißt, es dürfen beispielsweise keine Maschinennähte am Hut zu sehen sein, wenn es zur entsprechenden Zeit keine Nähmaschinen gab. Man lernt, von unterschiedlichen Seiten an das Thema ranzugehen.

Haben Sie während Ihrer Ausbildung mit verschiedenen Hutmachern zusammen gearbeitet? Ich hab ganz viele verschiedene Modistinnen kennengelernt – meistens sind es ja Frauen. Man kann von ihnen viele Geheimnisse und Tricks erfahren. Oft wollen sie ihr Wissen aber auch für sich behalten. Während man im Entstehungsprozess eines Hutes steckt, erarbeitet man sich als Modist viele Lösungswege und Kniffe selbst. Es dauert sehr lange, all diese wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Zumindest einige Modistinnen wollen die nicht so einfach weitergeben.

Welche Eigenschaften sollte der perfekte Hut besitzen? Ein Hut muss selbstverständlich wirken. Das funktioniert am besten, wenn er speziell für den Kopf des Trägers gefertigt und angepasst ist. Er sollte nicht verkleidet oder albern aussehen.

Bedeutet das, dass ein Hut nicht zu auffällig sein darf? Nein, überhaupt nicht. Es kommt immer auf den Charakter des Trägers an. Der Hut muss zum Gesamtbild einer Person passen.

Welche Hut tragenden Berühmtheiten gefallen Ihnen ? Es gibt einige Stars, die tolle Hüte tragen. Lustigerweise sind es meistens Modelle vom britischen Hutmacher Philipp Treacy, die mir gefallen. Ich finde zum Beispiel den Look von Grace Jones spannend, oder den der Sängerin Róisín Murphy von Moloko. Aber auch Johnny Depp sieht mit seinen zerbeulten Hüten gut aus. Er trägt sie mit genau dieser Selbstverständlichkeit, von der ich eben gesprochen habe.

Etablierte Hutdesigner wie Fiona Benett oder Philipp Treacy in England machen glamouröse Hüte, die sehr teuer sind. Als junger modeaffiner Mensch traut man sich eher weniger an solche Modelle ran. Ihr Label NCA Berlin macht ebenfalls maßgefertigte Hüte, es richtet sich aber auch an jüngere Leute. Das war auf jeden Fall ein wichtiger Gedanke. Ich habe während meiner Arbeit an mich und meine Freunde gedacht und versucht, Hüte zu entwerfen, die wir im alltäglichen Leben oder Abends beim Ausgehen tragen würden. Natürlich sind auch meine Sachen nicht ganz billig, weil ich alles von Hand mache, und diese Arbeit sehr aufwendig ist. Aber auch junge Leute sind durchaus bereit, für etwas Besonderes mehr Geld auszugeben.

Die Fragen stellte Silvia Ihring.

(c) Tamara Jung-König, Lennard Rühle

 

In Kassel: Alles außer Kunst

Was man in Kassel – außer Kunst anzugucken – sonst noch machen kann: Der Aktion Paten für Putten spenden und die Knäblein im Schlosspark Wilhelmsthal retten. Unkompliziert Fahrräder leihen bei einer der 50 Stationen von Konrad. Im Pop-up-Hotel Baya Central übernachten – es hat nur während der Documenta geöffnet. In der Osteria in der Jordanstraße essen, dort kocht Gisela Levorato seit 30 Jahren so gut, dass es auch dem Gault Millau schmeckt. Oder eine Ahle Worscht, hessisch für Alte Wurst, beim Slow-Food-Metzger Barthels in der Oberen Königsstraße probieren. Ins Planetarium gehen.

(c) Michael Wiedemann/ MHK; Stadt Kassel; Ulf Schaumlöffel

 

 

 

Ausstellung im Fotomuseum Winterthur

 

Für dieses Foto wurde ZEITmagazin-Fotograf Jonas Unger für den Henri-Nannen-Preis in der Kategorie Fotografie nominiert und erhielt einen Lead-Award. Jetzt zeigt das Fotomuseum Winterthur in der Schweiz das Bild in der Ausstellung „24 Dokumente von heute“ (bis 26. August).

(c) Jonas Unger

 

Lecker!

Jean Reno kocht jetzt. Ab heute, Donnerstag, 7. Juni, im Kino: die französische Komödie „Kochen ist Chefsache“

 

5 Tage mit Jonathan Franzen

Jonathan Franzen, berühmtester Schrifststeller der Welt, meistens schlecht gelaunt, geht in der Mojave-Wüste Vögel beobachten. Ein Filmteam darf mit. Am 6. Juni um 22.10 Uhr auf arte: „5 Tage mit Jonathan Franzen“.

 

Proust-Fragebogen für Blogger (46)

Lena Brombacher sieht mit ihrer Nase: Jedes Parfum lässt bei ihr ein inneres Bild entstehen. Die freie Journalistin und PR-Beraterin, die unter anderem für das Mercedes-Benz Fashion Week Magazine arbeitet, war schon immer fasziniert von Parfums und ihren Machern. Für die Berlinerin sind Parfumeure wie Künstler: Jeder hat einen persönlichen Stil und eine eigene Handschrift. Vergeblich suchte Lena Brombacher nach einem Blog über Parfums, der nicht nur die großen Marken und Mainstream-Düfte vorstellte, und gründete kurzerhand ihr eigenes Blog. Seit 2010 berichtet sie auf Olfactorialist über die Welt der Parfums. Ob es sich um die neueste Duft-Erscheinung eines großen Modehauses oder das Werk eines unbekannten, aber talentierten Parfumeurs handelt – Lena Brombacher hat zu jedem Parfum ihre Meinung.

Was ist für Sie das vollkommene Blog? Ein Blog, in dem ich mich stundenlang verlieren kann. Das sind meistens Interior-Blogs oder einfach nur schöne Foto-Blogs, wie Brown dress with white dots.

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten? Mit dem Olfactorialist natürlich ;-)

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung? Blogs durchstöbern. Ich höre erst auf, wenn mir vom Scrollen schlecht wird. Meine Lieblinge: We could grow up together, Lainbloom, Fellt, Emma’s Designblogg, Riazzoli, Fuck you very much … Und diverse Parfumblogs, leider hat einer meiner Favoriten gerade das Bloggen eingestellt mit der Ansage „Perfume is boring“: peredepierre.com

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung? Für Freunde kochen. Die wundervollen Abende an unserem langen Esstisch erfüllen mich mehr als jeder Barbesuch. Am liebsten mache ich das samstags, morgens auf den Markt und dann den ganzen Tag in Ruhe alles mit Muße vorbereiten. Kochen und Parfums, das liegt doch sehr nah beieinander. Da mich alle immer fragen, was es Neues gibt, werden es dann meistens Duft-Dinner. Und am Ende geht jeder mit einem neuen Lieblingsduft nach Hause.

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit? Warum sollte ich lügen? Es ist eher so, dass ich über etwas gar nicht schreibe, wenn ich es nicht mag. Ich glaube, das wird in meinem Blog sehr deutlich. Ich bin keine Parfumkritikerin, ich schreibe über die Dinge, die ich mag – mit wenigen Ausnahmen. Es geht auch im Leben nicht darum, andere runterzumachen.

Ihr Lieblingsheld im Netz? Ich wünschte, ich könnte in eine Zeitmaschine steigen und das hier live sehen, leider ist er aber nur mein Held im Netz. Unsere Eltern waren schon immer große Elvis-Fans, haben aber auch Beatles und Bessie Smith gehört. Schöne Kindheitserinnerungen.

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit? Follow the white rabbit. Es ist wie mit dem weißen Kaninchen in „Alice im Wunderland“. Manchmal muss man einem Menschen folgen, der einem eine andere Perspektive zeigt. Eine andere Sicht auf die Welt. Man muss sich auf die Dinge einlassen und in den Kaninchenbau gehen. Ein Mensch, der so durch das Leben geht, ist für mich ein Held.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen? Unterhaltsamkeit. Es gibt wenige Menschen, die mich wirklich zum Lachen bringen können.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen? Bescheidenheit, Gelassenheit, Loyalität.

Was mögen Sie im Netz am wenigsten? Vorgeschaltete Werbeclips.

Was stört Sie an Bloggern am meisten? Wenn Blogs auf reiner Selbstdarstellung basieren. Ein Blog ist eine Passion, man liebt, was man tut. Man zeigt, was man liebt. Wenn man nur sich selbst zeigt, dann ist man? Selbstverliebt. Mag ich nicht.

Was stört Sie an sich selbst am meisten? Ich habe in meinem Leben einiges verändert, daher stört mich nicht mehr viel und schon gar nichts am meisten. Marginalien.

Ihr glücklichster Moment als Blogger? Als das AnOther Magazine London mich zu einem seiner Lieblingsblogs auserkoren hat. Das war ein Ritterschlag. Sie veröffentlichen täglich eine Auswahl aus ihren Lieblingsblogs unter: www.anothermag.com/reader

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger? Vertrauen.

Über welches Talent würden Sie gern verfügen? Ich würde gerne Klavierspielen können, so richtig ohne Noten und aus dem Gefühl heraus. Ich hatte zwar zehn Jahre Unterricht und war auch gut, aber ich konnte nie frei spielen. Ich bewundere immer die Leute, die sich einfach hinsetzen und spielen. Mein zeitgenössischer Lieblings-Pianist und Komponist ist übrigens Ludovico Einaudi. Seinetwegen würde ich noch einmal Unterricht nehmen.

Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden? Ich denke, Blogs gibt es dann nicht mehr.

Ihre größte Extravaganz? Meine Selbständigkeit.

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Sehr gespannt.

Ihr Motto? Alles hat seinen Sinn.

(c) Katrin Belgardt

 

Jüdisches Filmfestival in Berlin und Potsdam

Von 4. bis 17. Juni laufen in Berlin und Potsdam wunderbare Filme im Rahmen des Jüdischen Filmfestivals. Eröffnet wird mit „Max Raabe in Israel“. Der Sänger setzt mit seinen Auftritten jüdischen Künstlern im Deutschland der zwanziger Jahre ein Denkmal – der Dokumentarfilm hat ihn auf seiner ersten Tournee durch Israel begleitet. Das Festivalprogramm und die Möglichkeit, Tickets zu bestellen, gibt es hier.

 

Die Deutschlandkarte im Radio

Karte 23

Wo sind die Deutschen am dicksten? Wer bezieht Ökostrom? Die Deutschlandkarten des ZEITmagazins erscheinen jetzt auch als Kolumne beim Saarländischen Rundfunk im Programm von SR 2 KulturRadio. ZEITmagazin-Redakteur Matthias Stolz beantwortet jeden Sonntag zwischen 14 und 16 Uhr in der Sendung Länge Sieben – Das Kulturmagazin aus Saarbrücken die wichtigsten Fragen zu Deutschland. Diese Woche: Wo in Deutschland kommen die meisten Fahrradfahrer bei Verkehrsunfällen um?