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Proust-Fragebogen für Blogger (44)

Dhendersonphotosmaller

Danielle Henderson aus Wisconsin in den USA gründete Ende 2011 ihren Blog Feminist Ryan Gosling. Ihre Idee: Feminitische Theorien mit dem momentan wohl beliebtesten Gesicht Amerikas zu verbinden, nämlich dem von Schauspieler Ryan Gosling. Jeder Post beginnt mit: „Hey Girl“, einer Formulierung aus dem Film „Drive“, in dem Gosling die Hauptrolle spielt. Dass diese Idee gut ankommt, zeigt das vielfältige Angebot ihrer Nachmacher: Ryan Gosling spricht mittlerweile auf zahlreichen anderen Blogs über Shakespeare, Biostatistiken oder internationale Politik – immer mit der Ansprache „Hey Girl“ und einem charmanten Foto des Schauspielers. Danielle Henderson, inzwischen Dozentin an der Uni von Wisconsin für „Gender und Women Studies“, bringt im August 2012 das Buch zu ihrem Blog heraus.

Was ist für Sie das vollkommene Blog?

Ich mag leidenschaftliche Blogger, die sich kurz fassen. Ich verbringe nicht sehr viel Zeit online, deswegen mag ich eher Blogs, die sich kurz fassen. Je lustiger, desto besser

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten?

Tami Winfrey Harris von What Tami said bringt es immer auf den Punkt. Ich bewundere sie sehr für ihre Hartnäckigkeit, Intelligenz und ihren Humor

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Im Moment? Puzzlen

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung?

Ich stricke und nähe seit 20 Jahren meine eigenen Klamotten. Wenn ich nicht gerade irgendwelche Handarbeiten mache, verbringe ich gern Zeit mit meinem Partner Seth

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit?

Niemals

Ihr Lieblingsheld im Netz?

Junge Frauen, die ihren eignen Weg zum Feminismus gefunden haben. Ich finde es toll, dass es so viele unterschiedliche repräsentative Stimmen gibt. Das trägt dazu bei, dass Feminismus kein bindendes Programm hat. Ich denke, es ist mittlerweile von großer Bedeutung, dass der Feminismus so breit und unterschiedlich aufgestellt ist

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit?

Es gibt niemanden, den ich mehr respektiere als meine Großmutter. Sie hat mein Leben gerettet und mir meinen Weg geebnet, stark genug zu sein, mich dieser Welt zu stellen Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen?

Ich mag Leute, die sich nicht allzu ernst nehmen und die etwas zu erzählen haben

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen?

Einen Sinn für Abenteuer oder Spontanität. Ich finde Leute gut, die das Internet als Hilfsmittel nutzen und daraus nicht ihre Lebensenergie ziehen. Und Leute, die immer noch mit Fremden quatschen und Freude an Alltäglichem haben

Was mögen Sie im Netz am wenigsten?

Mir gefällt der Gedanke nicht, dass man ständig an das Internet angeschlossen sein muss, um zu wissen, was in der Welt vor sich geht

Was stört Sie an Bloggern am meisten?

Ich versuche mich von nervigen Bloggern fern zu halten. Überhaupt stört es mich, dass es nur eine bestimmte Art des Bloggens gibt. Es ist immer noch ein junges Medium, und es gibt keine Anleitung, wie man es richtig macht.

Was stört Sie an sich selbst am meisten?

Ich neige sehr dazu, Dinge aufzuschieben. Ich arbeite hervorragend unter Druck, aber manchmal wünschte ich, ich würde mir mehr Zeit geben, um Projekte zu beenden

Ihr glücklichster Moment als Blogger?

Als ich aufhörte, für meinen persönlichen Blog zu schreiben. Ich habe 10 Jahre lang gebloggt, aber auf diese Weise hat es mir einfach keinen Spaß mehr gemacht. Es war großartig, ihn einfach ruhen zu lassen und mit Feminist Ryan Gosling noch einmal von vorne zu beginnen.

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger?

Es ist schön, dass so viele Menschen Interesse an meinem Blog haben. Ich stelle mir gern vor, dass es an meiner Fähigkeit liegt, feministische Theorien auf lustige Art und Weise zu präsentieren. Wahrscheinlicher ist aber, dass es am Gesicht von Ryan Gosling liegt. Das ist aber ok für mich

Über welches Talent würden Sie gern verfügen?

Ich fände es toll, der Kapitän eines Schiffs zu sein. Leider bin ich sehr schlecht mit Himmelsrichtungen

Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden?

Ich wäre gerne der Voltron – ein Verteidiger des Universums aller Autoren und Redakteure von Ms. Magazine und feministing.com

Ihre größte Extravaganz?

Schlaf. Ich schlafe so viel wie möglich. Mein Studenplan in der Uni erlaubt es mir, an manchen Tagen bis mittags zu schlafen. Am Wochenende wache ich generell spät auf. Das erklärt wohl auch mein Problem, dass ich Dinge grundsätzlich aufschiebe?!

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?

Zufrieden, dankbar und durchgehend vergnügt

Ihr Motto?

In den Worten von Dean Spade: „Dress to kill, fight to win“

(c) Seth Hurley

 

 

Fotobuch „Berliner“

Der Fotograf Magnus Reed und der Betreiber des Berliner Clubs Asphalt Daniel Höferlin zeigten 2010 eine Ausstellung mit Porträts der schönsten und interessantesten Menschen der Stadt. Die Bilder hängen heute immer noch in dem Club. Jetzt kommt ein Buch mit den Bildern heraus, begleitet von einem Text von Kathrin Röggla. (Aufmerksamen ZEITmagazin-Lesern wird die Dame auf dem ersten Bild bekannt vorkommen – Eveline Hall haben wir vor ein paar Wochen interviewt.)

Asph zeitung Evelyne
Eveline Hall, Schauspielerin und Model

Claudio Manzari, Schüler der Kampfkunst Wudang, und Luca Gadjus, Model

Peaches, Sängerin

(c) Magnus Reed

 

Körper: Bildband von Christian Scholz

 

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Dieser Fotograf besitzt die außergewöhnliche Begabung, Flugzeuge so aufzunehmen, dass es irgendwie anzüglich aussieht. Und, äh, Kühe auch (erschienen im Schwabe Verlag).

(c) Christian Scholz

 

Design für alle: Hartz-IV-Möbel



 

Der Architekt Le Van Bo hat nach eigenen Angaben zwei linke Hände. In einem Kurs an der Volkshochschule lernte er aber, einen Stuhl zu bauen. Der Stolz über ein selbstgebautes Möbelstück brachte ihn auf die Idee, auch andere zum do it yourself zu animieren. Ganz im Geiste des Bauhaus: ein gutes Leben für jeden. Heute entwirft er Baupläne für Möbelstücke, die von den klassischen Designs des Bauhaus inspiriert sind. Unter lokalpatriotischen Namen wie Berliner Hocker, Kreuzberg 36 Chair oder Neukölln Desk bieter er die Pläne für diese Hartz IV-Möbel, wie er sie nennt, auf seiner Website zum kostenlosen Download an. Sein Lohn sind die Geschichten und Fotos der selbstgebauten Möbel, die ihm die Laien zusenden. Die Materialien sind billig, das Ergebnis ist unbezahlbar. Inzwischen hat sich eine Crowd gebildet, die sich gegenseitig unterstützt, gemeinsam baut, gemeinsam entwirft. 4000 Menschen folgen inzwischen Le Van Bos Facebook-Seite, die heißt: „Konstruieren statt Konsumieren“. Jetzt will er ein Buch mit Möbelentwürfen herausgeben will, über dessen Inhalt vorher von der Community basisdemokratisch abgestimmt werden soll.

ZEITmagazin: Wären Ihre Bekanntheit und der Erfolg der Hartz-IV-Möbel ohne das Internet überhaupt denkbar?

Le Van Bo: Ich mache nichts anderes als das, was die großen Architekten vor 100 Jahren auch versucht haben: Volksbedarf statt Luxusbedarf, so lautete die Parole des Bauhaus, und es wurde überlegt, wie man Möbel herstellen kann, die sich jeder leisten konnte. Und schon vor 2000 Jahren gab es die ersten do-it-youself-Bücher, geschrieben zum Beispiel vom römischen Architekten Vitruv, der die Tempel in Griechenland abzeichnete und erklärte, wie sie aufgebaut waren, welche Proportionen zugrunde lagen. im 16. Jahrhundert hat dann der Italiener Andrea Palladio ein Buch darüber geschrieben, wie man ein Haus baut. Es gibt also eine sehr alte Tradition der Lehre, der Gestaltungslehre. Neu sind die Wege, auf denen sie kommuniziert werden kann. Mein Projekt würde ohne das Internet überhaupt nicht funktionieren, da meine Arbeit von der Kommunikation vieler lebt.

ZEITmagazin: Ist das Bauhaus auch deshalb eine Inspiriation für Sie gewesen, weil das Design so schlicht und deshalb leicht nachzubauen ist?

Le Van Bo: Das ist wahrscheinlich ein Grund, warum Bauhaus und do-it-yourself gut zueinander passen. Es lässt sich gut nachbauen. Ich versuche diese alten Gedanken in die heutige Zeit zu übertragen: auf die Funktion achten, gute Gestaltung mit wenig Aufwand,Verschmutzung und Materialeinsatz.

ZEITmagazin: Als Architekt arbeitet man ja nicht gerade viel mit den Händen…

Le Van Bo: In meinem Berufsalltag als Architekt ist das einzige, was ich anfasse, die Maus. Für den Extrakick und ein bisschen Adrenalin drücke ich ab und zu Apfel+Z. In der Holzwerkstadt gibt es kein Apfel+Z, Sie müssen das Holz anfassen, um es zu verstehen. Ich glaube, das ist eines der größten Phänomene in der unserer postindustriellen und globalisierten Zeit: viele haben das Bedürfnis zu verstehen, wie die Dinge zusammenhängen. Es fängt ja damit an, dass wir unser Geld auf eine Bank tun, und keiner mehr versteht, was da passiert, warum es mehr wird. Mit dem Holz ist es immer sehr konkret: entweder du sägst oder du sägst nicht.

ZEITmagazin: Glauben Sie, das mit dem Kapitalimus hat sich heute von selbst erledigt?

Le Van Bo: Ich verteufele Geld nicht. Ich bin ein großer Kapitalist. Viele meinen, dass ich mit meinem Spruch „Konstruieren statt Konsumieren“ mit dem Kommunismus flirte und zum IKEA-Boykott anstiften will, aber das ist Schwachsinn. Ich habe durch die Hartz-IV-Möbel gelernt, dass man durch den Bau von Möbeln ganz viel erreichen kann und schöne Dinge haben kann, für die man sonst teures Geld bezahlen müsste. Wenn es einem gelingt, ein Möbelstück zu bauen, ist man stolz wie Bolle. In den meisten Fällen sind die Leute so stolz, dass sie ein Foto davon machen und es bei Facebook hochladen. Dort wird es dann gesehen und kommentiert, und man bekommt Anerkennung – gratis.

 

ZEITmagazin: Hand aufs Herz, wie viele Leute haben das SiWo-Sofa gebaut, es sieht ja schon kompliziert aus.

Le Van Bo: Ich habe ungefähr 10 Bilder geschickt bekommen. Ich tippe auf 30 bis 40 selbstgebaute Sofas weltweit. Knapp 400 Mal wurde der Bauplan heruntergeladen. Man kann jedes der Möbel, die ich entworfen habe, ja auch in einfacherern Versionen bauen. Ohne Fingerverzinkung und mit Schrauben. Das ist ja das Tolle: veränderst man eine Kleinigkeit am Bauplan, verliere ich sofort mein Urheberrecht. Dann ist der andere der Designer, der Produzent, der Rohstofflieferant, der Konsument – und die PR-Agentur, weil man ja mit seinem selbstgebauten Möbel angibt. Ich kenne keinen, der ein selbstaufgebautes Billy-Regal bei Facebook hochlädt.

ZEITmagazin: Fürchten Sie nicht manchmal, dass jemand Ihre Pläne für kommerzielle Zwecke nutzt?

Le Van Bo: Tatsächlich gibt es viele Anfragen, aus Mosambik, aus Peking… Aber meine Entwürfe können nicht kopiert werden. Die Umsetzung wäre zu viel zu teuer: Würde man einen Tischler bitten, meinen 24 Euro Chair aus Eiche zu zimmern, würde er 700 Euro kosten. Es ist ja alles Handarbeit. Wenn man ein Geschäft daraus machen wollte, müsste man ihn für 1200 Euro verkaufen. Und dann kosten meine Möbel so viel wie die Vitra-Möbel. Mit denen können meine Entwürfe aber nicht konkurrieren, die würden sich einfach nicht verkaufen. Ohne dass ich es gewollt hätte, sind meine Möbel gegen den Kapitalismus immun, es gibt einfach keinen Markt.

Die Fragen stellte Marisa Schulz.

 

 

Die Hochhausstapler

(c) Sanssouci 2012

Ein reizendes Bilderbuch über zwei Herren, die seltsame Namen haben und viel zu hohe Häuser bauen (Die Hochhausstapler, erschienen Sanssouci Verlag)