Sabrina Dehoff wurde mit bunten Kordelarmbändern bekannt. Diese gibt es in einer riesigen Farbpalette, teils knallbunt und mit Swarovskisteinen besetzt, teils schlicht in gedeckten Farben. Das Erstaunliche daran ist, dass die Teile sich dennoch einen minimalistischen Charakter bewahren. Nach einem Modedesignstudium am Lette Verein in Berlin ging Sabrina Dehoff nach London, um ihren Master of Arts in Womenswear zu machen. Anschließend assistierte sie Alber Elbaz bei Guy Laroche, der heute Kreativdirektor bei Lanvin ist. Mit Freunden gründete sie zurück in Berlin eine Agentur, die große Modehäuser wie Moschino, Lanvin und Rena Lange beriet. Sie begann ihren eigenen Schmuck zu entwerfen. Bald hatte sie ihr eigenes Label. Weil sie nicht löten kann, klebt sie heute noch die Prototypen mit einer Art Kaugummimasse zusammen. Für die Herbst/Winter-Kollektion 2012 arbeitet sie zum ersten Mal mit Edelsteinen.
Sie haben Modedesign studiert. Allerdings entwerfen Sie momentan nur Schmuck. Warum? Es war eine Entwicklung. Für jeden Designer gibt es Bereiche seiner Arbeit, die er am liebsten macht. Bei mir war es von Anfang die Liebe zum Detail. Während meiner Zeit in Paris bei Alber Elbaz hatte ich viel mit Stickereien zu tun und auch in unserer eigenen Agentur wurde das Arbeiten am Detail schnell zu meinem Bereich. Ich hatte einen richtigen Miniaturtick und probierte verschiedene Techniken aus. So entstand meine erste Kollektion, die „Little Helpers“: kleine Figuren aus Leder, handgestickt und wattiert.
Wie läuft die Entwicklung einer Kollektion heute ab? Wenn die Kollektion fertig ist, klingt alles ganz logisch und einfach, aber so ist es natürlich nicht von Anfang an. Die Kollektionsentwicklung ist kein kontinuierlicher, gerader Prozess. Manchmal geht man einen Schritt zurück, verwirft die Anfangsidee. Für die aktuelle Kollektion „Hollywoodish Holidays“ war das Bemalen der Steine der Durchbruch. Ich hatte ein bestimmtes Farbkonzept im Kopf und bei Swarovski gab es diese Farben nicht. Und so habe ich angefangen herumzuexperimentieren und die Steine von hinten mit Lack zu bemalen. Wenn ich eine Idee habe, bin ich ganz Feuer und Flamme und denke, das ist die größte, die ich je hatte. Die Begeisterung legt sich natürlich wieder, wenn man in Serie geht und merkt, wie es ist, jeden einzelnen Stein mit der Hand zu bemalen. Eine weitere Idee war, statt der Steine kleine Plättchen in die Kesselform zu legen und die Steine sozusagen blind zu machen. So bekamen einige Modelle einen Nietencharakter (s. Bilder)
Wo finden Sie Ihre Ideen? Dies ist abhängig von meiner Gefühlslage und von Dingen, mit denen ich mich gerade auseinander setze und die mich interessieren. Bei der „Naturesque“-Kollektion zum Beispiel hatte ich plötzlich eine große Natursehnsucht und wollte unbedingt mit Holz arbeiten. Und Blumen mussten es auch sein. Jede Kollektion hat ihren eigenen Anfangspunkt. Für „Mountain High“, die Herbst/Winterkollektion 2012, war es eher ein technischer Ansatz. Zu Beginn war mir nur klar, dass ich etwas mit Scharnieren machen möchte. Ich habe mir die Frage gestellt, wie man diese Technik weiterentwickeln und anders umsetzen kann. Dann kamen Winkel, Dreiecke und Berge dazu, die den Namen der Kollektion erklären.
Ihr Markenzeichen sind die knalligen Knüpfarmbänder. Die „Unification Bracelets“ sind eine Art Freundschaftsarmbänder und der Knoten als Vereinigungssymbol schlechthin ist recht symbolträchtig und ein tolles Geschenk. Ich bin immer auf der Suche nach Materialien, die nicht unbedingt typisch sind für Schmuck.
Welche Beziehung sollte die Trägerin von Sabrina Dehoff zu ihrem Schmuck haben? Mein Schmuck soll gute Laune machen. Ich setze gerne Farben ein. Schmuck ist etwas, das man nicht wirklich braucht, sondern gerne verschenkt oder sich selbst gönnt. Letztes Jahr an meinem Geburtstag hatte ich mir einen rosa Ring aus der Kollektion genommen, der aussieht wie ein Bonbon. Ihn anzugucken hat mich total froh gemacht. Schmuck zu tragen ist wie ein tolles Törtchen essen, nur hat man das gute Gefühl ein bisschen länger.
Sie sind keine Goldschmiedin und haben auch kein Schmuckdesign gelernt. Wie ist es, jede Saison eine neue Kollektion zu entwerfen? An den schnellen Moderhythmus gebunden zu sein, mag ich sehr. Für mich passt die Aufteilung in zwei Saisons auch für Schmuck. Im Winter trägt man Schmuck anders als im Sommer. Zur Weihnachtszeit und Silvester trägt man eher statement jewellery. Der Sommer ist für mich bunter und fröhlicher und der Schmuck eher kleiner. Etwas, das man gerne tagtäglich trägt. Da ich keine gelernte Goldschmiedin bin, ist für mich jede Kollektion die Eroberung einer neuen Technik oder eines neuen Materials. Dies beginnt manchmal schon mit neuem Vokabular. Ich bin in einem stetigen Lernprozess und kann inzwischen meine Ideen immer besser weiterentwickeln und mir auch kompliziertere Modelle ausdenken. Das ist toll und spannend. Im Bezug auf Schmuck gibt es für mich noch viel zu entdecken.
Wie wichtig ist es, als Designer wiedererkennbar zu sein? Eine Freundin sagte mir mal: Sabrina, du wechselst die Ideen zu schnell. Die Leute kommen gar nicht hinterher. Sie hatte recht. Ich musste erst lernen, Ideen weiterzuentwickeln und nicht jede Saison Technik, Materialien, Farben und Formen zu wechseln.
Gibt es bei der Kollektionsentwicklung einen entscheidenden Moment? Ja, ich denke schon. Die Ideen sind oft schon früh da, aber man muss lernen, diese zu konkretisieren und sich zu entscheiden. Das Schwierige ist, sich festzulegen. Man lässt sich gerne alles offen. Irgendwann muss es aber einen Kollektionsplan geben, der genau sagt, welches Teil in welcher Länge, Größe oder Farbe produziert wird. In diesem Moment hat man ein bisschen Angst.
Modeschmuck – im Gegensatz zu echtem Schmuck – ist immer noch ein negativ behafteter Begriff. Jedoch hat sich die Bedeutung in den letzten Jahren stark verändert. Labels wie Aurélie Bidermann, Shourouk oder Dannijo sind sehr erfolgreich. Sie haben vor 7 Jahren angefangen, Modeschmuck zu entwerfen. Woran liegt es ihrer Meinung nach, dass Schmuck gerade so ein großes Thema ist? Schmuck ist in den letzten Jahren ein wichtiger Bestandteil der Mode geworden. Im Styling für Magazine und Lookbooks spielt er eine große Rolle. Alle internationalen Modehäuser haben mittlerweile eigene Schmucklinien. Man spricht heute eher von Designermodeschmuck, denn inzwischen steckt eine klare Aussage eines Designers dahinter. Modeschmuck ist nicht mehr billiger Ersatz für Echtschmuck, sondern ein eigenes Designgebiet. Colliers großer Modehäuser kosten teilweise mehrere tausend Euro und sind nicht mal Gold plattiert. Die Stücke werden in aufwendiger Handarbeit in kleinen Stückzahlen gefertigt. Bei meinem Schmuck ist es ähnlich. Alle meine Materialien beziehe ich aus Deutschland bzw. sie werden für mich in kleinen Manufakturen produziert. Bei uns im Atelier wird ein Großteil der Handarbeit gemacht, wie zum Beispiel: Steine bemalen und fassen, montieren, schrauben usw. Ich liebe das Schmuckhandwerk und hätte gerne zusätzlich einen Goldschmied im Atelier, mit dem ich alles ausprobieren kann. Das fände ich herrlich, das ist eines meiner Ziele.
Immer mehr Männer tragen heutzutage Schmuck. Können Sie sich vorstellen, irgendwann auch Männerschmuck zu entwerfen? Es gibt immer wieder Männer, die in den Laden kommen und danach fragen. Und natürlich haben wir ein paar kleine Sachen in der Schublade. Feine Ketten mit kleinen Anhängern, wie ein Haifisch oder eine Vespa. Männerschmuck ist jedoch eine Typfrage. Manche fühlen sich wohl damit, und dann sieht es gut aus, bei anderen passt es einfach nicht. Für Frauen kann ich mir meine Ideen immer sehr gut vorstellen, bei Männern ist es viel abstrakter. Im Moment ist eine eigene Männerkollektion nicht geplant, aber wie es bei jedem Designer so ist: es kann sich alles ändern.
Die Fragen stellte Inga Krieger
(c) Sabrina Dehoff