Von Thomas Gschwend und Helmut Norpoth
Woody Allen hätte kein besseres Drehbuch schreiben können: Die amtierende Regierungskoalition bestehend aus CDU/CSU und FDP wird bei der kommenden Bundestagswahl mit einem Stimmenanteil von 51,2 Prozent eine Mehrheit erhalten.
Diese Einsicht verdanken wir einem von uns entwickelten Prognosemodell, dem Kanzlermodell, das sich bei den letzten drei Bundestagswahlen bewährte. Abgeleitet von theoretischen Ansätzen zur Erklärung von Wahlverhalten haben wir ein statistisches Modell entwickelt, das bereits im Sommer vor den letzten beiden Bundestagswahlen 2002 und 2005 exakte Vorhersagen liefern konnte und auf den richtigen Sieger tippte, während die Ergebnisse der Meinungsforschungsinstitute, basierend auf den Umfragewerten der Parteien, daneben lagen. Das Kanzlermodell lieferte einen Monat vor der Wahl sogar genauere Vorhersagen für den Stimmenanteil der Regierungskoalitionen als alle etablierten Meinungsforschungsinstitute, einschließlich einiger 18-Uhr-Prognosen am Wahlabend selbst. Obwohl die Umfragen 2009 tatsächlich zum ersten Mal näher am Stimmenanteil von CDU/CSU und FDP lagen prognostizierte das Kanzlermodell immerhin frühzeitig eine Schwarz-Gelbe Mehrheit.
Für die Entwicklung unseres Vorhersagemodells fragten wir uns, welche Gemeinsamkeiten wir aus den zurückliegenden Bundestagswahlen in der Geschichte der Bundesrepublik für die Prognose einer kommenden Wahl nützen können. Uns interessierte dabei besonders der gemeinsame Stimmenanteil der jeweiligen Regierungskoalition. Das ist eine relevanteste Größe, denn bekommt eine amtierende Koalition am Wahltag eine Mehrheit, wird sie weiter regieren.
Ob auf einen Sieg einer Regierungskoalition gehofft werden darf, erklären wir mit dem Zusammenwirken von lang-, mittel- und kurzfristigen Einflussfaktoren. Da ist erstens der langfristige Wählerrückhalt der Regierungsparteien – gemessen als durchschnittlicher Wahlerfolg bei den vorangegangenen drei Bundestagswahlen. Hinzu kommt zweitens der mittelfristig wirksame Prozess der Abnutzung im Amt – gemessen durch die Anzahl der Amtsperioden (logarithmiert). Drittens geht die durchschnittliche Popularität der jeweils amtierenden Kanzler ein, gemessen durch Werte in Umfragen im Zeitraum von ein bis zwei Monaten vor einer Bundestagswahl.
Mit Hilfe statistischer Analyseverfahren können wir das Zusammenwirken dieser drei Faktoren und deren Gewichtung für die Stimmabgabe zu Gunsten der Regierungskoalition wie folgt bestimmen.
Prognose für Schwarz-Gelb 2013 = -7,12 + 0,72*(PAR) + 0,40*(KAN) – 2,72*(AMT)
PAR: Langfristiger Wählerrückhalt der Regierungsparteien (Mittel der Stimmenanteile in den letzten drei Bundestagswahlen)
KAN: Kanzlerunterstützung (unter Ausschluss von Unentschlossenen)
AMT: Abnützungseffekt (Anzahl der Amtsperioden), logarithmiert
Für die Prognose brauchen wir noch die aktuellen Werte für 2013. Für den längerfristigen Wählerrückhalt, den Schwarz-Gelb bei den Wählern genießt, ergibt sich ein Wert von 46,4%. Dies entspricht dem Durchschnitt der Stimmenanteile, die CDU/CSU und FDP in den letzten drei Bundestagswahlen gewinnen konnte. Hinzu kommt eine Kanzlerunterstützung von 67% für Angela Merkel auf Basis Umfragewerte im Juli und August. Dieser Wert ergibt sich als gemittelter Anteil der Befragten in den Politbarometern im Juli sowie den beiden ersten im August, die lieber Merkel statt Steinbrück als Bundeskanzler hätten, unter Ausschluss der Unentschlossenen. Schließlich hat Merkel zwei Amtsperioden hinter sich, was einen nicht-trivialen Abnützungseffekt erzeugt.
Werden diese drei Werte in die obige Formel eingesetzt, ergibt das eine Prognose von 51,2 Prozent an Zweitstimmen für den kombinierten Stimmenanteil von CDU/CSU und FDP am 22. September 2013. Diese Prognose bestätigt damit eine vorläufige Vorhersage, die wir bereits im Juli auf diesem Blog sowie in der Juli 2013 Ausgabe der Fachzeitschrift PS: Political Science & Politics veröffentlicht hatten.