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Schröder, Steinmeier und die Stimme, auf die es ankommt

„Der klingt wie früher Schröder“ – ein derzeit des Öfteren gehörter Satz, wenn es um Auftritte des SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier geht. Für Steinmeier ist das wahrlich nicht das Schlechteste! Die sonore Stimme Schröders war ein echtes „Pfund“ des Kanzlers. In Umfragen etwa nach dem zweiten TV-Duell zwischen Schröder und Stoiber 2002 stimmten rund 75 Prozent der Befragten der Aussage „Er hat eine angenehme Stimme“ zu; bei Stoiber waren es weniger als 30 Prozent. Wenn es Steinmeier gelingt, diese Stimmenanalogie zu kultivieren, könnte er dieses Mal davon profitieren, so wie Schröder 2002 gegenüber Stoiber.

 

Genosse Pirat

Die SPD-Linke hat das Internet entdeckt. Sie fordert eine „sozialdemokratische Netzpolitik“ und klaut dabei fröhlich Thesen und Label der politischen Konkurrenz.

Die Ideen sind nicht übel: Bürgerrechte muss es auch im Internet geben. Die Privatsphäre sollte in den Weiten des WWW geschützt werden, und Zensur, na ja, die hat uns freiheitsliebenden Menschen noch nie so besonders gut gefallen.

Eine Gruppe junger Sozialdemokraten hat diese avantgardistischen Thesen formuliert. 1495 Menschen unterstützen ihr Ansinnen bereits bei Facebook.

Und es gibt einen Aufruf im Internet, der sogenannte Ludwigsburger Dialog, den stündlich mehr Menschen im Netz unterschreiben.  Dort wird vor einer „sicherheitspolitischen Aufrüstung ohne Augenmaß“ gewarnt, vor einer schleichenden „Erosion der Grundrechte“, vor einer „totalen Überwachung“.

Spätestens hier, wenn der Ton ins apokalyptische umschlägt, denkt man: Irgendwo hat man das kürzlich erst gelesen.

Klar, ganz ähnlich klang das zuletzt bei den Piraten, dieser paneuropäischen Bewegung also, die sich seit geraumer Zeit für ein barrierefreies Internet einsetzt. In den SPD-Texten von diesem Wochenende wird auf die freibeuterische Konkurrenz nicht eingegangen. Das Logo ist zwar eine Referenz an die internationale Piraten-Bewegung. Über deren deutsche Dependance wird aber keine Silbe verloren.

Stattdessen dominiert bei der SPD selbstbewusster Pathos. Es sei endlich „Zeit für eine sozialdemokratische Netzpolitik“, sagte am Wochenende Björn Böhning, der Sprecher der SPD-Linken und selbsternannter Captain Sparrow der SPD.

Die bereits existierenden Piraten nehmen es mit gemischten Gefühlen auf, dass sich die SPD plötzlich für ihre Agenda interessiert. Pikiert weisen sie in ihren Foren darauf hin, dass der SPD-Medienexperte Sascha Lobo vor Kurzem die Piraten noch als unwichtig abqualifiziert habe – und nun kapere sie die Themen. Ein anderer fragt, was wohl als Nächstes kommt: „SPD in der Piratenpartei – oder Sozialisten in der CDU.“

Bei einem dritten Kommentator, mit dem schönen Namen Tiramisu, schwingt aber auch ein bisschen Stolz mit, wenn er fragt: Soll ich „mich als Piratenanhänger geehrt fühlen“?

Offenbar sind die Piraten auf dem besten Weg, Teil des Mainstream zu werden. Auch die Grünen wurden erst ignoriert, danach kopiert. Irgendwann koalierte man mit ihnen. Und die SPD? Die scheint zurück auf dem Weg zur Volkspartei. Sie greift populäre Themen auf – und übernimmt sowohl das Pro als auch das Contra. Schließlich hatten die meisten SPD-Abgeordneten im Juni im Bundestag noch für das Netzsperren-Gesetz gestimmt. Böhning sagte der Süddeutschen Zeitung, die Genossen im Bundestag hätten damals nicht gewusst, worüber sie abstimmen.

Furchtbar, das ist das Gegenteil von Bürgerrecht: Parlamentarier, die den Arm heben, ohne zu wissen, warum. Aber das könnte sich, zumindest Internet-mäßig, ja bald ändern. Wahrscheinlich haben bald alle modernen Parteien ihren Piraten-Flügel. 

 

Schönen Dank, Bundesbank…

… für diesen großartigen Einfall. Mitten hinein in diesen leidlichen Sommer hast Du eine Idee zur Rettung der Altersvorsorge katapultiert. Das Thema Rente zieht immer, dachtest Du vielleicht. Und so ließest Du die Schreiber Deines Monatsberichts selbstbewusst verkünden, dass eine „Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 69 Jahre notwendig“ wäre.

Wenn Du Dich jetzt wunderst, dass Dein grandioser Vorschlag von der kompletten politischen Klasse, ja sogar von der FDP, zerrissen wurde, dann lass’ Dir eines gesagt sein: In zwei Monaten wird hier gewählt, und nicht einmal die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ würde sich in diesen Tagen für Deine feine Idee stark machen, müsste sie am 27. September um Wählerstimmen kämpfen. Nicht umsonst platzierte die Große Koalition ihren Beschluss zur Rente mit 67 in die Mitte, nicht ans Ende der Legislaturperiode.

Apropos Rente mit 67: Wie schon damals Münte so verschweigst auch Du in Deinem Bericht geflissentlich, was eine Anhebung des Renteneintrittsalters in Wahrheit bedeutet. Dass die Menschen bis 69 arbeiten? Natürlich nicht! Sie werden vorher krank oder gefeuert, sie werden nicht mehr gebraucht und in die Frühverrentung geschickt. Fast niemand arbeitet bis zum Schluss. Eine Anhebung des Renteneintrittsalters ist deshalb nichts weiter als eine versteckte Rentenkürzung. Wer früher in Ruhestand geht, bekommt weniger. Auch Müntes Rente mit 67 funktioniert so.

Aber, magst Du nun einwenden, im Bericht stehe doch, dass die Rente mit 69 erst bis zum Jahr 2060 eingeführt werden müsse. Eine Zukunftsdebatte sei das doch, kein Grund zur Aufregung.

Doch ist es. Denn solche Debatten machen schlechte Laune. Sie vergällen den Jugendlichen von heute die Lust an der Zukunft. 2060! Kann sich das irgendwer vorstellen? Weiß irgendjemand, was bis dahin passiert? Mit unserem Land, mit der Geburtenrate, der Lebenserwartung, mit dem Gesundheitssystem, der Einwanderung? Zwölf Legislaturperioden liegen zwischen uns und dem Jahr 2060, wenn keine Vertrauensfragen oder anderer Unbill dazwischenkommen. In 20 Jahren darf sich der Bundestag (und von mir aus auch Du, Bundesbank) gern mit den Problemen vom Jahr 2060 beschäftigen. Heute sind die im Jahr 2030 dran.

 

Noch mehr Chaos bei den Paulis

Mensch, Mensch, Frau Pauli. Die Partei der früheren Landrätin aus Fürth, der früheren CSU-Rebellin, der früheren Spitzenkandidatin der Freien Wähler versinkt offenbar im Chaos. Wir hatten hier schon berichtet, dass der Vize-Landeschef aus Hessen gegangen worden ist, wenige Tage nach Gründung des Landesverbands.

Und so geht es munter weiter. Fast jeden Tag erreichen uns neue Klagen. Wie gestern Abend bekannt wurde, trennte sich die Freie Union nun auch von ihren beiden stellvertretenden Parteivorsitzenden. Michael Meier und Sabrina Olsson hätten die „Aufbauarbeit der Partei“ und der Landesverbände „extrem zu behindern“ versucht, steht auf Paulis Homepage. Die Vorwürfe, die Meier und Olsson gegen sie erheben, seien „ungeheuerlich und durch nichts belegt“. Sie werfen Pauli Korruption und Erpressung vor.

Vermutlich ist das Quatsch. Aber wer weiß das schon, Pauli ist tatsächlich nicht zimperlich, was ihre neuen Parteifreunde angeht. Dem gestürzten Hessen-Chef warf sie vor, er wolle sie stürzen. Zur Untermauerung ihrer These sagte sie: Man habe ihn wochenlang beobachtet. Klingt alles ziemlich fies. Allerdings auch nicht ganz neu: Bevor Pauli die CSU im Streit verließ, warf sie dem Team von Edmund Stoiber vor, sie ausspioniert zu haben.

Wäre die Partei nicht so unwichtig, könnte man einen ganzen Redakteur darauf ansetzen, der über nichts anderes als über die Schlammschlacht bei der FU berichtet. Stoff genug gäbe sie jedenfalls her. Selbst Promi-Klatsch: Kader Loth, eine meist leicht bekleidete TV-Schönheit, dem ein oder anderen bekannt aus Big Brother oder anderen Trash-Formaten aus dem Privatfernsehen, wurde jüngst zu Frauenbeauftragte des Berliner FU-Landesverbandes gewählt. Die BILD-Zeitung inspirierte dies zu dieser Schlagzeile: „Nackt-Luder wird Frauenbeauftragte!“

Allerdings gab es auch Knatsch wegen dieser Personalie. Frau Loth ruft dazu auf, ein paar Feiertage zu streichen, damit die Deutschen mehr arbeiten. Doch bitte, falls es Sie interessiert, lesen Sie das auf Frau Paulis Homepage selbst nach oder sehen Sie dieses Kandidaten-Video von Kader auf YouTube …

 

Merkel macht’s: Eine Prognose zum Wahlausgang

Bei der Bundestagswahl im Herbst zeichnet sich eine neue Mehrheit ab unter Leitung der amtierenden Regierungschefin. Die Deutschen mögen Merkel. Die aktuellen Popularitätswerte der ersten Kanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik sind im Vergleich zu denen ihres Herausforderers, Frank-Walter Steinmeier, auf einem historischen Hoch. Seit der Wiedervereinigung war der Abstand zwischen den Popularitätswerten eines amtierenden Kanzlers und des Herausforderers noch nie so groß gewesen. Sofern die Popularitätsraten der Spitzenkandidaten vom Frühjahr stabil bleiben, wird Merkels Popularität entscheidend sein, um einer von ihr geführten CDU/CSU-FDP-Koalition eine absolute Mehrheit der Zweitstimmen zu sichern.

Diese Einsicht verdanken wir einem von uns entwickelten Prognosemodell, das sich bei den letzten beiden Bundestagswahlen bewährte. Abgeleitet von theoretischen Ansätzen zur Erklärung von Wahlverhalten haben wir ein statistisches Modell entwickelt, das bereits im Sommer vor den letzten beiden Bundestagswahlen 2002 und 2005 exakte Vorhersagen liefern konnte und auf den richtigen Sieger tippte, während die Ergebnisse der Meinungsforschungsinstitute, basierend auf den Umfragewerten der Parteien, daneben lagen. Unser Verfahren lieferte einen Monat vor der Wahl sogar genauere Werte für die Regierungskoalitionen als alle etablierten Meinungsforschungsinstitute, einschließlich deren 18-Uhr-Prognosen am Wahlabend selbst.

Für die Entwicklung unseres Vorhersagemodells fragten wir uns, was wir aus den zurückliegenden Bundestagswahlen in der Geschichte der Bundesrepublik lernen können. Uns interessierte dabei besonders der gemeinsame Stimmenanteil der jeweiligen Regierungskoalition. Dies verwandelt die Wahlentscheidung zwischen beliebig vielen Parteien in zwei handliche Hälften: die Wahl für oder gegen die Regierung. Weil die amtierende Regierung sich selbst als Notlösung sieht, nachdem keines der politischen Lager 2005 eine Regierungsmehrheit auf sich vereinen konnte, sagen wir für die kommende Bundestagswahl den Stimmenanteil der von der Kanzlerinnenpartei präferierten Regierungskoalition bestehend aus CDU, CSU und FDP voraus.

Ob auf einen Sieg einer solchen Koalition gehofft werden darf, erklären wir mit dem Zusammenwirken von lang-, mittel- und kurzfristigen Einflussfaktoren. Da ist zunächst erstens der langfristige Wählerrückhalt der Regierungsparteien – gemessen als durchschnittlicher Wahlerfolg bei den vorangegangenen drei Bundestagswahlen. Hinzu kommt zweitens der mittelfristig wirksame Prozess der Abnutzung im Amt – gemessen durch die Zahl der Amtsperioden der Regierung. Drittens geht die Popularität des amtierenden Kanzlers ein, gemessen als mittlerer Wert jeweils ein und zwei Monate vor einer Bundestagswahl. Mit Hilfe statistischer Analyseverfahren können wir das Zusammenwirken dieser drei Faktoren und deren Gewichtung für die Stimmabgabe zu Gunsten einer Regierungskoalition äußerst genau bestimmen.

Bis auf den Wert der Kanzlerunterstützung kurz vor der Wahl liegen alle benötigten Modellwerte bereits vor. Es ist jedoch noch nicht möglich, schon heute eine exakte Prognose für den Ausgang der Bundestagswahl im Herbst zu erstellen. Die kann es nach der Logik unseres Modells erst Mitte August geben. Allerdings können wir auf Grund hypothetischer Popularitätswerte der Bundeskanzlerin, die sie kurz vor der Wahl im Vergleich zu Ihrem Herausforderer genießen könnte, schon heute sehen, welches Ergebnis unser Modell dann vorhersagen würde.

Nach den letzten veröffentlichten Politbarometern vom Mai und Juni, bereinigt um die Unentschlossenen, liegt die Zustimmungsrate für Merkel bei 65 Prozent. Steinmeier rangiert dagegen nur bei 35 Prozent. Bliebe es dabei, würde unser Prognosemodell komfortable 50,6 Prozent für das schwarz-gelbe Lager vorhersagen. Damit würde es für einen Regierungswechsel für eine CDU/CSU-FDP-Koalition nach der Wahl im September reichen.

 

Die Linke und die Krise – oder: Die Krise der Linken

Der SPD geht es schlecht. Richtig schlecht. Die Europawahl war ein Desaster, der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl entfacht keine Begeisterung, die Wahlkampfstrategie will nicht aufgehen, und selbst wenn die Große Koalition sozialdemokratische Politik betreibt, und das tat sie in letzter Zeit nicht zu knapp, dann profitiert davon bloß die Union.

Warum ist das so? Weshalb vertrauen die Bürger in einer Zeit, in der die Welt mit den Folgen hemmungsloser Geldgier beschäftigt ist, gerade Parteien, die dieses System immer verteidigt und geschützt hatten? Eine Woche lang hat sich ZEIT ONLINE mit diesen Fragen beschäftigt und die Krise der politischen Linken zum Schwerpunktthema gemacht:

Thorsten Faas, einer der Autoren unseres Wahlen-nach-Zahlen-Blogs erklärt in seiner Analyse, warum die SPD von der Wirtschaftskrise nicht profitieren kann. Ein Grund: Für viele Bürger ist die Krise noch gar nicht da, sie lesen nur in der Zeitung davon. Nötig ist aus ihrer Sicht deshalb klassische Wirtschaftspolitik, und nicht so sehr Sozialpolitik. Sollte die Arbeitslosigkeit bis zur Wahl signifikant steigen, so Faas, könnte plötzlich doch die SPD gefragt sein.

Tissy Bruns, Leiterin der Parlamentsredaktion des Tagesspiegels, sieht in ihrem Kommentar dagegen kaum Anhaltspunkte dafür, dass sich die SPD in naher Zukunft wieder aufrappeln könnte. Zu sehr herrschten in der Partei Kurzatmigkeit, Kleinmut und Egomanie.

Für Matthias Geis wiederum gibt es allen Schwächen der SPD zum Trotz keinen Grund, die Partei so abzustrafen, wie es die derzeitigen Umfragen prognostizieren. Die Republik, schreibt er in seinem Plädoyer für die Sozialdemokratie, habe der SPD einiges zu verdanken.

Hilfestellung gibt auch Christoph Seils in seinem Beitrag: elf Tipps für die Wahlkämpfer der SPD.

Zwei weitere Artikel beschäftigen sich mit der ebenfalls darbenden näheren und entfernteren SPD-Verwandschaft: Jürgen Krönig erklärt, warum Europas Sozialdemokratie zur Opposition verdammt ist und Thomas Falkner, Stratege der Linkspartei, beschreibt im Interview mit Ludwig Greven, warum auch seine Partei derzeit nicht punkten kann: „Wir geben die falschen Antworten„, sagt er.

Alle Artikel im Überblick gibt’s hier.

 

W-Lan-Wüste Nürnberg

Hat die CSU Geldprobleme? Anders sind die gepfefferten Preise auf ihrem Parteitag kaum zu erklären. Für den kabellosen Zugang zum Internet in der Nürnberger Messehalle verlangen die Christsozialen unchristliche 40 Euro von den Journalisten. Fies, ist das doch für viele die einzige Möglichkeit, ihre Texte und Bilder so schnell wie möglich in die Redaktionen zu senden. Die meisten anderen Parteien stellen den Netzzugang kostenlos zur Verfügung. Aber vielleicht ist das ja ein regionales Problem? Auch in den Zimmern des Messe-Hotels gibt es kein Netz. Hier kann man nur in der kargen Lobby online gehen. So entstand der Seehofer-Vorbericht gestern Abend im schummrigen Licht neben einem gluckernden Kühlschank. Erst in solchen Momenten ahnt man, wieso die politische Forderung nach einer umfassenden Netzabdeckung in manchen Regionen, weitab von den Laptop-Metropolen Berlin und Hamburg, so populär ist…

 

AZ: Putschversuch in der Pauli-Partei

Immerhin hat man auf einem CSU-Parteitag die Gelegenheit, ausführlich bayerische Zeitungen zu lesen. Kiel hin, Moskau her: Die Münchner Abendzeitung titelt heute aufgeregt mit einer zerknirschten Ex-Landrätin: „Gabriele Pauli, Chefin einer Chaostruppe“, steht unter dem unvorteilhaften Foto. Der Hintergrund: Der hessische Landesverband von Paulis neuer Partei, der Freien Union, hat sich im Streit von seinem stellvertretenden Landesvorsitzenden getrennt. Karl von Zeretzke soll von Hessen aus versucht haben, die gerade einmal zwei Wochen alte Partei zu unterwandern und Pauli zu stürzen. Dafür habe man „Beweise“, heißt es. Man habe Herrn von Zeretzke in den letzten 14 Tagen intensiv beobachtet. Es ist nicht das erste Personalproblem in Paulis Partei: Am Mittwoch war der Schatzmeister der Freien Union Bayern ausgetreten. Ihn wirft man vor, ein Neonazi zu sein.

 

Wie die Wirtschaftskrise doch noch die Wahl beeinflussen kann

Die Wirtschaftskrise nutzt bisher vor allem der Union. Aber wenn die Arbeitslosigkeit deutlich steigt und die Angst in der Bevölkerung wächst, könnte sich das ändern.

Auf die Finanzkrise folgte die staatliche Bankenrettung; auf die Wirtschaftskrise folgten staatliche Bürgschaften für Unternehmen. Der Staat greift wieder aktiv ein, nach sozialdemokratischer Manier. Gegeißelt werden „gierige“ Manager, der Kapitalismus gerät in die Kritik. Was läge da näher als Verluste für bürgerliche Parteien, die zumeist als wirtschaftsnah gelten, und Gewinne für linke Parteien?

Fortsetzung hier auf Zeit Online.

 

Das Kieler Landeshaus im Schatten des Berliner Reichstags?

Gut zwei Monate vor der Bundestagswahl hat das landespolitische Geschehen in Schleswig-Holstein die Bundespolitik wenigstens für den Moment aus dem Zentrum des öffentlichen Interesses verdrängt. Bedenkt man, dass eine Landesregierung, überdies eine, die von den gleichen Parteien getragen wird wie die Bundesregierung, auf des Messers Schneide steht, ist das nur allzu verständlich. Wie diese Krise ausgehen wird und ob der schleswig-holsteinische Landtag den Weg für eine Landtagswahl am 27. September ebnen wird, lässt sich im Moment nicht absehen. Dies gilt umso mehr, als geheime Abstimmungen gerade im nördlichsten Bundesland zu erheblichen Überraschungen führen können. Sollte es tatsächlich zu einer vorgezogenen Landtagswahl kommen, stellt sich freilich die Frage, ob das Zusammentreffen von Landes- und Bundestagswahl Konsequenzen für das Wahlverhalten hätte.

Im deutschen Mehrebenensystem lassen sich die verschiedenen Politikarenen generell nicht scharf voneinander trennen. In Landtagswahlkämpfen spielt daher häufig die Bundespolitik eine wichtige Rolle. Auch Bürger reagieren mit ihrem Landtagswahlverhalten auf die Bundespolitik. Beispielsweise nutzen einige die Stimmabgabe bei einer Landtagswahl, um ihrer Unzufriedenheit mit der Bundesregierung auszudrücken. Diese Verhaltensmuster haben dazu beigetragen, dass Landtagswahlen häufig als Nebenwahlen charakterisiert werden. Diese Charakterisierung mag in etlichen Fällen übertrieben sein. Bei Landtagswahlen, die am Tag der Bundestagswahl stattfinden, scheint sie der Realität jedoch recht nahe zu kommen. Dafür sprechen empirische Befunde zu parallel abgehaltenen Land- und Bundestagswahlen in der Vergangenheit. Parteien erzielten bei beiden Wahlen beinahe identische Stimmenanteile, und nur sehr wenige Wähler machten von der Möglichkeit des Stimmensplittings zwischen Land und Bund Gebrauch. Zudem scheint die Landtagswahlentscheidung vergleichsweise stark von bundespolitischen Motiven bestimmt gewesen zu sein. Die Zusammenlegung trug somit zu einer verstärkten bundespolitischen Durchdringung von Landtagswahlen bei.

Vor diesem Hintergrund liegen die Schlussfolgerungen für Schleswig-Holstein recht klar auf der Hand. Sollte die Landtagswahl auf den 27. September vorverlegt werden, wird es die Landespolitik vergleichsweise schwer haben, im Wahlkampf eine prominente Rolle zu spielen. Zudem wird das Landtagswahlverhalten relativ stark von bundespolitischen Faktoren beeinflusst werden. Es ist also damit zu rechnen, dass die Landtagswahl stärker als bei getrennten Urnengängen eine bundespolitische Nebenwahl sein wird. Damit ist freilich noch nicht gesagt, welche Parteien davon profitieren werden. Denn wie schnell sich ein vermeintlich stabiler Bundestrend umkehren kann, das haben nicht zuletzt die Wahljahre 2002 und 2005 gezeigt.