Gestern Nacht gab es einen Anschlag auf das libanesische Restaurant Taverna in Kabul. Heute suche ich im Netz nach Neuigkeiten. „Mehrere Deutsche in Kabul getötet“, lese ich im Google-Teaser von faz.net. Ich erschrecke. Weil es bedeuten würde, dass ich wahrscheinlich einen der Toten kenne. Ich klicke auf den Link. Während er lädt, gehe ich im Kopf ein paar Namen durch und überlege, wer gerade alles in Kabul ist.
Dann lese ich den Artikel: „Angaben der Taliban, wonach unter den Opfern ‚eine Reihe hochrangiger deutscher Diplomaten‘ sind, konnte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin zunächst nicht bestätigen. Der Krisenstab arbeite mit Hochdruck an der Aufklärung der unübersichtlichen Lage, sagte er.“
Das kann alles Mögliche heißen, nur nicht: Mehrere Deutsche in Kabul getötet.
Mehrere deutsche Medien haben das Statement der Taliban übernommen und nicht kommentiert. Man hätte zum Beispiel schreiben können, dass diese Statements fast immer falsch sind. Dass sie bei einem Anschlag auf die Bundeswehr in Kabul vor einem Monat behaupteten, zehn deutsche Soldaten getroffen zu haben. Und dass damals in Wahrheit nicht mal einer verletzt wurde.
Es gibt einen twitternden deutschen Botschafter, der nichts von deutschen Opfern schreibt; es gibt deutsche Zivilisten, die gut vernetzt und per E-Mail und Handy erreichbar sind; es gibt ein dpa-Büro in Kabul und jede Menge afghanischer Journalisten, die verlässliche Infos liefern.
Es gibt Quellen, die mehr sagen als die Taliban.
Man muss sie nur fragen.