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Sorgen um bit.ly in revolutionären Zeiten

In den USA sorgen sich einige Internetkenner um den beliebten URL-Abkürzungsdienst bit.ly. Die Endung -ly nutzt nämlich die libysche Länder-Domain, die in der Hand der Regierung ist. Muammar Gaddafi könnte theoretisch bit.ly erpressen. Auch eine neue Regierung könnte neue Regeln für die Verwendung der .ly-Domain aufstellen, die Geschäften abträglich sein könnte. Ein nationaler Blackout nach ägyptischem Vorbild hätte aber wohl keine Auswirkungen, da die fünf bit.ly-Server in den USA und Europa stehen.

Bald könnte die Abhängigkeit von einzelnen Regierungen obsolet sein, da die Internetverwaltung ICANN noch in diesem Jahr Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen die Möglichkeit einräumen wird, neue Top-Level-Domains wie etwa .auto oder .revolution zu beantragen. Nicht diskutiert wird jedoch die ebenfalls in diesem Jahr anstehende Entscheidung über die Verlängerung des Vertrags zwischen ICANN und dem US-Handelsministerium. So wurde wohl die wikileaks.org-Domain auf politischen Druck hin deaktiviert. Doch offenbar scheint man die Kontrolle der US-Regierung über die Domain-Verwaltung nicht aufgeben zu wollen, da die Entscheidung über Top-Level-Domains unter dem UNO-Dach noch kontroverser werden dürfte.

 

Korrumpiert Facebook mit seinem Like-Button das Netz?

Eigentlich eine auf den ersten Blick etwas unspektakuläre Nachricht: Facebook erweitert die Funktionalität des Like- bzw. „Mag ich“-Button: Alles was vorher auf irgendwelchen Websites mit „Mag ich“ angeklickt wurde, erscheint jetzt auch auf der eigenen Pinnwand. Der Like-Button wird damit zum Share-Button. Jeder Klick generiert automatisch auch  einen Beitrag mit Titel, Unterzeile und Bild. Bei mehreren möglichen Bildern lässt sich keines aussuchen. Der Nutzer kann lediglich im Nachhinein den Beitrag wieder per Hand löschen, aber nicht ändern.

Die Umstellung gilt nicht nur für künftige Klicks, sondern für alle vergangenen. Klar wird damit wieder einmal: Der Nutzer darf sich bei Facebook nie der Illusion hingeben, dass die Daten funktionell getrennt sind. Sie sind alle in der riesigen Facebook-Datenbank auf Vorrat gespeichert und ihr Verwendungszweck kann jederzeit umdefiniert werden. Was hinter dem Begriff „informationelle Selbstbestimmung“ steckt, scheint Facebook trotz monatelanger Datenschutz-Schlagzeilen immer noch nicht verstanden zu haben – oder verstehen zu wollen.

Ob sich der Button für Facebook auszahlt, ist unklar. Zwar macht Facebook die Einbettung des „Mag ich“-Button für Website-Betreiber noch attraktiver, da diese nun sicher gehen können, dass der Link über die Pinnwand der Nutzer weitere Aufmerksamkeit erfahren wird. Doch manchmal wird die Facebook-Funktionalität nur mit Verzögerung geladen, was den Seitenaufbau empfindlich verlangsamen kann. Je attraktiver der Button wird, desto mehr Probleme könnte es hier geben und Website-Betreiber könnten sich entscheiden, lieber auf den Button zu verzichten.

Viel gravierender dürfte jedoch sein, dass Facebook mit dem Button eine neue Bewertungswelt aufbaut, die für Link-basierte Suchmaschinen nicht zugänglich ist. Suchergebnisse könnten damit mangels Gewichtungs-Input durch die Nutzer schlechter werden. Der eigentliche Mehrwert des Internet, der vor allem auf seiner Offenheit basiert, würde über kurz oder lang beeinträchtigt – und es würden viele kleine, privatisierte Teilnetze entstehen, die jeweils gewinnbringend vermarktet werden.

Für die Informationsbeschaffung könnte sich der Like-Button damit als schlimmer erweisen als sämtliche Zensurversuche, da viele Informationen einfach hinter Zugangssperren verschwinden. Das eigentliche Teilen der Information würde exklusiv werden. Der Grundgedanke, der hinter dem World Wide Web steht, der offene Informationsaustausch, wäre damit korrumpiert.

 

Smartphone-App erstellt Krebsdiagnose

Nein, es ist noch nicht der 1. April. „Live Science“ berichtet über ein neues Gerät, das relativ zuverlässig innerhalb von einer Stunde eine Krebsdiagnose anhand von neun Proteinen erstellen kann. Das Gerät, ein kleiner, mobiler Kernspintomograph, untersucht eine präparierte Gewebeprobe und gibt seine Scan-Ergebnisse an eine Smartphone-App weiter. Diese wertet sie angeblich in 96 Prozent der Fälle richtig aus. Getestet wurde das Gerät bislang an 50 Patienten im Massachusetts General Hospital.

via Andreas Milles

 

Plagiats-Wiki auch für Gaddafi-Sohn

Nachdem Verteidigungsminister zu Guttenberg mehr oder weniger freiwillig seinen Doktortitel zurückgegeben hat, könnte bald schon Saif Al-Islam Gaddafi vor einer ähnlichen Entscheidung stehen. Seine Dissertation an der London School of Economis steht ebenfalls unter Plagiatsverdacht. In diesem Falle dürften ihm keine angeheuerten Söldner helfen.

Wie BoingBoing meldet, gibt es nun auch hier ein Wiki, in dem Nutzer ihre Plagiatsfunde dokumentieren können. Eingerichtet wurde es, nachdem einfaches Googlen bereits zwei Plagiatsfunde erbringen konnte. Der Verdacht kam nach seiner Fernsehansprache auf, in der er wenig Verständnis für die zivilen Proteste in seiner Heimat aufbrachte und in lässig zurückgelehnter Haltung vor einem Bürgerkrieg warnte. In seiner Dissertation hatte er sich vorgeblich mit der Rolle der Zivilgesellschaft in Demokratisierungsprozessen beschäftigt.

 

Notruf aus Libyen

Die Lage in Libyen ändert sich derzeit stündlich. Ein Gebäude des Staatsfernsehens soll geplündert worden sein, das Gebäude des Volkskongresses wurde am Wochenende von Aufständischen niedergebrannt. Während das libysche Staatsfernsehen jubelnde Gaddafi-Unterstützer zeigt und ruhige Straßen, werden in Youtube Handyvideos über Straßenschlachten, Tote und brennende Autos hochgeladen.  Al Dschasira greift für seine Berichterstattung hauptsächlich auf Handyvideos zurück. Die laufende Berichterstattung lässt sich übrigens auch im Internet, unter anderem auch bei Facebook verfolgen.

Bereits vergangenen Freitag wurde das libyische Internet mehrere Stunden lang abgeschaltet. Der Netzwerkdienst Facebook soll gar nicht mehr erreichbar gewesen sein. Seitdem die Verbindung am Wochenende wiederhergestellt war, berichteten zahlreiche Twitter-Nutzer über die aktuellen Vorgänge. Ein Twitter-Nutzer namens @Arasmus pflegt aus seiner Sicht vertrauenswürdige Nachrichten in eine GoogleMaps-Karte ein. Sie zeigt, wo es wie viele Verletzte und Tote gegeben hat. Es ist eine Art Katastrophenmanagement „von unten“.

Eine automatisiert aktualisierte Karte hält Arasmus für zu gefährlich: „The danger of an automatic map is that you will reveal too much information too soon and put protestors in danger.“ Vielleicht aber ist sogar eine handgepflegte Karte zu riskant. Seit heute morgen gibt es keine Updates mehr. Ein Twitter-Hashtag, der viele relevante Tweets verbindet, ist übrigens #feb17.


View Mapping Violence Against Pro-Democracy Protests in Libya in a larger map

 

Der Internetzugang als Privileg für wenige

Das Thema „Cyber-Sicherheit“ treibt zurzeit die Bundesregierung um. Das angekündigte Cyber-Abwehrzentrum soll vor allem der Koordination dienen. Dabei ließe sich rein rechtlich noch einiges koordinieren, um den Status Quo zu verbessern:

Erst kürzlich hatte ich darüber berichtet, dass in Deutschland in Krisenfällen die Kommunikation durchaus eingeschränkt werden kann. Einen zentralen Ausknopf gibt es nicht, das Ganze läuft etwas subtiler: über „Bevorrechtigungen“, die bestimmte Einrichtungen im Notfall erhalten, um kommunizieren zu können. Während anderen das dann möglicherweise verwehrt ist.

Die entsprechende „Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Einräumung von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme“ verlangt von den Telekommunikationsbetreibern ein „Mindestangebot“ etwa bei „bei erheblichen Störungen der Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall“ oder „im Spannungs- und im Verteidigungsfall“. Dabei müssen die Betreiber „Festverbindungen“ mit einer Mindestleistung vorhalten. In der Verordnung heißt es hierzu in Klammern: „analog, 64kbit/s, 2Mbit/s.“ Halbe ISDN-Leistung also wohl für das Festnetz und 2MBit/s für das Internet.

Damit kann ein Unternehmen oder eine Behörde keine großen Sprünge machen, aber die Kommunikation kann zu einem gewissen Maß noch aufrecht erhalten werden. Wer gehört nun zu dem Kreis derer, die in den Genuss dieser Mindestleistung kommt? Laut Verordnung sind das Behörden, Katastrophenschutz- und Zivilschutzorganisationen, Aufgabenträger im Gesundheitswesen, Hilfs- und Rettungsdienste, Bundeswehr und Aufgabenträger in Presse und Rundfunk. Voraussetzung dafür ist, dass diese Stellen bei der Bundesnetzagentur einen entsprechenden Antrag auf Bevorrechtigung stellen. Alle, die dieses Privileg nicht erhalten, müssen sich auf einen der Lage entsprechend eingeschränkten Zugang einstellen.

Offensichtlich geht das jedoch nicht Hand in Hand mit dem Schutz kritischer Infrastrukturen, wie ihn der „Umsetzungsplan KRITIS“ vorsieht. Bei diesem geht es ebenfalls darum, im Krisenfall die Stellen am Leben zu halten, die für das Land relevant sind. Als schützenswert gelten laut diesem Plan nun Energieunternehmen, Banken und Versicherungen, Transport- und Verkehrsunternehmen sowie die Chemie- und Pharmabranche.

Laut Sicherstellungs-Verordnung gehören sie aber nicht zu dem Kreis der Privilegierten, die einen Bevorrechtigungs-Antrag stellen dürfen. Diese Lücke ist bemerkenswert – angesichts der jahrelangen Kritis-Planung und angesichts des kürzlich angekündigten Cyber-Abwehrzentrums. Eine kohärente IT-Sicherheitspolitik sieht anders aus.

 

Warum man „auf der Arbeit“ nicht wirklich arbeiten kann

Der amerikanische Softwareunternehmer Jason Fried ist der Ansicht, dass man „auf der Arbeit“, also beispielsweise in einem klassischen Büroraum seine Aufgaben nicht wirklich erledigen kann.

Ganz meine Meinung, wenn ich mich an meine eigenen Büroerfahrungen vor mittlerweile gut 20 Jahren erinnere: Der Tag ging schnell vorbei, da immer wieder unerwartete Unterbrechungen vorkamen: Ein Kollege kam vorbei, die Post wurde angeliefert, eine Essenspause, das Telefon klingelte, eine Besprechung, eine kleine Feier, der Chef will einen kleinen Zwischenbericht. Schwierig, sich auf eine Sache, die man sich vorgenommen hatte, wirklich zu konzentrieren.

Jason Fried hat sich mit diesem Büroalltag zehn Jahre lang beschäftigt und meint: Ganz normal, dass man nicht zum Arbeiten kommt. Und Facebook und Twitter seien nicht das Problem. Die Probleme lägen ganz woanders … Meetings etwa unterbrechen relativ unwirklich den Arbeitsfluss einer ganzen Reihe von Menschen und ziehen meist weitere Meetings nach sich. Und ein einstündiges Meeting mit zehn Leuten ist nicht wirklich ein einstündiges Meeting, sondern ein zehnstündiges, usw., usf.

Jason Fried hat natürlich auch einige Lösungsvorschläge. Sie laufen darauf hinaus, das eigene Kommunikationverhalten stärker zu kontrollieren – unter anderem auch mit Hilfe von Kommunikationstools. Und auf das nächste Meeting vielleicht einfach mal zu verzichten. Eigentlich nahe liegend, da Fried als Mitbegründer von 37signal, einem Unternehmen, das Kollaborationstools entwickelt, sehr Tool-orientiert denkt. Aber sehen Sie selbst:

 

Live aus Kairo

Immer wieder ist von der so genannten Facebook-Revolution in Tunesien und Ägypten zu lesen. Über das ägyptische Staatsfernsehen wurde jetzt die Pro-Mubarak-Fanseite „Egypt First“ promoted. Offenbar versucht das Regime nun eine Gegen-Kampagne über das bislang diffamierte Soziale Netzwerk zu starten. Rund 20.000 Fans haben sich bereits eingefunden. Etwa 30-mal so viele Fans haben sich hingegen für einen virtuellen Demonstrationszug angemeldet.

Wesentlich interessanter ist jedoch, wie sich verschiedene arabische Fernsehsender positionieren, die hier über Arabsat zu sehen sind. Und vermutlich hat das Fernsehen während der Tage des Netzausfalls eine wesentlich größere Rolle gespielt als das Netz.

Das ägyptische Staatsfernsehen ist dabei eine Art Temperaturfühler der aktuellen Politik Mubaraks. Am Wochenende etwa, als Al Jazeera den überfüllten Tahrir-Platz fast pausenlos im Visier hatte, zeigt der Sender menschenleere Straßen. Nachrichtensprecher zählten derweil die ökonomischen Einbußen auf, die die Demonstrationen verursacht hatten. An öffentlichen Orten wie Cafés darf übrigens nur das Staatsfernsehen gezeigt werden, aber das wird auch wenig nützen, wenn auf der Straße vor dem Café die Transparente und Fahnen geschwungen werden und zu Hause Al Jazeera läuft.

Heute kam der Staatssender nicht mehr umhin, auch Bilder vom Tahrir-Platz zu zeigen. Das Bild war dabei derart ausgesucht, dass es eine relativ ruhige, durch Gebäude eingerahmte Menschenmenge zeigte. Ganz anders Al Jazeera: Immer wieder Zooms auf möglicherweise interessante Bewegungen in der Menschenmasse sowie auf das Militär. Dabei verzichtet der Sender anders als die BBC meist darauf, die Gesichter der Kommentatoren einzublenden.

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass ARD und ZDF sich heute nach tagelanger Unterberichterstattung dazu durchgerungen haben, Teile der Berichterstattung des Senders Al Arabia zu übernehmen. Dazu sollte man wissen, dass der Sender aus Dubai in der arabischen Welt als Konkurrenz zu Al Jazeera gesehen wird. Finanziert von saudischen Investoren gilt er als relativ konservativ: Allzu unverblümte Kritik hatten Arabiens Alleinherrscher von diesem Sender bislang nicht zu befürchten. Geschätzt wird er aber wohl auch von westlichen Staaten, da er den politischen Status-Quo stützt.

In der aktuellen Berichterstattung über die Proteste in Ägypten gibt es denn auch einen interessanten Unterschied zu Al Jazeera: Wie das ägyptische Staatsfernsehen verweisen die Kommentatoren von Al Arabia immer wieder auf die Position der Mubarak-Regierung. Die Kommentare übernehmen unsere öffentlich-rechtlichen Berichterstatter übrigens nicht, nur die Bilder.

Eine interessante Alternative zu Al Dschasira und BBC ist der britische Sender ANB (Arabic News Broadcast), der ebenfalls eine stundenlange Live-Schalte nach Kairo unterhält. Vielleicht ist es auch erwähnenswert, dass die revolutionären Ereignisse in anderen arabisch-sprachigen Staatssendern ähnlich wie bei ARD und ZDF eine eher untergeordnete Rolle spielen. Nur zufällig sind einzelne Berichterstattungen zu sehen. Im marokkanischen Staatsfernsehen war aber immerhin heute Nachmittag eine rege Live-Talkshow zum Thema zu sehen.

 

Rivva ist dann mal weg …

„Sabbatical. Brauche Abstand, vl. am 3.3. zurück. –Frank“.

Der kleine Aggregationsdienst Rivva stellt vorläufig seinen Betrieb ein. Eine dürre Nachricht von Rivva-Entwickler Frank Westphal, doch jammerschade für die deutsche Blog- und Newssphäre. Zeigt Rivva doch, wer wen aktuell verlinkt und damit das Nachrichtengeschehen in der deutschen Blogosphäre.

Seit Jahren entwickelte Westphal den Dienst verlässlich weiter. Eines seiner neuere Features ist noch online: Social Rivva, das Nachrichten entsprechend dem Twitter-Account aggregiert. Es wurde schon früher von Lorenz Lorenz-Meyer angemerkt, dass Westphal mit Rivva einen „phantastischen Dienst“ aufgebaut hat. Und entsprechend „krass und unverständlich“ ist es auch, dass bislang kein Verlag oder Internetdiensteanbieter in das Projekt eingestiegen ist. Welche Möglichkeiten gäbe es hier, interessante Einbindungen für Websites zu entwickeln!

Müßig ist eigentlich der Hinweis auf die USA. Dort konnte beispielsweise der journalistische Bookmarkdienst Publish2 bereits mit einem relativ simplen Startausgabe 2,75 Mio. US-Dollar Startkapital einwerben. Dabei ist er technisch viel simpler gestrickt, da er keinen Algorithmus verwendet und damit nicht automatisch Nachrichten aggregiert, sondern lediglich einbettbare RSS-Streams einzelner Journalisten und Redaktionen erzeugt.

Im deutschsprachigen Raum hat sich im Aggregationsbereich auch nicht viel getan in den letzten Jahren. Das Schweizer Projekt Facts.ch, das Nachrichten aus Blogs und Zeitungen händisch aggregiert, ist jedoch immer noch hartnäckig am Ball. Die Macher hatten das Projekt einfach auf eigene Faust weiter betrieben, als sich der Tamedia-Verlag von ihm verabschiedete.

Das Burda-Projekt Nachrichten.de ist eine schöne Alternative zu Google News, hat jedoch in der Blogosphäre meinem Eindruck nach bis heute nicht Fuß fassen können – oder wollen.

Ein kleines, interessantes Projekt ist der vor wenigen Tagen gestartete Commentarist. Das Team aggregiert teils automatisch, teils händisch aus 16 deutschen Medien die Kommentare und Leitartikel. Das ist zumindest die Zielvorstellung. Etliche Beiträge finden sich auch darunter, die der klassischen Berichterstattung zuzuordnen sind. Schade, dass auch hier nur die klassischen Medien, nicht jedoch die meinungsstarken Blogs berücksichtigt werden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Nachtrag wenige Stunden später:

Verlage haben die Commentarist-Betreiber gezwungen, den Dienst abzuschalten, berichtet Meedia. Sie selbst schreiben auf ihrer Website: „Zwei deutsche Verlage haben mit massiven rechtlichen Schritten gedroht. So massiv, dass wir uns gezwungen sehen, Commentarist in seiner jetzigen Form vom Netz zu nehmen. Wir halten weiter an der Idee einer Meinungsplattform fest und wir werden unsere Zelte wieder aufschlagen.“ Anders als bei Nachrichten.de oder Rivva.de wurde wohl keine Genehmigung für die Feed-Auswertung eingeholt. Schade.

 

Der verdrahtete Planet

Als das World Wide Web noch relativ jung war, veröffentlichte Neal Stephenson in Wired eine phantastische Reportage über die Geschichte der Seekabel: Wired Earth Mother Board. Sie inspirierte zahlreiche Autoren zu ähnlichen Geschichten über die Physis des Internet. Ausgedruckt könnte sie ein kleines Büchlein ergeben – und die Lektüre ist auch heute noch empfehlenswert.

Wahrscheinlich wird man auch nur nach dieser Lektüre sich wirklich fasziniert über die digitale Kabelkarte von Greg Mahlknecht beugen können. Wie wichtig diese Kabel für die weltweite Kommunikation sind, zeigte erst kürzlich eine geleakte Depesche des US-Außenministeriums über kritische Infrastrukturen: Verfügte ein Land über eine Seekabel-Anlandestelle, wurde diese gelistet. Die Anlandestellen gelten als die empfindlichsten Stellen des globalen Datenverkehrs. Doch auch an vergleichsweise flachen Stellen auf dem Meeresboden sind die Kabel nicht geschützt. Wer Stephenson gelesen hat, weiß, dass auch Anker und Schleppnetze seit über 100 Jahren regelmäßig für Ungemach sorgen. Hier die beiden Anlandepunkte in Deutschland: