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4. Januar 2018 – Ausgabe 2

 

Leserbrief zu „Zurückhalten, bitte” von Jörg Lau

Chamenei behauptet, dass westliche Staaten wie die USA den Aufstand schürten und in den westlichen Medien wird das nicht weiter analysiert. Wie ist das nach den geschichtlichen Erkenntnissen aus vielen Krisenherden möglich? Sind unsere Medien zu voreingenommen von der «eigenen Welt»? Die Geschichte hat gezeigt, dass der vermeintlich «gute Westen» kriegslüstern ist. Gerade gegen der Iran wurde seit 1953 mehrmals illegal mit Geheimdienstmethoden von NATO-Ländern Kriege geführt. Die jüngsten Beispiele bei denen das Einschleusen von Unruhestiftern aus NATO-Ländern zum Regimesturz und zur Instabilität ganzer Regionen geführt haben sind Libyen und die Ukraine. Ich empfehle Daniele Ganser «Illegale Kriege» zu lesen. Die USA würde mehrfach von einem instabilen Iran profitieren. Die Verbündeten Saudi-Arabien und Israel würden gestärkt, das Öl des Irans wäre wieder zugänglich, Öl- und Gasrouten wie die Strasse von Hormuz wären unter Kontrolle und schliesslich würden weitere Flüchtlingsströme Europa schwächen. Das wäre auch in Putins Interesse … – Martin Novotny


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Ich bin zutiefst erschrocken über Ihr, um mal Ihre eigenen Worte zu verwenden, selbstbezügliches Geschwafel von Demokratie als Zukunftsprojekt und über die furchteinflößende Einseitig- und Oberflächlichkeit, mit der Sie auf die Suche nach den Ursachen ihrer aktuellen, existenzbedrohenden Krise gehen.

Bei allen Respekt, ich komme zu der Schlussfolgerung, dass Ihnen möglicherweise einige Jahre Lebenserfahrung fehlen, um zu erkennen, dass Demokratie nur als Gegenwartsprojekt überleben wird, als ein gesellschaftlicher Zustand, in dem die Mehrheit der Bürger ihre eigenen, täglichen, heutigen Lebensprobleme durch die Politik reflektiert und als – zumindest zustimmungsfähig – gelöst empfindet. Und nicht als Projekt universalistischen Wohlbefindens, in dem vor allem beschrieben wird, was der Bürger alles wollen soll, also konkret: was ihm auf dem Weg ins Paradies noch alles ausgetrieben werden muss. Zum Beispiel den Österreichern. Oder den Polen.

Besteht die Welt eigentlich wirklich nur aus edlen Refugees-Welcome-Rittern, Leitkultur-Nazis und umweltzerstörenden Managern? Was soll das Gerede von der ‚fahrlässigen Schwächung‘ der Demokratie durch die Politik? Was ist Demokratie eigentlich Ihrer Meinung nach – Herrschaft des Volkes (im Kern also Ausgleich unvereinbarer, nichtsdestoweniger legitimer Interessen), oder Durchsetzung einer bestimmten Auffassung (meistens einer Minderheit), was ‚gut‘ für das Volk (und die Welt) sei?

Die Vehemenz, mit der Sie sich einer soliden Ursachenanalyse des Absturzes der westlichen Demokratien, sagen wir seit etwa 2010, verweigern, die Klischeehaftigkeit der Einordung aller kritischen, warnenden, vergangenen wie gegenwärtigen, Stimmen als rückwärtsgewandt, und die eingebildete Sicherheit, mit der Sie anhand kuscheliger Bertelsmann-Befragungsergebnisse den rasanten Vertrauensverlust der Menschen in die Steuerbarkeit des eigenen Lebens hinwegwischen bzw. einigen von Ihnen persönlich als störend empfunden Politikern anlasten möchten, wird wohl kaum dazu beitragen, den Prozess des Zerfalls der Demokratien in ganz Westeuropa zu verlangsamen.

Wenn man eines aus der Geschichte von Perioden erhöhter sozialer Zumutungen lernen kann, und auch sollte, dann dies: Jede Propagierung gesellschaftlicher Zukunftsprojekte, was weltgeschichtlich dringend zu erreichen sei, somit gar nicht der Aushandlung eines gesellschaftlichen Konsens‘ bedürfe, ohne eine ernsthafte Kenntnisnahme und Berücksichtigung dessen, was die Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit hier, heute und morgen nicht wollen, einschließlich der Denunziation aller Nicht-Wollenden als reaktionäre Zukunftsverderber, hat noch niemals eine Gesellschaft stabilisiert, sondern noch stets zu politisch irgendwann unbeherrschbarem menschlichem Verhalten der – oftmals lange übersehenen, belächelten und unterschätzen – Masse geführt.

Jede Erhöhung des Zumutungsdrucks, und sei sie noch so stringent aus vorgeblich universalistischen Prinzipien herleitbar, heißt in solchen Perioden, Feuer an die Lunte zu legen. Ihre Propagierung ist verantwortungslos.

Die von Ihnen so verabscheuten und pauschal als ‚rechts‘ kategorisierten Gegenbewegungen bestehen immer aus mehreren Komponenten, zum einen aus einer konservativen mit ihren ‚alten‘ Akteuren, aber gleichzeitig aus jenen, die durch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen (erst) provoziert werden, und die durch neu hervorgebrachte oder neu mobilisierte Akteure getragen werden. Am fehlenden Verständnis der zweiten Komponente sind die meisten der sich als ‚progressiv‘ verstehenden, erhaben über dem profanen, niederen, reaktionären Bürgerinteresse schwebenden Bewegungen gescheitert. Nicht nur Lenins Weltkommunismus, auch die 68er, auf deren politisches und geschichtliches Moment Sie in der Beurteilung der heutigen Situation zurückgreifen.

Sigmar Gabriel ist, so angreifbar manche seiner Einschätzungen der Fehlentwicklungen der letzten Jahre und so verstörend manche seiner Formulierungen auch sein mögen, einer der wenigen Politiker, die sich nicht scheuen, in den Abgrund des sozialen Zerfalls einer modernen Gesellschaft wie Deutschland zu blicken und öffentlich darüber zu sprechen. Aufgabe der Publizistik wäre es, auch solche, von vielen simplifizierend als ’nicht zukunftsführend‘ klassifizierte Gedanken zu ventilieren, inklusive die von Ihnen so verschmähten Kategorien ‚Heimat‘, ‚Identität‘, ‚Leitkultur‘, anstatt immer wieder den Ruf ‚Kreuzigt Sarrazin!‘ anzustimmen.

Die Überlebensaufgabe der Politik in den westlichen Demokratien besteht aktuell darin, militärisch formuliert, die überdehnte Front politischer Zumutungen, und seien sie noch so gut gemeint oder gar essentiell zukunftsorientiert, zu begradigen. Die meisten Menschen leben in der Gegenwart, und nicht für die Zukunft. Dies hat Herr Gabriel begriffen, und damit müssen auch Intellektuelle – wie Sie und ich – zurechtkommen. – Matthias Wagner


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Es ist ehrenwert, dass sich Frau Raether für eine Frau einsetzt, der wegen ihres Kopftuches von der AWO gekündigt wurde. Allerdings habe ich in der Zeit nicht gelesen, dass sie sich für ein Mitglied der AfD eingesetzt hat, dem die AWO ebenfalls kündigte. – Rolf Schikorr


Leserbrief zu „Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen?“ von Manuel J. Hartung und Robert Pausch

Motivation als Zauberwort
Wäre es nicht das Ideal, wenn Studierende freiwillig die Vorlesungen und Seminare besuchen würden? Da stellt sich doch die Frage, weshalb die Veranstaltungen so schlecht besucht werden – beide Autoren haben es angesprochen: wegen der schlechten Lehre. Ein ganzes Semester lang bin ich nicht zu meinen Vorlesungen gegangen, weil die Dozenten unheimlich schlechte Didaktiker sind. Es sollte doch auch deren Anliegen sein, die Studierendenschaft zu motivieren und so für eine aktive Beteiligung sowie Interesse an der Materie zu sorgen! Stattdessen erlebt man, dass Professoren neunzigminütige Monologe mit der Tafel führen – sehr spannend … Ein einziges Mal erwischte ich ein Seminar, dessen Leiterin selbst als Schullehrerin tätig ist: Sie hat Erfahrung und weiß, wie man unterrichtet. Das Seminar was das ganze Semester über sehr gut besucht und die Teilnehmenden erledigten sogar freiwillig und motiviert (!) ihre Hausaufgaben. Das nenne ich eine gelungene Lehre; im Gegensatz zu dem, was man im Unialltag erlebt. – Lukas Schumacher


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg und zu „Zweifelhafte Selbstauskunft“ von Jochen Bittner

Danke für die beiden Artikel unter der Rubrik RECHT & UNRECHT, die einzig lesenswerten Beiträge im politischen Teil dieser Ausgabe. Es ist erschreckend, wie fahrlässig die zuständigen Behörden unter Duldung der verantwortlichen Politiker ihre Aufgaben bei der Feststellung und Prüfung von Altersangaben jugendlicher Flüchtlinge ohne Papiere vorgehen. Kein Wunder, wenn das Bekanntwerden solcher untragbaren Vorgänge die Wähler in Scharen zur AfD treibt. – Dr. Klaus Eberbach


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

„Zwielichtiger Journalismus“
Was für journalistisch katastrophaler Jahresfehlstart! Seitenweise wechselnde widersprüchliche Aussagen als Ergebnis einer „Recherche“,keinerlei juristischen Ergebnisse – was soll so ein Artikel? Medienwirksame Vorverurteilung ? Auch mal „me too“ posten? So wird niemandem geholfen, weder den betroffenen Frauen noch einer reflektierten professionellen Presse. Ps.: Was dabei natürlich wichtig und notwendig bleibt, ist die Aufarbeitung und die wirkungsvolle Prävention von Machtmißbrauch – aber auch rechtlich korrekter Basis. – C. Stellmacher


Leserbrief zu „Was macht der blaue Schirm denn da?“ von Robert Pausch

Was hilft sind Position und Haltung
Das auch Gewerkschafter rechte Einstellungen haben und Rechts wählen ist nicht neu, Studien aus den neunziger und nuller Jahren belegen das. Aus eigener Erfahrung als langjähriger Referent der IG METALL kann ich bestätigen, dass die Empfänglichkeit für einfache Parolen und Lösungen stetig zugenommen hat, daraus resultiert, dass Seminarteilnehmer sinngemäß immer häufiger nach Kochrezepten fragen, darüber aufzuklären, dass es die nicht gibt gehört zu meinen Aufgaben. Zudem erstaunt mich immer wieder die politische Unwissenheit unserer Mitglieder und Teilnehmer, im Beruf sind die meisten mit hervorragender Expertise ausgestattet , entsprechend gut bezahlt und weder abgehängt noch bildungsfern. Warum ist es so schwierig in den Betrieben die politsche Debatte anzugehen und zu führen?

Nach meiner Auffassung werden die Gewerkschaften seit einigen Jahren nur noch als Geldbschaffer gesehen. Die Gleichung lautet: Gewerkschaftsbeitrag ins Verhältnis gesetzt zur nächsten Tariferhöhung gleich zwei bis dreifache Rendite. Zudem , die 35 Stundenwoche bot noch mehr Möglichkeiten bezahlte Überstunden abzuleisten immer nach dem Motto,“arbeite dann hast Du Geld, arbeite mehr dann kannst Du dir was leisten“, so ist es bis heute. In zahlreichen Semninaren zum Interessengegensatz zu Kapital und Arbeitt steht dann den Mitgliedern und Funktionären der Mund offen ,wie Tarifautonomie, Entgeltfortzahlung, Mitbestimmung etc. erkämpft und durchgesetzt wurde. Gegen die Strömung nach rechts können nur klare Position und Haltung stehen, die Sachthemen sind schnell ausgemacht, weg mit der sachgrundlosen Befristung, Ausbau der Mitbestimmung, weg mit der Leiharbeit, Leben im Alter ohne Armut. Die mutigen in den Gewerkschaften und Betriebsräten müssen die Debatte führen, dabei Angst zu haben ggf . seine Wiederwahl oder die eine oder andere Mitgliedschaft aufs Spiel zu setzen gehört dazu. – Gerhard Siemsen


Leserbrief zu „Arbeitereinheitsfront?“ von Bernd Ulrich

…na klar! Und mit der ZEIT als links-grünes Organ der „aufgeklärten“ Intellektuellen zur Verbreitung der von oben herab verkündeten „Political Correctness“! Und der blanke Unsinn wird in der Mitte des Artikels verbreitet mit dem „uneingestandenen Funktionswechsel der FDP, die nicht mehr staatskritische Staatspartei sein will, sondern rechts von der Merkel-CDU eine neue Heimat sucht.“ Ja, wohin ist denn die Merkel – CDU gewandert? Ja, und die Linkspartei ist in den Augen von Herrn Ulrich inzwischen wohl der Fackelträger des neuen, aufgeklärten Liberalismus? Ich frage weiterhin, wohin ist denn die Redaktion der ZEIT „gewandert“? Ich habe hier den Sammelband „50 Jahre ZEIT“ stehen. Vielleicht lesen Sie dort mal selbst nach…..! Eine Nina Grunenberg, deren Artikel ich sehr geschätzt habe, wird Ihnen darauf leider keine Antwort mehr geben können. – Hans Hardenberg


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Es wäre sehr schön, wenn die Zeit einmal gelegentlich sachlich und ohne Schaum vor dem Mund über die Zeit vor 1918 berichten würde. In Ihrem Beitrag wird der Eindruck vermittelt, dass Kunst und Wissenschaft erst unter der Weimarer Republik aufgeblüht wären. Waren die Brücke, Richard Wagner oder die Forschungsergebnisse von Max Planck und Albert Einstein nicht der Rede Wert, um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Deutschland hatte im Kaiserreich soviele bekannte Namen aus Kunst und Wissenschaft, dass sie hier unmöglich aufgezählt werden können. Auch gab es im Gegensatz zu heute ein hervorragendes Schulsystem. Das Deutsche Reich war unbestritten ein Rechtsstaat, was man von der heutigen Bundesrepublick leider nicht mehr uneingeschränkt sagen kann. Es gab im Reich seit 1871 das allgemeine und gleiche Wahlrecht, was zu dieser Zeit ungewöhnlich war. England z. B. war da weit zurück. Es gab die ersten Anfänge des Sozialstaates in einer Zeit als in den USA die Polizei noch auf streikende Arbeiter schoss. Der Wohlstand wuchs vor dem ersten Weltkrieg auch für breite Schichten.

Dazu ist Ihr Bericht teilweise widersprüchlich. Erst zitieren Sie Hans-Ulrich Wehler mit der Bezeichnung „Halbabsolutistischer Scheinkonstitutionalismus“. Etwas später heist es „Vorallem dem verhassten Reichstag mit seinem interfraktionellen Ausschuss“. Was war denn richtig? Warum wird nicht erwähnt, dass zuletzt die SPD stärkste Partei im Reichstag war und die Fürsten vor 1914 im Gegensatz zum Wortlaut der Reichsverfassung praktisch keinen Einfluss mehr hatten? Kurz vor dem ersten Weltkrieg gehörte das Deutsche Reich zusammen mit den USA zu den modernsten Ländern. Die Deutschen der damaligen Zeit waren zu Recht sehr selbstbewußt und sicher keine Untertanen. – Dr. Christian Netzel


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Zum wiederholten Male wollen Sie dem Leser die Kopftuchträgerinnen als schlichte Menschen darstellen, die als Musliminnen in das Abendland passen und Opfer von übereifrigen, offenbar angstbesessenen Bürokraten sind, illustriert mit Fotos freundlicher, kopftuchtragender Frauen, die sich offenbar mit Ihrer Kleidung so richtig wohl fühlen. Sie verlieren kein Wort über die religiöse und politische Bedeutung dieses Kopftuches in unserer Gesellschaft, insbesondere nicht über den unterdrückerischen Charakter desselben. Es wäre interessant gewesen das „Opfer“ einmal zu fragen, wer sie auf die Idee gebracht hat- oder dazu gezwungen hat- das Kopftuch an ihrer Arbeitsstätte zu tragen. Aber darum geht es Ihnen ja nicht.

Unter dem Deckmantel der Toleranz wird die Verachtung unseres Wertesystems; konkret: die Gleichstellung von Mann und Frau, verharmlost. Der fernliegende Vergleich mit der jüdischen Kippa als religiöses Symbol wird herangezogen ohne zu erwähnen, dass im Gegensatz zu dem muslimischen Kopftuch die Kippa gerade kein Merkmal der Unterdrückung jüdischer Männer darstellt.

Anstatt die Errungenschaften der Aufklärung gegenüber solchen Unterdrückungssymbolen wie dem muslimischen Kopftuch zu verteidigen und vor allem muslimische Frauen zu unterstützen, die es ablehnen als gehorsamer Besitz des Mannes betrachtet zu werden, dessen Ausfluss das Kopftuch sein dürfte, stellen Sie sich bewusst oder unbewusst auf die Seite reaktionärer Kräfte, die wir in unserer Gesellschaft schon lange überwunden glaubten. Alles in allem zeigt mir der Artikel, dass ich als langjähriger Abonnent Ihres Blattes völlig zu recht den Abo-vertrag kündigte, da der „ZEIT“- redaktion in weiten Teilen offenbar die Orientierung abhanden gekommen ist. – Schröder


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Der Staatssozialismus hat gezeigt, das er nichts taugt. Die waren unfähig Ihre Weltsicht einem grundsätzlichen Zweifel zu unterziehen. Die neue Rechte will nicht, das wieder ein solcher kardinaler Fehler von den etablierten Parteien begangen wird. Ich sehe weit und breit keine Partei oder Organisation die an deren Stelle treten könnte. Die Politik wird mit ihrer Einstellung zur AfD Schiffbruch erleiden, wenn sie nicht endlich bereit ist, diese Partei so zu behandeln wie man das in einer Demokratie tun sollte. Alles andere ist kontraproduktiv und reine Demagogie. In den europäischen Nordstaaten ist das gang und gebe und das Normalste der Welt. Die Demokratie ist in diesen Staaten gefestigt und erfreut sich bester Gesundheit. Die Medien in Deutschland sind fast alle verlogen bis aufs Blut. Darauf fallen leider immer noch zu viele Bürger herein. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Was macht der blaue Schirm denn da?“ von Robert Pausch

Freunde, es wird immer enger für die etablierten Parteien. Wer hätte das noch vor fünf Jahren geglaubt, das Gewerkschaftler mit der AfD liebäugelt. Das ist eigentlich ein ein guter Zug aber ein Alarmzeichen für die etablierten Parteien, besonders für die SPD. Und die Medien werden vor Wut schäumen, bis auf wenige Printmedien. Die neue Regierungsfindung hat ohnehin wenig Nährwert. Neuwahlen müssen her – alles andere ist rückwärts gewandt. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Zukunftsgedöns“ von Josef Joffe

Sie vergessen Ihren Leser und Dauerbriefschreiber Gunter Knauer der ich bin. Ich habe nachweislich vorausgesagt:
1. Die AfD wird weiter an Stimmen gewinnen.
2. Die Kriminalität wird zunehmen.
3. Die Engländer werden aus der EU aussteigen.
4. Martin Schultz und seine SPD wird gegen Merkel keine Sonne sehen.
Nur bei Trump lag ich schief. Das lag aber an ihrem Autor. Jetzt kommen Sie und was nun? Ihr Autor liegt schon wieder schief……… – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Es ist doch eine klare Vorverurteilung , wie Sie berichten. Die Darstellung lässt alle möglichen Scenarien zu: zB kranke, neurotische Persönlichkeit mit Missbrauchserfahrung in der Jugend oder überhöhte Selbstdarstellung einer hübschen jungen Frau…aber nur eine Wahrheit. Die „Zeit“ darf sich nicht dafür hergeben jemanden zu verurteilen ohne dass sich Gerichte mit den Fällen befasst haben. Guter Enthüllungsjournalismus ist gut, aber eine Persönlichkeit ohne rechtsstaatliches Verfahren an den Pranger zu stellen ist schlecht . – Hans Höllein


Leserbrief zu „Die Kunst, die Schuld und eine große Blamage“ von Stefan Koldehoff

Den Artikel über die peinlichen Begleitumstände anlässlich einer geplanten Ausstellung zum Leben und Wirken des jüdischen Kunsthändlers Max Stern in Düsseldorf habe ich mit großem Interesse gelesen. Der Zufall wollte es, dass dies geschah parallel zur Lektüre des Buches ‚Die Bilder sind unter uns‘ (ebenfalls von S. Koldehoff). Was sich bei mir in zunehmendem Maße festzusetzen beginnt, ist kurz gefasst dies: Man kann reden, auch kontrovers diskutieren über Schuld und Scham, über Gewissen und Moral, meinetwegen auch über die fortdauernde Anstrengung, jedwede Form des Vergessens zu verhindern, aber wenn es um den Bereich geht, den wir heute mit dem Begriff der Raubkunst umschreiben, dann hört spätestens mit der Verpflichtung zur Restitution ‚der Spaß‘ auf. Und weshalb erscheint mir diese Problematik so unendlich verworren und schier unlösbar zu sein? Kann es sein, dass darin einfach zu viele Menschen und Institutionen involviert sind, die ganz schlicht um den Fortbestand ihrer weißen Weste und/oder den Besitz ihrer Bankguthaben fürchten? Auch kommt mir der unsägliche Satz des Herrn Filbinger wieder in den Sinn: Was damals Recht war, kann heute kein Unrecht sein. Noch schlimmer wäre die Annahme, dass noch bis heute ein schier unausrottbarer Hauch von dem sich erhält, was man mit Antisemitismus bezeichnet. – Dieter Rogge


Leserbrief zu „Lächeln an Kasse zwei“ von Ulrike Gastmann

Ich habe mich sehr gefreut, an solch prominenter Stelle in der Zeit heute Ihr Pladoyer für die kleinen Momente, die unser Miteinander erst lebenswert machen, zu lesen. Diese Aufmerksamkeit haben die Menschen, die uns doch immer wieder solche Momente im Alltag schenken, wirklich verdient. Auch ich habe mich im Supermarkt schon dabei ertappt, zu schauen, ob die eine, eben die netteste, der Kassiererinnen gerade in einer Kasse sitzt. Andererseits versuche ich meinerseits, den Menschen, mit denen ich im Alltag zu tun habe, ein bisschen freundlicher als unbedingt nötig zu begegnen, und so das Geschenk auch weiterzugeben. Vielen Dank für diesen Beitrag. – Frauke Heins


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg

Wir sollten nicht naiv sein. Natürlich wissen die nach eigenen Aussagen jugendlichen Flüchtlinge, um die Vorteile einer Einstufung als Jugendliche. Dafür sorgen Schleuser, Mund zu Mund Kommunikation (WhatsApp und ähnliches) und diverse pro-asyl Organisationen in Deutschland schon. Und natürlich wissen die Flüchtlinge, wie einfach es in Deutschland ist, mit einer falschen Aussage zum Alter durchzukommen. Wer sein Alter nicht belegen kann (Papiere) und tatsächlich noch minderjährig ist, wird kein Problem mit einer medizinischen Altersbestimmung haben. Wer das nicht mag, muß sich natürlich nicht röntgen lassen. Allerdings mit der logischen Konsequenz, daß bei begründeten Zweifeln an der Minderjährigkeit, festgestellt durch Inaugenscheinnahme eines Arztes, die Einstufung als Minderjähriger entfällt. Ich verstehe im übrigen nicht, wie Herr Tieg zu der Auffassung gelangt, nur ein Bruchteil käme, um zu betrügen. Die erwähnten Daten zeigen doch, daß sich bei den durchgeführten medizinischen Untersuchungen zur Altersbestimmung in Deutschland und Europa ca. 50% der Angaben zur Minderjährigkeit als falsch herausstellen. Der tatsächliche Wert liegt durch das Toleranzfenster von 2 Jahren noch höher. – Dietmar Baier


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Ich muss nicht betonen, dass es keine Zeifel gibt und Übergriffe auf Frauen zu verurteilen sind. Bei der jetzigen me-too-Campagne frage ich mich aber, wie eine Schauspielerin nach 27 Jahren plötzlich Übergriffe meldet, und das Zeit-Magazin fragt nicht nach, wieso diese Frau nach einer solchen Zeit die Übergriffe an die Öffentlichtkeit bringt. Steigen hier einige auf das Schiff auf? Als Zeitmagazin müsste man wenigstens dies in Frage stellen und nicht als Tatsache bringen. Von keiner öffentlichen Seite wird dies hinterfragt. Es kommt nicht alles Kritische herüber aus den USA. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Ich denke, dass hier bewusst denunziert wurde, vielleicht mit Geld nachgeholfen. Es ist allzu durchsichtig. Die Zeit kämpft um Leser, z.T. mit Drücker-Methoden. Die Leserzahlen sind rapide zurückgegangen. Es geht schon beinahe im die Existenz. Da muss sich einer wie Herr Amend schon was einfallen lassen. Und da haben die von der Zeit gedacht: Was in Amerika geht, funktioniert hier auch. Und sie haben ein bisschen rumgeguckt und sind auf den Wedel gekommen. Der ist ja ein exzessiver Typ, manch einer von den Schauspielern hat da noch ein Sträußchen auszufechten. Und schwupps, da finden sich solche „ehemaligen“ Schauspielerinnen, mit denen heute niemand mehr etwas anfangen würde. Und auch die Harfouch muss ihren Senf dazugeben. Um die ist es ja z.Z. auch sehr ruhig geworden. Also spielt sie die Insiderin… wie gesagt, ein Engel ist der Dieter Wedel sicher nicht, aber ob er so dumm ist wie der Weinstein. Das glaub ich nun eher nicht. Solche Sexgeschichten kommen doch immer raus. Nirgends wird so gequatscht wie in der Filmbranche… und nirgends gibt es einen solchen „Futterneid“. Wie gesagt, es ist die Profession der Medien im Dreck zu wühlen, aber leider wühlen sie immer im falschen Dreck. Wo es wirklich weh tun würde, dort lässt sich keiner von der Zeit sehen… – Klaus Funke


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Entschuldigung, aber das war daneben! Einen derart schnoddrigen, oberflächlichen Artikel unter der Rubrik „Geschichte“ zu veröffentlichen, ist für eine Qualitätszeitung ein fast schon unverzeihlicher Ausrutscher! Welche Zusammenhänge werden erklärt? Was erfährt der Leser? Wo werden Erkenntnisse der Forschung aufgenommen?

Was sollen Sätze wie dieser in einem seriösen historischen Artikel: „Kaum zu glauben“, aber 1918 hatten die Deutschen „endlich“ genug von ihren Fürsten und „jagten sie davon“? Man muss kein Monarchist sein, um einen solchen reißerischen Boulevard-Stil übel zu finden. Mit „Geschichte“ bringe ich das nicht zusammen. Kein Wort von den „Webfehlern“ des Kaiserreichs: der problematischen Angliederung des „Reichslandes“ Elsass, den Mikro-„Operettenstaaten“, der Lustlosigkeit einiger Regenten und ihrer Familien im späten 19. Jahrhundert. Kein Wort vom Kulturwandel, der Industrialisierung und den technischen Entwicklungen, der die Monarchie zunehmend antiquierter erscheinen ließ. Kein Wort auch davon, dass im vorindustriellen Zeitalter die Monarchie vermutlich für Flächenstaaten grundsätzlich eine sinnvolle Regierungsform war. Oder will man die Menschen vor 1918 oder gar vor 1806 samt und sonders als Dummköpfe ansehen, die vorsätzlich eine für sie nachteilige Staatsverfassung über Jahrhunderte hinweg unterstützten?

Seltsamerweise erklärt Heike Faller in einem als solchem ausgewiesenen „Boulevard-Artikel“ den Sachverhalt seriös und prägnant. „Über Hochzeiten im britischen Königshaus“ (Zeitmagazin 1/2018) bringt das Problem der aktuellen Monarchien auf den Punkt: der mythologisch begründete Anspruch, ein Volk zu repräsentieren, und die Weigerung einzelner Familienmitglieder, dafür persönliche Opfer auf sich zu nehmen. Im Artikel über das Ende der Monarchie in Deutschland wäre die Frage spannend gewesen, wie sich das System von innen heraus zerstörte und welche externen Faktoren zu seinem Untergang führten. Dazu hält die internationale Forschung durchaus Erkenntnisse bereit. Man muss sie für einen Artikel nur seriös aufbereiten. – Dr. Eberhard Fritz


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Ein ganz großer DANK geht an Jana Simon und Annabel Wahba für diesen großartigen, mutigen und immens wichtigen Artilkel! Auch DANKE an diejenigen, die sich nun endlich zu Wort melden und sich nicht von der (lächerlichen) Klage von Wedels Anwalt einschüchtern lassen. Wer ihnen vorwirft, warum sie 20 Jahre und mehr verstreichen lassen, hat nichts verstanden. Ich erinnere mich noch nach 50 Jahren an Einzelheiten ähnlicher Vorfälle! Diese Welle sollte sich zu einem Tsunami auswachsen, damit solche Männer in Zukunft nicht mehr ungestraft ihr Unwesen treiben können. – Inger Genge


Leserbrief zu „Es wird eng“ von Stefan Schmitt

Angesichts der Tatsache, dass gerade die Flüsse in Süddeutschland über die Ufer treten und wir damit die Folgen der Klimaerwärmung ausbaden, erscheint mit der Artikel von Herrn Stefan Schmitt lächerlich oder auch höhnisch. Erst einmal ist die Botschaft, die er vermittelt, auch wenn sie erstmals von einem UN-Generalsekretär ausgesprochen wird, nichts Neues. Das weiß die Menschheit schon seit mehr als einer Generation. Bewirkt hat dies im Blick auf das Handeln der Menschen nichts. Auch dieser Artikel wird wie so viele andere Berichte und Reportagen nichts bewirken. Ich bewundere Herrn Schmid, wenn er daran glaubt, dass es hier zu einem Einsehen kommen könnte. Das einzige, was mir dazu einfällt, ist die Vorstellung, dass unsere Generation den folgenden sagen wird: Wir haben nichts gewusst. – Reinhard Wick


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg

Wir sollten nicht naiv sein. vielen Dank für den Beitrag, der etwas Klarheit in ein viel diskutiertes Thema bringt. Auch wenn Sie betonen, dass Prof. Püschel eine Minderheitsposition vertritt, vermitteln seine klaren Aussagen als Forensiker ein klareres Bild als die vielen aufgeregten Artikel, die es an anderer Stelle gibt. Insbesondere ist Herrn Püschel zuzustimmen, dass Erwachsene in einer Wohn- oder Lerngruppe von 14-17-jährigen nichts zu suchen haben, sondern die Psychodynamik sehr stören. – Norbert Bolz


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg

Drei Punkte fand ich in Ihrem Interview mit Prof. Püschel schon bemerkenswert:
1. „Flüchtlinge haben keine Wahl, verweigern sie die Untersuchung, dann werden sie als erwachsen eingestuft“. Wieso sollte man dies Procedere denn kritisieren? Was ist dann die Alternative? Sich auf die Aussage des Einzelnen verlassen?? a) warum haben sie keine entsprechenden Papiere bei sich, b) wenn sie sich weigern, haben sie einen Grund, nämlich den, dass sie lügen. Der Vorschlag, bei Verweigerung als erwachsen eingestuft zu werden,kommt übrigens sogar von Herrn Palmer von den Grünen, dem man sicherlich keine „rechte Gesinnung“ nachsagen kann.
2. „Aber nur ein Bruchteil der Menschen kommt, um zu betrügen“. Eine sehr naive Frage von Ihnen, und eine entsprechende Antwort des Mediziners. Hoffentlich haben Sie Ihre Ansicht korrigiert.
3. Warum zitieren Sie nur den § 2 der Berufsordnung deutscher Ärzte, lassen wohlweislich § 1 weg?
Haben die Angehörigen der ermordeten jungen Frauen nicht wenigstens das Recht, dass die Täter ihrem Alter entsprechend bestraft werden? – Linde Schütte


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Ach ich weiß nicht – diese 8-Seiten-Geschichte über Dieter Wedel: Jetzt nach 20 Jahren fällt den Ladys plötzlich ein, dass sie ja damals auch sexuell missbraucht wurden! Jetzt springen sie auch auf diesen mee too Zug auf. – Ob sie das damals wirklich auch als so schrecklich empfunden haben? Klar, wenn sie sich heute natürlich dieses alte Gemäuer von Mann anschauen, dann schämen sie sich vielleicht für ihre Schwäche. Aber damals? Da waren sie vielleicht erst mal hingerissen von dem berühmten Regisseur. Denn Macht macht nämlich ziemlich sexy! – Das ist doch bei den Menschen nicht anders als bei den Hirschen. Da werden auch die schönsten Schmaltiere schwach wenn der große Platzhirsch röhrt. Schon Brecht hat das auf den Punkt gebracht: “ Ja, da muß man sich doch einfach hinlegen…” – R. Wittig


Leserbrief zu „Über das kommende Haar“ von Ronja von Rönne

Es amüsierte mich doch etwas, dass Sie sich so gnadenlos gegen unsere Generation stellen. Ich selber wurde 1999 geboren, also 7 Jahre nach Ihnen, wenn Wikipedia nicht lügt, bin letztes Jahr von der Schule gegangen und kann Ihnen in dem Punkt recht geben: Auf dem Schulhof ging es recht farblos und homogen zu. In meinem Fall liegt es vor allem daran, dass ich auf eine private katholische Mädchen-Schule ging. Es ist keine Überraschung, wenn ich Ihnen sage, eine Schuluniform war nicht nötig, weil eh alle das Gleiche trugen. Dennoch hat das fehlende Feiern von Subkulturen andere Gründe, als bloßes Desinteresse einer ganzen Generation. Nicht nur der erhöhte gesellschaftliche Druck durch die Sozialen Medien, die einen nicht nur in dem aktuellen Moment profilieren: Das Internet vergisst nicht. Was für ein sorgenbefreiender Satz, nicht? Aber auch unseren Eltern kann man wenigstens etwas Schuld in die Schuhe schieben. Entweder diese von Ihnen vermissten ehemaligen Punks und Hippies, oder Atomkraftbefürworter und Gender-Ablehner. Doch alle wurden überhäuft mit Erziehungsratgebern basierend auf Sozialpädagogik, Eltern-Kind-Yoga und Lactose-, Gluten- und Kalorienarmer Ernährung für die richtige Entwicklung des Nachwuchs.

Wie soll man solche Eltern, die von ,freien Räumen‘ lesen, mit bunten Haaren und zerrissenen T-Shirts schocken? Ich selber sorgte in meiner Familie für mehr Entrüstung bei meinem JU-Austritt, als mit meinem Nasen-Piercing und Kapitalismus-Kritik wird nicht mit einem ,Fuck-the-System‘-Aufnäher ernstgenommen, sondern mit Diskussionen über zum Beispiel die Post-Wachstums-Ökonomie. Und auch wenn mich selber die Wuschelfrisuren oft genung aufregen, bitte ich dennoch um mehr Optimismus, dass irgendwann auch noch der letzte Elyas M’Barek-Fan weiß, wie viele Parteien im Parlament sitzen, oder was Demokratie bedeutet. Es ist doch noch nicht zu spät für einen letzten Vorsatz, oder?
P.S.: Übrigens habe ich mir für 2018 einen Topfschnitt á la Björn Ulvaeus gegönnt. Das sieht doch nach einem Anfang aus. – Alina Rebitzky


Leserbrief zu „Lächeln an Kasse zwei“ von Ulrike Gastmann

Mit großem Gewinn lese ich regelmäßig Ihre Kolumne „Ruf des Ostens“ in der ZEIT. Ich wähle bewusst den Begriff „Gewinn“, weil mir Ihre Beiträge alltägliche Begebenheiten ins Gedächtnis rufen und mein Handeln hinterfragen. Zwar geschieht das in Form eines moralischen Appells, aber der kommt so sympathisch rüber, dass ich den erhobenen Zeigefinger nicht als solchen empfinde. Ich bin auf Ihre Kolumne eigentlich dadurch aufmerksam geworden, weil mein Sohn Tobias seit Anfang Oktober in Leipzig lebt. Der Städtenamen war also der Trigger, der mich dann veranlasste Ihre Kolumne zu lesen. Tobias will eigentlich Kunst studieren, hat aber leider noch keinen Studienplatz an der HGB Leipzig ergattern können. Heute Morgen, vor einer Stunde, ist er von Mainz mit dem Fahrrad aufgebrochen, um nach seinem „Weihnachtsurlaub“ bei uns Eltern wieder nach Leipzig zu radeln. Auch er hat manchmal eine so andere Sicht auf die Dinge und das Leben, dass er mich immer wieder zum Nachdenken bringt.

Ich lese zzt. das Buch „Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen“ von Axel Hacke. Auch er berichtet von alltäglichen Situationen, in denen wir Anstand beweisen könnten, wenn wir nur wollten. Und wenn ich das nächste Mal an einer Supermarktkasse stehe, werde ich wie immer dem oder der Kassierer/in einen schönen Feierabend wünschen und ihm/ihr ein Lächeln schenken und vielleicht auch mal darüber hinaus Danke sagen, genauso wie ich Ihnen danken möchte dafür, dass Sie uns LeserInnen immer wieder wachrütteln. Ich wünsche mir noch viele nachdenkenswerte Artikel und Ihnen und Ihrer Familie alles Gute im Jahr 2018 (und natürlich auch darüber hinaus). – Stefan Lob


Leserbrief zu „Schatten und Scharaden“ von Marc Brost, Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Die Frage nach der Zukunft Europas spielt in allen Reden und Sondierungen eine Rolle. Nur berichtet kein Medium, weder die Tageszeitungen noch die Fernsehnachrichten, über ein Ereignis, das vom 28. Dezember bis Neujahr Europa so geeint hat, wie es kein Politiker vermag; im schweizerischen Basel kamen rund 20000 (!) Jugendliche aus mehr als 45 Ländern – vorwiegend aus Polen (5000) und der Ukraine (2800) – zum 40. Europäischen Jugendtreffen der christlichen Gemeinschaft von Taizé zusammen, um zu zeigen, dass „das Evangelium uns in Europa und der Welt vereine jenseits der Verletzung unserer Spaltungen“ (so Papst Franziskus in seinem Grußwort). Dass auf diesen Europäischen Jugendtreffen seit einem „Konzil der Jugend“ im August 1974 Zehntausende Jugendlicher jeden Jahreswechsel friedlich – als Pilgerweg des Vertrauens – feiern und damit der Angst vor Terroranschlägen das christliche „Fürchtet euch nicht!“ entgegensetzen, verdient wahrlich mehr Beachtung. Das kommende Treffen findet in Madrid statt und wird der Iberischen Halbinsel als Fest der Einheit auch politisch guttun. – Felix Evers


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Möchte mich kritisch äußern zu Ihrer Veröffentlichung zu Dieter Wedel. Ich finde es unmöglich, so etwas zu veröffentlichen, ohne dass die Schuld von jemand erwiesen ist. Das, was Sie machen, ist Vorverurteilung. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Anschuldigungen der betreffenden Frauen glaubwürdig erscheinen oder nicht.

Die Untersuchung von individuellem Fehlverhalten und möglicher Schuld ist Sache unabhängiger Gerichte und nicht von Medien. Es ist verständlich, dass die Betroffenen einen Weg über die Gerichte scheuen (vieles ist evtl. auch verjährt), dennoch darf seriöser Journalismus so etwas nicht veröffentlichen, solange die Schuld nicht erwiesen ist. (Dann überlassen Sie das lieber der MeToo-Bewegung oder lassen es die BILD-Zeitung machen). Ich finde es traurig, dass Sie das nicht wissen, eine Folge der in den letzten Jahrzehnten sich breitmachenden medialen Flut über alles und jedes, der sich offenbar niemand entziehen kann. – Thomas Racky


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Max von Baden war laut Ihrer Analyse „neurasthenisch „. Ich habe natürlich keine Ahnung, was das ist und ich schätze, Sie wissen das und wollen das. Aber statt mich für dumm und den Autor für schlau zu halten gucke ich inWikipedia nach „Sie wird zur heutigen Zeit nur noch selten diagnostiziert und spielt in der psychotherapeutischen sowie psychiatrischen Praxis kaum noch eine Rolle“. Das war wohl ein Schuss, der nach hinten losging. – Klaus Künhaupt


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Warum machen sie den Fall Dieter WEDEL so publik zur Zeit. Beschwerden der Damen nach zwanzig Jahren sind einfach unakzeptabel. Damals haben sie geglaubt sich hochschlafen zu können und kein Wort gesagt und nun da alles in trockenen Tüchern ist kommen sie aus den Löchern. Wenn das Verhalten von Dieter Wedel und anderen sicher zu tadeln ist, ist es auch das Jahrzente lange Schweigen der Betroffenen. Aber es bringt Quote für sie, klar!!!!!!!!!!!!!!!! – Rolf Prosche


Leserbrief zu „Das ärgerliche Geschlecht” von Lars Weisbrod und Susanne Mayer

Seit vielen Jahren lese ich interessiert die ZEIT und ZEIT online. Zwischen vielen sehr guten Artikeln fand sich natürlich auch gelegentlich ein Ausreißer. Doch was ich gerade lesen musste, steht jenseits des guten Geschmacks. Der Artikel überschreitet die Grenzen der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit. Ich möchte gar nicht genau darauf eingehen, was ich anstößig finde; vielmehr wundere ich mich, dass ein mit Verstand und Moral begabter Mensch einen solchen Artikel schreiben oder zur Publikation freigeben kann. Ich würde mir sehr wünschen, dass der Artikel umgehend gelöscht wird. Sollten Sie das anders sehen ist für mich die Lektüre der ZEIT keine weitere Option mehr. – Sebastian Stricker


Leserbrief zu „Was macht der blaue Schirm denn da?“ von Robert Pausch

In der ZEIT schreiben Sie über Zwickau: „Hier in Ostsachsen, wo im September jeder Dritte die AfD wählte.“ Zwickau liegt in Westsachsen an der Grenze zu Thüringen; die AfD bekam hier bei der Bundestagswahl „nur“ 26,2% der Stimmen. Sollten Sie etwa Zittau gemeint haben? Diese Stadt liegt in Ostsachsen an der polnischen Grenze; hier erhielt die AfD 32,9% und damit fast ein Drittel der Stimmen. Mir fiel bei dieser Gelegenheit wieder einmal auf, dass es der ZEIT im Hinblick auf den Osten Deutschlands manchmal an Sorgfalt und leider auch an Empathie mangelt. Ungut in Erinnerung ist mir ein unnützer Vergleich aus dem Buch Z irgendwann im letzten Jahr, in dem die Bevölkerung von Bautzen mit der Affenpopulation eines Zoos verglichen wurde. Damals habe ich mir den Leserbrief noch verkniffen, jetzt musste ich Ihnen einfach schreiben… – Bettina Miszler


Leserbrief zu „Was macht der blaue Schirm denn da?“ von Robert Pausch

Das Echo, welches AfD-Anhänger unter IG-Metall-Mitgliedern und in der Industriearbeiterschaft erzielen, beruht keineswegs nur auf Vorurteilen gegenüber Ausländern und Migranten. Es ist vielmehr dem Fehlen echter gewerkschaftlicher Alternativen in den Betrieben, dem systematischen Comanagement der IG Metall u n d der Spaltung der Belegschaften in Fremdbeschäftigte und Stammbelegschaft geschuldet. Zur Stammbelegschaft gehören vor allem in Westdeutschland nun schon seit Jahrzehnten Migranten und deren Nachfahren. Teilweise sind diese sogar in den Vorständen der Betriebsräte vertreten. Da ist wenig Raum für Xenophobie. Aber die IG Metall duldet und fördert (zB durch eigene Tarifverträge) nun schon seit vielen Jahren die Existenz von Werkvertragsunternehmen und erleichtert die Leiharbeit. Übernahmen erfolgen nur sporadisch und meist willkürlich. Die „kämpferische IG Metall“ ist Geschichte. Prägend ist heute die offene und direkte Zusammenarbeit mit den Werksleitungen.

Alternativen und oppositionelle Zusammenschlüsse werden mit allen Mitteln bekämpft. Während in Deutschland nichts leichter ist als eine neue Partei zu gründen, ist die Gründung einer Konkurrenz zur Monopolgewerkschaft IG Metall nahezu unmöglich. Schuld daran ist vor allem die rigorose Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die dieses Monopol – verfassungswidrig – absichert. In einer solchen Lage bricht sich der Protest vor allem am rechten Rand Bahn. Deshalb ist die Arroganz der Macht der IG Metall in den Betrieben mitverantwortlich für das Erstarken der Rechten. Die IG Metall braucht offene Kritik von Links. Doch genau daran mangelt es, weil DIE LINKE weiterhin in Ehrfurcht vor der „großen IG Metall“ erstarrt ist und auf eigene Kritik verzichtet. Anstatt auf die Linke zu warten sympathisieren große Teile der Belegschaften mit den Rechten. Gleichzeitig finden in zunehmendem Maße aber auch christliche Gewerkschaften oder alternative Listen Zustimmung. In den seltensten Fällen bedeutet dies eine politische Identifikation. Aber es bringt die Ablehnung eines Monopols der IG Metall zum Ausdruck. – Dr. Rolf Geffken


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Des Beitrag von Herrn Welzer lässt nur einen Schluss zu – er und nur er allein ist im Besitz der wahren Erkenntnis. Der Verfasser scheut vor keiner Verunglimpfung Andersdenkender zurück, mit einer Auseinandersetzung in der Sache hält er sich nicht auf – ein eigenartiges, intolerantes Demokratieverständnis! Das ist ein Beitrag, der zu dem sonst von „der Zeit“ gepflegten fairen und sauberen Stil der Diskussion nicht passt und auf den ich gerne verzichtet hätte. – Dieter Wurm


Leserbrief zu „Über Bienen und Wespen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Da ich Ihnen noch nie geschrieben habe, zuerst einmal folgendes: Ich bin Abonnent der ZEIT, seit langem, und bekomme demzufolge wöchentlich auch das Zeit-Magazin. Ich nehme das zuerst in die Hand, lese Ihre Kolumne – Mit Interesse, meist mit Freude und Zustimmung, so auch heute – und werfe dann das Magazin weg, Rest Mode, Kinkerlitzchen oder Frauenthemen. Zu Ihrer Kolumne heute: Ich arbeite gern. Warum eigentlich? Arbeit macht unabhängig, Arbeit macht frei. Oh Gott, Arbeit macht frei! Nein, das kann, das darf nicht sein. Das stand doch beim Holocaust der Nazis über allen KZs. Aber ich arbeite nun mal gern – eben weil Arbeit frei macht. Das schreibt doch auch Alexander Solschenizyn, wo sich Iwan Denissowitsch vom Elend des Gulags durch intensive Arbeit frei fühlt. Die verbohrten Nazi-Unwort-Fanatiker verkennen, dass wir uns von den Nazis noch immer leiten lassen, wenn wir uns heute noch von Ihnen vorschreiben lassen, was gut zu sagen ist und was nicht. Die Nazis haben das Schlagwort „Arbeit macht frei“ schrecklich missbraucht. Deshalb stimmt der Satz doch heute trotzdem. Oder? – Wolf-Dieter Glatzel


Leserbrief zu „Was nennen wir rechts?“ von Karoline Kuhla

Seit Langem warte ich auf eine verantwortungsbewusste Auseinandersetzung (vielleicht mit historischem Blick?) der Medien mit Begriffen links&rechts, zusammen mit den ergänzenden Bezeichnungen. Ich freue mich, dass dies im Gremium der ZEIT-Redakteure einen wichtigen Platz einnahm.
Franz Werfel: „Die Menscheit hat sich auf Begriffe: Rechts-Links versteift und dabei vergessen, dass es auch oben und unten gibt.“ (aus dem Gedächtnis geholt) – Halina Maria Kochan


Leserbrief zu „Was nennen wir rechts?“ von Karoline Kuhla

Sie bringen mich schon ein wenig zum Schmunzeln bei Ihrem Satz: „Gerade in einer Zeit, in der die politischen Ränder erstarken, in der 12,6 Prozent der Bürger in Deutschland AfD gewählt haben, müssen die Leserinnen und Leser um so differenzierter informiert werden.“ Sie fordern zu Differenzierungen auf und erliegen im gleichen Atemzug der Undifferenziertheit. Nicht „12,6 Prozent der Bürger in Deutschland“ haben AfD gewählt, sondern nur 12,6 Prozent der 71,5 Prozent zur Wahl gegangenen Wahlberechtigten haben AfD gewählt. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied! Der wird um so deutlicher, wenn Sie die realen Zahlen vergleichen:
Derzeit leben in der BRD etwa 82 800 000 Bürger. Davon sind 62 408 450 wahlberechtigt. Davon sind 44 320 000 zur Wahl gegangen. Davon haben 38 726 940 nicht die AfD gewählt, und nur 5 583 060 haben ihr Kreuz bei der AfD gemacht. Jetzt haben wir die von Ihnen gewünschte Differenzierung und gleich schaut doch alles ganz anders aus. Jetzt kann man auf Grund der exakten Information diskutieren, spekulieren, sich eine Meinung bilden usw. Da wirken die 12,5 Prozent doch gleich nicht mehr so drastisch, imponierend oder bedrohlich – je nach Sichtweise. – Roland Fischer


Leserbrief zu „Was nennen wir rechts?“ von Karoline Kuhla

Auf Ihrem Bild sehe ich 6 Frauen und mit dem Vorsitzer nur 3. Das sagt mir alles – genauso habe ich Ihr Blatt eingeschätzt. Also links mit einem Schuss Konservatismus. Die Damen auf dem Bild ordne ich alle Links ein. Da braucht man keine Worte. Konservative Menschen lieben Ihr Land mit ihrer Kultur. So halt wie die Bayern. – Gunter Knauer


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Zum Schicksalsjahr der Deutschen, 1918 dem holprigen und dann mehr als leidvollen Beginn unserer Demokratie im Jahr 1949, eine mehr als gelungene Rezension zur historischen Grundlage unserer Demokratie. Insbesondere hat mir die Wortwahl, und „Respektlosigkeit“ Ihres Autors zu den von „Gott berufenen Autoritäten“ der archaischen Zeit gefallen. Muss aber leider feststellen, dass auch in unserer gegenwärtigen Demokratie, Tendenzen zur „von Gott Berufenheit“ in zwei Demokratischen Parteien der Bundesrepublik Deutschland nicht zu leugnen sind. Hoffe nur, dass die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker Ihren Artikel auch lesen werden, und natürlich auch Verinnerlichen. Unserer Demokratie wäre damit ein großer Dienst, im Sinne aller Wählerinnen und Wähler, getan. Aber wenn man dies historisch sehen will, wie immer, alle Müh vergebens. – Johannes Hilz


Leserbrief zu „Was macht der blaue Schirm denn da?“ von Robert Pausch

Jede Woche erwarte ich mit Spannung die neue Ausgabe der ZEIT mit gut recherchierten und anspruchsvoll geschriebenen Beiträgen. Betrüblich macht mich jedoch, dass die ostdeutsche Geografie scheinbar ein blinder Fleck bei vielen Ihrer Autoren ist. So wurde im Artikel „Was macht der blaue Schirm denn da?“ in der jüngsten Ausgabe Zwickau zu einer ostsächsischen Stadt, obwohl sie in Südwestsachsen liegt – ca. 100km westlich von Dresden. Vor einigen Wochen las ich vom „sächsischen Kyffhäuser“ anstatt ihn korrekt in die Nähe des thüringischen Artern zu verorten. Wo bleibt denn da Ihr Anspruch bei so leicht zu recherchierenden Fakten. „Alexa, wo liegt Zwickau?“ – Matthias Raasch


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Ein Kopftuch hat, genau wie andere religiöse und politische Symbole, in der Jugend- bzw. Sozialarbeit absolut nichts zu suchen, da es sich um Einflussnahme handelt. Es setzt muslimische Mädchen, die kein Kopftuch tragen subtil unter Druck, es zu tun und trägt dazu bei, muslimischen Jungen das Gefühl zu vermitteln, dass letztendlich doch alle Frauen Kopftuch tragen sollten. Dies wurde mir von einer Ex-Muslima gesagt. – N. Dietze


Leserbrief zu „Lächeln an Kasse zwei“ von Ulrike Gastmann

Sie schreiben mir aus der Seele! Sehen und wahrnehmen, sich darüber freuen, was so selbstverständlich erscheint, zeigt die wahre Wertschätzung der Leistung all derer, „die einfach nur ihren Job machen“. Herzlichen Dank für Ihren Text. Auch Sie machen- mit allen anderen- mein Leben. – Gabi Kremeskötter


Leserbrief zu „Es wird eng“ von Stefan Schmitt

Ich finde, Sie hätten die 2 Hauptursachen dieser multiplen Katastrophe klarer benennen können: Es ist die ( gern als „Argument von Rechts“ gegeißelte) Überbevölkerung in grossen Teilen Afrikas und Asiens und unser eigener Hedonismus. Wir brauchen auf den Kohleausstieg nicht zu warten – den Yoga-Urlaub auf Bali und die Südseekreuzfahrt absagen sowie sein Leben als „Digital Nomade“ ( und damit verbundener, sinnloser Herumfliegerei) aufgeben, wäre doch schon ein guter Anfang. Zudem hätte man durch das eingesparte Öl sogar die Terrorfinanzierung etwas erschwert. – N. Dietze


Leserbrief zu „Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen?“ von Manuel J. Hartung und Robert Pausch

Die Pro- und Contradarstellung über eine vermeintliche Anwesenheitspflicht von Studierenden in Hörsälen ist interessant zu lesen, blendet aber einen wesentlichen Aspekt der modernen Bildungslandschaft aus. Die Digitalisierung lässt aktuell Online-Bildungsformate für Bildungswillige immer attraktiver erscheinen und wird die Frage der Anwesenheit von Studierenden damit zweitrangig. Studium neben dem Beruf oder der Ausbildung bzw. in jeder Lebensphase und -lage muss heutzutage nicht mehr in Präsenzveranstaltungen stattfinden, sondern kann zunehmend blended, on demand, digital, online oder in E-Formen erfolgen, um hier nur einige Schlagworte moderner Bildung 4.0 zu nennen. Warum alte Männer in Wissenschaftsministerien und Hochschulrektorenkonferenzen immer noch am Ideal einer physischen Präsenz und klassischen Universität festhalten, erschließt sich mir nicht. Die digitale Revolution, die längst industrielle Prozesse und Dienstleistungen verändert hat und eine neue Arbeitswelt schafft, erfordert auch eine digitale Revolution in der Bildung. Längst ist die Nachfrage nach Fernstudien, Online-Zertifikaten und einem Online-Präsenzunterricht Realität. Wer Netflix nutzt, will auch Bildungshappen zeit- und ortsunabhängig angeboten bekommen. Warum also eine Diskussion der 60er Jahre aufwärmen, wenn man die Zukunft vor Augen hat. – Prof. Dr. Ottmar Schneck


Leserbrief zu „Der Pastakönig“ von Marcus Rohwetter

Ich erinnere mich noch genau, als Barilla 2014 „glutenfreie Pasta“ auf den Markt brachte. Die Freude unter den „Zöllies“ war groß und schnell verbreitete sich diese Nachricht in den Foren der an Zöliakie erkrankten Menschen die auf eine lebenslange, glutenfreie Ernährung angewiesen sind. Da sich schätzungsweise 1-2% der Gesamtbevölkerung glutenfrei ernähren müssen und die „glutenfreie Pasta“ von Barilla wirklich gut ist, besteht hier ein sicherlich wirtschaftlich gewinnbringender Markt. Nachdem ich Ihren Artikel über den Pastakönig gelesen habe, stellt sich mir die Frage: Warum sollte ich einem völlig abgehobenen, ignoranten, Ferrarie und Picasso sammelnden „König“ weiterhin seine Produkte abkaufen, wenn dieser mich mit „größtmöglicher Verständnislosigkeit“ angesichts dieses „Ernährungstrends“ herablassend betrachtet? Da es inzwischen erfreulicherweise bessere Alternativen gibt, wird Herr Barilla, was mich betrifft, nun auf seinen Produkten sitzen bleiben -bitte sehr! – Ralph Thillmann


Leserbrief zu „Schatten und Scharaden“ von Marc Brost, Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Die Bildung der zukünftigen Regierung steht, zumindest momentan, personell wie programmatisch in dem wohl fragwürdigsten Konjunktiv seit Gründung der Bundesrepublik. Das muss aber weder zwangsläufig noch konstant ein Nachteil für die kommende Legislaturperiode sein. Denn die Erwartungen an die Politik dürften mithin maßvoll und realistisch bleiben. Das ist, wie z. B. eine stabile Regierung, doch ein demokratischer Wert an sich, oder etwa nicht? – Matthias Bartsch


Leserbrief zu „Fingerspitzengefühl für Afrika” von Angela Köckritz

Endlich ein wirklich profunder Artikel von Ihnen über Afrika ! Gratuliere ! Ich kann nachvollziehen, dass man sich erstmal einleben muss in einer neuen Umgebung; Ihr Wechsel war sicher krass. Bleiben Sie auf dem Level. Ich lebe selbst zeitweise in Gambia, wo sich leider doch nicht viel ändert. Bei Ihrem Bericht fiel mir eine chinesische Flachglas-Handlung in Serekunda ein, deren Inhaber-Familie kein Wort englisch spricht, auch nach etlichen Jahren nicht. Ein oder zwei intuitiv begabte Gambianer verlieren dort regelmässig den Verstand über den Irrsinn, der sich daraus entwickelt. Da sie leider fast einen Monopolstellung haben, ist die Glashandlung für mich manchmal unausweichlich, wenngleich irre anstrengend.

Neben all dem EU-Irrsinn, den Sie in Westafrika ja auf Schritt und Tritt sehen (leergefischte Küsten etc.) würde ich Ihnen gerne ein Stichwort zuwerfen: Nicht-afrikanische Unternehmer erzählen mir seit zwanzig Jahren, wie sehr sie sich die Zähne an Mitarbeitern ausbeissen, die professionelle Kritik stets persönlich nehmen und damit Verbesserungen in ihrem beruflichen Umfeld behindern. Das scheint mir ein wesentlicher Aspekt zu sein, warum sich (West-)Afrika so behäbig bzw. gar nicht entwickelt. Dass ungekochte Hühnereier (bzw. deren Esser) ungekühlt sechs Monate überstehen, können Sie in fast jedem senegalesischen Bitiko bewundern. Die umzugsgrossen Kartons mit „400 Dutch Shell Eggs“ weisen zwischen Packing Date und Expiry Date stets 180 Tage aus. Gütiger Himmel ! Wenn Ihnen mal die Ideen ausgehen -und danach sieht es nicht aus- schreiben Sie mir gerne wegen weiterer Stichwörter. Haben Sie mal „Chez Loutcha“ in Dakar ausprobiert ? Seit Jahrzehnten eine Pilgerstätte für Gut- und Vielesser. Reservation obligatoire. Bonne chance ! – Michael Rohe


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Verspätetes Revolutionspamphlet
100 Jahre nach dem Ende der Monarchien in Deutschland sollte es möglich sein, den damals führenden Persönlichkeiten in differenzierter Betrachtung gerecht zu werden – aber mit einem solchen Pamphlet in widerwärtigem, hämischem Tonfall und Verdrehung historischer Tatsachen? Zum Beispiel gerade Ludwig III. von Bayern als dümmlich darzustellen, entbehrt jeder Grundlage! Er war wohl einer der der intelligentesten und dabei pragmatischsten Bayerischen Herrscher, hat sich intensiv nicht nur um die landwirtschaftliche Entwicklung (Mustergut Leutstetten), sondern auch um Industrie und Handel gekümmert, wollte bereits den Main-Donau-Kanal zur Förderung der Wirtschaft wieder schaffen – nur hatte er wenig Zeit, der 1. Weltkrieg kam ihm dazwischen. Längst ist erwiesen, dass nicht er seine Ausrufung zum König betrieben hat – er war streng verfassungstreu – , sondern die Bayerische Regierung, die eine effizientere Staatsführung wünschte als eine reine Verwaltung („Verweser“) des Königreiches! Ludwig III. war schon ein alter Mann und persönlich sehr bescheiden, sicher kein Machtmensch; seine Annexionsgelüste während des 1. Weltkrieges , die ihm zweifellos anzukreiden sind, waren wohl mehr dem Bestreben geschuldet, im Falle eines Sieges dem ohnehin übermächtigen und alles dominierenden Preussen nicht noch mehr Macht und Gebiete zu überlassen – soweit mein Kenntnisstand.

Auch Wilhelm II. von Württemberg war zweifellos ein sehr vernünftiger Mann, keineswegs nur „ein Fettauge auf der Suppe“, wie es der Artikel gegenüber allen damaligen Fürsten suggeriert. Die Monarchien hatten bei der weitverbreiteten Obrigkeitshörigkeit in der Bevölkerung sicher einen stabilisierenden Effekt – bis sie im Lauf des 1. Weltkriegs erodierten; der nachfolgende Zusammenbruch aller Ordnung brachte ja keineswegs nur erfreuliche republikanische Eliten an die Macht, sondern spülte nicht selten politische Extremisten an die Oberfläche, denen es nicht um das Wohl eines Staates, sondern um Ideologie und/oder eigene Vorteile ging (als Beispiel sei Levien in München genannt). Dass der letzte Kaiser in seiner komplexbeladenen, auftrumpfenden Art den Niedergang des deutschen Reiches entscheidend mitbewirkt hat, ist allerdings unbestritten. Ich bin bestimmt kein Verfechter der Monarchie, aber ein solcher historischer Artikel mit seinem republikanischen Furor, offenbar „mit Schaum vor dem Mund“ verfasst, wäre vielleicht in den damaligen stürmischen Zeiten zu vertreten gewesen, bestimmt aber nicht heute; er disqualifiziert (leider!) den Autor wegen Unausgewogenheit und ist der ZEIT eigentlich nicht würdig! – Dr. Niemann


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Die Schilderung von Erenz ist zutreffend, wie ich feststelle vergessen viele Mitbürger wie die Demokratie bzw. deren Entstehung sich vollzogen hat . Es ist unerlässlich dieses in den Schulen mit dem Wegfall des Geschichtsunterricht noch zu forcieren. Es gehört zur Grundbildung von Jugendlichen wie Ihre Gesellschaft entstanden ist und sich entwickelt bzw. weiterentwickelt im demokratischen Sinn. – Hilke Ruschmeyer


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

In der „Zeit“ Nr.10 vom 27. Februar 2014 entschuldigten Sie sich für die Vorverurteilung des Herrn Edathy mit den Beiträgen
„Bitte entschuldigen Sie, Herr Edathy“ vom BGH-Vorsitzenden Thomas Fischer
„Edathy ist fürs Feuer“ vom Herausgeber Josef Joffe.
Dieser Schritt hatte mich sehr gefreut, und ich hatte gehofft, dass sich so etwas nicht wiederholt. Leider ist es nun, knapp 4 Jahre später, erneut passiert: auf der Grundlage von unbewiesenen Anschuldigungen veröffentlichen Sie im Magazin einen seitenlangen Beitrag inklusive Abdruck von Bild und Namen. Ich bin empört! – Klaus Werner


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Herzlichen Dank für diese erhellende und unterhaltsam aufbereitete -und damit auch sicher im Gedächtnis verankerte- Geschichtslektion. So kann Geschichtsunterricht also auch sein… – Monika Fath-Kelling


Leserbrief zu „Was nennen wir rechts?“ von Karoline Kuhla

Ihre faire Blattkritik heute über die aktuelle Diskussion des Begriffes rechts ,hat mich angeregt zu reagieren.Sie fragen völlig berechtigt,wie gefährdet sind wir,gesellschaftspolitische Parolen zu übernehmen oder gar leichtsinning zu pflegen ,mit denen eine Deutung einhergeht. Das ist auch für mich die Kernfrage des medialen Strukturproblems ihres Geschäftsmodells für den praktizierten Denk-Prozeß auf der Höhe der Zeit schlechthin. Auf dieser Geisteshöhe erscheint die Welt doch anders zu sein,als wie sie in den Medien bislang dargestellt wird: So nimmt man uns die Angst und gibt uns ein Gefühl von mehr Frieden gegen Hass und Feindessinn des Zeitgeistes sogar damit wieder. Mein Landsmann Graf von Lehndorff hat das ebenso in seinem Liedtext bereits ausgesprochen indem er sagt:“ „Komm in unsere stolze Welt./Herr mit deiner Liebe Werben./Wende Hass und Feindsinn auf den Weg des Friedens hin.“ Doch wie und warum,wenn nicht so,sollten wir uns den Schuh anziehen,mit unserem medialen „Ablass-Unwesen“ zur Glücksgewinnung,der das „Haus meines Vaters“und seine Erde zum Kaufhaus und Kriegschauplatz anderer Interessen und Mächte bloß macht? „Denn „Sobald das Geld im Kasten springt,die Seele „-eben nicht -„in den Himmel „unserer Wünsche springt.!

Mit diesen scharfen Worten und Luther`s Thesen werden die heutigen Gottes-Händler und Meinungs-Deutungs-Priester unserer Zeit durch den Tempelvorhof unserer Aufmerksamkeiten sogar digital und global hergetrieben. Ob uns das aber nur ärgern würde oder auch unruhig machte? Wo um Gottes willen sind denn unsere Orte,an denen wirklich nur Gott zähltUnd wie kommen wir denn da hin? Ganz richtig,Karoline Kuhla,“das gilt nicht nur für Rechts,sondern genauso für Links und alle anderen politischen und sonstigen Kategorien“ebenso. „Wie kämpft man in Deutschland gegen Rechts“ist daher polarisierend ,sinnlos und desillusionierend zugleich nur für uns. Das ist lediglich eine linksliberale Denk-Position,die man sonstwo verorten kann,aber keineswegs als durchaus vertretbare „konservative Position“,die es in Deutschland doch pauschal medial zu bekämpfen auch gilt. Konservativ zu sein,bedeutet für mich ,auf der Höhe der Zeit sein im Denk-Prozeß und Wahrhaftigkeits-Gradmesser.So erscheint mir die Welt doch auch anders zu sein ! – Lothar Hantel


Leserbrief zu „Sie sonnt sich im Blaulicht” von Daniel Haas

Ich habe mir das aktuelle Album der Sängerin soweit es mir zur Verfügung steht angehört. So konnte ich mir zumindest ein Urteil über die Lieder „100.000 Fans“ bzw. „Mafioso“ der Rapperin bilden. Fehlende Technik oder Unvermögen als künstlerisches Stilmittel anzusehen ist ja nicht neu, doch für das Genre des Raps doch etwas ungewöhnlich. Obwohl mir die Möglichkeit fehlt auf alle aktuelle Veröffentlichungen zuzugreifen, bin ich doch in der Lage auf ältere EPs zuzugreifen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf das Lied „Schampustower“ aufmerksam machen, in welchem ähnlich mantrische Sätze zu finden sind. Der künstlerische Mehrwert bzw. eine Aushöhlung des Begriffes kann ich nicht erkennen. Vielmehr ist es eine Simplifizierung von Rap und seinen Möglichkeiten und auf Dauer ermüdend.

Um nicht nur negatives zu benennen und ohne die Anmaßung alles zu kennen, insbesondere über im Artikel benannte Rapperin. Dies nur als Aussage zu genannten Liedern im Artikel, möchte ich auf einen anderen Künstler hinweisen, der deutlich „länger im Geschäft“ ist und ebenfalls 2017 ein aktuelles Album veröffentlicht hat. Ich möchte hier beispielhaft drei Lieder aus dem Album „Gute Nacht“ nennen, welches bei BMG erschienen ist. Kreis, Diamant und Jedes Mal. Kreis setzt sich meiner Meinung nach sehr gut ironisch mit Eskalationsspiralen von Personen im Hip-Hop, als aber auch darüber hinaus als gesamtgesellschaftliches Thema auseinander. Abseits der üblichen Dissprosa, welcher der Song ebenfalls bedient. Zitat: „Ich schicke sie schlafen, leg mal dein Messer weg. Richtige Männer erscheinen beim Sparring.“
Diamant beschreibt treffend zumindest meine Erfahrung, die man bei anhören vom überwiegenden Teil des deutschen Hip-Hops hat und beim Anhören von Kontra K. Meiner Meinung nach ein wohltuender Effekt.
Zitat: „Die besten Diamanten findet man nur unter tausend Tonnen Dreck.“
Um keinen einseitigen Eindruck zu erzeugen, möchte hier noch anhand eines Zitates aus „Diamanten“ und dem Lied „jedes Mal“ darstellen, weshalb dieses Gefühl besteht.
Zitat: „Und die einzige Logik:
Man muss seinen Horizont erweitern, auch wenn man nur drei Blocks weit gewohnt ist.“
So nimmt „jedes Mal“ Anleihen bei Rousseau, und ist ganz im Geiste der Aufklärung und somit des Menschen Weg aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit.
„Zu viele Stimmen, die uns leiten, zu viele Ketten, die uns halten
Wenn die Gedanken sich nur noch im Kreis dreh’n, wer soll uns beisteh’n?
Denn da, wo die Mauern zu hoch sind, bleiben Träume auf dem Boden
Doch ganz unten ist lang‘ nichts verloren
Denn jeder Weg hier raus führt nach oben und (…) „
(…) Das Gefühl war kurz weg, nur in Ketten zu liegen
Und immer, wenn der Beat läuft, hab‘ ich Frieden.“
Oder um es „Einfach“ zu sagen:
„Was für ein Macher muss an Kindern noch die Gramms verteil’n?
Denn der Pusher pusht die Jungs und ihr Potenzial
Macht ein’n Weg für sie klar und nicht die Mannschaft klein.“
Guter Hip-Hop hat Flow und ist eine Schule des Lebens. Moderne Lyrik, in welcher der Protagonist Geschichten erzählt, in denen große und kleine Weisheiten zu finden sind. Wie es sich u.a. bei Hip-Hop-Urgesteinen, wie z.B. in Biz Markies „Just a friend“ finden lässt. – Christoph Egert


Leserbrief zu „Fingerspitzengefühl für Afrika” von Angela Köckritz

Während Europa noch über Zuwanderungsquoten und Grenzsicherung streitet, prosperiert der chinesische Außenhandel vom Potential Afrikas. Dass Kredite dabei zugleich Investitionszusagen sind, verhindert zumindest, dass Gelder in Schrankkoffern in Dörfern hinterlegt einem eigenen Zugriff bewahrt bleiben (siehe Zeit: Plündern als Prinzip) und dass sich in China eine Weltmacht zeigt, die den europäischen Kolonialeinfluss überwunden hat, könnte Afrikas Entwicklung sogar positiv beeinflussen, sofern Artenschutz und Menschenrechte als Grundwerte verstanden werden. Hier liegt zumindest noch eine reale Chance für Europa, wenn es denn an Afrika nachhaltig interessiert ist. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu „Wehe, wenn das Geld regiert” von Uwe Jean Heuser

Ein guter Artikel mit einem eindrucksvollen Überblick über die „exuberance“. (nebenbei: Was ein Dirigieren mit Regieren zu tun hat, bleibt das Rätsel des Fotoredakteurs)
1) Ich habe mich oft gefragt, warum es immer 2% Inflation als Staatsbankziel sein muß und daß das letztlich bei moderater Lohnsteigerung eben zu einer Überteuerung bzw. einem Abnehmen des Volksvermögens führt. Angeblich hat mal ein australischer Zentralbanker die 2% festgelegt und jetzt rennen dem alle hinterher wie der Esel der Karotte an der Angel. Wobei sich die Inflation nach neuesten Erkenntnissen eher verschoben hat. Weg von den klassischen Indikatoren wie Butter oder Milch zu Immobilien und Aktien, sprich die Inflation (und Blase) findet im hochvermögenden Bereich statt, da die weniger Vermögenden sowieso durch Nullzinsen auf dem Sparbuch und ALGII etc. „abgehängt“ sind.

2) das bringt mich zu den Krypto“währungen“: welche ja eigentlich keine Währungen sind. Man kann nicht oder schlecht damit bezahlen, da die blockchain zu langsam ist, um an der Supermarktkasse zeitnah zu zahlen, bzw. da die Kryptoinhaber es bedauern z.B. ein Abendessen mit Krypto zu zahlen, die dann in der nächsten Woche 20mal mehr wert gewesen wären. Eigentlich sind die Kryptos ein elektronischer Rohstoff, sie werden „gemint“ und das kostet Unmengen an Energie, so wie die Gewinnung von Gold Unmengen an Quecksilber benötigt oder die Gewinnung von Kobalt Kinderarbeit benötigt. Somit fallen Kryptos in das Bild der Inflation im high-asset Bereich und unterstreichen nur die wachsende Spaktung der Gesellschaften in Habende und Verlierer.

3) und hier kommt die Flüchtlingsdebatte, das mag weit hergeholt sein, aber es kennzeichnet all das Geschrei um die Flüchtlinge als Nebelkerze, um von den gewaltigen Umwälzungen, wie im Artikel beschrieben, abzulenken. Wer gegen die Flüchtlinge schreit, merkt gar nicht, wie ihm von der Finanzialisierung der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

Vielleicht ist es im Jubiläumsjahr der Revolution von 1918 endlich mal wieder an der Zeit für eine ebensolche. Und wer weiß, vielleicht in den USA!?! Wenn die Trumpwähler irgendwann merken, daß sie übers Ohr gehauen wurden von den hinterhältigen Versprechen des „Großen Verführers“. Vielleicht gibt es dann endlich auch einmal linke Politik in den USA (siehe ZEIT-Artikel über das Profitieren der Demokraten) und da ja irgendwann alles aus den USA zu uns kommt, hätten wir dann auch endlich mal wieder richtig linke Politik, nicht nur St. Martin-Geschwafel. Halleluja! – Wolfgang Michel


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Sie schreiben „Noch dazu macht das Kopftuch den Migrationshintergrund schon von Weitem erkennbar und verstärkt damit das Anderssein“. Dazu möchte ich anmerken: es macht nicht in 100 % der Fälle den Migrationshintergrund sichtbar, denn es gibt auch Musliminnen ohne Migrationshintergrund. Aber ganz sicher macht es die Religionszugehörigkeit sichtbar. Und gerade das schon-von-Weitem-erkennbar stört mich persönlich. Denn bevor ich die Person kennenlernen kann, teilt sie mir unaufgefordert mit, welchem Glauben sie angehört. Warum muss ich das wissen? Ich muss doch gar nicht wissen, ob ich einen Juden oder eine Muslimin oder einen Christen oder einen konfessionfreien Menschen vor mir habe. Letztes Jahr in Zürich sah ich aus dem Auto herraus schon von Weitem einen schwarz gekleideten Mann mit riesiger schwarzer Pelzmütze. Warum ist es wichtig, dass ich im Vorbeifahren über die Religion irgendjemandes, den ich vermutlich nie persönlich kennenlernen werde, informiert werde?

Ich finde das absurd. Ich muss auch nicht über die Religionszugehörigkeit der vorbei eilenden Passantin oder der Frau in der Schlange im Supermarkt vor mir informiert werden. Ich find’s auch absurd, wenn Pfarrer große Kreuze überm Talar tragen. Diese zur Schaustellung, ich mag sie nicht. An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Und da sind alle Menschen gleich, ob Jude, ob Christ, ob Moslem, ob konfessionsfrei, ob egal welche Religion. Auf die Tat kommt’s an, nur auf die Tat. Ein religiöser Mensch der mordet, kann nicht einen Deut besser sein, als ein religionsfreier Mensch der mordet. Und ein religionsfreier Mensch, der einem anderen Menschen hilft, ist genauso gut wie ein religiöser Mensch, der einem anderen hilft. Davon bin ich überzeugt. Ich meine, die zur Schaustellung von Religion schadet mehr, als sie hilft. Man könnte aus Frau Ahmadis Verhalten auch herauslesen, dass sie es als wichtiger erachtet das Kopftuch zu tragen, als den Flüchtlingskindern zu helfen. Auch diese Lesart wäre möglich. Wenn sie frei ist, kann sie das Kopftuch auch aus freien Stücken ablegen. – Mirjam Hedinger


Leserbrief zu „Über Bienen und Wespen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Ihre Kolumne lese ich häufig als Erstes und meist mit viel Vergnügen. Auch die „Über Bienen und Wespen“, erfüllt bis zur Ihrer Verwendung der Begriffe „Sprachpolizei“ und „Landplage“ sowie das Aufzeigen alternativer Reaktionen voll meine Erwartungen. Ihrem abschließendem Vergleich zwischen den liebenswerten Bienen, die…“ ihren Stachel nur aus gutem Grund benutzen..“ und den „… aggressiven Wespen, Landplagen, die ohne Sinn und Verstand alles stechen, was sie irgendwie stört“ muss ich energisch widersprechen.

  1. Im Alter von ca.10 Jahren bin ich zufällig auf ein Wespennest im Waldboden getreten und reichlich gestochen worden, besonders am Kopf, so dass ich abends mit Fieber im Bett lag. Ich bin also kein verharmlosender Wespenversteher.
  2. Zwei Wespen beim Kaffee mit Pflaumenkuchen, kann ich gut verkraften, weil ich sie beobachten und ein ungewolltes Verspeisen durch mich oder andere Tischgäste vermeiden kann. Das gilt auch für Kinder, die selbständig essen können und durch ihre Eltern zu Aufmerksamkeit und Vorsicht angehalten werden. Dass panische Herumschlagen führt zu heftigen Flugbewegungen der Tiere, wodurch eine Abwehr sehr schwierig wird.
  3. Warum Sie einer Wespe Verstand absprechen, die es sehr häufig, wenn nicht immer, erlebt hat, dass – auch ohne Anlass – nach ihr geschlagen, kann ich nicht nachvollziehen.
  4. Auch Mensch würde aggressiv reagieren, wenn er Hunger hat und Mensch ihn bei der Nahrungsaufnahme hindern wollte.
  5. Faltblatt „BUND“ Wespen und die zur Familie gehörenden Hornissen haben eine wichtige Funktion im Ökosystem. Bis zu 3.000 Fliegen, Mücken, Raupen, Motten, Spinnen und andere Kleintiere, die am Kuchentisch, bei der Grillparty, in Feld und Flur auch lästig werden können, vertilgt ein kleiner Wespenstaat am Tag. Darüber hinaus bestäuben Wespen Pflanzen, beseitigen frische Tierkadaver und dienen anderen Tieren als Nahrungsgrundlage.
  6. Natürlich gibt es Menschen, für die Wespen, aber auch die liebenswerten Bienen lebensgefährlich werden können, nämlich Allergiker. Die große Mehrheit der Bevölkerung sollte aber zu einem entspannten, ruhigen und überlegten Verhalten gegenüber ihnen angeleitet werden.
  7. Vielleicht hat der nette Medienkritiker, dem Sie Bienenfleiß im seinem Job anraten, Sie dazu verführt, Biene und Wespe, die jeder zu kennen meint, zur Verdeutlichung gegenüberzustellen. – Peter Jeske

Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg

„Dazu wurden sie entkleidet und wir haben den gesamten Körper angeschaut, inklusive der äußeren Geschlechtsmerkmale“. Anlaß sind die Vorfälle in Freiburg und jetzt in Kandel. Trotz der verschwindend geringen Anzahl von Anlässen dieser Art soll hier wohl über eine populistische Vermittlung eine Pseudosicherheit erzeugt werden. Entgegen weitverbreiteter Gerüchte wage ich zu konstatieren, daß eine „deutsche Frau„ sich frei ohne Gefährdung auf unseren Straßen bewegen kann.

Wenn auch inhaltlich sachlich sehr anders, geht es bei der durch medizinische Maßnahmen erzwungenen Altersbestimmung wie beim sog. Burkaverbot um Enthüllung, Erzeugen eines schutzlosen Zustandes ohne Respekt vor der individuellen Persönlichkeit. Bei der Aussicht nach Afghanistan, als sogenanntes sicheres Herkunftsland oder in ein Lager nach Libyen zurückgeschickt zu werden, rechtfertigt sich gerade in einem Rechtsstaat die Beseitigung der Identitätspapiere insbesondere bei einer eindeutigen Verletzung der Menschenrechtkonventionen. Ich halte den Beschluß der europäischen Regierungschefs auf Malta 2017 Flüchtende in libysche Lager, die bekannt für Folter und Sklavenhandel sind, zurück zu schicken für einen kriminellen Akt. Die Frage drängt sich auf, ob die westlichen Demokratien noch für international vereinbarte Menschenrechtskonventionen stehen. Der größte Erfolg rechtsextremer Parteien in Europa, eingeschlossen die gegenwärtige Politik des derzeitigen amerikanischen Präsidenten, ist die schleichende Übernahme antidemokratischer Ideologien fast aller westlich demokratischer Staaten. Die erzwungene Altersuntersuchung bei jungen erwachsenen Flüchtenden wird keinen kriminellen Akt verhindern. Es geht wohl um die Höhe des Strafmaßes, das trotz anderer Hoffnungen Täter nie abgeschreckt hat. Die Familienzusammenführung gerade dieser Altersgruppen wäre zweifellos die beste Prävention. – Prof. Dr.med. Hans Becker

 


Leserbrief zu „Wehe, wenn das Geld regiert” von Uwe Jean Heuser

Aus einer Bankerfamilie kommend sind für mich die heutigen Finanzströme böhmische Dörfer. Ich war zu den Zeiten der Aufsichtsbehörde SEC (Securities Exchange Commission). Zu meiner Zeit war das die strengste Aufsichtsbehörde in der westlichen Welt. Ihr ausgezeichneter Autor Dr. Heuser klärt die Leser darüber auf, wer diesen Wahnsinn außer Kraft gesetzt hat. Für mich kann das auf Dauer nicht gut gehen. Eines Tages werden wir den „Untergang des Abendlandes“ erleben….. – Gunter Knauer


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

1918 – dieser Artikel ist oberflächlich, polemisch und schnoddrig und der Zeit (im doppelten Sinne des Wortes) absolut unwürdig. – Heiner Bögemann


Leserbrief zu „Schatten und Scharaden“ von Marc Brost, Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Die gesellschaftspolitische Brisanz der auch nach meiner Erfahrung – nach 40 Berufsjahren – real existierenden Zwei-Klassen-Medizin liegt nicht in den oft zitierten Wartezeiten für Kassenpatienten, sondern in dem Privileg der Chefarztbehandlung für privat Versicherte, zumal in operativen Fächern. So verlor ich im vorigen Jahr einen Freund mit der Diagnose : Magenkrebs, infolge einer seltenen, letztendlich trotz Obduktion nicht ganz zu klärenden, postoperativen Komplikation . Die sich aufdrängende Unsicherheit, ob dieser (Kassen-)Patient vielleicht noch leben könnte, wenn nicht ein erfahrener Oberarzt der Klinik, sondern der noch erfahrenere Chefarzt selbst operiert hätte, verursacht Kopfschmerzen. Vielleicht – vielleicht auch nicht.

Ich bin mir nahezu sicher, dass intern geführte Statistiken, die persönliche Erfolgs- und Miss- erfolgsraten einzelner Operateure innerhalb derselben Klinik ausweisen, bei komplexen Operationen ein geringeres Komplikations- und Sterberisiko für Privatpatienten nachweisen würden gegenüber gesetzlich Versicherten. An der Führung solcher Statistiken ist jedoch niemand interessiert – geschweige denn, an deren Veröffentlichung. Dieses Szenario – wohlgemerkt: nur die Anscheinsvermutung einer existentiellen Benachteiligung der 2.Klasse – übertragen auf die Deutsche Bundesbahn oder die Lufthansa, würde von der Öffentlichkeit als skandalös bewertet werden , zurecht. Zufälligerweise findet sich in derselben Ausgabe der ZEIT, im Wirtschaftsteil (S.23, Uwe Jan Heuser) die pathetische, aber die Problematik auf den Punkt bringende Überschrift: „Wehe, wenn das Geld regiert“. Wenn diese Warnung auch nur annähernd für die Stahl -industrie , die Immobilien – und die Finanzwirtschaft Geltung hat, dann ganz gewiss und besonders für das Gesundheitswesen. Dem klassisch ausgebildeten Arzt sind Dollarzeichen in den Augen fremd, genauso wie Therapieentscheidungen nach dem Sozialstatus. – Prof. Dr. med. Ulrich Krause


Leserbrief zu „Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen? -Ja“ von Manuel J. Hartung

Im Master-Studium, so wird uns Studierenden suggeriert, stünden uns im Gegensatz zum mit 83% fix festgeschriebenen Bachelor-Studium die Türen offen, die Kurse so zu wählen, dass man die akademische Ausbildung nach dem gewünschten Profil ausrichten könne. Mein gewünschter Kurs im Hauptfach findet als Blockveranstaltung dreimal an einem Montag statt. Zur gleichen Zeit findet eine Veranstaltung meines Zweitfachs statt – mit Anwesenheitspflicht. In einem Hörsaal für über 200 Leute. O-Ton Professoren: „Wenn die Anwesenheitsliste durchgegeben wurde und die Materie Sie nicht interessiert gehen Sie bitte.“ Ich muss diese Veranstaltung dieses Semester belegen, weil ich die weiteren Kurse erst nach erfolgreicher Prüfung in diesem Fach belegen kann. Meinen Block-Kurs im Hauptfach kann ich gedanklich streichen. Im sechsten Anlauf finde ich schließlich ein Kurs aus meinem Hauptfach, der mit den Zweitfach-Kursen nicht kollidiert. Der Kurs bringt mir als angehender Lehrer zwar nichts, aber man muss ja irgendwie auch mit dem Studium durchkommen. Aufgrund dieser Einschränkung ersuche ich einen Termin bei der Studienberatung. Der ist immer mittwochs von 10-12 Uhr und überschneidet sich damit, so ist es, mit einem Kurs mit Anwesenheitspflicht. – Matthias Kölle


Leserbrief zu „Lächeln an Kasse zwei“ von Ulrike Gastmann

Im Grunde bin ich keine eifrige Leserbrief-Schreiberin. Aber Ihre Kolumne will ich doch gerne kommentieren. Denn Sie haben mir voll aus der Seele geredet! : Das Leben besteht aus all den kleinen Begegnungen im Hier und Jetzt. Überall! Sie haben das, wie ich finde, überaus nett , anschaulich und berührend geschrieben. Und da ich auch im richtigen Leben ein Fan von Komplimenten bin, möchte ich Ihnen das jetzt auch schreiben. – Inge Felgner


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Gratulation zu diesem hochinteressanten und gut recherchierten Artikel. Lediglich die Beschreibung der Situation in Frankreich ist etwas ungenau dargestellt und bedarf meines Erachtens einiger Richtigstellungen. Der Satz: „Im selben Jahr beschließt Frankreich ein Kopftuchverbot an Schulen“ etwa verleitet zur Annahme, dass das Kopftuchverbot an allen Schulen des Landes gilt. Es gilt aber ausschließlich an öffentlichen Schulen, an denen, nebenbei bemerkt, auch keine sonstigen religiösen Symbole allzu öffentlich zur Schau getragen werden dürfen. Das staatlich verordnete Verbot gilt aber nicht an privaten Schulen, an solchen also, die von mehreren Millionen französischen Schülern besucht werden und in ihrer großen Mehrheit (nicht nur) finanziell vom Staat unterstützt werden.

Ungenau ist folglich auch der Satz: „(In Frankreich) ist inzwischen praktisch alles verboten, womit eine Frau sich verhüllen kann: Auf das Kopftuchverbot für Schülerinnen folgte 2011 das Burkaverbot in der Öffentlichkeit.“

Ausgenommen von dem Verbot sind neben den privaten Schulen beispielsweise auch Universitäten und höhere Schulen, Firmen und Betriebe und der öffentliche Raum im Allgemeinen. Es gibt folglich noch etliche Orte in Frankreich, an denen sich eine Frau, wenn sie das wünscht, „verhüllen kann“. (Insofern man, wie es die Autorin offenbar tut, einen Hijab als Verhüllung betrachtet) Ob schließlich der französische Statt „mit harter Hand gegen die muslimische Religion vorgeht“, bleibt dahingestellt. Sicher ist viel mehr, dass die französische Republik bemüht ist, die Trennung von Staat und Religion ernst zu nehmen und so anzuwenden, wie es das Gesetz aus dem Jahr 1905 vorschreibt. Besagtes Gesetzt gilt eben für alle Religionen. Und nicht nur für die muslimische. Abgesehen davon: Vielen Dank für den Artikel. – Georges Desrues


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

#youtoo? Der Wedel-Artikel ist ein Machwerk, der ZEIT unwürdig. – Gerhard Reinelt


Leserbrief zu „Wo ist Hassan?” von Andrea Böhm und Jacob Russell

Kurz volgende Rueckmeldung: oben genannter Artikel hat mich sehr interessiert. Ich konnte ihn allerdings nur anlesen, wegen der schrecklichen und grossformatigen Fotos die zwischen dem Text standen. Es ist mir unerklaerlich wieso die wichtigen Informationen die der Artikel ohne Frage enthaelt, ueber ein Thema das so wenig beschrieben wurde, und das mich (ich habe ein Stueckchen auf der ersten Seite gelesen) ueberraschte in seiner Schwerwiegendheid, und von dem ich denke das die ZEIT hier einen wichtigen Beitrag zur Diskussion liefert, warum also ein Artikel ueber ein solches Thema mit solch schrecklichen Fotos aufgemacht werden muss. Mein Entsetzen kann nicht groesser werden durch die Fotos, die Tatsache an sich das so viele Menschen in diesem Land ‚verschwanden‘ ist entsetzlich genug. Lesen kann ich diese Fakten, und lesen moechte ich auch ueber den Hintergrund hierzu, aber dabei dann staendig Fotos von maltraetierten menschlichen Knochen im Blick haben zu muessen, das verstehe ich nicht, wozu das gut sein soll. Mich hat es abgeschreckt, ich kann solche Fotos einfach nicht verarbeiten, und moechte mich nicht selbst traumatisieren indem ich mich zwinge sie anzuschauen (natuerlich habe ich sie alle gesehen, aber es waere mir lieber gewesen das waere nicht passiert). Was fuer einen Sinn die Fotos in der Reportage haben entgeht mir. Sicher mag es Menschen geben die man vielleicht mit solchen Fotos aufschrecken und wachmachen kann, oder Menschen die eine Zeitung kaufen weil sie sich gern mal gruseln, aber ist das nun wirklich das Klientel der ZEIT ? Ich in jedem Fall schaetze die ZEIT wegen der Tatsache das gute Hintergrundinformationen geliefert werden, und gute Kommentare verschiedener Richtungen ueber die man dann nachdenken kann. Ein weiteres Kaufargument fuer mich ist, das man in der ZEIT eben NICHT schockiert wird mit reisserischen Fotos, die das Elend der Menschen eigentlich nur ausbeuten.

Auch die ZEIT veraendert sich: es werden viel mehr Fotos gedruckt als frueher, wodurch die Seiten natuerlich auch schneller gefuellt sind. Trotzdem (ich bin woechentliche Leserin, nicht jedoch Abonnentin, seit 1991) finde ich die ZEIT immer noch ihr Geld werd. Wenn sich jedoch mein Lesenutzen so stark reduziert weil ich durch grossformatige Schrecklichkeitsfotos einen Text nicht mehr lesen kann, dann stelle ich mir serioese Fragen. In der juengeren Vergangenheit hatten Sie einmal eine oeffentliche Diskussion in der ZEIT ueber das Thema ’schreckliche Fotos – ja oder nein‘, die damals gluecklicherweise mit ’nein‘ beantwortet wurde. Bitte, bitte, bleiben Sie bei dieser Antwort. Ich bitte Sie, den wichtigen Text nochmal ohne die schrecklichen Fotos abzudrucken, so dass auch normal empfindende Leser ihn lesen koennen. Das duerfte ungefaehr auf einer Zeitungsseite moeglich sein. Herzlichen Dank. – Barbara Legermann


Leserbrief zu „Arbeitereinheitsfront?“ von Bernd Ulrich

Kompliment für Ihre brillante Analyse der Erosion der Parteienlandschaft, in der Sie die Bemerkung des großen Vordenkers Lafontaine aufgreifen. Nur eines hat mich in Ihrem tollen Text verstört. Sie sprechen im Zusammenhang mit unserer nationalsozialistischen Vergangenheit von „überkommenen Tabus“. Was (um Himmels Willen) meinen Sie damit? – Markus Jantzer


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Leider sind die 68iger in Ihrem Hauptanliegen, der Verteilungspolitik total gescheitert. Die Letzten, die hier ernsthaft etwas bewirken wollen sind die „Linken“ – ca.10% und die einzigen, die den Traum von nachhaltiger Politik ernsthaft realisieren wollen sind die „Grünen“ – ca. 10%. Die restlichen 80% dienen weiter fröhlich der Wirtschaft bis zum Abbau von Braunkohle – und das ist Demokratie.Und in Östereich sind die „Abgehängten“ kein Hirngespinst sonder demokratisch gewählte Macht. Und dass Sie diese Demokratie jetzt mit Demokratie verändern wollen ist doch ziemlich abstrus Und dass die Eliten verantwortlich sind ist ebenso weil sie die Eliten sind sozusagen definitiv. Und sie reagieren pädagogisch, weil sie real nicht reagieren wollen. Sie alle haben vergessen was nach 45 noch Erkenntnisstand war, dass Kommunismus und Nationalsozialismus Kinder des Kapitalismus sind. – Dieter Herrmann


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Dieter Wedel, dabei fällt mir ein: 1946, Lehrwerkstatt, Lehrlinge darunter auch Ältere (Kriegsteilnehmer), einer konnte den Joseph Goebbels imitieren, einer seiner Sprüche „früher ging der Weg des Filmstars durch das Bett des Regisseurs, jetzt sind wir dran“ (Lida Baarova?). Nach 45 war dann Goebbels als Konkurrenz ausgeschieden, anscheinend hat sich nichts geändert. – Peter Baltzer


Leserbrief zu „Zukunftsgedöns“ von Josef Joffe

Wenn bei Tempo 180 eine Mauer vor Ihnen auftaucht, werden Sie wahrscheinlich bremsen, weil Sie ansonsten Schaden für sich und Ihr Auto befürchten. Natürlich könnten Sie durch eine ausgefeilte Sicherheitstechnik auch unverletzt bleiben, schließlich hält der Mensch für viele Dinge technische Lösungen bereit. Dennoch: Sie werden bremsen. Und nebenbei bemerkt: Wenn Sie nicht bremsen und dennoch überleben, werden Sie wahrscheinlich als „selbstgefährend“ eingestuft. In solchen Fällen wird die Behandlung in einer geschützten Einrichtung prognostiziert. Sind Sie, wenn Sie tatsächlich bremsen, ein Augur, der Zukunftsgedöns von sich gibt und sich auch noch danach richtet? Der Horizont der von Ihnen verachteten Auguren scheint sich maximal auf 1 Jahr zu beschränken. Dieser Horizont ist erstens angesichts normaler Schwankungen (z.B. hinsichtlich der Wachstumsraten) nicht sehr interessant und andererseits angesichts sowohl des Tempos, welches die Menschheit aufgenommen hat als auch der Trägheit des Systems keinesfalls ausreichend, um die wesentlichen Bedrohungen abzuwenden, also um rechtzeitig zu bremsen oder zu lenken, um im Bild zu bleiben. Ich darf Sie als wohl versierter Historiker auch daran erinnern, dass Vorhersagen in der Vergangenheit nicht grundsätzlich falsch sein mussten. Vielen jüdischen Mitbürgern hat die Angst vor Prognosen, über die andere nur ungläubig gelacht oder mitleidig den Kopf geschüttelt haben, die lebensrettende rechtzeitige Emigration ermöglicht.

Lieber Herr Joffe, Wenn Sie in den IPCC-Bericht von 2013 schauen, lassen die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte durchaus düstere Prognosen befürchten und regen zum Umdenken und gegensteuern an. Wenn Sie Thomas Piketty lesen, lässt sich für den selben Zeitraum mit nicht geringer Plausibilität unter ökomischen Gesichtspunkten ein Auseinanderdriften verschiedener Gesellschaftsschichten erkennen, dessen analoge Grundzüge in der Vergangenheit oft von größeren Verwerfungen gefolgt waren. Wenn Sie sich die Muühe machen, sich über den gegenwärtigen Trend des Artensterbens zu informieren (als Einstieg eignet sich z.B. Johnson CN: „Biodiversity losses and conservation Responses in the Anthropocene“. Science 2017; 356; S270), werden Sie das Artenmassensterben evtl. als die größte Herausforderung der Gegenwart begreifen lernen. – Dr. Christian Voll


Leserbrief zu „Steckt das Böse in uns allen?“ von Adam Soboczynski und Alexander Cammann

Geht es in dem Artikel um die Herren Kehlmann und Setz? Doch wohl erst in zweiter Linie. Ich hätte mir einen Holzschnitt des frühen Dil Ulenspiegel gewünscht. Nur wenige Menschen konnten lesen – folglich mussten Abbildungen her. Sie haben keine zur Hand? Da hätte das Eulenpiegel-Museum in Schöppenstedt Ihnen unter die Arme gegriffen. – Monika Ampferl


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Den heilig-spöttischen Zorn des Herr Erenz („1918“) wünscht man sich gelegentlich übertragen auf die heutigen Verhältnisse. Stattdessen: ZEIT-Reisen, ZEIT-Shop, ZEIT-Weinedition. Aber vielleicht wird das ja ein Kollege in späterer Zeit nachholen. – Georg Afanasjew


Leserbrief zu „»Sehnsucht nach neuen Herren«“ von Christian Staas und zu „Was nennen wir rechts?“ von Karoline Kuhla

Das Gespräch mit der US-Philosophin Neiman relativiert leider den ironischen Beitrag zur Abdankung 1918 auf den vorherigen drei Seiten. Denn Neiman und Staas verbinden den Begriff „Untertan“ in unserer Zeit unlösbar und unzulässigerweise mit der AfD. Dabei verkennen beide, dass das deutsche Obrigkeitsdenken auch nach dem Zweiten Weltkrieg im bundesrepublikanischen Alltag von autoritären Männern wie Adenauer, Strauß, Brandt, Schmidt, Kohl und Schröder und eine Frau Merkel als deren Exponenten gehegt und gepflegt wurden. Hierin liegt der Irrtum von Neiman andere denken lassen zu wollen, dass Untertanendenken eine typische rechtskonservative bis rechtsextremistische Ausprägung sei. Die AfD in dem Zusammenhang als Watschenmann zu nennen, ist derart plump, dass man beiden – Staas und Neiman – das Autorenhonorar für den Beitrag streichen sollte. Dieser Irrtum zeigt sich dann eben auch in der wehleidigen Bauchnabelschau der Redaktion auf Seite 17. Kommen den Kulturkritikern der ZEIT jetzt Selbstzweifel am Sinn der eigenen Schaffenskraft ? Dafür gibt es therapeutische Stuhlkreise. Schließlich muss sich Neiman als US-Amerikanerin selber erst einmal fragen, aufgrund welcher selbstgefälligen Autorität sie über die Deutschen derart urteilt. Das staatsautoritäre Denken hat von jeher seine pseudoverfassungsmäßige Legitimation in eben den Vereinigten Staaten von Amerika erhalten. – Thomas Gebhardt


Leserbrief zu „Vor der eigenen Haustür“ von Laura Cwiertnia

Laura Cwieternia schildert offen und interessant den Widerspruch bei den Bundesbürgern zwischen Befürwortung der Energiewende incl. Windkraft- und Solaranlagen und Verweigerung entsprechender Energietrassen vor der eigenen Haustür. Dabei nutzt sie eine voraussichtlich Ende Januar publizierte Studie von Prof.Manuel Frondel, in der er belegen konnte,dass das Angebot einer Entschädigung für Anwohner solcher Energietrassen die Akzeptanz nicht erwartungsgemäß erhöhen würde, sondern diese sogar von 67% auf 63% zurück ging. Seine beiden Theorien zur Erklärung dieses Phänomens sind interessant aber in dem gewählten Beispiel der Blutspende keinesfalls schlüssig. So sagt er: “ Die Motivation,etwa Gutes zu tun, sinkt,wenn man Menschen Geld anbietet“, was durchaus möglich sein kann. Das von ihm dafür gewählte Beispiel der Blutspende allerdings ist äußerst zweifelhaft. Er behauptet nämlich, dass weniger Menschen bereit sind Blut zu spenden,wenn man sie dafür bezahlt. Für diese These müsste eine Studie zur Blutspende in einem gleichen Territorium mit und ohne Bezahlung vorliegen. Nach meinem Wissen gibt es eine solche aber nicht. Die vorhandenen Fakten allerdings sprechen gegen seine These.In Deutschland gibt es seit Jahrzehnten die Blutspende ohne Bezahlung beim DRK und die Blutspende mit einer Aufwandsentschädigung (Bezahlung bis 25 €) bei staatlich-kommunalen,universitären und privaten Blutspendediensten als gängige Praxis,die durch das Transfusionsgesetz abgesichert ist.

In dieser langen Periode gibt es keinerlei Anzeichen dafür ,dass eine unbezahlte Blutspende beim DRK mit höherer Bereitschaft der Blutspender verbunden ist, Blut zu spenden als es in den Blutspendediensten mit Aufwandsentschädigung festgestellt werden kann. Im Gegenteil, auch bei der Werbung der DRK-Blutspendedienste lassen sich durch den von Demographie und Motivationswandel beeinflussten Spendermangel zunehmend materielle Anreize erkennen,die zu einer höheren Spendebereitschaft führen sollen. Überdies haben sich in Befragungen zur Wiederkehr nach Wegfall der Aufwandsentschädigung bei der Blutspende in staatlich-kommunalen Blutspendediensten zweistellige Spenderverlustraten angekündigt. Die Motivation zur Blutspende ist, zumal sie bei häufigen und länger dauernden Spenden wie der Plasmapherese und Thrombozytenspende anders als bei einer klassischen Vollblutspende einen großen Teil der Freizeit einnimmt,ein komplexes Gefüge, dass sich für den im Artikel erwähnten Beispiel zur theoretischen Erklärung nicht eignet. – Prof. Dr. med. Helmi Storch


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Haben Sie vielen Dank für den ausführlichen Artikel über die Frankfurter Kopftuchträgerin „A. A.“, die nach einer Kündigung durch die AWO vor Gericht gezogen ist! Und insbesondere danke ich Ihnen auch für die streng distanzierte und reflektierte Schreibhaltung, die sehr wohltuend aus dem ganzen Artikel spricht. Ein Aspekt des ganzen komplexen Problems kommt m. E. allerdings zu kurz, weil Sie ihn nur als On-dit („Manche sagen …“) streifen:

Jede Kopftuchträgerin – denn es sind ja nur Frauen – sendet an jeden Mann das Signal aus: ‚Du bist für mich eine Gefahr’ – egal, wie sie sich selbst das Kopftuch auch immer rechtfertigen mag (religiös, sozial, persönlich). Diesem Gefahr-Gedanke kann ja in der Entstehungsregion des Islam vielleicht eine Realität entsprechen; hier in den modernen westlichen Gesellschaften ist das keineswegs so – vor allem, wenn man in ihnen ‚ankommen’ möchte. Dieser Gefahr-Gedanke hat tatsächlich etwas Gefährliches, weil er der Hälfte der Gesellschaft etwas Unrichtiges unterstellt und sie damit spaltet. Diese Art der Gefährlichkeit hat möglicherweise auch der kündigende Arbeitgeber im Sinn gehabt, der im Artikel leider nicht weiter zitiert wird (nur über den gegnerischen Anwalt). Hätte man der jungen Frau diese Art der Gefährlichkeit nähergebracht, hätte sie vielleicht verstehen können, warum ihre pubertäre Entscheidung für das Kopftuch in ihrem Beruf – Betreuung von Kindern beiderlei Geschlechts – nichts Integrierendes hat. – Joachim Schieb


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Haben Sie vielen Dank für Ihren engagierten Essay, der mir ein schmerzliches Gegenwartsbedürfnis zu artikulieren scheint, das auch mich umtreibt! Ich kann Ihrer Analyse über weite Strecken folgen, in Ihrer Hoffnung auf die jüngere Generation aber leider gar nicht, die „den nächsten, überfälligen Modernisierungsschub“ und die „ökosoziale Transformation des Kapitalismus“ in der Fortsetzung des Projekts von 1968 formulieren könnte. Zwei Gründe demographischer Natur (die Ihnen sicherlich nicht unbekannt sind) bewegen mich dazu:
1. Der Anteil der jungen Generation an der Gesamtbevölkerung ist heute um vieles geringer als vor 50 Jahren, und daher wird sie nicht so eine ‚kritische Protestmasse’ entwickeln können wie die Jugend um 1968.
2. Die Elterngeneration der ‚68er’ entstammte der NS-Zeit; gegen die war es vergleichsweise ‚einfach’, ein Protestpotential zu entwickeln. Die Eltern der heutigen Jugend kommen selbst aus den 68er-Zeiten und haben durch ihren liberal-verständnisvollen Erziehungsstil nur in den seltensten Fällen Anlass geboten, sich gegen sie – oder eben gegen etwas – aufzulehnen. Daher halte ich eine Repristination der 68-Bewegung 50 Jahre später für blauäugig. – Joachim Schieb


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

…nach solch einem artikel kann ich die zeit wieder empfehlen! gute richtung! – tilman muthesius


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

In den Verliererstaaten des Ersten Weltkriegs stellte sich 1918 die Schuldfrage – wer trägt die Verantwortung für das ganze Desaster? – und es begann die Suche nach Sündenböcken. Die einen zeigten auf die Sozialdemokraten, die anderen auf das Bürgertum, wieder andere auf die Juden, die Bolschewisten oder noch andere eben auf die Aristokraten. Bei den Staaten der Kriegsgewinnerkoalition – und noch viel weniger bei den unbeteiligten Staaten – stellten sich solcherlei Fragen nicht. Sie blieben gesellschaftlich stabilisiert. Großbritannien, die Niederlande, Dänemark, Belgien, Spanien, Schweden, Norwegen, Luxemburg sind bis heute Monarchien geblieben – teilweise mit engsten Anverwandten der deutschen Herrscherhäuser auf dem Thron. Dennoch sind diese Länder nicht undemokratisch und ihre Bürger keine Untertanen. Dort vollzogen sich Demokratisierung und Parlamentarisierung nicht mit dem Pathos der Revolution, sondern durch schrittweise Reformen über Jahrzehnte.

Die Suche nach internen Schuldigen darf indes nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Mittelmächte 1914 tatsächlich einer extrem konfrontativen Politik seitens einer russisch-französisch-britischen Allianz gegenüber sahen (wobei das Zarenreich es eher auf das Osmanische Reich und den Balkan abgesehen hatte, Frankreich und Großbritannien dagegen eher auf Deutschland als Hauptfeind). Sich „gesamtgesellschaftlich“ dagegen zur Wehr zu setzen, war aus damaliger Sicht zumindest verständlich. Aus diesem Grunde hatten ja die Mehrheits-Sozialdemokraten auch den Kriegskrediten zugestimmt. Hier zogen – das ist Fakt – Konservative, Liberale und SPD an einem Strang. Und wer weiß: Vielleicht gab es tatsächlich etwas zu verteidigen? Vielleicht wäre Europa – insbesondere Ostmitteleuropa – heute ein schönerer und intakterer Ort, hätte man damals der Vielvölker-Konföderation der Donaumonarchie und einem prosperierenden Deutschland die grundsätzliche Existenzberechtigung zugestanden? – Henning Wiele


Leserbrief zu „Lächeln an Kasse zwei“ von Ulrike Gastmann

Vielen Dank fuer Ihre Wuerdigung von Motivation und Begeisterung! Viele Menschen scheinen diese Eigenschaften entweder fuer selbstverstaendlich oder ueberfluessig zu halten und der Meinung zu sein, dass es fuer Servicepersonal eine Ehre sein sollte, ihnen zu „dienen“. Ich kann Ihr Kind gut verstehen – ich warte auch lieber ein wenig laenger, wenn ich dafuer ein freundliches Gesicht sehe. – Sabine Moehler


Leserbrief zu „Die Wege des Algorithmus sind unergründlich“ von Felix Rohrbeck

In Ihrem interessanten Artikel bringen Sie drei Beispiele aus den USA, von denen mindestens zwei in „Weapons of Math Destruction“ von Cathy O’Neil besprochen werden. Sollten Sie dort auf diese Faelle gestossen sein, waere ein Verweis auf diese Buch aus meiner Sicht mehr als angebracht gewesen, auch weil es den LeserInnen die Moeglichkeit bietet, sich tiefergehend mit diesem Thema zu befassen. – Sabine Moehler


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Der Wandel vom Untertan zum Bürger erscheint mir in 1918 nicht als Beginn einer Wandlung, sondern eher als eine Etappe einer Entwicklung, deren Beginn im Frankfurt der 1848/49 Jahre zu sehen ist und deren tatsächlichen Durchbruch wir erst erlebt haben im Gefolge der Studentenunruhen der 1968ger Jahre und dem Verschwinden des „Adenauer Miefs“ in den Nachkriegsjahren nach 1945, mit dem Slogen der Regierung Willy Brandt; „ Mehr Demokratie wagen!“ Von einem Einschnitt 1918 zu sprechen, halte ich schon deshalb für bedenkenswert als die alten politischen und gesellschaftlichen Strukturen erhalten geblieben sind. Schon im Winter 1918/19 hat die sozialdemokratisch geführte Übergangsregierung sich der exkaiserlichen Restreichswehr bedient, um die tatsächlich revolutionären Arbeiter- und Soldatenräte zu vernichten.

Gleichermaßen verhielt es sich mit der Justiz, der Verwaltung und nicht zuletzt dem Militär im Übergang von der Monarchie zur Weimarer Demokratie in grossen Teilen. Ein Geburtsfehler der sich 14 Jahre später bitter rächen sollte bei Hitlers Machtübernahme und letztlich im Zweiten Weltkrieg. Bestenfalls sind die Ereignisse des Herbstes 1918 bis zum Frühjahr 1919 als ein vom Militär initiierter Umsturz zu betiteln. Mehrheitlich blieb es beim subordinierten Bürgertum. Keine Rede vom mündigen Bürger unserer Jahre. – Karl-Heinz Schwarz


Leserbrief zu „Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen?“ von Manuel J. Hartung und Robert Pausch

Was für eine Frage! Erwachsene Menschen „zwingen“ das zu tun, was sie als ihren Weg selbst gewählt haben? Universitäten sind doch keine Strafanstalten oder Zollämter. Zielführend wäre, sich mit Wesen des „Studierens“ sowie Bedeutung der nicht verbalen Kommunikation auseinander zu setzen. Ein Pensum vom Wissen ist noch keine wirkliche Bildung; ein elektronischer Kontakt – ohne „Fluidum- Austausch“ – keine wirkliche Begegnung. Erst persönliche Kontakte zu Lehrenden und Kollegen, Gedanken- und „Ausstrahlungaustausch“ sowie auch Freizeitgestaltung mit Gleichgesinnten, bilden eine Persönlichkeit mit akademischen Ansprüchen, welche sowohl im gemeinsamen Ethos, als auch im äußeren Wirken zum Ausdruck kommt. Die in Seminarräumen von Langeweile geplagten Menschen sollen vielleicht überlegen, ob für sie Büroarbeit in einem Amt oder an der Kassa bei Aldi interessanter wäre. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Im Artikel der ZEIT wird eine Zahl von ca. zwei Millionen gefallenen Soldaten allein für September 2017 genannt, Soldaten, die für das deutsche Vaterland gekämpft haben. Da nach meiner Kenntnis im gesamten Ersten Weltkrieg ca. zwei Millionen deutsche Soldaten gefallen sind, scheint mir die Monatszahl für September 2017 nicht korrekt, vielleicht ist eine Null zu viel? Oder hat der Autor gemeint, dass von 2014 bis September 2017 2 Millionen Gefallene gab, dann ist die Formulierung etwas irreführend und unglücklich ausgefallen. – Reinhard Lekar


Leserbrief zu „Höhere Steuern für Spitzenverdiener?“ von Mark Schieritz

Sie versuchen in diesem Artikel die Auswirkungen einer Steuererhöhung für Spitzenverdiener auf verschiedene Einkommensgruppen zu erklären. Dabei stellen Sie einen „Normalverdiener“ mit 50.000 € Verdienst und einen Spitzenverdiener mit 100.000 € gegenüber. Was mich an der Betrachtung am meisten stört, ist die Bezeichnung „Normalverdiener“ für einen Arbeitnehmer mit 50.000 € Verdienst. Einige Sätze weiter in der Darstellung wird richtigerweise klargestellt, dass ab einem Verdienst von 55.000 € der Spitzensteuersatz greift, d.h. bei steuerlicher Betrachtung gilt Ihr „Normalverdiener“ fast als Spitzenverdiener. Haben Sie einmal recherchiert, mit welchem Verdienst die Millionen von „normalen“ Arbeitnehmern auskommen müssen? Selbst das Durchschnittseinkommen in Deutschland liegt mit ca. 36.200 € (in 2016) um eine Größenordnung niedriger als Ihr angesetzter „Normalverdiener“. Möglicherweise meinen Sie das Einkommen des „normalen“ Zeit-Mitarbeiters oder von Berufspolitikern. Insgesamt sind die beschriebenen Pläne nichts anderes als Konzepte, die in erster Linie den Gut- und Spitzenverdienern helfen und nicht den wirklichen „Normalverdienern“, die den wesentlichen Anteil am Konsum tragen. Es ist auch mittlerweile nicht mehr verwunderlich, dass solche Pläne von einem führenden SPD-Politiker kommen. Wenn sich solche Konzepte durchsetzen, dann ist das meines Erachtens nur ein weiterer Schritt weg von sozialdemokratischen Prinzipien und auf dem Abwärtspfad der SPD. – Norbert Berens


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Ihren Bericht über die Vorwürfe gegen den Regisseur Dieter Wedel habe ich aufmerksam und mit Interesse gelesen. Meiner Meinung nach ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Vorwürfe ganz oder mindestend teilweise zutreffen, so hoch, dass sie schon an Gewissheit grenzt, zumal Wedels Entgegnungen nicht gerade überzeugend wirken. Nun gibt es ja eine einfache Möglichkeit der Reaktion: Wenn es zur Gewissheit wird, dass ein Regisseur seine Macht missbraucht, indem er Rollen nur an willfährige Leute vergibt, hat doch der „Endverbraucher“ die Möglichkeit, den Spieß umzudrehen. Soll heißen, wenn nur genügend viele Fernsehzuschauer, Kino- und Theaterbesucher die Filme und Inszenierungen solcher Regisseure boykottieren, indem sie sie einfach nicht mehr ansehen, sollte das Problem im Handumdrehen gelöst sein. Ich selbst habe mir jedenfalls vorgenommen, in Zukunft so zu handeln. – Klaus Hettesheimer


Leserbrief zu „Es wird eng“ von Stefan Schmitt

Das, was Sie in Ihrem Artikel beschreiben, ist das Offensichtliche und wurde in ähnlicher Form schon sehr oft geschrieben. Z.B. gab es in der ZEIT in den letzten Jahren 3 verschiedene Beiträge zum gleichen Thema, alle mit dem Titel „Wir könnten auch anders“. Wie lässt sich erklären, dass die Menschheit offensichtlich nicht in der Lage ist auf Dauer auf diesem Planeten zu leben? Meine Erklärung ist folgendermaßen: Es gibt keinen Grund, warum der Mensch das Ende der evolutionären Entwicklung sein sollte. Der Mensch ist bestimmt nicht das Ziel der Evolution, vielmehr sind wir eine Zwischenstufe. Das Ziel der Evolution, das heißt des Lebens, ist Ausbreitung mit Hilfe der Anpassung. Überall auf der Erde und sei es in noch so extremen Umgebungen ist Leben zu finden. In der gleichen Weise hat sich auch der Mensch auf der ganzen Erde ausgebreitet und nun strebt er, bzw. eigentlich tut es die Evolution, in den Weltraum.

Doch für die Bedingungen dort ist der Mensch gänzlich ungeeignet, weil er unabänderlich an das Leben auf der Erde angepasst ist. Damit sich das Leben ins All ausbreiten kann braucht es Technologie. Um diese Technologie zu bekommen hat die Evolution den Menschen hervorgebracht, der exakt ihren Anforderungen entspricht: einzelne Individuen sind intelligent genug, um die erforderliche Technologie hervorzubringen und eine massenhafte Verbreitung des Menschen erzeugt die notwendigen Freiräume und Ressourcen. Gleichzeitig ist darin der Keim gelegt, dass die Menschheit als Spezies nicht überlebensfähig ist, da sie durch Technologie eben auch ihre Lebensräume zerstört. Übrig bleiben die Maschinen bzw. Roboter, die hervorragend an das Leben im All und auf allen möglichen Planeten angepasst werden können. Und zu glauben, Maschinen werden niemals intelligent sein und Bewusstsein haben, ist wirklich naiv. Der Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung und sein Gehirn ist nur eine – wenn auch sehr komplexe – biochemisch, elektrische Maschine. Und ja, intelligente, sich selbst reproduzierende Maschinen sind Leben! Ich glaube, die Menschen werden nicht ganz aussterben. Die Roboter werden unsere Art erhalten und in Reservaten dafür sorgen, dass wir uns nicht weiterhin gegenseitig umbringen oder vergewaltigen. Aber vielleicht sind die Roboter auch nicht so sentimental und lassen uns aussterben. Ich finde diese Theorie sehr schlüssig und habe deswegen aufgegeben mich über das widersprüchliche, ja schizophrene Verhalten der Menschen zu wundern. – Uwe Dieckmann


Leserbrief zu „Hier scheitert Europa” von Raphael Thelen

Gibt es einen Grund, der sich mir nicht erschlossen hat, warum Sie den politischen Beitrag Hier scheitert Europa von den Politik-Seiten in die Wirtschaft „geschoben“ haben ? Bis auf € 200 Mio aus der EU-Kasse finde ich in dem Bericht über ein weiteres Flüchtlingsdrama nichts Wirtschaftliches. – Hartmut Wagener


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Die Schlange vor der Wahlkabine in der Pausenhalle unseres ländlichen Gymnasiums war lang, die Wahlbeteiligung am Ende deutlich höher als bei der echten Wahl ein paar Tage später. Das Ergebnis zeugte von Verantwortungsbewusstsein für unsere Demokratie: Parteien vom rechten und linken Rand hatten keine Chance. Mit großem Engagement und hoher Motivation hatten die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe im September an der „Juniorwahl“ teilgenommen. Das Projekt simuliert die Bundestagswahl und will für Partizipation werben. Das hat geklappt.

Wenn der Erfolg allerdings nicht nachhaltig sein sollte, liegt’s sicher nicht an der schulischen Simulation von Politik, sondern an der schnöden Wirklichkeit eines um sich selbst kreisenden Politik- und Medienbetriebes wie ihn Harald Welzer überzeugend analysiert. Auch wenn’s ein wenig angestaubt klingt: Wenn Politiker öfter mal in die Schulen gingen, könnten sie eine Menge wirklich Relevantes als „Hausaufgabe“ mitnehmen. – Martin Huckebrink


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Herr Welzel rügt den “teilweise offen rassistischen Wahlkampf“ (vermutlich Nationalratswahl 2017) in Österreich. Als politisch immerhin aufmerksamer Normalverbraucher fällt einem dazu eigentlich nicht viel ein, weil einem derlei eben gar nicht aufgefallen ist, eher im Gegenteil (aber auch das schlaue Gegenteil kann man natürlich verdächtigen). Es wäre daher doch recht interessant, auf welche Enuntiationen von der Sorte „Wahlkampf“ sich Herr Welzel konkret bezieht. Oder hat er diese Art von Informationen von hiesigen Eiferern seinesgleichen erhalten, die einen faschistisch-rassistischen Gegner unbedingt brauchen; und wenn sie den nicht haben, dann schnitzen sie sich eben einen. – Alfred Franz


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Leider liefert die Autorin keine Erklärung dafür, weshalb sich nach wenigen Tagen der Mitarbeit jemand an dem Kopftuch gestört hat. Die junge Frau wird doch wohl auch zum Vorstellungsgespräch MIT erschienen sein, wenn sie es seit 2004 trägt. Und warum gibt sich eine Vorgesetzte dafür her, die Mitarbeiterin auf das Thema anzusprechen, wenn sie selbst kein Problem damit hat. Möge doch die ”Leitung” selbst das Gespräch führen, aber bitte vor der Einstellung.

Mich interessiert am Kopftuch vor allem, was es mit der Trägerin macht, seit ich miterlebt habe, wie eine OHNE bisher fröhliche, aufgeschlossene, offensichtlich glückliche junge Frau plötzlich MIT wie ein anderer Mensch wirkte, bedrückt, unnahbar und maskenhaft, obwohl sie betonte, die Entscheidung selbst getroffen zu haben. Auf die Wesensänderung angesprochen war sie erstaunt, gab aber zu, dass Andere ähnliche Eindrücke geäußert haben. Eine weitere Kopftuchträgerin beklagte Kopfschmerzen, solange sie verhüllt ist. Sie bestätigte meinen Eindruck, dass durch das Kopftuch ein Stück Individualität aufgegeben wird. Freunde berichteten von einer Nachbarin, die seit sie Kopftuch trägt kaum noch die Wohnung verlässt. – Susanne Sänger


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Iin dem Artikel wird wieder einmal das tragen eines Kopftuches als ein begrüßenswerter, emanzipatorischer Schritt dargestellt. Wovon emanzipiert Frau sich da? Warum ist es begrüßenswert, wenn sich junge Frauen zu einer demütigen Haltung zurücksehnen. Was macht eigentlich ein demütiger muslimischer Mann im Alltag oder soll er seine Demut nicht darstellen? Es ist eine riesige und unbedingt zu verteidigende Errungenschaft unserer westlichen Gesellschaft, dass jede und jeder in Deutschland tragen darf was sie will. Jede und jeder darf so konservativ und rückwärtsgewandt sein, wie sie will. Sich in Geschlechterungerechtigkeiten wohlfühlen, wie sie will. Aber in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hat so eine klare Positionierung zu einer bestimmten moralischen Sicht auf die Welt und so ein klares Bekenntnis zu Rollenverhalten in der Gesellschaft nichts zu suchen.

Wie soll sich ein Mädchen fühlen, welches aus einer konservativen muslimischen Familie stammt und kein Kopftuch tragen möchte, wenn selbst ihre Lehrerin, Erzieherin und Sozialarbeiterin Kopftuchträger sind. Wie werden die Freiheitsrechte dieser Mädchen beschnitten. Wie soll Sie überhaupt auf die Idee kommen, dass es keine Pflicht sein könnte ein Kopftuch zu tragen, als Muslima. Warum wurden nicht diese berechtigten Bedenken der AWO dargestellt. Warum feiert die Zeit mit dieser Bilderserie und der Überschrift „Sie ist so frei“, solch ein konservatives Geschlechterrollenverständnis? Ich lebe in Berlin Kreuzberg und in den Oberschulen meines Viertels sind kopftuchtragende Mädchen in der Mehrheit. Ist das begrüßenswert oder ist das einfach der lange Arm aus der Türkei, die vor unseren Augen eine Rolle rückwärts vollführt? Ich denke, es ist letzteres und es macht Angst. Ich habe Angst um die Freiheit der Frauen, die in der Türkei bereits zurückgedreht wird. – Uda Wendt


Leserbrief zu „»Sehnsucht nach neuen Herren«“ von Christian Staas

Die US-amerikanische Philosophie , Politologin und Soziologin , Susan N e i m a n hat ein kurzes , aber sehr prägnantes Interview der ZEIT gegeben. Es handelt vom heutigen „Seelenzustand“ Deutschlands. Frau Neiman, die das Einstein Forum in Berlin leitet, arbeitet konzise heraus, was neu am heutigen Deutschland ist und wo sich doch noch, sagen wir, gewisse preußische Tugend-Spuren nachweisen lassen, die ja nun nicht wirklich gänzlich zu verwerfen sind. – Susanne Neiman gehört, wie viele andere Intellektuelle aus der ganzen Welt (siehe Deborah Feldman , Maxim Biller , etc. etc. ) zu einer ganzen Generation kosmopolitisch gesinnter Menschen, die ihre neue Heimat in Berlin gefunden haben oder noch finden wollen. – Sigurd Schmidt


Leserbrief zu „Was nennen wir rechts?“ von Karoline Kuhla

„Fairness für links und rechts“ hätte Ihr Artikel ebenso lauten können und er war längst überfällig! „Die Wahrheit liegt in der Mitte“ mahnte in früheren Zeiten einer unserer Lehrer. Die Diskussion um die „Spiegel-Affäre“, etwas ausserhalb des üblichen Lehrplans geführt, spaltete die Klasse und drohte zu entgleisen. Eine gemässigte Position ergebe sich nur bei Kenntnis der extremen Standpunkte und läge dann irgendwo dazwischen. Selbst wenn man die üblichen Schubladen-Etiketten Rechts/Links für nicht besonders erkenntnisfördernd hält, könnte für eine politisch reife Kultur ein Verhaltenskodex gelten:

Eine klar identifizierbare, sich innerhalb demokratischer Regeln und Verfassung bewegende linke Opposition ist ein unverzichtbarer Bestandteil der bundesdeutschen Demokratie. Dem wird wohl der vernünftige, informierte und politisch wache Bürger zustimmen und dürfte jedem ideologisch unverbastelten Menschen einleuchten. Demzufolge gilt genau so: Eine klar identifizierbare und die Regeln von Verfassung und Demokratie achtende rechte Opposition ist unverzichtbarer Bestandteil dieser demokratischen Gesellschaft. Ebenso alles, was da liberal, sozial, und konservativ dazwischen liegt. In unserer real existierenden Gesellschaft grassiert hingegen die Schizophrenie, es wird massiv einseitig Stimmung gemacht. Programme „Gegen Rechts“ werden von den einschlägigen Parteistiftungen und NGO´s massenhaft aufgeboten und mit Millionen von Steuergeldern gefördert. Programme gegen Linksextremismus oder Extremismus generell sind hingegen Mangelware. „Links“ scheint so ziemlich alles erlaubt zu sein, bis hin zur Nachsicht, wenn bei Hamburger Chaostagen Randalierer Menschen und Sachen angreifen und Millionenschäden anrichten.

Von einer Gleichbehandlung politischer Positionen kann also keine Rede sein, obwohl beide Extrempositionen mit historischer Schuld nichts mehr zu tun haben wollen. Gesellschaftliche „Vielfalt“ wird zwar eifrig propagiert, in der Politik aber nicht praktiziert, siehe Bundestags-Tricksereien um den Alterspräsidenten. Viel lieber liefern Fernsehen und manche Printmedien eine oft penetrante pädagogische Belagerung des ignoranten Volkes. Nach Meinung des früheren Tagesthemen-Moderators HaJo Friedrichs soll guter Journalismus sich nicht mit einer Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten. Ein gewisser volkspädagogischer Tendenzjournalismus, dem auch die ZEIT frönte, folgt dieser Maxime, die Friedrichs als Volontär bei der BBC London lernte, gerade nicht. Die Presse trägt als privilegierte Vierte Gewalt im Staate eine Mitverantwortung für die Qualität der politischen Kultur und sollte sich dieser Verantwortung im Tagesgeschäft bewusst bleiben. Vielleicht ist es naiv, Ehrlichkeit und Fairness in der Politik einzufordern, aber wenn Kritik, dann bitte in beide Richtungen. – Winfried Wolf


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Vor kurzem las ich in Ihrer Wochenzeitung einen großartigen Artikel über den sehr löblichen Versuch, Gesprächsbereitschaft zwischen zwei grundverschiedenen Anhängern der beiden verfeindeten politischen Lager in den USA zu vermitteln. Der Beitrag war für mich eine journalistische Sternstunde. Nun lese ich Welzers „Generation 2018“ und kann nur noch den Kopf schütteln. Der Autor ringt um „die Deutungshoheit und die Hoheit über den Diskurs“. Leider bemüht er in seinem Versuch vorrangig das Mittel der Arroganz, wenn er etwa die „berechtigten Ängste sogenannter Abgehängter“ verhöhnt. Wie weltfremd ist der Sozialpsychologe, der ungewollt Werbung für die politische Rechte betreibt? – Dr. Andreas Schäfer


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Da hat doch die ZEIT/Harald Welzer und Alexander Dobrindt endlich mal etwas gemeinsam – Aufruf zur Radikalisierung, zur Revolution. Vorbehaltlos zustimmen kann ich dem Artikel darin, dass die Fixiertheit auf parteiinterne Konstellationen inzwischen mit Politik verwechselt wird. Doch das ach so Positive der 68er ‚Bewegung‘ zu betonen und das wirklich Grauenhafte dieser Zeit nicht einmal zu erwähnen, ist schon starker Tobak. Hat doch die Arroganz der 68er und ihre Fixiertheit auf die eigene Wahrheit und Wirksamkeit dazu geführt, dass wenig geblieben ist von den Zielen und der ‚Hoheit über den Diskurs‘. Dafür umso mehr vom Chaos dieser Jahre. Die linke Selbstverherrlichung gipfelt in dem suggerierenden Schlusssatz, „dass der nächste, überfällige (natürlich linke) Modernisierungsschub das kulturelle Projekt von 1968 weiterführen und so doch noch die demokratische Zivilisierung vollenden kann“. So etwas würde – käme es von rechts – wohl ‚rückwärtsgewandt‘ genannt. Die zunehmende Selbstvergewisserung im Freund-Feind-Denken von links und rechts ist kein neues Denken, sondern einfach nur öde. – Lisa Werle


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Jetzt fangen Sie auch damit an! Es stehen gegenteilige Eidesstattliche Aussagen zu einer schwerwiegenden Angelegenheit im Raum. Das hat doch nichts mit seriösem Journalismus zu tun! Wo bleiben die rechtsstaatlichen Grundsätze? Diese Hascherei nach irgendwas spektakulärem ist doch einfach nur widerlich! Da spielt es keine Rolle auf welcher Seite oder ob man auf gar keiner Seite man steht! Solche Meldungen und Stories gehören erst nach endgültiger Gerichtsentscheidung in die Presse. Ich bin von Ihnen anderes gewohnt. Schämen Sie sich! – Thomas Sell


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg

In Ihrer Rubrik „Recht und Unrecht“ bieten Sie dem Rechtsmediziner Klaus Püchel in einem Interview Raum für seine Thesen zur Altersfeststellung bei jungen Geflüchteten. Im Hinblick auf die schreckliche Tat von Kandel muss natürlich darüber diskutiert werden, ob und wenn ja wie Methoden der medizinischen Altersfeststellung für junge Geflüchtete verwendet werden sollen. Herr Herr Püschels Beitrag für diese Diskussion ist jedoch in mehrerlei Hinsicht fragwürdig, insbesondere dann, wenn er sagt: „Mir ist kein Fall bekannt, bei dem eine Alterseinschätzung, die wir für ein Gericht gemacht haben, in Zweifel gezogen werden konnte.“ Dieser Satz ist schlicht falsch. Ich habe ein Gutachten von Herrn Püschel und seinem Kollegen Herrn Fuhrmann, welches das zuständige Amtsgericht Berlin Schöneberg im Jahr 2014 in Zweifel gezogen hat und dem es nicht gefolgt ist.

Ich habe während der letzten Jahren zwei unbegleitete Minderjährige als ehrenamtliche Vormünderin betreut. Bei der ersten wurde in 2014 – wie damals auch bei vielen anderen Jugendlichen in Berlin üblich – ein medizinisches Gutachten angefordert, welches die Charité in Zusammenarbeit mit Herrn Püschel vom UKE durchgeführt hat. Ich bin medizinische Laiin, aber das Gutachten war selbst für mich erkennbar voller Widersprüche. Das habe ich dem Gericht mitgeteilt, welches daraufhin Herrn Püschel und Herrn Fuhrmann am 27.09.2014 zur Stellungnahme aufgefordert hat.

Ein Teil der Widersprüche wurde von Herrn Püschel und Herrn Fuhrmann in der anschließenden Stellungnahme mit einem „redaktionellen Versehen“ erklärt, ein anderer Teil gar nicht. Mein Mündel war aufgrund des Gutachtens in 2014 einige Monate nicht in der Jugendhilfe, was eine sehr schwierige Zeit war. Mich entsetzt heute wie damals der Widerspruch zwischen der behaupteten wissenschaftlichen Genauigkeit einerseits und dem „schludrigen“ Umgang mit so folgenschweren Gutachten andererseits. Mir ist noch immer der verstörte Gesichtsausdruck meines Mündels im Gedächtnis, als die Ausländerbehörde auf einmal ein neues Geburtsdatum eintragen wollte: „Die können doch nicht einfach meinen Geburtstag ändern, oder?“ Wie würden wir so einen Vorgang wohl finden? Mein Widerspruch und meine anschließende Stellungnahme zur Stellungnahme von Herrn Püschel und Herrn Fuhrmann haben dazu geführt, dass die Jugendliche wieder in die Jugendhilfe aufgenommen wurde. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie damals tatsächlich minderjährig war, ebenso wie das sämtliche andere ihr nahestehende Personen waren.

Mein Mündel hatte damals nicht die Wahl, die Untersuchung zu verweigern. „Mangelnde Mitwirkung“ reichte als Stichwort für einen schnellen Ausschluss aus der Jugendhilfe. So viel zu Herrn Püschels „Alles ist zu jeder Zeit freiwillig“. Sie hatte als 15jährige vor ihrer Flucht Dinge erlebt, bei deren Erzählung ich mich als mitteleuropäische Frau am liebsten mit angezogenen Beinen auf den Boden werfen will. Sich als Teenager im Keller der Charité zu entkleiden (anwesend laut Protokoll: Ärztin, Dolmetscher, Polizeifotograf), war also sicher nicht das Schlimmste, was ihr nackt in ihrem Leben passiert ist. Aber es hätte nicht auch noch sein müssen. Wenn Herrn Püschel der Stress bei den Jugendlichen in diesen Situationen entgeht („wir haben noch nie eine Stresssituation erlebt“), was entgeht ihm als Arzt dann noch?

Im letzten Jahr hat sie übrigens nach mehr als 3 Jahren Asylverfahren ihre Flüchtlingsanerkennung erhalten. Sie macht eine Ausbildung zur Krankenschwester, zahlt Steuern, Sozialabgaben und ist eine starke, ehrgeizige junge Frau. Ich bin froh, Ihr damals und in vielen weiteren Situationen geholfen zu haben. Und ich hoffe sehr, dass die politische Debatte differenziert geführt wird und es nicht zu einer flächendeckenden Einführung medizinischer Begutachtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kommt. – Anita Renusch


Leserbrief zu „Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen?“ von Manuel J. Hartung und Robert Pausch

Das erste Ziel universitärer Lehre muss sein, dass sie interessant ist und relevant, damit die Mehrzahl der Studentinnen und Studenten freiwillig und gerne zu den Lehrveranstaltungen kommt. Andere werden sich vielleicht eher extrinsisch durch Prüfungen motivieren lassen – dann aber muss die Teilnahme an der Lehrveranstaltung die Vorbereitung auf die Prüfung auch wirklich erleichtern. In beiden Fällen ist Ideenreichtum der Lehrenden und Vielfalt der Lehrformen gefragt: Jede Art zu lehren ist erlaubt, nur nicht die langweilige (frei nach Voltaire). (Hierzu können natürlich auch digitale Elemente beitragen; dagegen setzt der angesprochene flipped classroom die Motivation zur eigenständigen Hausarbeit schon voraus). Ein Zwang zur Teilnahme an den Lehrveranstaltungen aber weist in die falsche Richtung. Es ist gerade konstituierend für universitäres Arbeiten, dass es selbstbestimmt stattfindet, und dies verlangt von allen Beteiligten gegenseitigen Respekt und Vertrauen. Ob man sich dieser Ansicht anschließt oder nicht: In jedem Fall muss jede Universität die Frage, ob sie eine Verpflichtung zur Teilnahme zulässt, selbst für sich entscheiden – ein Eingriff der Landesregierungen ist daher fehl am Platz! – Roger Erb


Leserbrief zu „Prophet mit Bart“ von Alexander Cammann

Sie schreiben in Ihrem Beitrag, das Karl-Marx-Denkmal, der „Schwermetallimport aus China für postideologisches Tourismusmarketing“ werde auch „mit dem cleveren Segen der Kommunistischen Partei“ am 05.05.2018 in Marxens Geburtsstadt Trier aufgestellt. Welche kommunistische Partei haben Sie damit gemeint? Die chinesische, die aus ihrem Selbstverständnis heraus die Errichtung des Marx-Denkmals finanziert, oder eventuell eine trierische? Seit der Nazizeit existieren von der nur noch Restpartikel, und die Kommunistenparanoia der Adenauerzeit sorgte für deren völlige Marginalisierung. Das ging so weit, daß man sich als kotholische Bischofsstadt dafür schämte, die Geburtsstadt von Karl Marx zu sein; schwacher Trost für die Bürger im Schoß der Mehrheitskonfession: Er war Jude, und sein Vater ließ ihn evangelisch taufen. Mag sein, daß Marx inzwischen auch für diese Mehrheit als postideologischer Touristenmagnet gilt, jedenfall finde ich positiv, daß er auch in Trier ernsthaft im politischen Diskurs angekommen ist. Wie schwer man ich hier aber trotzdem immer noch mit seiner Würdigung tut, ist dem Umstand zu entnehmen, daß bisher sämtliche Initiativen, der 1970 wiedergegründetenUniversität den Namen „Karl-Marx-Universität“ zu geben, keinen Erfolg hatten – aber das liegt nicht nur an den Trierern, sondern auch an der Kulturhoheit des Landes. Das ist allerdings kein trierisch/rheinland-pfälzisches Einzelphänomen: Ich erinnere mich noch sehr gut an das Gezerre um die „Heinrich-Heine-Universität“ in Düsseldorf (NRW) und um die „Carl-von-Ossietzky-Universität“ in Oldenburg (Niedersachsen). – Raimund Scholzen


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Vielen Dank für diesen herausragenden und sehr inspirierenden Artikel. Harald Welzer zeigt analytisch und unaufgeregt auf, wie sehr sich unsere Gesellschaft – auch aufgrund der Fokussierung in den Medien – auf die völlig falschen Aspekte konzentriert. – Annette Jarosch


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Der Beitrag ist ein gut gelungener Auftakt für “ Hundert Jahre Novemberrevolution” im Jahr 2018.. Gewürzt mit satirischen Einlagen wie ….”unseren Ersatzmonarchen Frank Walter Steinmeier in seinem Berliner Palast zu sehen…” und “… es ist der Spitzbube Eisner…” (Kurt Eisner 1. Ministerpräsident des Freistaates Bayern 1918 ) oder “… Friedrich August.. Landesvater von Dresden: Dann macht doch eiern Drägg allene …”, um nur einige zu nennen, liest sich dieser Beitrag mit großem Vergnügen. Man kann sich nur Ähnliches wünschen von Benedikt Erenz im anstehendem Kar Marx Jahr. Marx wurde vor 200 Jahren geboren. – Karl-Heinz Ollek


Leserbrief zu „Zurückhalten, bitte” von Jörg Lau

Dem Hinweis von Jörg Lau, dass „es auch nicht falsch wäre, mal grundsätzlich über das Desaster der westlichen Mittelost-Politik nachzudenken“ stimme ich zu. Allerdings sollten die dortigen Verantwortlichen gleichermaßen aufgefordert werden, ihre Strategien und Wertvorstellungen auf den Prüfstand zu stellen. Ich erinnere nur an die unsägliche – und im größeren Zusammenhang wieder aktuelle – Aussage von Chomeini während des Iran-Irak-Kriegs: „Der Weg nach Jerusalem führt über Bagdad.“ Das ist islamistisch gefärbter Imperialismus und erinnert an die auf einem Missverständnis des Christentums vom Zaun gebrochenen Kreuzzüge.

Aggressive und an Menschenleben äußerst verlustreiche Eroberungsstrategien und exklusive Besitzansprüche haben mit Religion nichts zu tun. Sog. Religionsführer, die nicht wissen, was Religion ist bzw. sein könnte, und egomanisch Politiker, die im gleichen Fahrwasser Land gewinnen wollen, verhindern gesamtgesellschaftliche, maßvolle Entwicklungen die allen Beteiligten nützen würden. Das ist die Misere nicht nur der Mittelost-Region. Und das sollte neben den Versäumnissen und Fehlschlägen des Westens nachdrücklich thematisiert werden – Appelle helfen da nicht. – Christoph Müller-Luckwald


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Wenn man das Kopftuch als Modeerscheinung ansehen möchte, ist der Arbeitgeber frei zu entscheiden, ob er grüne Haare, Lippenpiercing oder Kopftuch in seinem Arbeitsfeld toleriert oder nicht… Wenn frau das Kopftuch als religiöses Symbol trägt, hat das an einem öffentlichen Arbeitsplatz nichts zu suchen! – Elisabeth Gabka


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Bei der Lektüre des Beitrags im ZEITmagazin beschleicht einen – ebenso wie bei der #metoo-Debatte – ein merkwürdiges Gefühl: es werden von Betroffenen öffentlich Anklagen erhoben, ohne dazu substantielle Beweise liefern zu müssen, die überprüfbar wären. Das Netz und die Öffentlichkeit schlagen sich auf die Seite der Anklagenden, was einer Vorverurteilung der so Angeklagten gleich kommt. Unabhängig von der Richtigkeit der Vorwürfe und von der Verurteilungswürdigkeit der Handlungen – so sie sich wie jeweils beschrieben zugetragen haben – ergibt sich aus allen Veröffentlichungen jedoch das Problem, das eine gerichtsfeste Be- und Verurteilung nicht vorgenommen wird. Dabei sind die Verjährungsfristen lang genug. Der rechtsstaatliche Grundsatz, dass „jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, … solange als unschuldig anzusehen [ist], bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.“ (Art. 11 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen) wird hiermit ausgehebelt. Wann fängt die nächste „Hexenjagd“ an? Eines Rechtsstaates ist ein solches Vorgehen und Verhalten jedenfalls nicht würdig! – Christian Felgendreher


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Mit Interesse habe ich den Beitrag über den Kopftuch-Streit gelesen und versucht, die Ereignisse und die Beweggründe für beide Seiten nachzuvollziehen. Dabei sind mir einige Sätze im Text aufgefallen, die mich nun veranlassen, diesen Brief zu schreiben. Vorausschicken möchte ich, dass ich seit vielen Jahren konfessionslos bin und gerne in einem Staat leben würde, in dem Christen, Muslime und Juden, Buddhisten und Atheisten friedlich miteinander leben können, in dem die Religion aber ausschließlich Privatsache ist. Ich würde mich trotzdem nicht für ein Kopftuch-Verbot aussprechen, weil ich glaube, dass solche Verbote die zugrundeliegenden Probleme zurzeit nicht aus der Welt schaffen, sondern eher das Gegenteil bewirken und noch mehr Missverständnisse und Aggressionen hervorrufen würden.

Frau Raether schreibt, dass Ahmadi im Teenageralter beschlossen hat, das Kopftuch anzulegen – eine ganz freie und selbstbewusste Entscheidung, meint die Autorin, die sie unabhängig von den Eltern getroffen hat. Laut Koran dürfen Frauen ihre Haare – ein Ausdruck ihrer Weiblichkeit – nur dem eigenen Mann und der Familie zeigen.

Sich zu einer Religion zu bekennen ist in unserer Gesellschaft jedem Menschen erlaubt, und das ist gut so. Emanzipiert zu sein heißt aber auch, die Religion und deren Traditionen und Vorschriften kritisch zu hinterfragen. Es widerspricht meiner Vorstellung von Emanzipation, eine Vorschrift, die die Individualität von Frauen einschränkt, zu akzeptieren. Ein Kopftuch tragen bedeutet also nicht nur, sich selbstbewusst zum Islam zu bekennen, sondern auch, diese Einschränkung gutzuheißen. Für mich ist es sichtbares Zeichen dafür, dass die Emanzipation noch nicht wirklich in den Köpfen angekommen ist. Allerdings wirken die Reaktionen der Vorgesetzten und der Awo hilflos und lächerlich. Ich habe aber durchaus Verständnis für Menschen, die solche religiösen Symbole in Kindergärten und Schulen nicht akzeptieren wollen. – Christine Sauermann


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Herzlichen Dank an Ihren Autor Harald Welzer und seine hervorragende, so meine ich, Zustandsbeschreibung der Stimmung im Land. Hoffentlich sind die Leitartikler auf die es ankommt sich Ihrer Veranwortung bewußt und erkennen die Situation. Ich hoffe auf den beschriebenen Modernisierungsschub der den Prozeß der demo- kratischen Zivilisierung weiterfürt. – Manfred Förste


Leserbrief zu „Sie ist so frei“ von Elisabeth Raether

Elisabeth Raether schreibt sonst immer klug. Im Artikel „Sie ist so frei“ führt sie aber etwas sehr Merkwürdiges aus. In den 1950er Jahren sei „die Norm“ noch stark gewesen, zu dem Preis, „dass Homosexuelle sich verstellten, Eltern ihre behinderten Kinder ins Heim gaben, die muslimischen Einwanderer unter sich blieben.“ Diese pauschale Aussage über Heime für behinderte Kinder ist tendenziös sehr negativ und völlig verfehlt. Anlass zu der Aussage ist, dass Eltern eines behinderten Kindes sich früher geschämt haben. Vielen religiösen Menschen galt das behinderte Kind als göttliche Strafe. Da lag es nahe, das Kind wegzugeben, oft auch jeglichen Kontakt abzubrechen. Neuerdings müssen die Eltern sich nicht mehr schämen. Deshalb behalten viele Eltern ihr Kind zuhause, zumindest in seiner Jugend. Aber was ist, wenn beide Eltern berufstätig sein wollen? Wir haben unseren Sohn dann mit 17 Jahren in ein Heim mit Werkstatt gegeben. Dort fühlt er sich außerordentlich wohl. Ihm wird viel mehr geboten, als wir es hier könnten. Und wenn wir ihn nach dem Wochenendbesuch am Sonntagabend zurückbringen wollen, packt er schon morgens seine Sachen und freut sich den ganzen Tag, dass er wieder zurück darf. In der Wohngruppe und in der Werkstatt wird er voller Sympathie betreut. Und er hat dort schon viel gelernt. Diese absolut positive Situation wird total verzerrt mit der Formulierung „man gibt das Kind ins Heim.“ – Dr. Jochen Mallison


Leserbrief zu „Hier scheitert Europa” von Raphael Thelen

Nach dem Anhören des guten Interviews per potcast, hatte ich mich so auf diesen Artikel gefreut. Doch dann störte mich , wie wenig die Befindlichkeit der Bewohner von Mythilene und der Insel beachtet wurde. Seit 2015 fliegen keine Chartermaschinen voller Touristen Lesbos an, wodurch die wichtigste Einnahmequelle fast versiegte. Auch die staatlichen Löhne sanken auf 500 Euro. Es leiden also nicht nur die Flüchtlinge im erwiesenermassen unzumutbaren „Wohnverhältnissen“, und die Geldsäcke in Brüssel und Athen. Doch warum bezahlt man keine griechischen Hilfsleute oder Gastgeber?Statt dessen müssen abenteuerlustige Studenten und andere Volontarios die psychologische Betreung übernehmen. Mir begegnete im Bus eine Flüchtlingsfamilie, die sich mit 3 kleinen Jungens auf eine 2er Sitzbank quetschte, als Studen der Aegäis-Universität den Bus betraten, welche die Flüchtlinge nicht wahrnahmen. Wenn doch alle um ihr Ueberleben kämpfen, warum verteilt die europäisch Politik nicht Freikarten zu Arbeits- und Lebensmöglichkeiten? – Helga Kesselring


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Seit rund 45 Jahren ist die ZEIT für meinen Mann und mich die Quelle für seriöse und unabhängige Berichterstattung. Der Artikel im ZEIT-Magazin über angegriffene Frauen in der Medienbranche erschreckt uns. Wir haben in Deutschland eine gut funktionierende Justiz. Aus jüngst stattgefundenen Ereignissen (z.B. Kachelmann) wissen wir doch eigentlich, dass der Pranger – und so muss dieser Artikel wirken – keine gute Erfindung war und ist. Es steht eidesstattliche Erklärung gegen eidesstattliche Erklärung. Drei Frauen hatten vor 30 Jahren nicht den Mut Anzeige zu erstatten. Auch streben sie heute keine Anklage an. Das könnten sie auch nicht, da die Taten, sofern sie wirklich stattfanden, verjährt sind. Die Justiz kann vergessen, hier scheint das unmöglich. Die Männer der betroffenen Frauen wollten damals Anzeige erstatten und wurden von den Frauen selbst davon abgehalten.

Bestärkt man mit diesem Artikel wirklich junge Frauen, heute im entsprechenden Fall Anzeige zu erstatten? Ist dazu die Namensnennung der Beteiligten nötig? Oder ist das eine billige Rache oder eventuell Effekthascherei im Stil anderer Zeitungen und Zeitschriften? Vielleicht haben Sie ja eine mutige, gut aussehende Journalistin, die bereit ist, eine Schauspielerin zu spielen um so eine Situation herauszufordern. Dann wäre der Nachweis erbracht, dass die Filmbranche heute noch so tickt wie damals. Wir sind von der ZEIT enttäuscht. Die Reportage klingt nach Profilierungsstreben. – Ellen und Walter Pape


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Oh weh, da hat mal wieder einer aus seinem gesicherten und behüteten Elfenbeinturm heraus von ganz weit oben herab darzustellen versucht, was alles schief läuft, was getan werden müsste, um „in diesem Vakuum der Zukunft“ voranzukommen. Kann man ja mal drüber reden. Abenteuerlich aber ist Harald Welzers Behauptung, das Flüchtlingsthema sei „unerwartet erfolgreich bewältigt“. Ich dachte und hoffte, alleine Frau Merkel sei blind genug, um „nicht zu wissen, was wir hätten anders machen sollen“?. Herr Welzer, meinen Sie wirklich „bewältigt“? Waren Sie mal in Flüchtlingsunterkünften, in Schulen, in Kommunen, auf Polizeirevieren, um sich kundig u machen, wie „unerwartet erfolgreich“ das alles „bewältigt“ wurde?

„Wutbürger“, Herr Welzer, halten Sie für „Behauptungen“ – von wem? – und Berichte über deren Auftritte in Dresden oder Stuttgart (Stuttgart 21, für Sie im fernen Berlin) offensichtlich nicht für die Darstellung von Sachverhalten“, sondern für fake news. „Der Konflikt“, so schreiben Sie, „die zentrale Formierungsgröße sozialer Bewegungen“ – wow!, was für ein Soziologen–Geschwurbel! – „ist generell aus der Mode gekommen“. Echt jetzt? Ganz ohne „Konflikt“ haben wir anscheinend „heimlich still und leise“ plötzlich sieben Parteien und sechs Fraktionen im Deutschen Bundestag. Sie fragen, wer was tut, „um den nächsten, überfälligen Modernisierungsschub zu zimmern“. Da tut Christian Lindner, den sie so nebenbei schmähen, der aber auf Dreikönig „eine neue Generation Deutschland“ ausgerufen hat, unvergleichlich mehr dafür als Sie. – Dr. Walter Döring


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Mit Genuss und Gewinn gelesen! – Dr. Eugen Schmid


Leserbrief zu „Die besseren Kreuzungen“ von Burkhard Strassmann

Vielen Dank für diesen umfassenden und informativen Artikel. Er beschreibt nicht nur den heutigen Zustand, sondern geht auch tief in die Entwicklungsgeschichte ein. Eins jedoch habe ich vermisst, eine Beschreibung des Kaiserlei-Kreisels in Offenbach. Dieser wird seit einiger Zeit umgebaut. Da ich nur gelegentlich dort bin, weiss ich nicht, was geplant ist und wie es aussieht,wenn es fertig ist. – Manfred Hoenen


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Wie „aus der Monarchie, aus der De-facto-Diktatur der preußischen Generäle“ ein parlamentarisch regierter Staat wurde, wird durch Erenz‘ Artikel leidet nicht erklärlich. Wichtige Stationen lässt Erenz aus: 1. Die Friedensresolution des Reichstags vom 19. Juli 1917, die zwar ihr außenpolitisches Ziel verfehlte, aber nach innen den Weg zu einer gemeinsamen Regierungsverantwortung von SPD, Linksliberalen und katholischem Zentrum wies. 2. Die von diesen drei Fraktionen getragene Regierung Georg von Hertlings, der vom 1. November 1917 bis zum 30. September 1918 Reichskanzler war. 3. Der Erlass des Kaisers vom 30. September 1918 zur Parlamentarisierung des Deutschen Reiches.

Auch der Figur des letzten Kanzlers des Kaiserreichs, Prinz Max von Baden, wird Erenz nicht gerecht, wenn er ihn nur als „überfordert“ zeichnet, aber nicht als Hoffnungsträger der Reichstagsmehrheit versteht, der als homosexueller Aristokrat an den politischen Strukturen und den Moralvorstellungen seiner Zeit scheitern musste. – Jürgen Thiede


Leserbrief zu „Die Wege des Algorithmus sind unergründlich“ von Felix Rohrbeck

Der Artikel hat zwei Aspekte:
1. Politisch: Die Regierung hat wichtige innerdeutsche Flugrechte der Air Berlin ohne Not der Lufthansa „geschenkt“ und damit den Wettbewerb ausgehebelt. Da brauchte die Lufthansa an dem Algorithmus nichts mehr ändern. Weniger Wettbewerb = höhere Auslastung = höhere Preise = höherer Gewinn für Lufthansa – ganz automatisch!
2. Algorithmen machen die Anwender unmündig. Beginnend vor ca. sechs Jahren würde ich im Beruf zunehmend mit Kalkulationstools konfrontiert, die für den Anwender eine Blackbox sind. Das Tool wird mit Basisdaten gefüttert (Beispiel Einkaufspreise) und heraus kommen Angebotspreise. Was im Tool passiert, kann der Anwender nur mit erheblichem Engagement nachvollziehen. In der Regel werden in der Folge auch offensichtlich implausible Ergebnisse nicht hinterfragt.
Eine gefährliche Entwicklung, wenn ein Algorithmus nicht einen Angebotspreis ermittelt, sondern über Schicksale von Menschen entscheidet! – Rainer Funke


Leserbrief zu „Sie sonnt sich im Blaulicht” von Daniel Haas

Vielen Dank für Ihren Artikel – ohne ihn hätte ich „Mafioso“ vielleicht nie entdeckt. Ein Hinweis zu Ihrem Satz „Man steigt in eine grotesk lange Stretchlimousine von Maserati ein […]“: es ist eindeutig ein Ferrari, hier sind ähnliche Fahrzeuge zu sehen: https://www.google.de/search?&tbm=isch&tbs=imgo:1&q=stretched+ferrariStefan Schulz


Leserbrief zu „Es wird eng“ von Stefan Schmitt

Danke, für diesen vortrefflichen Artikel. Er ist ein Volltreffer. Umwelt, Klima, Tierschutz sind doch keine Themen, die ausschliesslich die Grünen betreffen dürfen. Unsere Zukunft hängt davon ab! Die absehbare neue Bundesregierung verschliesst die Augen und verspielt unsere Zukunft. Hoffentlich haben die Politiker Ihren Artikel inzwischen gelesen und kommen zur Einsicht! Danke, dass Sie auf der Titelseite auf diese existenziellen Probleme aufmerksam machen und Lösungen anbieten: Braunkohleausstieg, Verkehrswende und Abkehr von der exzessiven Fleischproduktion! Danke, Herr Schmitt. – Stephanie Müller-Hagen


Leserbrief zu „Ein Mann mit Katzenaugen“ von Moritz von Uslar

In dem Artikel spricht Moritz von Uslar von „feiner Lispelstimme“ und „Sprachfehler“ bezogen auf den Schauspieler Franz Rogowski, der wohl mit einer Spaltbildung geboren wurde. Allerdings handelt es sich dann keinesfalls um eine phonologische und damit Sprachstörung , sondern allenfalls um eine phonetische, also Sprechstörung. Der Terminus „Lispeln“ ist veraltet resp. unzeitgemäß. Dies übrigens v.a. wegen seiner negativen Konnotation. Schließlich suggeriert der semantische Neologismus „Lispelstimme“ einen Zusammenhang, der nicht existiert. All das ärgert bei einem ansonsten m. E. zumindest recht interessanten Beitrag. – Martina Sickel


Leserbrief zu „Wie geht weltbeste Bildung?“ von Julia Bernewasser

Um die Erwartungshaltung und die damit verbundenen Herausforderungen nicht zu hoch zu schrauben, wäre es wohl besser gewesen, das Wahlversprechen der FDP etwas bescheidener zu formulieren, zumal die finanziellen und personellen Mittel begrenzt sind.

Unsere Bildungsministerin soll es nun kurzfristig richten, obwohl sie doch alle Baustellen gerade erst übernommen hat. Da müsste man mit voreiligen Kritiken z.B. zu den Leistungsdefiziten der Acht- und Viertklässler, vorsichtig sein, stattdessen anerkennen, was sie in ihrer kurzen Amtsperiode erreicht hat bzw. in Angriff nehmen will wie z.B. Erhalt kleiner Förderschulen, Inklusion nur an Schwerpunktschulen unter den erforderlichen Voraussetzungen, Digitalisierung, die 2. Fremdsprache erst wieder in der 7. Klasse, Rückkehr zu G9, Begrenzung der umstrittenen Methode „Schreiben nach Gehör“ auf die 1. Klasse, Kampagne für den Lehrerberuf, Masterplan Grundschule. Dass hierbei auch die Unterrichtung der Migranten und der Kinder aus sozialen Brennpunkten bedacht werden, versteht sich wohl von selbst. Vor allem ist der Trend der gegenwärtigen Schulpolitik zu begrüßen, Bewährtes zu erhalten und Schulen nicht ständig mit neuen Reformen zu belasten. – Gabriele Gottbrath


Leserbrief zu „Prophet mit Bart“ von Alexander Cammann

Der Artikel über Karl Marx war recht interessant – aber : Warum haben Sie die Schrift unter dem Denkmal nicht übersetzt? Ich kann (trotz Abitur) nicht russisch, und die kyrillische Schrift kann ich zwar transkribieren, aber nicht übersetzen, ausgenommen natürlich die erste Zeile: PROLETARIER. Aber dann? Was heisst: WSECH STRAN ?? (Vereinigt Euch???) Können Sie mich bitte aufklären? Vielen Dank. – Frank Laier


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg

Mit der Forderung nach einer exakten Altersfeststellung wird ein Popanz aufgebaut, weil damit eine Abhängigkeit der geistigen Reife von der körperlichen Entwicklung unterstellt wird. Dem ist mitnichten so. Nicht allein Kinder- und Jugendpsychiater, Psychologen, Lehrer und andere Pädagogen wissen das, sondern alle, die irgendwie mit Kindern und Heranwachsenden zu tun haben. Insofern ist die Festlegung der Strafmündigkeit auf ein festes Alter zwar praktikabel, jedoch zu einem gewissen Grade willkürlich. Der Abhängigkeit der Tat von emotionalen und intellektuellen Fähigkeiten wird bei der Schuldzumessung „psychisch kranker Rechtsbrecher“ deswegen regelmäßig Rechnung getragen und der Betreffende psychiatrisch begutachtet. Das körperliche Alter ist dabei nur ein weiterer Faktor neben vielfältigen anderen, kulturellen, erlebnisreaktiven und anderen auch. Trotzdem bin ich mit dem Kollegen Püschel d‘accord.

Geht es allerdings nicht um ein delinquentes Verhalten, sondern um die Schutzbedürftigkeit eines vermeintlichen Jugendlichen, so stellt sich die Frage völlig anders, denn hier handelt es sich ein ethisch-moralisches Problem, das politisch gelöst werden muss. Hier kann der Arzt eine Hilfestellung geben, darf aber nicht in seiner Entscheidung unfrei sein. In diesem Zusammenhang frage ich mich, warum die Herkunft von Flüchtlingen nicht besser überprüft wird, denn wir besitzen die Möglichkeit, den Lebensmittelpunkt in den letzten Jahren (Strontiumisotope) und die genetische Abkunft recht genau festzustellen – ein Tunesier oder Marokkaner kann kaum mit einem Syrer oder Afghanen verwechselt werden. – Dr. med. Wolfgang Wittwer


Leserbrief zu „Zurückhalten, bitte” von Jörg Lau

Dieser infantile Trump ist halt ein Ergebnis dieser US-amerikanischen Demokratie, die spätestens nach dem 2. Weltkrieg ihr wahres Gesicht zeigt. Auf dem amerikanischen Kontinent hat sie bisher/bis heute jede von ihr nicht gewollte Regierung bzw. das gesellschaftliche System gestürzt (Ausnahme: Kuba?)- Allende/Chile mit ca. 30 000, Nicaragua mit ca. 10 000 CIA-Agenten und überall auf der Welt: Persien 1953 unter Mossadegh nach Verstaatlichung der Erdölfelder, in Afghanistan unter dem SU-nahen Präsidenten Rama-wo Frauen in Schulen lernten indem sie die Mudschaheddin nicht nur mit Waffen sondern auch mit Progandamaterial, Anleitungen zum Waffenbau, Millionen von Dollar ausrüsteten und CIA-Agenten als Ausbilder in das Land schickten. Heute verlangen sie von der Welt, ihnen in diesem, von ihnen angefangenen Konflikt zu helfen. Und, der Kalte Krieg ist nie beendet worden, heiße Kriege wurden und werden auf kleinen Territorien ausgetragen (die USA haben nach dem 2. Weltkrieg mindestens 200 lokale Konflikte mit zig Toten angezettelt) stets im Interesse des amerikanischen Finanzkapitals, der amerikanischen Industrie. Und davon sind auch Bündnispartner betroffen wenn sie nicht so spuren geschweige denn vermeintliche Gegner ihrer Interessen. Da muss man halt auch dort mit seinem Geheimdienst diese Länder „abschußreifmachen“. Da kommen spontane, berechtigte Demonstrationen gerade recht wie im Iran jetzt. Im Unterwandern haben die USA ja mehr Erfahrung-sie sind ja schon längst im Iran, denke ich- als die 5. Kolonne 1938. – Dr. Joachim Gartzke


Leserbrief zu „Es wird eng“ von Stefan Schmitt

„Wie nur dem Kopf die Hoffnung nicht schwindet, der immfort am schalen Zeuge klebt, mit gierg’en Händen nach Schätzen gräbt und froh ist wenn er Regenwürmer findet“. Da hat uns der „olle Goethe“ ja schon den Klimawandel erklärt, nur das ganz sicher auch die Regenwürmer der Natur ausgehen werden. Nun versucht dieser raffsüchtige gegenwärtige Homo sapiens mit post faktischen Schritten wie Klimaschutz die mehr oder weniger irreversible vernichtete Natur wieder zu neuem Leben zu erwecken. Nur darf dies nicht meine Gewinnsucht, Kriegs- u. a. Gewinne schmälern/beeinträchtigen.

Im Gegensatz zu den menschlischen Regeln, die wir Gesetze nennen, sind die naturwissenschaftlichen Gesetze unveränderbar und wirken objektiv auf arm und reich, Mensch, Tier und Pflanze. Es gibt also keine Win/Win-Situation, irgendeiner ist Verlierer. Nur der Mensch glaubt es nicht, auch diePhysiker- Kanzlerin offenbar nicht. Dabei gibt es physikalische Gesetze (Hauptsätze der Thermodynamik)- die Kanzlerin hat ja an solch einem Institut der DDR-Akademie geforscht – die uns erklären warum es solch ein Perpetuum mobile nicht geben kann.

Mit anderen Worten, wenn wir unsere ganzen Abfälle – von Industrie und unsere eigene Scheiße – zu 100% wieder in den Kreislauf der Natur einschleusen könnten, würde uns die Energie der Sonne die Welt erhalten können. Schon Malthus hat 1799 gesagt, die Erde trägt, ohne zerstört zu werden, etwa 1-1,5 Milliarde Menschen, wir haben heute 7,5 Milliarden ( s. a. Hawking`s Artikel). Aber keine Angst, der größte Teil der bekannten Einzeller, Viren (30-40%) und der noch unbekannten (60-70%) überlebt uns und die Umweltzerstörung. Vielleicht gibt es in einer Millionen von Jahren wieder menschenähnliche Wesen, besserwisserisch aber nicht klüger. Ja, wir scheitern am eigenen Verstand („Der Zauberlehrling“ auch Goethe). – Dr. Joachim Gartzke


Leserbrief zu „»Man ist jedes Mal aufgeschreckt«” von Simon Kerbusk

Schreib’s auf jede Wand-
Neue Regeln braucht das Land!
Echte Gestaltungsmöglichkeiten zu Gunsten der Menschen und IHRER Zukunft ergeben sich für den Staat vorrangig in den Bereichen der Finanzregulierung. Hierfür braucht es mutige Politiker, die sich nicht von Lobbyisten einschüchtern lassen – und eine wachsame Presse, die immer wieder auf die Notwendigkeiten deuten muss. Mein Wunsch ist, dass dies nicht nur in Blättern wie der ZEIT erfolgt, sondern auch die mündige Masse erreiczt, wie z.B. BILD und Spiegel-Leser. Gut so! Weiter so! – Eberhard Goette


Leserbrief zu „Schatten und Scharaden“ von Marc Brost, Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Bereits heute sind neunzig Prozent der Bevölkerung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pflichtversichert. Damit haben wir de facto schon jetzt eine Bürgerversicherung. Mich würde interessieren, was die politisch Verantwortlichen zu der Vorstellung verleitet, mit einer Aufstockung der Zwangsmitgliedschaft von neunzig auf hundert Prozent den großen Durchbruch inszenieren zu können. Ursprünglich als soziale Maßnahme für Geringverdiener gedacht, die im Krankheitsfall zu Sozialtarifen abgesichert sein sollten, hat die GKV in Deutschland inzwischen eine bemerkenswerte Eigendynamik entwickelt und längst schon die wohlhabenderen Kreise erreicht. Ihr beträchtliches Beitragsaufkommen hat dennoch nie ausgereicht, ihren Versicherten das Gefühl zu vermitteln, gut versichert zu sein. Es ist insofern nicht zu erwarten, daß die Vereinnahmung des Restes der Bevölkerung ein anderes Ergebnis zeitigt.

Ganz im Gegenteil würde das Problem der Wartezeiten noch verschärft werden. Darüber hinaus entfiele die bisher übliche Subvention der Kassenpatienten durch die Privathonorare. Wer also in Meinungsumfragen vorschnell seine Zustimmung zur (gut klingenden) „Bürgerversicherung“ kundtut, sollte sich rechtzeitig mit den finanziellen Konsequenzen auseinandersetzen. Politiker hingegen, die die Erfahrungen mit der real existierenden GKV nicht konstruktiv zu verwerten verstehen, also das bereits stattgefundene Experiment schlicht ignorieren, müssen sich Zweifel an ihrer Lernfähigkeit gefallen lassen. Die gutgemeinte Vermeidung einer „Zwei-Klassen- Medizin“ , die in Wahrheit ein unvermeidbarer „Zwei-Klassen-Service“ wie in jedem Flug und in jedem Hotel ist, würde durch die Bürgerversicherung exakt zu diesem unerwünschten Ergebnis führen. Lupenreine „Zwei-Klassen-Medizin“- Systeme sind bisher nur aus den sozialistischen Staaten bekannt. Fragen Sie einfach unsere ehemaligen „Ossis“. – Dr. G. Enderer


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Da müssen wir uns doch nichts vormachen: Solange es Silvesternächte wie in Köln gibt oder Machtmissbrauch von Männern wie Dieter Wedel, solange sind wir von Gleichberechtigung weit entfernt. Wenn Mädchen oder junge Frauen bereits gelernt haben, dass der Onkel (oder der Vater, der Opa, der Lehrer, der Trainer) ungestraft sexuell zudringlich werden kann, wie soll dann die erwachsene Frau darauf vertrauen, dass sie als Opfer männlicher Gewalt gesetzlichen Schutz hat? Bei diesem Thema gibt es noch immer eine riesige Mauer des Schweigens derjenigen, die meist ihr gesamtes Leben unter sexuellen Übergriffen leiden. Das ist Seelenmord an einer großen Zahl von Mädchen und Frauen! Schluss endlich mit dem Schonen der Täter! Sie, Herr Wedel, machen uns nichts vor! – Elke Hahn


Leserbrief zu „Lächeln an Kasse zwei“ von Ulrike Gastmann

Seit einigen Ausgaben bringen Sie die Kolumne von Frau Gastmann. Ich möchte Ihnen dazu gratulieren. Ohne Ausnahme waren diese Beiträge ausgezeichnet. Insbesondere der letzte („Lächeln an Kasse zwei“) macht die besondere Fähigkeit von Frau Gastmann deutlich, scheinbar belanglose Geschehnisse mit guter Beobachtungsgabe und eingängiger Sprache Anderen unaufdringlich ins Bewusstsein zu bringen. Es bedeutet einen Gewinn für das gesellschaftliche Leben, wenn mehr Menschen dazu bewegt werden, auf die Anliegen von Mitmenschen zu achten. Solches Verhalten zu fördern, ist eine ausgesprochen wertvolle Funktion von Medien – leider in der Regel kaum wahrgenommen. Umso mehr möchte ich Sie bitten, diese Kolumne fortzuführen. – Klaus Rückauer


Leserbrief zu “»Eine Schweinebande!«“ von Benedikt Erenz

Der Artikel von Benedikt Erenz präsentiert das Kaiserreich, dem sein konzentriertes Unverständnis gilt, viel zu statisch. Tatsächlich handelte es sich um eine ökonomisch und politisch immer dynamischer werdende Gesellschaft. Bismarck hatte das allgemeine Wahlrecht für Männer im Norddeutschen Bund bereits 1867 eingeführt, das dann 1871 aufs neue Deutsche Reich übertragen wurde. Und das zu einer Zeit, als in England das Wahlrecht durch Besitz und Bildung noch bürgerlich abgeschottet war, sodass die Labour Party erst nach 1918 überhaupt eine Chance hatte. Die Französische Republik hatte die Commune bereits Anfang der 70-er Jahre mit über 20.000 Toten niederkartätscht, wovon der Sozialismus im Nachbarland sich erst in den 20-er Jahren zu erholen begann. Deshalb benötigte man weder in England noch in Frankreich ein Sozialistengesetz (das übrigens der Reichstag ab 1890 nicht mehr verlängert hat!), denn die Sozialisten hatten ja unter den obwaltenden Bedingungen dort ohnehin keine Chance. Streiks wurden in der Französischen Republik fast regelmäßig mittels des Militärs unter Hinterlassung von mehreren Dutzend Toten und Hunderten von Verletzten niedergeschlagen. Die beiden einzigen Republiken im damaligen Europa haben auch gründlich und besonders lange Frauen von der Macht ferngehalten: in Frankreich bis 1944 und in der Schweiz gar bis 1971.

Margret Lavinia Anderson hat in „Practicing Democracy“ gezeigt, wie im Verlauf des Kaiserreichs die Macht des Reichstags, der ja das Budgetrecht besaß, zulasten des Bundesrates, der Vertretung der Fürsten, immer mehr zugenommen hat. Auch wenn der Reichskanzler weiterhin vom Kaiser ernannt wurde, hat dieser seit der Berufung Bülows (1900) darauf geachtet, dass er nur solche Kandidaten auswählte, die darauf rechnen konnten, über eine Mehrheit im Parlament zu verfügen. Denn alle Maßnahmen der Regierung kosteten zunehmend mehr Geld, und hier hatte der Reichstag einen Hebel, den er auch zu nutzen wusste. Mit den Oktober-Gesetzen von 1918 war Deutschland de facto eine parlamentarische Monarchie geworden. Das war der Grund, warum Ebert als Führer der SPD gegen die Ausrufung der Republik durch Scheidemann war. Der künftige erste Reichspräsident erkannte genau, wo für eine Republik in Zukunft die große Gefahr liegen musste: nämlich darin, dass sie schließlich durch den stark beförderten Gegensatz von extremer Linke und extremer Rechte zerrieben werden konnte. Und genau das sollte ja Anfang der 30-er Jahre auch geschehen.

Die katholischen „Reichsfeinde“ von ehedem sahen sich bereits 1894durch einen katholischen Reichskanzler (Fürst Hohenlohe) vertreten, der ehemals auch noch bayerischer Ministerpräsident gewesen war und nun zudem preußischer Ministerpräsident wurde. Entsprechendes galt während des Krieges vom katholischen Reichskanzler v. Hertling. Auch wollte Wilhelm II. 1914 keinesfalls den großen Krieg. Der sog. Blankoscheck für Österreich sollte der Abschreckung Russlands vor einer Intervention auf dem Balkan dienen. Frankreich erteilte übrigens den seinen an Russland während des Besuchs der französischen Regierungsspitze vom 20. – 23. Juli 1914 in St. Petersburg: in Form einer „Zusicherung unbegrenzten Beistandes“. Es war der deutsche Kaiser, der die teilweise Annahme des österreich-ungarischen Ultimatums am 27. Juli durch Serbien als ausreichend ansah und meinte, dass damit nun „jeder Grund zum Kriege entfallen“ sei. Doch konnte auch er die österreichische Kriegserklärung, die für den nächsten Tag vorgesehen war, nicht mehr aufhalten, und damit auch nicht den Großen Krieg. Während insbesondere in Frankreich und Italien, aber z. T. auch in England die Militärjustiz scharf – in Italien unter General Cadorna gnadenlos – durchgriff, verfuhr sie im Deutschen Reich vergleichsweise milde: in Frankreich gab es ca 500 (vollstreckte) Todesurteile (vor allem nach den Meutereien am Chemin des Dames), in England 304, Italien, das erst 1915 in den Krieg eingetreten war, hatte rund 900 Tote zu beklagen, darunter durch sog. „Dezimierungen“, d. h. jeder 10. Meuterer (oder Soldaten, denen man Feigheit vorwarf) wurde erschossen. In Deutschland, das die zahlenmäßig größte Armee besaß, gab es dagegen ganze 48 Opfer der Militärjustiz! (Hitler sah in dieser – vergleichsweisen – Milde eine Ursache für den Zusammenbruch von 1918. Seine Militärrichter schickten entsprechend 23.000 eigene Soldaten in den Tod, was allerdings einen noch viel schlimmeren Zusammenbruch schließlich auch nicht mehr verhindern konnte.)

Im Dezember 1916 hatte der Kaiser an die Gegner nach dem Fall der rumänischen Hauptstadt Bukarest ein Friedensangebot herausgehen lassen. Es wurde brüsk zurückgewiesen, obwohl man ja zumindest in Verhandlungen hätte ausloten können, was an Zugeständnissen noch zu erreichen gewesen wären, denn kein Partner legt ja bereits vor Verhandlungsbeginn alle seine möglichen Konzessionen auf den Tisch. – Wilhelm II., der Ende Juli 1914 den Weltkrieg im letzten Augenblick noch abwenden wollte, drängte auch darauf, ihn, als keine Aussicht mehr auf ein siegreiches Ende bestand, bei Zeiten zu beenden: als die schwere Niederlage vom 8. August 1918, dem „schwarzen Tag des deutschen Heeres“, offenkundig war, meinte er, nun sei es hohe Zeit für die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Seine Militärs waren (noch) nicht der Meinung und so ging das große Sterben erst noch einmal weiter.

Während seiner Regierungszeit wurde dem Kaiser von Seiten der Antisemiten immer wieder sein Umgang mit den „Kaiserjuden“ vorgeworfen. (Emil und Walter Rathenau, Albert Ballin, Carl Fürstenberg, James Simon u. v. a. Als letzterer 1932 starb ließ der Ex-Kaiser einen Kranz an seinem Grab niederlegen.) Von daher erklärte Hitler kategorisch, dass Wilhelm II. „die Juden zu sehr protegiert“ habe: eine Monarchie, so Hitler, sei „nicht hart genug, um endgültig mit dem Kommunismus und dem Judentum fertig zu werden.“ Deshalb komme für ihn eine Rückkehr des Kaisers nach Deutschland nicht in Frage. Über derartig notwendige Differenzierungen findet sich bei Erenz leider nicht einmal ein Halbsatz! – Dr. Hans-Joachim Becker


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Herr Welzer hat den Nagel auf den Kopf getroffen: ‚es ist das Vakuum, das derzeit mit der…neuen Rechten und mit den Entmündigungsutopien der Digitalwirtschaft gefüllt wird‘. Er weist hier sehr zurecht auch auf die Verantwortung der Publizistik und Medien hin. Diese müssen das Vakuum beschreiben, Lösungsansätze aufzeigen und diskutieren und dürfen nicht ablassen, Politiker immer wieder damit zu konfrontieren. Was sie hingegen unterlassen sollten: der politischen Nabelschau zu frönen und Politikern wie Herrn Spahn eine Bühne für ihre Selbstdarstellung und Eitelkeiten zu bieten. In diesem Sinne ist der ZEIT ein furioser Jahresauftakt gelungen – weiter so! – Matthias Gruner


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Dieter Wedel mag eine problematische Person sein (was angesichts seines weithin bekannten Privatlebens keine besondere Entdeckung ist), vielleicht ist er schwierig, vielleicht benimmt er sich häufiger als andere daneben, vielleicht auch nicht. Vermutlich hat er ein problematisches Verhältnis zu Frauen, ein Feminist wird er vermutlich nicht sein. Nichts davon rechtfertigt allerdings diese Berichterstattung. Vielleicht hat er die behaupteten Übergriffe begangen, vielleicht auch nicht.

Sie allerdings haben in einer Weise publiziert, die ich nicht akzeptieren kann und will. Da werden Vorwürfe unter dem Deckmantel einer Berichterstattung zu einem aktuellen Thema erhoben und für die „Glaubhaftigkeit“ dieser Vorwürfe werden irgendwelche Personen angeführt, von denen niemand irgendetwas weiß. Die Journalisten sind weder dafür ausgebildet noch dazu geeignet, strafrechtlich relevante Vorwürfe zu erheben, zu ermitteln und zu beurteilen. Handstreichartig wird da eine Person medial vernichtet, nachdem sie mit großer Geste an einen mittelalterlichen Pranger gestellt wurde.

Um vordergründig den Anschein der Objektivität zu wahren, wird Herrn Wedel sogar die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, wie großzügig! Als ob Sie nicht wüssten, dass jemand, dem gegenüber solche Vorwürfe in einer Publikation wie dieser erhoben werden, auch nicht den Hauch einer Chance hätte, diese in dem angebotenen Rahmen auszuräumen!

Die ZEIT hat hier Grundsätze jeglicher Fairness vollkommen vermissen lassen, sie hat die Unschuldsvermutung, die auch Journalisten geltend lassen sollten, mit Füßen getreten um den Preis einer „großen Story“ unter Inkaufnahme der persönlichen Vernichtung eines Menschen, noch dazu bei wahrscheinlich verjährten Vorwürfen, wenn sie denn überhaupt stimmen.

Der humanistische Ansatz, der der Verjährung auch erheblicher Straftaten zugrunde liegt, wurde außer Kraft gesetzt. Die „ZEIT“ steht offenbar nicht für bestimmte, unserem Strafrecht zugrundeliegende Anliegen, von denen eines dahin geht, dass Fehlverhalten verjähren und dann den vermeintlichen Tätern auch nicht mehr vorgehalten werden sollten. Das ist ein erbärmliches Verhalten, welches ich von Journalisten der ZEIT nicht erwartet hätte und nicht bereit bin zu akzeptieren. – Doris Dierbach


Leserbrief zu „Soll man Studenten zwingen, im Hörsaal zu sitzen? -Ja“ von Manuel J. Hartung

Die Begriffe im Artikel werden unscharf verwendet. Vorlesung und Seminar gehen durcheinander. Vielleicht ist das in den Geisteswissenschaften so, in den NWT-Fächern ist hingegen klar: Veranstaltungen mit aktiver Studi-Beteiligung sind Pflicht (Übungen, Praktika usw.).

Was Vorlesungen anbelangt, hängt es vom Prof ab: wenn der nur runterleiert, was (besser) im Buch steht, kann der Studi ruhig zu Hause lernen; er sollte nur wissen, was dran war. Einer meiner Profs (und ich habe versucht, mich auch daran zu orientieren) hatte die Einstellung: „Was in den Büchern steht, können Sie lesen. Ich erzähle Ihnen, was nicht in den Büchern steht.“ – und dann sollte man als Studi besser erscheinen. Ein anderes Problem bei einer Anwesenheitspflicht in Vorlesungen ist neben dem Kontrollproblem, dass viele Studenten Veranstaltungen aus unterschiedlichen Semestern oder unterschiedlichen Studienrichtung belegen. Wenn zeitliche Überschneidungen vorhanden sind, haben alle ein Problem. – Gilbert Brands


Leserbrief zu „Was macht der blaue Schirm denn da?“ von Robert Pausch

Als Sachse hat man es in den letzten Jahren nicht immer leicht. PEGIDA, AfD-Erfolge und „Sächsische Verhältnisse“ bei Polizei, Justiz und Politik schaden (zurecht) dem Ruf des Freistaates. Da ist es gerade folgerichtig, dass Herr Pausch bei seiner Recherche zu Gewerkschaft und AfD bzw. Rechtspopulismus in sächsischen Regionen nach Informationen sucht und natürlich auch fündig wird. Die Erkenntnisse aus dem Artikel sind für mich nicht überraschend, wenn man, wie ich, gebürtig aus der Nähe von Zwickau kommt und dort aufgewachsen ist. Jetzt lebe ich seit einiger Zeit nicht mehr in heimischen Regionen und verbringe meine Zeit eher in Köln und Berlin. Aktuell fällt es einem auch recht leicht, die sächsische Provinz zu verlassen. Zumal es mich bei Heimatbesuchen immer wieder gruselt, wenn ich bei öffentlichen Begegnungen davon ausgehen muss, dass jede 5. Person etwa AfD gewählt hat. Aber darum soll es nicht weiter gehen. Vielmehr möchte ich auf einen Fehler im Artikel hinweisen, der mit meiner leichten lokalpatriotischen Ader zu tun hat. Wenn ich mich einmal vor Bekannten und Unbekannten gerechtfertigt habe, dass ich aus Sachsen komme, geht es oftmals um die Frage, wo Zwickau – bekannt durch den Wohnsitz der NSU-Terrorzelle und Trabiproduktion – eigentlich liegt. Die meisten Menschen – und dazu gehört auch Herr Pausch – denken, dass Zwickau in Ostsachsen liegt und verwechseln die Stadt mit Zittau. Viel schlimmer sind die Menschen, die denken, dass ich aus dem Vogtland komme.

Zwickau hat, neben dem stetigen Problem mit Rechtspopulisten und Rechtsextremen, immer wieder Schwierigkeiten von Externen regional zugeordnet zu werden. Ich möchte also noch mal klarstellen: Zwickau liegt weder im Erzgebirge, noch im Vogtland und vor allem nicht in Ostsachsen, sondern in Westsachsen. Bei Vorerzgebirge würde ich auch noch mitgehen. Nichtsdestotrotz waren die Wahlergebnisse der AfD bei der Bundestagswahl in allen aufgezählten Regionen viel zu hoch und es gilt, dass insbesondere die Zivilgesellschaft – und dazu gehören die Gewerkschaften – auch zukünftig in Sachsen nicht resignieren und ihre Mitglieder sowie Bevölkerung informieren und mit politischer Bildung gegen rechtes bzw. populistisches Gedankengut aufklären. – L. Weigel


Leserbrief zu „Die Unerwünschten“ von Wolfgang Thielmann

Dankbar bin ich für die Veröffentlichung des Zeitartikels von Wolfgang Thielmann über die Christenverfolgung im Orient. Die christlichen Kirchen scheuen sich meist, solche Berichte abzudrucken – vielleicht, weil sie in den Verdacht geraten könnten, einen Religionskrieg gegen die Moslems führen zu wollen. In dem arabisch-moslemischen Abu Dhabi – und dort halte ich mich regelmäßig auf – berichten die Zeitungen – oftmals auf der ersten Seite – ausführlich von Anschlägen auf Christen z. B. in Ägypten. Sie berichten – und zeigen es auch auf Bildern , wie Christen im Orient für die Verletzten und Angehörigen der Terroropfer zum Gebet zusammengekommen sind. Es gehört für sie einfach zur Mitmenschlichkeit, dass sie diese Vorgänge wahrnehmen und ihren Lesern mitteilen. – Dieter-Eckhard Schröder


Leserbrief zu „Generation 2018“ von Harald Welzer

Der Artikel hat mein Empfinden zur aktuellen Situation Deutschlands voll getroffen. Die Ehrlichkeit von manchen Politikern oder Gewerkschaftlern ist nicht zu erkennen, wenn sie nicht mehr bereit sind für ein klares Wort und den eigenen Standpunkt die Konsequenzen in dieser Gesellschaft zu tragen. Dadurch geht die Glaubwürdigkeit in unser demokratisches System verloren. Der ganze Hick Hack der jetzigen Regierungsbildung ist ein weiteres Indiz dafür. Eine Aufbruchpartei wie früher die Grünen ist weit und breit nicht in Sicht. – E. Magdanz


Leserbrief zu “Die Schlange war’s” von Clara Hellner

Ein Hohn auf die Vielfalt des Lebens
„(…) Giftschlangen können auch nicht wie ein Virus einfach ausgerottet werden – dadurch würde man ganze Ökosysteme destabilisieren. (…)“ Oh, wie bedauerlich!? Dieser Satz, und in gewisser Weise der ganze Artikel, ist ein Hohn auf die (immer stärker bedrohte) Vielfalt des Lebens auf diesem Planeten. Denn nichts anderes tut der Mensch doch in zunehmendem Maße! Auf den stetig länger werdenden Roten Listen der Arten, die durch unser direktes oder indirektes Handeln an den Rand des Aussterbens und darüber hinaus gedrängt werden, finden sich auch zahlreiche Schlangenarten; gerade weil die Ökosysteme, in denen sie vorkommen, erst destabilisiert und dann zerstört und sie selbst im Zweifelsfall totgeschlagen werden. Dabei ist es in der Regel egal, ob ihr Gift nun eine Gefahr darstellt oder nicht. (Auf Madagaskar zum Beispiel kommt nicht eine einzige Schlangenart vor, die dem Menschen gefährlich werden kann. Trotzdem werden die Tiere allerorts gefürchtet und bei einer direkten Begegnung sehr häufig ohne Not getötet. Und auch in Deutschland wird vielen Kindern bis heute von klein auf vermittelt, dass man herumschlängelnde Lebewesen besser mit einem Stein oder Spaten erledigen sollte; selbst wenn es sich am Ende nur um ein harmloses Kriechtier wie eine Bildschleiche handelt.) Sicherlich ist es nicht unbedingt wünschenswert, bei der Feldarbeit oder gar im eigenen Haus unerwartet auf eine Waldkobra (als Beispiel für das im Artikel zitierte Nigeria) oder auf eine Korallenotter (Lateinamerika) zu treffen – wobei man nicht häufig genug betonen kann, dass Bisse in den allermeisten Fällen auf menschliches Fehlverhalten oder Unachtsamkeit zurückzuführen sind.

Und man sollte vielleicht auch erwähnen, dass Giftschlangen durch unzureichende Hygienevorstellungen in vielen der im Artikel angesprochenen Regionen oft überhaupt erst in die menschliche Umgebung gelockt werden, ihren eigentlichen Beutetieren wie Mäusen und Ratten folgend. Man kann aber auch genauso gut fragen, ob der Mensch wirklich bis in die letzten noch unerschlossenen Winkel dieses Planeten vordringen und dabei die Lebensräume anderer Arten in landwirtschaftliche Nutz- und Wohnflächen umwandeln muss – und gleichzeitig alles aus dem Weg räumen darf, was ihm nicht passt bzw. auch nur ansatzweise gesundheits- oder gar lebensbedrohlich werden könnte. Aber natürlich stellt sich diese Frage nicht. Das Wohlbefinden von Homo sapiens, der zahlenmäßig weltweit mittlerweile wahrscheinlich am häufigsten vorkommenden Wirbeltierart (Tendenz steigend), steht ja über allem. Und wenn es doch noch einmal dazu kommt, dass ein anderes Lebewesen, ob Schlange, Hai oder Ebola-Virus, unserer Spezies letztlich marginale Verluste zufügt, weil diese vielleicht auch einfach nur ihren Fortbestand zu sichern versuchen (der Wille dazu ist zumindest beim Virus sicherlich eher im übertragenen Sinne zu verstehen), dann werden sie mal eben schnell zur Plage verklärt und gezielt auf ein absolut unschädliches Maß herabdezimiert (siehe derzeit die übertriebenen Wildschweinjagden zur Eindämmung der wirtschaftlich schädlichen Afrikanischen Schweinepest – hier ginge es dem Menschen ja sonst möglicherweise an sein zweitwichtigstes Gut nach dem eigenen Leben: seine Geldbörse).

So lange, bis nur noch wenige Exemplare in Zoos oder am besten gleich nur noch in digital Form auf YouTube existieren, wo sie an uns keinen ‚Schaden‘ mehr anrichten können. Das reicht ja eigentlich auch als Arterhaltungsmaßnahme. Eine entsprechende Schlussfolgerung ziehen mit Sicherheit mehr als genug Leser aus Artikeln wie diesem. Das Wissensressort der ZEIT verfügt eigentlich über genug qualifizierte Redakteure, die solche Beiträge wesentlich differenzierter formuliert hätten. – Dr. Tobias Feldt


Leserbrief zu „Im Zwielicht“ von Jana Simon und Annabel Wahba im ZEIT Magazin

Ich verstehe völlig und kann nur zu gut nachvollziehen, was diese Frauen durchgemacht haben. Auch mir als Mann ist dieser Machtmißbrauch von Männern in entscheidenden Positionen bekannt. Dies ist keine sexuelle Geschichte, aber sie geht um Machtmißbrauch im künstlerischen Bereich. Ob es dann zu sexuellem Mißbrauch kommt ist eine weitere Eskalationsstufe eines Systems. Ich war als hoffnungsvoller, angehender Dirigent zu Probenwochen für Wagners „Parsifal“ und „Tristan“ als Korrepetitor nach Italien engagiert. Der österreichische Dirigent (Namen können gerne benannt werden) schrie alle Mitwirkenden regelmäßig an und machte sie „zur Sau“.

Jungen Sängerinnen und Sängern wurde jede Kompetenz abgesprochen und sie wurden vor versammelter Mannschaft denunziert und übelst beschimpft. Aich ich bekam mein „Fett weg“ und war so geschockt ob dieser Ausfälle, daß ich später eine Gürtelrose entwickelte. Im Nachhinein wünsche ich mir aufgestanden zu sein und diesem „Arschloch eins die Fresse“ gehauen zu haben, aber wie mit vielen Kollegen damals, wollte halt jeder vorankommen und dieser einflußreiche Macker schien ein Ticket zum Erfolg zu sein. Ob es zu sexuellen Übergriffen bei den weiblichen Teilnehmern kam, kann ich nicht sagen, aber ich denke gerade im künstlerischen Bereich ist das Abhängigkeitsverhältnis von aufstrebenden Künstlern so groß, daß die Grauzone unüberschaubar ist. Vielleicht kann die #metoo Debatte gerade im künstlerischen Bereich bewirken, das gerade die Künstler vorankommen und geschätzt werden, die gegen solche Psychopathen aufbegehren und daß sich alle, ob betroffen oder nicht kkar und solidarisch dagegen wehren. – Wolfgang Michel


Leserbrief zu „Zweifelhafte Selbstauskunft“ von Jochen Bittner

Vielen Dank für diese guten und wichtigen Artikel zum richtigen Zeitpunkt! Ich habe mir dazu gedacht, dass es eine Sache ist, eine medizinische Untersuchung durchzuführen und es eine andere Sache ist, diese anzuordnen. Dass dies den Behörden und deren Angestellten in Deutschland nicht selbstverständlich von der Hand geht, find ich gut. Dass man andere Gründe vorschiebt, ist menschlich. Und gerade deshalb braucht es Artikel wie diese, die – und das meine ich nicht spöttisch – ganz schlicht die Sachlage darlegen, eigentlich so ein bißchen wie bei der Sendung mit der Maus: Info an die Behörden und Bürger: Die Ärtze sind sich ihrer Verantwortung bewußt und begegnen dem Bittsteller respektvoll. Und weil wir alle, alle Rechten, alle Linke, alle in der Mitte und überhaupt alle uns letztlich einig sind, dass Minderjährige strafrechtlich anders behandelt werden sollen wie Erwachsene und weil das für uns alle gilt, muss das auch für die Einwanderer gelten. Und darum braucht sich kein Befürworter und kein Behördenmitarbeiter schlecht dabei fühlen, wenn er das fordert. Punkt. Schlichte Botschaft, kann jeder verstehen, kann jeder bejahen. Und das, was da so irgendwie an Gefühl mitschwingt und unausgesprochen rumschwirrt an Nicht-wieder-schuldig-werden-wollen, verpufft. Von dieser Art Darstellung der Sachlagen bzgl. Flüchtlingspolitik braucht es mehr. – Mirjam Hedinger


Leserbrief zu „Warmherzig, klares Urteil” von Theo Sommer

Vielen Dank für den warmherzigen und gleichzeitig informativen Nachruf über Nina Grunenberg! Als langjährige Leserin Ihrer Zeitung habe ich stets aufgeatmet, wenn ich Zeitungsartikel lesen konnte, die gut recherchiert waren, in denen nicht langatmig geschwafelt und der Leser nicht durch TechSpeak überfahren wurde und wo alle Möglichkeiten, die die deutsche Sprache bietet, voll ausgeschöpft wurden. Nina Grunenberg war für mich als Leserin in diesem Sinne eine Ausnahmejournalistin. Warum erfreuen Sie nicht die Nation mit der Herausgabe eines Sammelbands von Artikeln von Nina Grunenberg – zu Themen, bei denen sie besonders brilliert hat und die uns heute noch mitreißen – auch wenn es nur aufgrund des Schreibstils wäre?Susanne Groß


Leserbrief zu „»Wir liegen zu 95 Prozent richtig«” von Alexander Tieg und zu „Zweifelhafte Selbstauskunft“ von Jochen Bittner

Danke für die umfassende Darstellung der Problematik der Alterseinschätzung bei jungen Flüchtlingen mit klaren und notwendigen Worten, umfassend dargestellt von Prof. Püschel in einer längst überfälligen Diskussion. Wer in betrügerischer Absicht sein wahres Alter verschweigt und ein falsches angibt, um bevorteilt zu werden, muss damit rechnen, dass das Gastland seine Möglichkeiten ausschöpft, dies herauszufinden. Altersschätzungen in Zweifelsfällen werden aber noch zu selten und meistens nicht mittels einer ärztlichen Untersuchung durchgeführt, wie dem Artikel von J. Bittner zu entnehmen ist. Gesetzliche Grundlagen dafür sind vorhanden oder sollten ergänzt werden, damit nicht noch mehr Parallelgesellschaften (Menschen mit und ohne eindeutig feststellbarem Lebensalter) entstehen. Manche der Neuankömmlinge in Deutschland wissen vielleicht auch wirklich nicht, wann sie geboren wurden, weil es in ihrer Heimat nicht üblich ist, Geburtstage zu feiern oder weil die Geburten nicht registriert wurden. Auch in solchen Fällen wäre es hilfreich für das Kind oder den Jugendlichen zu wissen, wie alt es ist. Darauf haben sie auch ein Recht. Sie schreiben, Prof. Püschel vertritt eine Minderheitenposition  in der deutschen Ärzteschaft, was die Altersfestlegung bei jungen, unbegleiteten Flüchtlingen ohne Papiere angeht. Aber was heißt das schon? Die medizinische Wissenschaft strebt nach überprüfbaren Erkenntnissen und nicht nach Mehrheiten. Da drängt sich mir Friedrich Schiller auf, der den Fürsten Sapieha in „Demetrius“ sagen lässt: Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn. Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen… Der Staat muss untergehn, früh oder spät, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.“ – Dr. med. K. Trübner