In der Nacht vom 25.08.2010 auf den 26.08.2010 entzündeten bisher noch unbekannte TäterInnen gegen 2 Uhr ein Transparent an der Hausfassade des Treibhaus e.V. Döbeln. Das Transparent richtete sich mit seiner Aussage gegen die gängige Abschiebepraxis und war in ca. 3 Meter Höhe über dem Bürgersteig an der Hausfassade befestigt. BesucherInnen des vom Treibhaus e.V. betriebenen Café Courage, welches sich im Haus befindet, bemerkten den Brand erst mit Verzögerung und alarmierten daraufhin die Polizei.
Statement des Vereins Treibhaus e.V.
Ein Eingreifen der Feuerwehr war nicht nötig. Glücklicherweise hatte das Feuer nicht auf die Holzfensterrahmen, an denen das Plakat befestigt war, übergegriffen. Personen kamen keine zu Schaden. Zum jetzigen Zeitpunkt muss von einem gezielten Anschlag unter Verwendung von Brandbeschleunigern ausgegangen werden, da BesucherInnen nach dem Brand eine Flüssigkeit an den Transparentresten aufgefallen war.
Tags zuvor hatte am Döbelner Amtsgericht der letzte Prozesstag gegen drei Mitglieder der mittlerweile verbotenen Neonazikameradschaft Sturm
34 aus Mittweida stattgefunden. Dieser endete mit einer Einstellung des Verfahrens, einem Freispruch und einer achtmonatigen Freiheitsstrafe ausgesetzt auf 2 Jahre Bewährung für einen der Angeklagten. Den Beschuldigten war vorgeworfen worden, im Februar 2007 an einem Überfall auf das Café Courage beteiligt gewesen zu sein, bei dem vier Menschen verletzt wurden. Bei dem Überfall während einer Kabarettveranstaltung hatten die AngreiferInnen Bühnentechnik und Inneneinreichtung demoliert und verletzten eine Frau so schwer, dass sie nach notärztlicher Erstversorgung ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Dreieinhalb Jahre nach dem Übergriff gelang es indes nicht, höhere Strafen gegen die Beschuldigten zu erwirken, da sich nach der großen Zeitspanne zwischen dem Überfall und der Gerichtsverhandlung Widersprüche in den Aussagen von ZeugInnen ergaben. Mitglieder der lokalen Neonaziszene verließen den Gerichtssaal daraufhin nach der Urteilsverkündigung mit einem Siegerlächeln und fuhren hupend davon.
Stefan Brauneis, Pressesprecher des Treibhaus e.V. nannte das Urteil eine Enttäuschung. „Der Brandanschlag einen Tag nach der Gerichtsverhandlung zeigt: Solch milde Urteile helfen nicht, militante Neonazis von gewaltsamen Einschüchterungsversuchen abzubringen.“ Wo Menschen mittels Gewalt an der Ausübung ihrer demokratischen Grundrechte gehindert werden sollen, müsse der Staat mit besonderem Nachdruck aktiv werden. Brauneis weiter: „Rechtsextreme Übergriffe müssen bei der Staatsanwaltschaft mit besonderer Priorität behandelt werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass rechte GewalttäterInnen ihren Kopf aus der Schlinge ziehen können, weil die Verfahren erst nach Jahren zum Abschluss kommen.“ Zudem sei es notwendig, solche Verfahren besonders intensiv vorzubereiten. So dürfe es z.B. nicht passieren, dass weder RichterIn noch Staatsanwaltwaltschaft über weitere laufende Verfahren von ZeugInnen oder Beschuldigten informiert seien.
Kati Voigt, Mitarbeiterin des Treibhaus e.V. ergänzt: „Seit Jahren weisen wir als Verein darauf hin, dass die lokale Neonaziszene ein Objekt in der Reichensteinstraße als Rückzugsraum und Konzerthalle benutzt. Es ist bekannt, dass das Gebäude wichtig für die Szene ist, um sich zu organisieren und Strukturen zu festigen. Dennoch ist dies bis heute kein Thema in der Stadt. Initiativen gegen die Nutzung des Objekts durch Neonazis wären aber dringend angezeigt.“
Erst vor sechs Wochen waren Brandstiftungen auf die Autos einer Mitarbeiterin des Treibhaus e.V. und eines weiteren Vereinsmitglieds verübt worden. Auch damals wurden Rechtsextremisten hinter den Anschlägen vermutet. Nach anfänglich zögerlichen Aussagen der Polizei zum möglichen Tathintergrund werden diese Brandanschläge nun auch in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik unter dem Titel „Politisch motivierte Kriminalität — rechts“ geführt. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Drs 5/3156) hervor. Die Ermittlungen der SOKO Rex haben bisher noch nicht zur Feststellung von Tatverdächtigen geführt.