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Wenn Burschenschaften feiern…

 

Synchrontrinken: Alte Herren beim Verbändekommers 2008 in Hamburg

Der folgende Beitrag von Felix Krebs thematisiert die Teilnahme extrem rechter Burschenschaftler beim anstehenden Verbändekommers in  Hamburg  und beleuchtet in diesem Zusammenhang die einflussreiche Rolle eines ehemaligen CDU-Bürgerschaftsabgeordneten und NDR-Mitarbeiters.

Wenn Burschenschaften feiern…

…möchte ein leitender Mitarbeiter des NDR auf Nazis nicht verzichten.

Wie in jedem Wintersemester möchte die „Vereinigung Hamburger Akademikerverbände“ (VHA), ein Zusammenschluss von Hamburger Studentenverbindungen, ihren Verbändekommers feiern. Wegen der Beteiligung von rechten schlagenden Verbindungen aus dem „Hamburger Waffenring“ (HWR) gab es in den letzten Jahren immer wieder Proteste dagegen. 2009 wurden der VHA von der Handwerkskammer die Räumlichkeiten gekündigt und auch das ersatzweise angefragte Hotel Intercontinental lehnte dankend ab. Die Feier musste komplett ausfallen, da die VHA ihrerseits nicht auf die Auslandung der umstrittenen Burschenschaft Germania verzichten wollte. Jetzt ist für Anfang 2011 wieder die gemeinsame Feier von Burschen und Alte Herren avisiert. Für die Teilnahme von Neonazis aus den Reihen der Germania macht sich hinter den Kulissen Horst Szychowiak, ein ranghoher Mitarbeiter des Norddeutschen Rundfunks, stark.

Sollen Nazis mitfeiern?

Die Germanen aus der Sierichstraße sind selbst in korporierten Kreisen umstritten. Regelmäßig treten Redner in ihrem Haus auf, die auch vor NPD und anderen neofaschistischen Organisationen referieren. Das Hamburger Abendblatt titelte 2009 „Proteste gegen Treffen der Neonazis“ als StudentInnen gegen den Auftritt von NPD-Redner Björn Clemens im Germanenhaus mobil machten. Im Sommersemester 2010 hielt Germanenbruder Andre Busch in dem Haus einen Vortrag zum Thema „Politischer Kampf in der Weimarer Republik.“  Busch hatte 2008 ein Buch über die so genannten Blutzeugen der NS-Bewegung, also die in der Weimarer Republik umgekommenen Straßenkämpfer der ersten Stunde, in einem einschlägigen Verlag veröffentlicht. Mit diesem Buch war Busch seit 2 Jahren auf Vortagstour, was ihm einen ausführlichen Artikel des Verfassungsschutzes  einbrachte. In den vergangenen Jahren gab es auch immer wieder Burschen der Germania, die zugleich bei der NPD oder anderen neofaschistischen Organisationen mitmischten.

Festkommers 2008 im Hamburger Logenhaus mit den Emblemen der teilnehmenden Dachverbände

Um unliebsamer Kritik zu entgehen, beschlossen die anderen Studentenverbindungen in den Jahren 2006 und 2008 die Germanen lieber vom gemeinsamen Verbändekommers auszuladen. Intern gab es darüber allerdings Streit in der VHA, was dazu führte, dass man 2009 lieber gänzlich auf die gemeinsame jährliche Feier verzichtete, als sich von der Germania zu distanzieren. Auf die jahrelang gebuchte Handwerkskammer musste man verzichten, weil deren Pressesprecherin Ina Diepold gegenüber der Hamburger Morgenpost erklärte, man sei grundsätzlich für Veranstaltungen auf Basis der demokratischen Grundordnung offen. „Die Veranstaltung des Verbändekommerses passt nicht in diesen Kontext und findet bei uns nicht statt“.

Ein einflussreicher Sprippenzieher

Wenn die Germania ausgeladen wurde, dann blieb auch jedes Mal die schlagende „Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock“, Mitglied des HWR und des Dachverbandes Coburger Convent (CC) den Feiern aus „Solidarität“ fern. Denn Meckis  und Germanen pflegen seit Jahrzehnten sehr freundschaftliche Beziehungen, schlagen gemeinsam Mensuren und sind sich nicht nur örtlich (ebenfalls in der Sierichstraße), sondern auch politisch ziemlich nahe.  So verwundert es wenig, dass ein Alter Herr der Landsmannschaft sich innerhalb der Hamburger Studentenverbindungen für die erneute Teilnahme der Germanen stark macht. „Ich sehe keine Veranlassung, von dieser aus guten Gründen getroffenen Beschlussfassung abzuweichen“ schrieb Horst Szychowiak Ende Oktober an den Vorsitzenden der VHA Ernst Riechert, der den Festkommers organisiert sowie an führende Alte Herren aus Hamburg. „Es kann auch keine Lösung sein, Hamburger Germanen klammheimlich an der Veranstaltung teilnehmen zu lassen,“ dies sei den völkischen Burschen nicht zu zumuten.

Horst Szychowiak war lange Zeit oberster Alter Herr der Mecklenburgia, sorgte hier für einen strammen Rechtskurs und hat einigen Einfluss innerhalb der Hamburger Studentenverbindungen. Sein Einfluss wirkt allerdings auch außerhalb der Schmissträger, denn Szychowiak war nicht nur Bürgerschaftsabgeordneter für die CDU, sondern ist Anti-Korruptionsbeauftragter und  Leiter der Revision beim Norddeutschen Rundfunk. Diesen Sommer wurde Szychowiak dafür bekannt, dass er mit einem „Alsterkreis“ innerhalb der CDU schon vor der Aufkündigung der schwarz-grünen Koalition gegen die geplante Schulreform agitierte.

Braune Mecklenburgia

Während die Burschenschaft Germania mit ihren Nazi-Rednern bewusst regelmäßig provoziert, damit Aufmerksamkeit erlangt und darüber auch akademische Rechte anlockt, versteht es die Landsmannschaft Mecklenburgia geschickt im Hintergrund zu bleiben. Die Grenzen zur extremen Rechten sind allerdings auch bei dieser Verbindung fließend.

1993, Horst Szychowiak fungierte als Vorsitzender der Alten Herren, schrieb der Verfassungsschutz in einem vertraulichen Informationsbericht: „ Als zumindest rechtsextremistisch beeinflußt hat ebenso die ‚Landsmannschaft Mecklenburgia‘ zu gelten.“  Im selben Jahr sorgte ein anderer Alter Herr der Mecklenburgia für einen Eklat. Professor Dieter Wiebecke lobte bei einer öffentlichen Feier den „Opfergang der 6. Armee“ vor Stalingrad 1943 als Symbol für den „ethischen Wert  ihrer beispiellosen Hingabe und Opferbereitschaft“ und empfahl die Nazi-Wehrmacht als Vorbild für die heutige Jugend. Diese Worte waren selbst für Teile des Dachverbandes Coburger Convent zu viel, und führten zu heftigen internen Debatten. Horst Szychowiak allerdings schrieb dazu in den CC-Blättern, man lehne eine „Zensur der offiziellen Reden“ ebenso ab, wie einen „Katalog von zu vermeidenden Reizwörtern und – Themen“.  1996 hatte dann Hanno B. die seltene Ehre namentlich im Hamburger Verfassungsschutzbericht erwähnt zu werden. Er war zu diesem Zeitpunkt aktiver Bursche der Mecklenburgia und organisierte für den neurechten „Hamburger Kreis“ Veranstaltungen mit Verbindungsstudenten und Neonazis.

Seit Jahren tauchen im Veranstaltungsprogramm der Mecklenburgia immer wieder Referenten der sog. Neuen Rechten auf. Erst am 3. Dezember 2010 war Ex-Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof ins Haus der Meckis zum Vortrag „Das tschechisch-deutsche Drama 1918-1939“ mit anschließender Feuerzangenbowle geladen worden.  Der Geschichtsrevisionist referierte und veröffentlichte ebenfalls für Organisationen und Medien, die vom Geheimdienst als rechtsextremistisch eingestuft werden.

Seit zwei Jahren finden zusätzlich  rechte Veranstaltungen im Mecklenburgia-Haus  unter dem Titel „Hamburger Freiheitsgespräche“  statt. Sie werden veranstaltet von einer „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e. V.“, laut Politikwissenschaftler Prof. Wolfgang Gessenharter ein „wichtiges Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“.  Zu den Veranstaltungen im Haus von Szychowiaks schlagender Verbindung melden sich neben Korporierten  auch Mitglieder von neofaschistischen Vereinigungen an, wie z.B. Björn J. Neumann der aktuell für die NPD auf Platz zwei zur Bürgerschaftswahl in Hamburg antritt.

Während die Türen des Verbindungshauses nach rechts weit offen stehen, müssen andere Menschen draußen bleiben. Die Prinzipien der Verbindung gebieten, dass Frauen, Zivildienstleistende und „Ausländer in unserer Gemeinschaft nicht aufgenommen werden können,“  wobei der „lockere Umgang Deutschlands bei der Vergabe seiner Staatsangehörigkeit“  angemahnt wird. In diesen Kreisen gelten nämlich nach wie vor völkische Prinzipien, wenn es um das Nationenverständnis geht.

Dieses eindeutige Bekenntnis wird allerdings von der Mecklenburgia, ebenso wie die aufschlussreiche Referentenliste, seit ein paar Jahren nicht mehr öffentlich im Internet verbreitet. Dies wäre für Herrn Szychowiak und einige andere Alte Herren der Hansestadt dann wohl doch zu kompromittierend.

Von Felix Krebs

Felix Krebs schreibt u.a. für die antifaschistische Zeitung „Der Rechte Rand“.