Bei Demonstrationen soll die „Äffchen-Fraktion“ dafür zuständig sein Druck auf die Polizei aufzubauen und gezielt Linke anzugreifen. Kurzum: eine Gruppe für das „Grobe“. Die Staatsanwaltschaft Koblenz rechnet Neonazis aus den Reihen des verbotenen rheinland-pfälzischen Aktionsbüro Mittelrhein zu deren Mitgliedern. Aber auch Rechte aus Pulheim und Köln sollen zu den „Äffchen“ gehören. Auf deren Internetseiten wird Antifaschisten offen gedroht und ein Lokalpolitiker mit Foto, Telefonnummer und vollständiger Adresse „geoutet“. Der zuständige Staatsschutz in Köln äußert sich hierzu nicht konkret.
Die Anzahl der „Äffchen“ wird im Prozess gegen das als „kriminelle Vereinigung“ eingestufte und daher verbotene Aktionsbüro Mittelrhein (AB-M) mit circa 10 angegeben. Sie sollen Kraftsport betreiben und im hohen Maße gewaltbereit sein. AB-M-Kader Christian H. habe die Gruppe so genannt, doch wie der Name genau zu Stande kam ist unklar. Auf Demonstrationen unterstünde die „Äffchen-Fraktion“ oft dem jeweiligen Kommando der lokalen Kameradschaftsführer.
Namentlich bringt die Staatsanwaltschaft Koblenz den Zusammenschluss „Äffchen-Fraktion“ nicht mit konkreten Straftaten in Verbindung; die einzelnen Mitglieder allerdings schon. Eine Auswahl: mutmaßliche Mitglieder des AB-M und der „Äffchen-Fraktion“ sollen mehre Autos im Kreis Ahrweiler teilweise demoliert und in einem Fall in Brand gesetzt haben, sowie ein Wohnhaus mit Steinen angegriffen haben, bei Aufmärschen in Dresden sollen sie im Jahr 2010 auf linke Demonstranten losgegangen sein und 2011 u. a. das linke Wohnprojekt „Praxis“ mit Steinen beworfen haben, in Wuppertal seien sie 2010 in einen Angriff auf eine antifaschistische Filmvorführung verwickelt gewesen und ein Jahr später hätten sie dort gemeinsam mit ca. 40 anderen Neonazis Linke in einen Hinterhalt locken wollen um sie zu verprügeln, 2005 sei versucht worden eine Polizeikette in Halbe zu durchbrechen.
Pulheimer Neonazis Teil der Schlägergruppe?
Zu der „Äffchen-Fraktion“ werden außerdem Neonazis der Autonomen Nationalisten Pulheim (ANP) gerechnet. Namentlich Moritz S. aus dem an Pulheim (Rhein-Erft-Kreis) grenzendem Köln-Esch. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft Koblenz, die ihn in dem Prozess gegen das AB-M lediglich als Zeugen aufführt, bringt ihn eine Aussage ebenfalls mit Gewalttaten in Verbindung. So soll er im Februar 2011 an einem Angriff auf einen Punker in Dresden und an einem Überfall auf einen Bus anreisender Antifaschisten beteiligt gewesen sein. Seine herausragende Stellung für die ANP wird dadurch deutlich, dass er gemeinsam mit AB-M-Kadern und Kameradschaftsführern aus Aachen, Köln, Leverkusen, und Wuppertal an überregionalen Vernetzungstreffen teilgenommen haben soll.
Die ANP ist Teil der Aktionsgruppe Rheinland (AG-R), einem angeblichen Zusammenschluss verschiedener Neonazi-Gruppen. Tatsächlich aber werden auf der Internetseite seit längerer Zeit fast ausschließlich Artikel der ANP publiziert. Auf einer inzwischen nicht mehr erreichbaren eigenen Facebookseite veröffentlichte die AG-R im Mai 2011 den Eintrag „Jagd auf die Antifa offiziell freigegeben!“. Mit einigen Monaten Abstand folgten zwei Einträge auf der AG-R Homepage, die unter anderem die vollständige Adresse samt Telefonnummer des Grünen Stadtratsabgeordneten Moritz Jungeblodt aufführten. In einem Artikel wird das Stadtratsmitglied als „antideutsche[r] Politiker“ geschmäht und bezichtigt Steine auf eine Neonazi-Demonstration in Soest geworfen zu haben. „Falls sie Moritz Jungeblodt gerne selbst zu den Vorwürfen befragen möchten“, heißt es in einem Bericht, „haben wir hier ein aktuelles Bild von ihm“ – es folgt ein Portraitfoto von Jungeblodt. Zu Ausschreitungen von Gegendemonstranten, wie es die AG-R behauptet, kam es nach polizeilichen Informationen in Soest allerdings nicht. „Als die Neonazis mich dort unter den Gegendemonstranten erkannten riefen sie erst meinen Namen und winkten“, berichtet Jungeblodt. Später habe ein Neonazi gestikuliert, dass er ihm die „Kehle aufschneiden“ würde. Der Politiker erstattete wegen der verleumderischen Aussagen im Internet Strafanzeige gegen unbekannt.
„Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass der aktuelle Betreiber der Seite im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums (PP) Köln wohnhaft ist“, heißt es von Seiten des Kölner Staatsschutzes nach dreiwöchiger Wartezeit auf eine Anfrage von ZEIT ONLINE. Und weiter: „Die der politisch motivierten Kriminalität (PMK) rechts zuzuordnenden Straftaten im Rhein-Erft-Kreis sind seit mehreren Jahren rückläufig.“ Gefragt nach den „Anti-Antifa-Aktivitäten“ der AG-Rheinland antwortet die Behörde ausweichend die Aktivisten der ANP träten „insbesondere durch Schmier- und Klebeaktionen in Erscheinung“. Zu den Vernetzungen mit kriminellen Strukturen und den zahlreichen Gewalttaten Pulheimer Nazis schwieg die Behörde.