Für die NPD ist eine positive Außendarstellung äußerst wichtig. Die Partei versucht seit Jahren mit eigenen Regionalzeitungen in ein mediales Vakuum einzudringen und so die Berichterstattung selbst zu kontrollieren. In Thüringen gründeten NPD-Funktionäre nun sogar einen eigenen Verein: den „Thüringer Medienverbund e.V.“
Sie heißen „Bürgerstimme“, „Faktum“ oder „Nordthüringen Bote“ – mittlerweile gibt es rund zehn dieser NPD-Regionalzeitungen in Thüringen. Ziel sei eine „ungefilterte patriotische Massenaufklärung“, wie die Partei selbst schreibt. Die Verbreitung eigener regionaler Zeitungen stößt vor allem in den ländlichen Regionen in ein mediales Vakuum, in dem immer weniger Tageszeitungen gelesen werden und die Zahl der Publikationen zurückgeht. Die NPD weiß um diese Lücke und versucht sie zu nutzen. In einer Mischung aus bundes- und lokalpolitischen Themen versucht man die Parteiideologie so zu verbreiten. Herausgegeben werden diese kostenlosen NPD-Blättchen mittlerweile von einem eigens gegründeten Verein, dem „Thüringer Medienverbund e.V.“. Bereits Mitte November 2012 wurde er von NPD-Funktionären gegründet und im Mai 2013 in das Vereinsregister eingetragen. Der erste Eindruck lässt kaum erahnen, was hinter dem eingetragenen Verein steckt und dies ist wohl auch beabsichtigt. Liest man allerdings die Liste der Gründungsmitglieder, so wird schnell klar, wie dieser einzuordnen ist. Neben dem NPD-Landesvorsitzenden Patrick Wieschke und dem stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Frank Schwerdt sind es
ausnahmslos Personen mit Funktionen in der rechtsextremen Partei. Als Vorsitzender agiert das Vorstandsmitglied des NPD-Kreisverbandes Wartburgkreis, Karsten Höhn. Auch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz vermutet hinter dem unverfänglichen Auftreten des Vereins eine Strategie. „Dahinter mag auch das Kalkül der NPD stehen, den Verein etwa als unverfänglich erscheinenden Anmelder von Veranstaltungen bzw. Anmieter entsprechender Räumlichkeiten zu nutzen oder ggf. öffentliche Zuwendungen zu erlangen“, teilte das Landesamt auf Anfrage mit. Weitere Aktivitäten seien dem Landesamt bisher nicht bekannt, heißt es weiter.
NPD-Funktionäre mit Presseausweis
Auch der NPD-Kreisvorsitzende Roy Elbert aus Nordhausen gehört zu den Gründungsmitgliedern des ominösen „Medienverbundes“. Gegen ihn wurde zuletzt wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Auch in Nordhausen gibt die NPD eine ihrer Regionalzeitungen heraus. „Faktum“ nennt die NPD ihr Machwerk in Nordthüringen. Mittlerweile ist die sechste
Ausgabe des Propaganda-Blättchens erschienen. Neben NPD-Funktionären werden hier als Autoren auch gewalttätige Neonazis der „freien Kräfte“ geführt. Elbert war zuletzt mehrfach auf rechtsextremen Veranstaltungen aufgefallen, weil er sich mit einem Presseausweis Zutritt in abgesperrte Bereiche verschaffte, um Gegendemonstranten abzufilmen. Unter anderem beim Rechtsrock-Openair „Nationalen Kundgebungstag“ in Leinefelde konnte er eine Demonstration abfilmen, an der auch die Thüringer Sozialministerin Heike Taubert (SPD) teilnahm. Trotz mehrfacher Hinweise der Demonstranten konnte Elbert dank seines Presseausweises in Ruhe filmen. Für welches Medium jenseits der NPD-Propaganda-Erzeugnisse der Neonazi als Journalist arbeiten soll, ist unklar. Obwohl Elbert sich bereits mehrfach gegenüber der Polizei als Journalist ausgab, ist dem Landesamt für Verfassungsschutz nach eigenen Angaben bisher nicht bekannt, dass Mitglieder des Vereins Presseausweise verwenden.
Da mittlerweile zahlreiche dieser Dokumente im Umlauf sind, die jeder frei erwerben kann, scheint eine reine Kontrolle dieser Ausweise zwecklos. Oft sind Polizeibeamte mit den verschiedenen Arten an Ausweisen völlig überfordert. Hier bedarf es offensichtlich dringend einer verstärkten Schulung für Polizisten. Außerdem stellt sich die Frage, ob ein bekannter NPD-Funktionär tatsächlich von den Beamten als vermeintlicher Journalist an eine Gegendemonstration herangelassen werden muss, um dort die Demonstranten abzufilmen.