Wer schon gedacht hat, dass die „Hooligans gegen Salafisten“ (HogeSa) an Inhaltlosigkeit nichtmehr zu überbieten sind, wird nun eines Besseren belehrt. Vor allem in Berlin treten Sympathisanten des rechten Netzwerkes neuerdings als „Bündnis deutscher Hools“ (B.D.H.) in Erscheinung. Sie fallen vor allem durch Alkoholkonsum und Straftaten auf.
Die überwiegend männlichen und gewaltbereiten Fußballfans eint vor allem der Hass: Auf Salafisten – stellvertretend für den Islam generell -, auf Flüchtlinge und auf „die Antifa“. Die Gruppe mit einer Affinität zu extrem rechten Inhalten trat regelmäßig beim Berliner Pegida-Ableger „Bärgida“ und den rechten Aufmärschen gegen geplante Flüchtlingsunterkünfte im Ostteil Berlins auf. Über Ostern fand nun in Hellersdorf ein überregionales „Kennenlerntreffen“ mit Teilnehmern aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern statt. Die Folge: Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz.
Einer der Organisatoren der Zusammenkunft war augenscheinlich der einschlägig bekannte Enrico Schottstädt. Der Anhänger des FC Union Berlin trat bereits in der Vergangenheit als führender Kopf des Berliner HogeSa-Spektrums auf, meldete im Dezember eine Kundgebung gegen „Asylmissbrauch und linke Gewalt“ an, beteiligte sich in Marzahn als Ordner bei den flüchtlingsfeindlichen Aufmärschen und organisierte schon im Januar in der Kneipe „Stumpfe Ecke“ im Prenzlauer Berg ein sogenanntes „Kennenlerntreffen“. Damals noch unter dem Label HogeSa.
Unter den rund 40 Anwesenden beim zweiten Treffen am Ostersonntag befanden sich neben Rechten aus Schwerin und Magdeburg auch Anhänger des VFL Wolfsburg, die sich „Division Wolfsburg – Berserker Deutschland“ nennen und sich um den Rechtsrocksänger Achim Buonafede sammeln. Ein Foto zeigt ihn mit weiteren Anhängern der „Division“ und Initiator Schottstädt beim Posieren unter einer Hakenkreuzfahne.
Die Mobilisierung zu dem Treffen am 5. April war der Polizei im Vorfeld bekannt geworden, der konkrete Treffort in dem Lokal „Icke – Altberliner Kneipe“ in der Hellersdorfer Promenade offenbar jedoch nicht. So konnten sich die Rechtsextremen ungestört sammeln. Allerdings stand weniger der Austausch über politische Inhalte im Zentrum, sondern die Selbstinszenierung als vermeintliche Hooligans, die sich in dem vermummten Posieren vor einem B.D.H.-Schriftzug erschöpfte. Höhepunkt bildete ein Aufstellen zum Gruppenfoto vor dem Lokal, bei dem unter „Deutschland Hooligans“-Parolen mehrere bengalische Fackeln gezündet wurden. Ein Teilnehmer filmte die Szene.
Die Aktion provozierte einen Polizeieinsatz, wie Polizeisprecher Stefan Redlich gegenüber ZEIT Online berichtet: „Am 5. April 2015 wurde die Polizei in die Tangermünder Straße alarmiert, da dort Personen einen Fackelumzug durchgeführt und dabei Parolen gerufen haben sollen.“ Vor Ort wurde aber niemanden mehr angetroffen. „Während des Einsatzes wurden die Beamten auf eine Ruhestörung aus Richtung der Kneipe in der Hellersdorfer Straße aufmerksam. Die Gäste wurden aufgefordert, leiser zu sein und die Nachtruhe zu beachten“, so Redlich weiter.
Im Nachgang an den Abend dient das Foto bei diversen Anhängern der B.D.H. als Facebook-Titelbild. Auch die Polizei entdeckte die Aufnahme, sagt Stefan Redlich: „Aufgrund des Fotos bei Facebook wurde eine Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verstoßes gegen das SprengG gefertigt.“
Nicht die ersten Vorfälle mit strafrechtlichen Konsequenzen für das Spektrum der B.D.H. Am Rande einer Demonstration gegen Rassismus im Köpenicker Allende-Viertel Mitte Dezember versuchten rund 30 Rechtsextreme, darunter Anhänger der heutigen B.D.H., den Aufzug anzugreifen. Die Polizei drängte die Rechten ab und leitete Ermittlungsverfahren wegen schweren Landfriedensbruch ein. Mitte März beteiligte sich Personen aus dem Spektrum der B.D.H. am Berliner Pegida-Aufzug „Bärgida“. Mehrere Personen aus der Gruppe stürmten gegen Ende auf einen Pressevertreter zu, ein 29-jähriger griff ihn vor den Augen der Polizei an. Er wurde unmittelbar nach der Tat wegen Körperverletzung festgenommen.
Allerdings wird das „Bündnis deutscher Hools“ in der rechten Szene kritisch gesehen. Auf der Facebookseite der rechtsextremen Flüchtlingsheimgegner in Falkenberg bezeichnen sie die Gruppe abwertend als „Kinder-HoGeSa“ und „Verräter“, die „unaufrichtig“ sowie „mehr dem Alkohol als unseren nationalen Sorgen und Nöten zugewandt“ auftrete. Kritisiert wird nicht das gewaltbereite Auftreten sondern eine fehlende Disziplin sowie einen „unkontrollierbaren Hang zum Alkoholkonsum“, der „der Antifa die nötigen Argumente zulieferte“.
Der Zusammenschluss ist ein weiterer Schritt in der zunehmenden Ausdifferenzierung der Berliner rechtsextremen Szene, in der mittlerweile jede Kleinstgruppe einen Ableger hat. Zuletzt gründete die Neonazi-Splitterpartei „Der dritte Weg“ einen „Berliner Stützpunkt“. Sie alle sind Resultat der Abschottung der in der Hauptstadtszene lange Zeit tonangebenden Strukturen von „Freien Kräften“, NPD und JN. Sie setzten zuletzt immer mehr auf klandestin geplante Kleinstaktionen und erschwerten so potentiellen Sympathisanten die Möglichkeit der Partizipation.