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Einschüchterung und Provokation – „Der III. Weg“-Wahlkampf in der Pfalz

 

Matthias Fischer redet bei einem Aufzug der rechtsextremistischen Partei "Der III. Weg" in Kaiserslautern am 05.03.2016 © Christian Martischius
Matthias Fischer redet bei einem Aufzug der rechtsextremistischen Partei „Der III. Weg“ in Kaiserslautern am 05.03.2016 © Christian Martischius

An den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz nahm zum ersten Mal die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ teil. Nachdem das Endergebnis der Wahlen bekannt gegeben wurde, sprach „Der III. Weg“ auf seiner Homepage von Fehlern, die zu analysieren seien. Betrachtet man die Ergebnisse im Detail , wirken die Resultate von „Der III. Weg“ tatsächlich erbärmlich. So gaben beispielsweise in der Verbandsgemeinde Limburgerhof, wo die Partei im vergangenen Jahr mehrere Kundgebungen und Infostände durchführte, gerade mal 16 von über 9.000 Wahlberechtigten dem „III. Weg“ ihre Stimme. Damit lag die Partei in Limburgerhof bei 0,2 Prozent und somit immerhin noch über dem Gesamtergebnis von 0,1 Prozent in Rheinland-Pfalz.

Von Sebastian Meyer

Das schlechte Ergebnis soll aber nicht dazu führen die junge Partei zu unterschätzen. Dafür bietet der zurückliegende Wahlkampf keinen Anlass. Die Partei selbst gab an in Rheinland-Pfalz 100.000 Flyer verteilt und 10.000 Plakate aufgehängt zu haben. Auch lokale Antifaschisten sprechen von einer „fast flächendeckende Plakatierung“.

Am 20. Februar kam es im vorderpfälzischen Speyer zu einem Übergriff durch Neonazis, welcher deutlich macht das einigen „Der III.Weg“-Aktivisten reine Propagandaaktionen nicht genügen. In der Hauptstraße der historischen Altstadt, hingen Plakate von „Der III.Weg“ ungewöhnlich tief. Gegen 23.30 Uhr stürmten zwei junge, sportliche Männer aus einem parkenden Kleinbus auf eine Gruppe Jugendlicher zu und hielten eine junge Frau fest. Sie gaben sich als Polizisten aus und beschuldigten die junge Frau ein Plakat der Neonazi-Partei abgerissen zu haben. Augenzeugen und Freunde der Frau mischten sich ein und wollten die Dienstausweise der angeblichen Polizisten sehen. Schnell wurde klar, dass es sich bei den beiden Männer nicht um Polizisten, sondern um Anhänger des „III. Wegs“ handelte. Einer von ihnen war der Fürther Neonazi Kai-Andreas Zimmermann. Zimmermann saß schon wegen Angriffen auf Antifaschisten im Gefängnis. Er war offenbar extra zur Wahlkampfunterstützung in die Pfalz gereist.

Augenzeugen berichteten gegenüber dem Störungsmelder, dass die Neonazis die junge Frau etwa zehn Minuten lang grob festhielten, in dem sie ihr das Handgelenk verdrehten, bis echte Polizisten eintrafen. Die Polizisten erstatteten Anzeige gegen das Opfer des Übergriffs, allein auf Grundlage der Aussage der beiden Neonazis.

Diese Form des „Wahlkampfs“ ist nicht ganz neu in der Pfalz, bereits bei vergangenen Wahlen kam es zu ähnlichen Hinterhalten durch Aktivisten des „Aktionsbüros Rhein-Neckar“, welche damals noch für die NPD plakatierten.

„Der III. Weg“ veranstaltete am 5. März eine Demonstration in Kaiserslautern. Auch hier reisten auswärtige Neonazi-Kadern, vor allem aus Bayern und Brandenburg, an. Zwar konnten Gegendemonstranten durch eine Blockade verhindern, dass die Neonazis direkt vor einem Asylbewerberheim im Stadtteil Asternweg ziehen konnten, dennoch liefen die 80 Teilnehmer gut vier Kilometer durch Kaiserslautern. Dabei ging der vordere Teil der Demonstranten in Marschformation. Am Ende ihres Aufmarschs zündeten die Neonazis dann sogar Rauchbomben, ohne dass die Polizei eingriff.

Auch am 13. Februar kam es in Alzey und Worms zu ähnlichen Aufmärschen des „III. Wegs“ . Dabei war es den Neonazis sogar erlaubt worden mit Fackeln durch die Städte zu laufen. Die „Interventionistische Linke Rhein-Neckar“ kritisierte danach scharf Städte und Polizei: „Mit dem Verzicht nicht nur auf ein Verbot, sondern auch jedwede spürbare Auflagen hat die Stadt Worms jedoch klar versagt und der Partei „Der dritte Weg“ die Stadt als Bühne dargeboten für ihre gefährliche Hetze … Auch hielten Stadt und Polizei bewusst Informationen über Termin und Route des Marsches zurück.“

Wenige Tage vor der Wahl verschickte „Der III. Weg“ an eine Reihe von rheinland-pfälzischen Kommunalpolitikern rassistische Postkarten. Die Betroffenen wurden als „Überfremdungsbefürworter“ bezeichnet und zur Ausreise „nach Afrika“ aufgefordert. Durch die Aktion konnte die Partei zumindest kurzfristig auf sich aufmerksam machen und gleichzeitig ihre politischen Gegner einschüchtern. Die meisten Postkarten wurden an die Privatadressen der Politiker geschickt. Viele der Betroffenen erstatteten Anzeige.

Weder die NPD noch „Der III.Weg“ schafften es über 1 Prozent der Stimmen der Wähler in Rheinland-Pfalz zu erhalten. Das dürfte auch am Aufstieg der AfD liegen. Im benachbarten Baden-Württemberg trat neben der NPD, welche dort 0,5 Prozent erhielt, noch „Die Rechte“ an und erhielt landesweit gerade mal knapp 700 Stimmen (0,0 Prozent).

Dennoch erfährt die Neonazi-Szene im Windschatten von AfD und Pegida neuen Aufschwung. „Der III.Weg“ setzt im Konkurrenzkampf um die Stimmen am extrem rechten Rand auf gewaltbereites Auftreten, Einschüchterung und Provokation und ist damit auch erfolgreich: So nahmen an der erwähnten Demonstration in Kaiserslautern neben lokalen und angereisten „III.Weg“-Kadern auch Personen aus dem Umfeld der NPD und vereinzelte Hooligans des 1.FC Kaiserslautern teil.