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Das Ende eines rechten Vorreiters

 

Pro Köln-Aufmarsch im Februar 2011 in Köln-Ehrenfeld © Getty

Am Mittwochabend hat die selbsternannte Bürgerbewegung Pro Köln ihre Auflösung bekannt gegeben. Als islamfeindliche Bewegung hatte Pro in Deutschland eine Vorreiterrolle.

 

Von Sebastian Weiermann

 

Mitte der 1990er Jahre überlegten sich langjährige Kader der extrem rechten Bewegung wie Manfred Rouhs und Markus Beisicht eine neue Strategie, um erfolgreiche Politik zu machen. Beide waren vorher in Parteien und Organisationen wie der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ oder bei den „Republikanern“, aber mit diesen war nichts zu gewinnen. Der Neuaufbau sollte im lokalen Geschehen, und so wurde 1996 der Verein Pro Köln gegründet. Bis zum ersten Wahlantritt in Köln dauerte es dann zwar noch bis 2004, dann war die selbsternannte Bürgerbewegung allerdings auch relativ erfolgreich und zog mit 4,7 Prozent der Stimmen in den Kölner Rat ein. Das reichte für vier Mandate und die Bildung einer Fraktion. Dem vorausgegangen war ein Wahlkampf wie man ihn heute nur allzu gut von der AfD kennt. Gegen Pläne, eine Moschee im Stadtteil Chorweiler zu bauen, wurde regelmäßig demonstriert und Unterschriften gesammelt. Flüchtlinge, darunter viele Roma, die auf einem Schiff untergebracht waren, wurden genutzt, um Ängste zu schüren. Einfache Parolen und ein betont biederes Auftreten in der Öffentlichkeit waren das Erfolgsrezept von Pro Köln.

Markus Beisicht, Kopf der rechtsextremen Splitterpartei „pro NRW“ | © Christian Martischius

In der Millionenstadt am Rhein hatte es Pro allerdings nie einfach. In besonderer Erinnerung ist bis heute der Versuch, im Spätsommer 2008, eine großen Anti-Islam-Konferenz in der Innenstadt zu veranstalten. Aus ganz Europa hatte die Pro-Bewegung dafür Unterstützer gewonnen, etwa von der FPÖ aus Österreich oder von der italienischen Lega Nord. Doch statt tausender Islamfeinde gingen zehntausende Kölner und Antifaschisten aus dem ganzen Land auf die Straße. Der Kongress war nicht durchführbar.

Und jetzt hat Pro Köln seine Auflösung bekannt gegeben. Der Schritt kommt zwar überraschend, ist allerdings folgerichtig. In den letzten Jahren machten Mitglieder der „Bewegung“ nur noch durch interne Streitigkeiten und mit Betrügereien auf sich aufmerksam. So wurden zum Beispiel Fraktionssitzungen erfunden, um dafür Sitzungsgelder von der Stadt zu kassieren. Ein Ratsmitglied wurde deswegen sogar zu einer Haftstrafe verurteilt. Auch aus der bundesweiten Aufstellung der Pro-Bewegung wurde nichts. Pro Deutschland hat sich schon vor längerem aufgelöst, der nordrhein-westfälische Ableger „Pro NRW“ kommt einem Zombie gleich und täuscht nur noch im Netz Aktivität vor.

Ein Grund, um sich zu freuen, ist die Auflösung von Pro Köln allerdings nicht. Die Rechtspopulisten verfassten eine Auflösungserklärung unter dem Titel „Mission erfüllt“, darin stellen sie sich als Pioniere der „politischen Islamkritik und patriotischen Graswurzelerneuerung“ dar. Die „Islamkritik“, für die Pro stehe, sei mittlerweile bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen, und es gebe eine „bundesweit erfolgreiche Alternative zum etablierten Machtkartell“, die ähnliche Inhalte wie Pro Köln habe. Ein Fortbestand von Pro Köln sei unter diesen Umständen „völlig sinnlos und sogar kontraproduktiv“.

5.500 nahmen an einem Marsch gegen die "Islamisierung des Abendlandes" teil.
Proteste gegen eine angebliche „Islamisierung“ sind mittlerweile weit verbreitet, hier bei Pegida © Johannes Grunert

So viel realistische Analyse wie in diesen Sätzen hat Pro Köln selten zustande gebracht. Die selbsternannte Bürgerbewegung ist überflüssig. Sie hat viel dafür getan, rassistische Positionen in der Öffentlichkeit sagbar zu machen. Letztendlich gelang den Pro-Funktionären der große, bundesweite Durchbruch nicht, weil sie an Eifersüchteleien untereinander scheiterten. Den Weg für den Erfolg der AfD haben sie allerdings zu einem Stück weit mit vorbereitet.