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Mythos Hausverwaltung

Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es wirklich nicht. Ich verstehe wirklich überhaupt nicht, dass Menschen sich als Hausverwalter betätigen, obwohl sie für ihren Beruf nur Abscheu und Hass aufbringen, und für die Menschen, die in den von ihnen verwalteten Häusern wohnen nur Desinteresse und Ekel. In der Wohnung, die wir glücklicherweise in Bälde verlassen, war mehr als drei Jahre der Balkon aufgrund von Baufälligkeit nicht nutzbar. Wir haben hierzu eine zweistellige Zahl freundlichstmöglicher Schreiben gefaxt und geschickt. Keine Antwort. Wir haben irgendwann höflich Mietminderung im weiteren Verzugsfall angekündigt. Keine Antwort. Wir haben die Miete gemindert. Keine Antwort. Wir haben dann und wann bei ernstzunehmenden Defekten (Gastherme) angerufen. „Jaja, ick kümmer mir drum“. Stunden passiert nix. Wieder angerufen: „Nu jehnse ma nî uff den Zeiga, ja? Dit is allet im Gang, ja? Ick hab schon beim Installateur Knott anjerufen. Nu machense mir nich fuchtig“. Kontrollanruf beim Installateur: „Wat? Nee, der hat hier nich anjerufen, abâ der ruft auch erst an, wenn die Bude schon explodiert ist, dit kennwa schôn“. Nun eine gerichtliche Zahlungsaufforderung über gut 2000 Euro erhalten. Gleich weiter an den Anwalt, dank güldener Rechtsschutzversicherung.

Ich frage nur mal so: Jeder, den ich kenne, stöhnt. „Berliner Hausverwaltungen, oh Gott“. Gibt es in Berlin auch nur eine einzige Hausverwaltung, die tut, was sie tun soll? Das wüsst ich jetzt mal gerne.

 

Russische Kunst im O3

Eine interessante Vernissage ist am kommenden Samstag zu erwarten, und zwar im Rahmen der Ausstellung „Junge Russische Kunst“ der Künstlergemeinschaft artorange. Vier junge Künstler aus verschiedenen Regionen Russlands stellen ihre Werke vor.

Oleg Sheludyakov, geboren 1971 in Novosibirsk, ist seit 2001 Mitglied der „International Federation of Artists and national Creative Union of Russian Artists“. Er lebt und arbeitet in Frankreich als Graphiker, Maler, Performance – Künstler und Filmemacher. Seine teilweise surrealistischen, an den Manga Stil angelehnten Werke zeigen einen ganz eigenen „Pinselstrich“, mal in Öl, mal mit Acryl.

Eva Tarasoff fängt das Leben ihrer Umgebung in ganz eigener Art und Weise ein, um es ebenfalls in Öl und Acryl festzuhalten.

Xenia Senkovenkos Arbeiten sind in vielen privaten Sammlungen in Europa und den USA vertreten. Sie bekam Stipendien und studierte an der renommierten Moskauer Kunstschule „Surikov Lyzeum for academic art“. Ihre überwiegend weiblichen Akte sind Ölgemälde von einmaliger Wirkkraft.

Jona Smol wurde 1983 in Moskau geboren und auch sie studierte an der „Surikov Art Academy“. Ihre Werke (Öl auf Leinwand) zeichnen sich durch überraschende Perspektiven aus.

Da Russen bekanntermaßen auch gut feiern können, ist mit einem durchaus heiteren Abend zu rechnen.


03.03.2007 um 18:30 Uhr
Galerie o3
Oderbergerstrasse 3
10435 Berlin

Die Ausstellung ist nach der Vernissage noch bis 31.03. zu sehen, und zwar Di-Sa von 12-20 Uhr.

 

Die BVG wird romantisch

Das ist ja possierlich. Die BVG bietet unter der Rubrik AUGENBLICKE ein neues, ähm, Wiederfindeportal für Bus- und U-Bahn-Flirts. Also für all das, was derzeit in Zitty und tip unter der Rubrik „Wanted“ oder „Wiedersehen“ steht. Eine Rubrik, die ich sehr liebe. Was ich bei der Gelegenheit schon immer mal loswerden wollte. Anzeigen wie diese haben schlechte Karten:

„Freitag. Du, rote Jacke, hast mir sehr gefallen. Leider fehlte mir der Mut dich anzusprechen, bitte melde dich unter ichsassinderubahnundbinnunscharfaufdich@yahoo.de“

1. Man nenne Datum, Uhrzeit, Linie.
2. Man nenne das eigene Geschlecht und das des/der Angebetenen
3. Man beschreibe Kleidung und Gesicht des Gegenübers – und die eigene Erscheinung genau.
4. Man verzichte auf die Selbstgeißelung wegen fehlenden Mutes.
5. Man wähle eine kurze E-Mail-Adresse, denn diese Buchstabenmonster veranlassen vollautomatische Silbentrennungen im Satzsystem und erzeugen somit Bindestriche da, wo keine hingehören.

Ich wünsche der BVG viel Glück bei ihrem Projekt. Klappen wird es nicht, weil niemand auf der Webseite der BVG Romantik erwartet. Da hilft nicht mal der Valentinstag. Wenn ich BVG wäre, würde ich in zitty und tip die entsprechende Rubrik sponsern. So funktioniert Werbung.

 

Viel Staub um nichts

Das Ägyptische Museum Berlin veranstaltet Samstags um 15 Uhr eine Führung für Kinder und Erwachsene, und zwar unter dem Titel „Samstags bei den Pharaonen“. Das Museum residiert auf der Museumsinsel im historischen „Alten Museum“. Ein wahrer Prachtbau. Für zwei Erwachsene und ein Kind zahlt man – inklusive Führung – lockere 25 Euro. Doch was wir vergangenen Samstag dafür geboten bekamen, war lausig. Die Führungen waren komplett überbucht, daher wurden die Interessenten in zwei Gruppen aufgeteilt. Wir wurden einem leidenschaftlichen Ägyptologen zugeteilt, der – man muss es leider so sagen – offenbar keine Ahnung hatte, wie so eine Führung zu strukturieren und kindgerecht aufzubereiten ist. Er klebte ewig an einzelnen Exponaten, benutzte haufenweise Fremdworte, die Kinder nicht verstehen, kam vom Hölzchen aufs Stöckchen, ließ endlose Assoziationskettenmassaker auf die überforderten Zuhörer niedergehen – und vergaß darob fast die Uhrzeit. Als es auf 16 Uhr zuging, rief er hektisch – oh Gott, wenn ich jetzt nicht pünktlich zur nächsten Gruppe gehe, werde ich gegrillt – und verließ freundlich winkend die Führung – mittendrin. Ein Trauerspiel.

 

Hurra, Hurra, Schienenersatzverkehr ist da!

Das wird ein lustiges Jahr 2007 für alle U-Bahn-Nutzer. Die BVG saniert teilweise oder komplett die Linien U1, U2, U6 und U9. Die Sanierung der U2-Brücken dauert noch bis Ende März an (sollte eigentlich Weihnachten 2006 fertig gestellt sein). Ab dem 08. April wird die U6 zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel komplett gesperrt. Danach geht’s weiter mit der U2, vier Wochen Vollsperrung mit Bus-Ersatzverkehr zwischen Rosa-Luxemburg-Platz und Schönhauser Allee. Richtig bitter wird es für die Nutzer der U9, die Linie wird zwischen Westhafen und Osloer Straße volle drei Monate (30.07.-28.10.) gesperrt. Einen Tag später, vom 29. 10. bis zum 05. 11. wird die U9 dann zwischen Bahnhof Zoo und Leopoldplatz dichtgemacht. Wenn das alles reibungslos geklappt hat, will man noch die U1 zwischen Nollendorfplatz und Kurfürstenstraße wegen einer sanierungsbedürftigen Brücke angehen.

Wer den Überblick verloren hat: Hier kann man stets und immerdar alle tagesaktuellen Baustellen sehen.

Wir raten dringend das Fahrrad aus dem Keller zu holen und verkehrstüchtig zu machen.

 

Es stürmet

22:11 Uhr. Ah, ich glaube, jetzt ist er da, der Orkan. Dochdoch, einigermaßen ungemütlich. Da mach ich besser mal eine Flasche Wein auf.

 

Mehdorn im Auge

Nochmal zum Thema „Dach des Berliner Hauptsbahnhofs“. Die Welt berichtet, dass das „aus Zeit- und Kostengründen“ von Bahnchef Mehdorn gekürzte Dach 64,4 Millionen Euro gekostet hat. Die Mehrkosten entstanden u.a. durch zusätzliche Statikgutachten. Das ursprünglich geplante, lange Dach, hätte „nur“ 36,8 Millionen Euro gekostet. Jetzt bin ich aber mal gespannt, wie Mehdorn aus der Nummer rauskommt.

 

Schwaben und Servicewürste

Es geschah an einem Grünkohltag. Grünkohltag? Ich muss es wohl erklären. Ein Grünkohltag ist ein Tag, an dem man morgens aufwacht, müde, erschöpft und übellaunig. Man weiß genau, dass das Einzige, was einen überhaupt aus dem Bett hochreißen kann die Aussicht ist, des Abends Grünkohl mit Kartoffeln und Schinkenknackern zu essen. Man nimmt hierfür daselbst ein Kilo tiefgefrorenen Grünkohl, schält etwa die selbe Menge an Kartoffeln, schwitzt eine kleingehackte Zwiebel in etwas Schweineschmalz an, löscht mit einem Viertelliter Rindskraftbrühe, gibt eine Kinderhand voll Liebstöckel hinzu, kantet den tiefgefrorenen Grünkohlklotz nebst den in kleine Stifte geschnittenen Kartoffeln hinzu, salzt beherzt, verlängert mit einem Viertelliter Wasser, legt vier geschälte Knoblauchzehen und mehrere Schinkenknacker, notfalls Landjäger obendrauf, auf dass Knoblauch- und Wurstsud in den Grünkohl hineindiffundieren mögen, deckelt all jenes und lässt es ein bis zwei Stunden auf kleiner Flamme kochen. Danach lupft man den Deckel, schmeißt den Knoblauch weg, legt die Würstel beiseite, mengt zwei Esslöffel Dijonsenf in die Grünkohl-Kartoffel-Masse und beginnt mit rosigen Wangen zu fressen.

Solcherart waren meine Gedanken beim Aufwachen. Ein Stündlein später stand ich frischgewienert im Kaiser’s-Supermarkt, lud Grünkohl und Kartoffeln in mein drahtiges Einkaufswägelchen und stellte mich an der Fleischtheke an, zu kaufen die Schinkenknacker. Eine mittelalte Frau stand bereits da und kaufte ebenso gemählich wie ausführlich Aufschnitt hoher Diversität in Großfamilienmengen. Ebenfalls am Orte: Ein Mittdreißiger, schlank, eng sitzende schwarze Röhrenjeans, dunkelblaue Kickers-Schuhe, dunkelblaue Jack Wolfskin-Outdoor-Jacke höchster Vernunftstufe, dunkelgrüner Plastikrucksack, überdies eine Brille mit runden Gläsern tragend, leicht angegraute Langhaarfrisur, zum Pferdeschwanz gebündelt. Also: Ein Schwabe.

Zwei Kilo Rindsrouladen bestellt er. Und fügt an: „Geschnitten“.

Die Bedienung merkt auf: „Aber sicher, wenn Sie Rouladen bestellen, sind die immer vorgeschnitten.“

Der Schwabe retourniert sofort, als hätte er diese Antwort bereits einkalkuliert. „Des saget SIE.“

Fragend schaut die Bedienung. Der Schwabe legt nach: „Meine Fraú habet Sie ledschde Woche sséhr geärgert. Sehr geärgert.“

„Wie das?“

„Sie hat zwei Kilo Schweinskotelett bestellt. Und hat die komplett am Stück bekommen. Da war nix geschnitten. Gar nix.“

„Und warum hat Ihre Frau nix gesagt?“

„Meine Frau? Die Geli? Warum die nix gsagt het? Sie kennet halt die Geli net“, stößt er verbittert lachend hervor.

„Na, ärgern wollten wir sie bestimmt nicht“, sagt beschwichtigend, vermittelnd die Bedienung.

Die mittelalte, Aufschnitt kaufende Frau dreht sich um: „Mein lieber Herr, so ungewöhnlich ist das übrigens nicht, das Fleisch am Stück zu verkaufen. Hätte ja sein können, dass Sie einen Braten machen möchten.“

„Oder für die Gastronomie einkaufen“, schalte ich mich unvermittelt und überraschend in die Dreierkonferenz zu. „Da schneidet man sich das dann selber zu“. Dazu mache ich ein sehr schlaues Gesicht, indem ich den Kopf nach hinten lege und dann mit einer „Tja!“-Geste ruckartig nach vorne sacken lasse.

Nun sitzt er in der Falle, der Schwabe. Doch er ist ein echter Schwabe, er hat sein Pulver noch nicht verschossen, und daher zischt er jetzt die schlimmsten Schwabenworte, die es auf der ganzen Welt gibt, es sind Worte, die nur Dummbatzen höchster Dummbatzigkeit von sich geben, und diese Worte lauten:

SERVICEWÜSTE DEUTSCHLAND!

Doch meine Fleischfachverkäuferin schaltet noch einen Gang höher. Nach einem Blick in meinen Einkaufswagen, wir erinnern uns: Grünkohl, Kartoffeln, greift sie an den Haken, wo die zarten, saftigen Schinkenknackerwürstl hängen, zwinkert mich an und fragt rhetorisch: „Für Sie sicher zwei Servicewürste“.

„Ja“, sage ich, „zwei Servicewürste Deutschland. Am Stück, wie Gott sie schuf, keinesfalls geschnitten“. Der Schwabe zuckt zusammen und schleicht gedemütigt in Richtung Pfandautomat, wo er seine Apfelsaftfläschlein in Reih und Glied einstellen wird. Da keimt in mir ein teuflischer Plan auf. Ja, ich werde gleich, an der Kasse, mir meine Treueherzen auszahlen lassen und sie wegschmeißen, vor seinen Augen. Weiden werde ich mich an seinen traurigen Schwabenaugen, die voller Schmerz die Verschwendung schauen. Und danach, ja, danach werde ich meinen Grünkohl aufsetzen.

 

Mit Trauken und Pompeten

Wer eine wirklich wirre Veranstaltung erleben möchte, sollte sich am 14.01.2007 um 21 Uhr im White Trash einfinden. Da spielt nämlich die Blue Babas Bigband. Eigentlich geht das überhaupt nicht zusammen, denn die Blue Babas sind eine unglaublich spielfreudige, laute, zuweilen geradezu brutale Big-Band, die keinerlei Angst vor falschen Tönen hat und deren Bandleader Thomas Germer stark an den frühen Heinz Erhard erinnert. Das White Trash wiederum gibt sich als coolste, ironischste Restauration westlich von Tilsit. Es wird also auf jeden Fall sehr, sehr, sehr wirr, irr und lustig. Hingebefehl!