Lesezeichen
 

Stadtkerle

Es gibt sie noch: Junge Maler, die einen eigenen, sicheren Stil entwickelt haben. Einer, von dem man noch sehr viel hören wird, ist sicherlich der Berliner Maler Max Diel. Seine durchaus gegenständlichen Kunstwerke zeigen angerissene Situationen, faszinierende Schattenwelten und scheinen ganze Geschichten zu erzählen, verdichtet in einem vordergründig harmlosen Schnappschuss, der oft erst bei längerer Betrachtung den einen oder anderen Abgrund verbirgt. Seine Werke, sowie die ebenfalls sehr sehenswerten Exponate von Georg Weise und Christian Hahn kann man noch bis einschließlich 11. Februar im Rahmen der Ausstellung „Urban Guys“ in der Galerie Nord (Turmstr. 75, Bln-Tiergarten) besichtigen. Und übrigens auch kaufen. Ich möchte wetten, es lohnt sich.

 

The White Birch in Berlin

Heute abend spielen The White Birch im Mudd Club. Wer Codeine, Talk Talk, Mogwai, Sigur Ros mag, der wird heute Abend sehr glücklich werden.

 

Das Berliner Patchworkfamilien-Elend

Wenn man Sonntagabends mit der Tram die Friedrichshain mit Prenzlauer Berg verbindet, nach Hause fährt, dann sieht man das ganze Elend der modernen, vergnügten Patchworkfamilien. Die ganze Bahn ist voll gepackt mit Vätern, die ihre vier bis achtjährigen Kinder nach Hause bringen. Zu den Müttern in den Prenzlauer Berg, die nach der Trennung in der alten Wohnung geblieben sind, während er nach F’hain gezogen ist, weil die Wohnungen da ja ein wenig billiger sind, und er so die Unterhaltskosten aufbringen kann. Geballte Traurigkeit, die da aus den Kinderrücksäcken mit den Handtüchern, Spielzeugen und Stoffbären raus quillt. Verzweiflung pur, wenn das Kind, auf dem Sitz hockt, ganz still, den Kasten mit dem Meerschweinchen festhaltend, während die kleinen Füßchen haltlos knapp über dem Boden hängen. Die Väter, die sich an die Haltestangen klammern, dem Kind noch hier und da was mit auf dem Weg geben wollen und dafür fünf Mal den Mund öffnen, bis sie einen Satz sagen können, den das Kind dann schweigend zur Kenntnis nimmt. Man kann das Seufzen hören, das Nachdenken, man kann die Risse sehen, die Angst, die Traurigkeit, dass die schöne Zeit wieder vorbei ist und das permanente Unverständnis in den Kinderaugen. An jeder Station zwischen „Warschauer Strasse“ und „Eberswalder Strasse“ kann man die leisen Worte „Wir müssen jetzt aussteigen“ hören. Dann sucht der Vater die Hand des Kindes, nimmt sie fest und führt es raus, die letzten Meter zur Wohnung, die sie schweigend gehen. Am Ende hört man ein „Danke, war schön, Papi“ und „Bis bald mein Schatz“ und die Schultern sinken bei beiden ein wenig tiefer.

 

Dorfpunks in Kreuzberg

Dringende Empfehlung: Rocko Schamoni liest aus „Dorfpunks“. Heute um 20:00 im Festsaal Kreuzberg, Skalitzer Str. 130. Schamoni vereint hohes Erzähltalent mit gnadenlosem Mutterwitz. Wer da hingeht und keinen Spaß hat, kriegt sein Geld von mir zurück. ist doof.

 

Eine wahre Berliner Geschichte

Es war Herbst geworden, regnerisch und kühl und ich hatte für das laufende Jahr Abschied genommen von der liebgewordenen Gewohnheit, des Morgens mit meinem Fahrrad ins Büro zu fahren. Es war ein prächtiger, ein guter Sommer gewesen. Federleicht war ich Werktag für Werktag mit dem Velo zu meiner Arbeitsstätte geschnurrt, hatte den Fahrtwind genossen, das schnittige Umkurven der im morgendlichen Stau steckenden Autos, die Wettrennen und wechselseitigen Überholvorgänge mit den Bussen der Linie 148.

Nun stand ich also an einem Septembermorgen in zartem Nieselregen an der Haltestelle „Kaisereiche“ und wartete auf meinen Bus. Unter den anderen Wartenden stach ein Mann hervor. Es war unmöglich den Blick von ihm zu wenden. Er sah so ungewöhnlich aus, dass ich mich gar nicht satt sehen konnte. Er mochte wohl südamerikanischer Herkunft sein, seine Haut war dunkel, aber nicht schwarz. Auch war er korpulent und von geringem Wuchs, er maß höchstens einen Meter und sechzig. Sein großer, birnenförmiger Kopf wurde von einer schwarzen, halblangen gewagt ondulierten und geölten Lockenfrisur eingerahmt. Die Lippen waren voll und hatten sich im Laufe der Zeit zu einem traurigen, um 90 Grad gedrehten Sichelmond verwachsen. Auf seiner relativ breiten, leicht eingedrückt wirkenden Nase thronte eine verstörend hässliche Brille, eine Art Pilotenbrille, goldfarben, deren Bügel sich, wie es eine Zeitlang in den Siebziger Jahren en vogue gewesen war, schwungförmig gebogen von unten an die riesigen, ovalen Brillengläser schmiegten, statt von oben.

Der Mann trug einen schlecht sitzenden, frisch gereinigten und gebügelten Dreiteiler von der Stange, ein schrill gemustertes, kunstseidenes Halstuch und eine etwas zu lange Krawatte in braun-gold-changierenden Farben. Seine Füße steckten in blitzblank gewienerten, cremefarbenen Italo-Slippern, es blitzten strahlend gelbe Strümpfe hervor. Er stand da und rauchte eine Zigarette, die in einer Zigarettenspitze aus Schildpatt steckte. Es ging etwas faszinierend Öliges von ihm aus. Aber auch ebenso eine Frösteln machende Verlorenheit, gepaart mit dem späten Stolz desjenigen, der in der Schule immerfort gehänselt worden war und nun aber einen Dreh gefunden hatte, das Leben zu meistern.

Der Bus kam. Ich stieg ein. Setzte mich auf das obere Deck. Der merkwürdige Mann nahm einen Sitzplatz auf dem unteren Deck ein. Ich entrollte meine Zeitung und vergaß den Mann.

Am nächsten Morgen stand er wieder da, gewandet wie am Vortag. Ich beschloss ihn Carlos zu taufen, das erschien mir ein passender Name. Carlos entnahm der Innentasche seines Sakkos eine Schachtel Silk Cut, klopfte bedächtig eine Zigarette heraus, führte sie in die Zigarettenspitze ein, die sich in der Westentasche befunden hatte, nahm die Spitze in den Mund und klopfte suchend seine Hosen-, Sakko- und Westentaschen nach einem Feuerzeug ab. Erfolglos.

„Brauchen Sie Feuer?“ – sagte ich und zog ein Feuerzeug heraus. Mit einer ganz hellen Stimme antwortete er, „Ja bitte“. Ich beugte mich ein wenig herunter, drückte den Piezo-Zünder des Feuerzeugs, Carlos kam ganz nah an mich heran, bildete mit beiden Händen eine Kuhle, um die Flamme vor dem Herbstwind zu schützen, wobei seine Fingerspitzen meine Hände berührten. Er hatte riesengroße Hände, größer als meine, und dabei war er mindestens zwei Köpfe kleiner als ich. Sie waren äußerst sorgfältig manikürt und rochen nach Gaultier Le Mal, ein obszöner, monströser Duft. Die Flammenspitze berührte die Zigarette, er zog, zog erneut, inhalierte tief und bedankte sich. Dann ging er einige Schritte nach rechts und wartete rauchend auf den Bus. Er tippelte dabei langsam von einem Fuß auf den anderen und zurück.

Im Bus überlegte ich, was Carlos’ Geheimnis war. Denn soviel war für mich klar – er musste irgendein düsteres Geheimnis haben. Die von ihm abgestrahlte Mischung aus expressionistisch überzeichneter Gepflegtheit und völliger modischer Geschmacklosigkeit, vereint mit einer fast aggressiv homoerotischen Ausstrahlung ließ nicht auf einen Menschen schließen, der ein normales Leben führte. Je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer war mein Bild: Wahrscheinlich war er ein Stricher, der sich für besonders exotisch veranlagte homosexuelle Männer verdingte. Er stammte vermutlich aus bettelarmen Verhältnissen, hatte aufgrund ständiger Hänseleien eine grausame Kindheit hinter sich, war auf verschlungenen Pfaden nach Deutschland gelangt, wo er aus einer Notsituation heraus einem reichen Freier zu Diensten sein musste, und war dann in diesem Job hängen geblieben.

Der Herbst ging ins Land, fast jeden Morgen sah ich Carlos an der Bushaltestelle stehen, wir zwinkerten uns zu, wenn wir uns sahen, grüßten einander flüchtig, mal gab er mir Feuer, mal ich ihm. Aus dem Herbst wurde Winter. Es kam die Weihnachtszeit, der Jahreswechsel, das neue Jahr. Ich hatte einige Tage Urlaub und stellte in der ersten Januarwoche fest, dass Carlos morgens nicht mehr an der Haltestelle stand. Was mochte aus ihm geworden sein? War er tot? AIDS? Ein Sexualverbrechen? War er abgeschoben worden in seine Heimat? Verschleppt oder ausgeraubt? Ich war betrübt. Hätte ich doch wenigstens einmal mit ihm geredet, wäre ich doch hinter sein Geheimnis gekommen!

Es kam der Frühling. Es war Mai geworden. Morgens nach der Rasur stellte ich fest, dass mein Rasierwasser aufgebraucht war. Ich nahm mir vor, in der Mittagspause die Parfümerie im Quartier 206, einem auf fein getrimmten Einkaufscenter in der Berliner Friedrichstraße aufzusuchen und einen neuen Flacon Xeryus Rouge zu kaufen. Und genau so machte ich es auch. Nachdem ich mittags das Parfum gekauft hatte, streifte ich noch ein wenig durch das Untergeschoss des Quartier 206 und besah die Auslagen der Modehäuser. Kurz bevor das Quartier 206 in das Quartier 205 übergeht, kommt man in eine Art Atrium, das bestuhlt ist wie ein Hotelfoyer; schwere, plauzige Sessel auf schwarz-weißem Marmorboden, in der Mitte des Atriums eine große Bar. Ich hatte Lust auf einen Espresso und nahm in einem der Sessel Platz. Gerade, als ich meine Bestellung aufgegeben hatte, ertönte Klaviermusik. Irgendwo in diesem riesigen Atrium musste ein Pianist spielen, er gab Brahms Intermezzo in A-Dur, op 118. Nr.2. Ich bestellte hastig ein Glas Wein hinterher, welches wenige Sekunden später gereicht wurde, nahm einen großen Schluck und genoss die Wechselwirkung zwischen dem Koffein und dem Alkohol, getragen auf einer Woge unendlicher Sehnsucht, die die Sextvorhalte in dem Brahms-Intermezzo in mir auslöste. Der Pianist spielte das Stück überragend gut. Den Mittelteil in Fis-Dur intonierte er zügig, fast scherzhaft, um die subito folgende, klagende Mollpassage umso gramgebeugter, verlorener und trauriger zu spielen. Ich war der einzige, der dies wahrnahm. Um mich herum das Rauschen und Brummen der Business-Lunch-Deppen, das schrille Gelächter törichter Boutiquenverkäuferinnen in ihrer Mittagspause, das gleichmäßige Gebrabbel hypertonischer Frühstücksdirektoren, das feindliche Fauchen der Milchaufschäumdüse an der Bar. Ich, ich nahm es wahr, ich hörte den Brahms tief in mir widerhallen, ich verwandelte mich in einen Mensch gewordenen Tunnelblick und es war mir, als seien die Klaviersaiten direkt über meine Seele gespannt.

Das Stück endete. Ich zahlte. Ein neues Stück begann, eine gut abgehangene Jazznummer. Ich stand auf und ging in Richtung der Musik. Hinter einer großen, rechteckigen Säule entdeckte ich den Pianisten. Es war Carlos.

Es war Carlos.

Er zwinkerte mir zu und bedeutete mir per Augensprache zu bleiben. Zu warten. Er spielte mit der linken Hand einen Walking Bass, hob die rechte Hand, zeigte mit dem Zeigefinger erst auf mich und auf ihn selbst und deutete dann mit seinem Daumen auf seinen Mund. „Komm, wir trinken gleich einen“, sollte das wohl heißen.

Ich spürte plötzlich einen Brechreiz, nahm die Rolltreppe hoch ins Erdgeschoss. Ließ mich vom Menschenstrom aus dem Quartier 206 wehen, durch geöffnete Flügeltüren und stand plötzlich auf der sonnenbestrahlten Friedrichstraße. Atmete tief ein. Und aus. Und ein.

Dann lachte ich.

 

Ich habe Angst.

Schade, Kamera zu spät gefunden, aber da macht doch gerade eine Frau, Mitte 20, vermutlich irgendein hohes Tier im Reich Anorexia, Nordic Walking vor meinem Fenster. Scharfes „Klack! Klack!“, als Manifest der erzwungenen Muskellockerung. Sollte man mich einmal mit Skistöcken in der Stadt erwischen, bitte sanft medikamentieren.

 

Ans Meer in einer Minute

„Lungomare“, das heißt auf deutsch übersetzt: „Meerblick“. Lungomare ist aber auch der Name einer kleinen Trattoria in der Charlotten- Ecke Schützenstraße, Berlin Mitte. Die Betreiber haben es genau richtig gemacht: Sie haben sich eine Ecke gesucht, in der massenweise Gewerbeflächen brach liegen und somit billig zu mieten sind, sie haben die kleinstmögliche Einheit angemietet und daraus zunächst ein Miniatur-Restaurant (eigentlich eher ein Feinkostläden mit 5 Tischen) gemacht. Es gab eine kleine, täglich aktualisierte Speisekarte, bestehend aus einer bekritzelten Wandtafel. 5-6 verschiedene Gerichte und basta! Aber diese Gerichte hatten es in sich. Traumhafte Saltimbocca, Spaghetti puttanesca vom schärfsten, oder eine klassische Lasagne. Manchmal, wenn es auf dem Markt guten Fisch gab, lief der Koch auch durch den Raum und präsentierte die frischen Fische, auf dass man sich „seinen“ Fisch zum Dünsten oder Grillen direkt selbst aussuchen konnte. Tagaus tagein lief immer genau die selbe Musikkassette mit einer sehr bizarren, italienischen Remmi-Demmi-Musik , was dem Ganzen trotz der beanzugten Berlin-Mitte-Menschen eine gewisse Hafenarbeiterkneipen-Atmosphäre verpasste.

Das Konzept ging auf. Der Laden brummte nach wenigen Wochen.

Jetzt haben sie noch zwei Räume dazu gemietet, aus der Mini-Trattoria wurde ein ordentliches Restaurant mit offener Küche zum Reinschauen, es gibt inzwischen so viele Tische, dass man auch auf gut Glück vorbeikommen kann ohne abgewiesen zu werden. Man serviert solide Weine (Empfehlung: Der Nero d’Avola), weiterhin köstliches Essen, die Stimmung ist 1a).

Für Geschäftsessen ebenso gut wie für das kleine tête-à-tête zwischendurch; wer einen Italiener sucht, kann das Sale è Tabacchi getrost abschreiben (das aber sowieso) – im Lungomare ist es netter. Und billiger.

Trattoria Lungomare
Charlotten- Ecke Schützenstraße
10117 Berlin
Kein Telefon

 

Ungedrehte Filmszenen #1

Außen, Tag.

Mann sitzt in Linienbus, Doppeldecker, oben. Dichter Verkehr, Mann ist genervt, dauert alles zu lange. Linienbus fährt auf Haltestelle Potsdamer Platz zu. Riesen-Menschentraube an der Haltestelle. Leute steigen ein. Mehr und mehr und mehr und mehr Leute. Mann immer genervter, watschel, watschel, trab, trab, trab, lach, lach, laber, laber, immer mehr leute. Bus wird immer voller. Alle Sitzplätze, dann langsam auch alle Stehplätze, immer mehr Leute, die ersten beginnen oben eine Dachluke zu öffnen und sich auf das Dach des busses zu setzen, Riesendurcheinander, 500 leute in einem Bus und es werden immer noch mehr.

Langsame Schwarzblende (logarithmisch, 25 sekunden), à la Aki Kaurismäki

Musik dazu: Irgendeine Tijuana-Scheiße von Herb Alpert.

 

Das kleine Frühstück „Moabit“

Beim Extrembäcker, morgens um neun, Bauarbeiter: „Machsse eene Schrüppe mit Salarmi, eene mit Eiasalaat und eene mit – dis hier – mit Moppelkotze“.

Moppelkotze=Fleischsalat. Rock and Roll, Leute.
Mit Dank an Kleska.

 

Frontstadtbericht

0000
Seit Tagen schon ist das Betreten der Strasse in Berlin Wedding nur noch mit erheblichen Aufwand möglich. Tarnanzug, Schusssichere Weste mit Splitterschutz und ein geduckter Gang, sind die einzige Chance, dem Bombardement aus Böllern, illegalen China-Böllern und Mittelstreckenraketen ausweichen zu können.

0145
Unter dem Fenster stehen gelangweilte Jugendliche mit einer Kiste Feuerwerkskörper. Sie tun nichts, außer dass sie stumm und ohne jedwede Gefühlregung einen Böller nach dem anderen auf die Strasse werfen.

0230
Das Bombardement hat aufgehört, sie verprügeln sich jetzt wieder endlich gegenseitig, wie sich das im Wedding um die Uhrzeit auch gehört.

0300
Meine türkischen Nachbarn von unten scheinen das mit Silvester noch nicht verstanden zu haben. Sie trinken seit Stunden Sex, hören „Bravo Hits 3“ und haben lautstark Sex. Ich glaube, ich werde morgen früh mit einer Piccoloflasche Rotkäppchen Sekt unterm Arm mal so gegen sieben klingeln und sie auf das Missverständnis aufmerksam machen.

0530
Die Bäckerinnungen haben in einer berlinerischen Durchhalte-Kraftanstrengung für die notleidende Bevölkerung ca. 3,5 Millionen Berliner (Pfannkuchen hier genannt) gebacken. Auf Grund der schlechten Versorgungslage konnten die Ballen nur mit Aprikosenmarmelade gefüllt werden.

0930
Trotz der schlechten Witterung hat die Bevölkerung die Strassen gestürmt. Mit entschlossenem Gesicht stehen die Menschen an den Bäckereien Schlange. Erste Schüsse fallen.

1130
Ein Späher berichtet, dass es zu Hamsterkäufen in den Supermärkten gekommen sein soll. Ein Sparmarkt musste schließen, da die Alkoholvorräte, außer Danziger Goldwasser, erschöpft waren

1230
Das Sperrfeuer auf den Strassen nimmt zu. Marodierende Banden nutzen die verwirrende Lage und sprengen die ersten Briefkästen. Dieser feige Angriff auf das preußische Postwesen wird von der Bevölkerung aber ignoriert.
Vor den Bäckereien stehen immer noch Menschen, obwohl seit Stunden über Volksempfänger und Lautsprecher darüber aufgeklärt wird, das es keine Berliner mehr gibt.

1300
Viele Menschen laufen verzweifelt mit einer Flasche „Söhnlein Brillant – Halbtrocken“ ziellos auf der Strasse herum. So werden sie Ziel der Partisanengruppen, die nun auch mit den ersten primitiven Lenkfeuerwaffen angreifen. Die Bevölkerung kämpft heroisch in den Supermärkten um die letzten Erdnüsse

1330
Eine wichtige Partisanengruppe, die Berliner vor einem Supermarkt belästigte, konnte ausgeschaltet werden, nach dem ein mutiger älterer Hanseat (Weltkriegsveteran) eine Zigarette in die Munitionsvorräte der Gruppe warf. Die feindliche Gruppe musste unter Hohngelächter abziehen. Der Rentner rief den Gestalten hinterher: „Wenn wir so gekämpft hätten, wären wir nicht mal bis nach Stalingrad gekommen!“

1400
Die Läden schließen. Nun ziehen sich auch die Banden in ihre Wohnungen zurück. Wir wissen, dass wir uns auf einen harten Endkampf vorbereiten müssen. Aber die Berliner Bevölkerung wird mit eisernem Mut und Entschlossenheit die Angriffe abwehren.

1600
Die Nachbarn installieren auf dem gegenüberliegenden Balkon eine Abschussanlage. Erwäge Gegenmaßnahmen um das Gleichgewicht der Kräfte zu wahren.

1800
Es ist ruhig. Ich habe ein bisschen Angst. Die Nachbarn justieren die Anlange mit einer Wasserwaage.

1930
Auf die schnelle doch noch auf einer Baustelle Stahlplatten geklaut und vor die Fenster geschweißt.

2200
Beobachte, wie meine Nachbarn von gegenüber aus den Bleigussexperimenten der letzten 15 Jahre versuchen eine Scud Rakete zu basteln.

2210
Sie sind fertig und bauen jetzt noch eine Art Holzkonstruktion auf ihrem Balkon

2212
Bei dem Versuch, ca. 30 Kilo Schwarzpulver aus illegalen taiwanesischen Raketen in die windschiefe Rakete zu füllen, geht ein wenig daneben. Das scheint aber nicht zu stören.

2256
Jetzt bemalen sie die Rakete mit Fingerfarben.

2337
Es ist nicht zu erkennen, ob jemand verletzt ist. Aber eine schöne Baulücke ist das jetzt. Konnte ja keiner ahnen, dass die Inder in die Fingerfarben einen Stoff rein semmeln, der mit dem Schwarzpulver reagiert. Als ein Tropfen auf das verstreute Schwarzpulver fiel war die Party mangels Wohnung jedenfalls vorbei.

2359
Angeblich sollen über 500.000 Menschen vor dem Brandenburger Tor stehen und bei -7 Grad zusammen feiern. Das wäre doch eigentlich ein schönes Ziel für die gutausgebildete Piloten der Al-Quida. Aber die sind schlau, und machen das nicht, weil sie wissen, dass eine Horde Menschen, die schwer bewaffnet, angetrunken, großteils deprimiert und mit Nikolausmützen bewehrt eine größere Gefahr für den Staat darstellen, als es die Al-Quida je sein könnte.