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Der Wochenmarkt –
Vom Kochen und Finden

 

Rezeptsuche im Wochenmarkt: Vom Kochen und Finden - Dev-Blog
Quitten zu Hause, aber keine Ahnung, was man damit machen kann?

Auf der Seite von ZEIT ONLINE gab es eine verborgene Kostbarkeit: Seit über einem Jahrzehnt publizieren wir regelmäßig Rezepte und Serien rund ums Essen und Trinken. Oft schreiben unsere Leserinnen und Leser darunter Kommentare wie diesen: „Gerade zufällig auf dieses super Rezept gestoßen. Wie finde ich denn andere Rezepte mit Kürbis bei euch?“ Lange lautete die Antwort: „Sorry, so einfach geht das leider nicht.“

Denn leider wurden diese Rezepte und ihre Zutaten von unserem Redaktionssystem nicht strukturiert erfasst und waren somit auch nicht durchsuchbar. Mit dem Start des Wochenmarkts ist das nun anders: Wir haben unseren kompletten Essen-&-Trinken-Bereich neu gestaltet und als Kernfunktion eine Rezeptsuche entwickelt. Der Weg dorthin war weit.

Bestandsaufnahme

Welche unserer vier Millionen Artikel auf ZEIT ONLINE sind eigentlich Rezepte? Da sie bisher nicht an einem Ort gesammelt, sondern in verschiedenen Ressorts und Formaten veröffentlicht wurden, mussten wir uns zunächst auf unserer eigenen Seite auf die Suche begeben. Wir schrieben dafür einen sogenannten Scraper, ein Programm, das Inhalte automatisch ausliest und analysiert. So stießen wir auf über 1.900 Rezepte: auf Spülmaschinenrezepte und neunseitige Rezeptbücher, auf 15 Jahre alte Rezepte. Auf prosaartige Kurzgeschichten, auf Interviews und mehrseitige Hintergrundtexte, denen sich Rezepte anschließen. Insgesamt fanden wir Rezepte von 343 Autorinnen und Autoren und aus acht verschiedenen Serien, die ältesten aus bereits geschlossenen Ressorts.

Rezeptsuche im Wochenmarkt: Vom Kochen und Finden
Vom freien Brainstorming zum Produktkonzept für den Wochenmarkt

Zutaten, Kategorien und Zeitaufwand standen in den alten Rezepten im Fließtext. Maschinell verarbeiten konnten wir sie so noch nicht. Erst mussten wir die Daten strukturieren, sie also nach einem festen Schema erfassen. Daten zu strukturieren, hat gleich zwei Vorteile: Zum einen kann man sie so durchsuchbar machen. Zum anderen sind sie so auch für Suchmaschinen besser erkennbar. Seit einem knappen Jahrzehnt gibt es eine einheitliche Form um Inhalte im Internet auszuzeichnen: schema.org. Für verschiedene Inhaltstypen wie Bücher, Musik, Audio-, Video- und Bildobjekte werden Eigenschaften festgelegt, die eine Website haben muss um als dieser Inhaltstyp erkannt zu werden. Auch für den Inhaltstyp Rezept sind dort die erforderlichen Eigenschaften definiert.

In Handarbeit musste der durch das Scrapen gewonnene, große Datensatz anschließend kontrolliert werden. Zutaten und Kategoriezuordnungen wurden für jedes Rezept überprüft und außerdem bewertet, welche Rezepte unseren jetzigen Qualitätsansprüchen noch entsprechen. Nachfolgend wurden die Daten samt Korrekturen wieder in ein maschinenlesbares Format gebracht. Nach fast drei Monaten Arbeit vieler Menschen war es vollbracht: Wir hatten einen sauberen Datensatz.

Was macht eigentlich eine gute Rezeptsuche aus?

Für die Entwicklung der Rezeptsuche entschieden wir uns, möglichst schnell einen Prototypen zu bauen. So konnten wir ausprobieren, wie Nutzerinnen und Nutzer mit unserer Suche interagieren würden und das Design und die Filtermöglichkeiten iterativ verbessern.

Wonach sucht ein Nutzer, der etwas kochen will? Manchmal sind es Zutaten wie Spargel oder Kürbis, ein anderes Mal Kategorien wie Pasta oder Beilagen. Manche Nutzerinnen suchen nach konkreten Gerichten wie Lasagne oder Flammkuchen, andere wollen lieber stöbern und sich inspirieren lassen.

Unser Fazit: Die Suche muss leicht zu bedienen sein, keine Nutzerin oder Nutzer möchte unterscheiden müssen, ob er oder sie gerade nach einer Zutat oder nach einem konkreten Gericht sucht. Unsere Suche besteht deshalb aus einem einzigen Freitextfeld, das Zutaten, Kategorien, aber auch konkrete Rezeptnamen versteht.

Rezeptsuche im Wochenmarkt: Vom Kochen und Finden
Fängt die Nutzerin an zu tippen („Ei“), werden ihr sowohl Zutaten („Eierlikör“) als auch Kategorien („Eintopf“, „Eis“) und Rezeptnamen („Eier in Rotweinsoße“) vorgeschlagen.

Für jede Zutat haben wir außerdem die Möglichkeit geschaffen, Synonyme oder Oberbegriffe zu definieren, mit denen die Zutat auffindbar ist: zum Beispiel Mozzarella oder Käse als Oberbegriffe für die Zutat Büffelmozzarella. Unsere Redakteure können diese Suchwörter jederzeit anpassen und erweitern, um die Suchergebnisse zu verbessern. Außerdem lassen sich für komplette Zutatenarten wie Fisch oder Fleisch noch übergeordnete Suchwörter definieren. So können beispielsweise alle Rezepte, die eine Zutat wie Dorade oder Forelle beinhalten, über den Begriff „Fisch“ gefunden werden.

Letztendlich war noch die Frage, welche Filter zu unseren Rezepten passen. Wir entschieden uns, dass die Wochenmarkt-Rezepte nach drei Zeit- und Aufwandsarten gefiltert werden können. Außerdem kann nach veganen und vegetarischen Rezepten gesucht werden.

Rezeptsuche im Wochenmarkt: Vom Kochen und Finden
Die Rezepte lassen sich anhand der Kategorien Ernährung, Zeit und Komplexität filtern.

Ein Rezept hat eine erstaunlich komplexe Datenstruktur

Nach der Analyse unseres Altbestandes hatten wir eine große Datei, die alle Rezepte und ihre Daten in strukturierter Form beinhaltete. Nun mussten wir eine Infrastruktur bauen, mit der unsere Redakteure in Zukunft direkt in strukturierter Form neue Rezepte anlegen können. Wir brauchten einen Ort in unserem Redaktionssystem, an dem neue Eigenschaften wie Zutaten und Kategorien definiert werden können. An einem weiteren Ort sollten diese Eigenschaften dann Rezepten zugewiesen werden.

Rezeptsuche im Wochenmarkt: Vom Kochen und Finden
Links: Auszug aus unserer großen Datei mit Rezeptdaten, Mitte: strukturiert erfasstes Rezept, rechts: Validator einer Website, der angibt, ob diese als Rezepte erkannt wird

Neben den Zutaten und Kategorien mussten wir die zugehörigen Werte strukturiert erfassen, etwa die Mengen und Einheiten der Zutaten. Das stellte sich als erstaunlich kompliziert heraus: Es gibt Zutaten, die unabhängig der angegeben Menge und Einheit immer in der Singularform ausgespielt werden, zum Beispiel Salz oder Rosmarin. Dann gibt es Einheiten, die unabhängig von der Menge immer die Singularform der Zutat verlangen, wie drei kg Lachsfilet. Und zusätzlich haben einige Einheiten ihre eigene Pluralform, wie Tassen, Spritzer oder Blätter. Die benötigte Infrastruktur und Logik dafür bauten wir in unser eigenes Content Management System (CMS).

„Wochenmarkt“-Launch

Anfang September war es dann soweit, der neue Wochenmarkt sollte starten. Wir standen vor der Herausforderung, Hunderte bereits veröffentlichte Rezepte aus unserem Altbestand gleichzeitig aktualisieren und im neuen Design erneut veröffentlichen zu müssen. Außerdem wollten wir ohne Unterbrechung das alte Ressort Essen & Trinken in die neue Wochenmarkt-Welt umwandeln.

Die Lösung bestand in einem über sieben Tage gestreckten Silent Launch – wir veröffentlichten Schritt für Schritt Teile des neuen Wochenmarkts, verkündeten den Launch aber erst, nachdem alles glatt gelaufen war. In einem ersten Schritt aktualisierten wir alle Rezepte, einige Tage später veröffentlichten wir die Suche und die neuen Elemente der Wochenmarkt-Seite. So konnte wir bereits testen, ob die Suche den hohen Zugriffszahlen auf unserer Website standhält. Am 10. September war der Launch des gesamten Wochenmarkts vollbracht.

Der Wochenmarkt umfasst – Stand heute – 1.136 Rezepte, 3184 Zutaten und 31 Kategorien, fast täglich werden es mehr. Das erste Rezepte wurde am 5. Mai 2011 veröffentlicht und auch mein persönliches Lieblingsrezept, das Spülmaschinenrezept, ist im Wochenmarkt weiterhin zu finden.