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Radical Closure

Jalal Toufic, The Sleep of Reason: This Blood Spilled in My Veins, 2002 (Installationsansicht mit Videostill) © Courtesy daadgalerie & the artist Foto: Krzysztof Zielinski

Jalal Toufic veranstaltet in der daadgalerie die Seminarreihe Radical Closure.

Der libanesische Videokünstler und Autor Jalal Toufic gibt an jeweils drei Samstagen ein öffentliches Seminar zu narrativen Welten, die unabhängig von der sogenannten Realität funktionieren. Radical Closure findet im Rahmen von Toufics aktueller Ausstellung Irruptions of the Real statt. Diese umfasst drei seiner Videoarbeiten, die jeweils den Einbruch des Realen in politische Propaganda, religiöse Tieropfer oder cineastische Narration verhandeln. Toufic dürfte dazu Einiges zu sagen haben.

16-20 Uhr | 21./28. Mai 2011 daad Galerie | Zimmerstraße 90/91 | Berlin Mitte

 

Der Stadtraum und sein skulpturales Gedächtnis

© Salon Populaire

Erik Göngrich ist im Salon Populaire zu Gast.

Der heutige Salon verspricht eine willkommene Abwechslung zur Berliner Denkmal-Debatte: Der Künstler Erik Göngrich erkundet als gelernter Architekt den Stadtraum von Metropolen wie Buenos Aires, Paris oder Istanbul. Dabei interessiert aber nicht etwa deren Zentrum oder ihre Geschichte. Er durchstreift die städtische Peripherie, erkundet Problembezirke und dokumentiert Monumente der ungeplanten Art. Solche Objekte skulpturalen Charakters entstehen, wenn die Bewohner sich ihren urbanen Lebensraum aneignen, seine Leerstellen füllen, ihr Alltag Spuren hinterlässt. Weiter„Der Stadtraum und sein skulpturales Gedächtnis“

 

Kulturaustausch um jeden Preis?

Chinesisches Nationalmuseum, Peking 2011 © Gerkan, Marg und Partner, Foto: Christian Gahl

In der Akademie der Künste debattieren Politik und Kultur über die Konsequenzen aus der China-Affäre.

Einig sind sich die Teilnehmer einzig in der Forderung nach der sofortigen Freilassung Ai Weiweis. Aber was tun mit der Ausstellung Die Kunst der Aufklärung im Nationalmuseum? Abbrechen oder fortführen? Das Akademiegespräch Ai Weiwei und die Kunst der Aufklärung. Eine deutsche Debatte fragt nach dem Nutzen und den Nutznießern eines Kulturaustausch mit Ländern autoritären Regimes. Weiter„Kulturaustausch um jeden Preis?“

 

Glaubensfrage am HAU

© kallejipp / photocase.com

Das Gespenst des Kapitals: Der Literaturwissenschaftler Joseph Vogl und der Kunsthistoriker Beat Wyss unterhalten sich über Markt und Kunst.

Die Diskussion verspricht gehaltvoll zu werden. Denn Vogl hat mit Das Gespenst des Kapitals (2011) gerade den Essay der Stunde geschrieben. Darin entlarvt der Literaturwissenschaftler den Vernunftglauben der kapitalistischen Wirtschaft als frommen Wunsch.

Die Finanzkrise hat nicht nur unsere Abhängigkeit von der Ökonomie demonstriert, sondern auch unseren Glauben in die Wirtschaft erschüttert. Genau dieser Glauben ist laut Vogl das Problem. Besser wäre, wir wüssten Bescheid. Wir aber glauben der Wirtschaft und die Wirtschaftslehre glaubt einfach mal an einen Markt mit rationalen Agenten, der sich in einer wohlwollenden Weise reguliert – mit fairem Wettbewerb und so. Dass und warum die Finanzwirtschaft aber nicht mit rationaler Logik operiert, sondern mit „systemerhaltender Unvernunft“, erklärt der Essay ziemlich einleuchtend.

Ginge es nach Vogl, sollten wir jedenfalls schleunigst unsere Märkte differenzieren anstatt das gleiche Wettbewerbsprinzip auf alles anzuwenden. Was das für die Kunst bedeuten kann, klärt er im Gespräch mit Beat Wyss über Wertmaximierung und Kunst als Wertanlage.

19.30 Uhr | 18. April 2011 | HAU 1 | Stresemannstraße 29 | Berlin Kreuzberg

 

Terrorismus am Sonntag

Die Schaubühne lädt zum RAF-Streitraum.

Was gibt’s Schöneres als an einem Sonntagmittag über die RAF zu diskutieren? Na gut: Ausgiebig frühstücken, in Parks abhängen oder zur Orgel-Matinee in der Philharmonie gehen. An der Schaubühne jedenfalls geht es bei Mythos Aufklärung um die Frage, warum sich die Aufklärung der RAF-Morde so zäh gestaltet. Darüber streiten der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar und Michael Buback,  Sohn des ermordeten Siegfried Buback.

12 Uhr | 03. April 2011 | Schaubühne am Lehniner Platz | Kurfürstendamm 153 | Berlin Wilmdersdorf

 

Nachdenken über die Revolution

Aida Eltorie und andere © Aida Eltorie

Die Diskussion Wende in der arabischen Welt? betrachtet die aktuelle Situation in Nordafrika – und zwar aus aus europäischer und arabischer Perspektive.

Am HKW betrachten Künstler, Journalisten und Wissenschaftler aus Tunesien, Ägypten, Algerien und Europa die Entwicklungen in Nordafrika und dem Nahen Osten. Im Vordergrund steht dabei die Frage, inwiefern die Idee von einem „arabischen Frühling“ im westlichen Geschichtsdenken funktioniert, aber nicht zu der komplexen Realität vor Ort passt. Die Diskussion untersucht das Unverständnis, auf das europäische Politiker bei den Regimekritikern und Oppositionellen stoßen – und sucht gemeinsame Perspektiven.

12 Uhr | 27. März 2011 | Haus der Kulturen der Welt | 
John-Foster-Dulles-Allee 10
 | Berlin Tiergarten

 

Berlins vergessene Mitte

Arwed Messmer, Großer Jüdenhof, 2009 © Stadtmuseum Berlin

Die Podiumsdiskussion Urbanität und Alt-Berlin – Die Zukunft der Berliner Altstadt sucht nach städtebaulichen Perspektiven.

Kriegszerstörungen und DDR-Stadtplanung haben im historischen Kern um die St. Marien- und die Nikolaikirche ganze Arbeit geleistet: Das Areal ums Rote Rathaus ist an Tristesse kaum zu überbieten und das Nikolai-Viertel stellt einen grotesken Fremdkörper in Mitte dar. Auf Initiative des für historische Urbanistik zuständigen Center for Metropolitan Studies der TU Berlin beschäftigen sich jetzt Experten mit einer möglichen urbanen Zukunft des Altstadtgebiets.

Heute leitet der Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt eine Diskussion zwischen den Architekturhistorikern Jörn Düwel und Celina Kress, dem ehemaligen Chef der Bundesbaubehörde Florian Mausbach sowie den Architekten Ivan Reimann und Henning Thomsen. (Reimanns Architekturbüro Müller Reiman Architekten hat das Innenministerium und den Erweiterungsbau des Auswärtigen Amtes geplant. Thomsen konzentriert sich bei gehlarchitects auf nachhaltige Innenstadtentwicklung.) Sie debattieren über historisches Erbe und städtebauliche Realität, globalen Wettbewerb und Sparzwang.

Tatsächlich klingt die Zusammenstellung nach einer vernünftigen Verbindung aus historischen Fachwissen und praktischer Erfahrung. Und wer wissen will, ob auf dem Podium wirklich machbare Konzepte entstehen, sollte sich beim Stadtmuseum anmelden. Dort, genauer gesagt in der Nikolaikirche, findet die Diskussion nämlich im Rahmen der Sonderausstellung Berlins vergessene Mitte statt. Die Fotodokumentation rekapituliert die Entwicklung der Altstadt seit 1840.

19 Uhr | 22. Februar 2011 | Nicolaikirche | Nicolaikirchplatz 1 | Berlin Mitte

 

Offen für Alles

Die transmediale.11. widmet sich der livegeschalteten Gesellschaft und ihrem Echtzeitlebensraum.

Dieses Jahr dreht sich alles um RESPONSE:ABILITY. Das Festival für Kunst und Digitale Kultur fragt, was der ständige Ereignisstrom als Grundlage selbstverantwortlichen Handelns für uns und das Internet der Zukunft bedeutet. Aber das hört sich trockener an, als es ist. Wie immer bietet die transmediale ein interessantes Programm aus Kunst, Performances und natürlich Medientheorie für jeden Geschmack:

Pünktlich zum 100. Geburtstag des Theorie-Gottes Marshall McLuhan holt die transmediale dessen kaum bekanntes Manifest COUNTERBLAST aus der medientheoretischen Versenkung. Dann präsentiert die Marshall McLuhan Lecture 2011 den radikalen „Open Everything“ Befürworter Mark Surman, den Geschäftsführer der Mozilla Foundation. Und schließlich fragen in der Konferenz BODY:RESPONSE – Biomediale Politik im Zeitalter der digitalen Liveness namhafte Experten, wie sich eigentlich biologisierte Medien und hybride Raumphänomene auf unsere physische Beziehung zur Technologie auswirken.

An der Schnittstelle zwischen Realwelt und Mediensphäre operieren auch die Performances zum Schwerpunkt LIVE:RESPONSE. Beispielsweise ver- und entkoppelt Herman Kolgen in der Live-Videoprojektion DUST Farbpigmente zur hypnotischen Konfiguration. (Die Arbeit ist inspiriert von Man Rays Élevage de poussière, einer Aufnahme von Marcel Duchamps Großem Glas.)

Das Film- und Videoprogramm wiederum illustriert, wie Montagetechnik und Internet die Erfahrung einer beschleunigten Wahrnehmung unterstützt haben. Und zu guter Letzt machen Installationen in der HacKaWay Zone und diverse Labs von The Open Zone im HKW die Voraussetzungen einer „haktivistischen“ Kunstpraxis im Speziellen und einer Open Culture im Allgemeinen erfahrbar. Die Künstler und Medienaktivisten arbeiten für die Dauer des Festivals vor Ort. Dazu kommt eine ganze Reihe ziemlich guter Satellitenveranstaltungen.

Jedenfalls eröffnet die transmediale heute Abend mit einer großen Zeremonie auf allen Ebenen und mit Performances wie den Fingerabdruck-Experimenten von Paul Vanouse. Als besonderes Highlight bringt der Medienphilosoph Derrick de Kerckhove übrigens seinen digitalen Sohn Angel_F mit. Das Spyware-Wesen hinterfragt Marshall McLuhans Idee, dass wir uns in unserer Technik erweitern … OK, das Ganze ist doch ein bisschen nerdy.

18.30 Uhr | 01. Februar 2011 | Haus der Kulturen der Welt | John-Foster-Dulles-Allee 10 | Berlin Tiergarten

 

Sprechende Hasen, denkende Fische und sichere Becher

© Berlin Bunny Lectures

Die Berlin Bunny Lectures widmen sich dem Thema Mentales Bewusstsein.

Seit 2004 veranstalten die Politologin Ulrike Sterblich und die Psychologin Stese Wagner alias Supatopcheckerbunny und Hilfscheckerbunny  die Talk- und Lesungsserie Berlin Bunny Lectures. In Kooperation mit der Zentralen Intelligenz Agentur laden die Häschen Experten zu den unterschiedlichsten Themen ein, um mit ihnen auf der Bühne zu diskutieren. Dabei unterstützen sie ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter, die Bunnygraphen Kirk Erbs und Cornelius Reiber.

Zum Thema Mentales Bewusstsein erweitern die Psychologin Katja Crone von der Berlin School of Mind and Brain und der Hirnforscher Kai Markus Schreiber aus Münster die Hasenrunde. Sie sollen etwa erklären, wo das Bewusstsein wohnt, was Fische denken und ob wir wirklich existieren. Dazu gibt es Musik von Jens Friebe.

P.S.: Vor seiner Fleischwerdung war das Supatopcheckerbunny übrigens ein Comiccharakter im Satiremagazin Titanic, den Sterblich gemeinsam mit dem Zeichner Tex Rubinowitz entwickelt hatte.

20 Uhr | 29. Dezember 2010 | Kulturbrauerei/nbi | Schönhauser Allee 36 | Berlin Prenzlauer Berg

 

beyond+with+between=metamodernism

Paula Doepfner, Promessus, Installationsansicht @ Galerie Tanja Wagner

Künstlergespräch mit Paula Doepfner zum Thema Metamoderne.

Paula Doepfner stellt derzeit Promessus bei Tanja Wagner aus. Die Künstlerin präsentiert filigrane Zeichnungen neben Dornengestrüpp und Lavagestein. Von der Decke tropt Eis, in das sie Papier gefroren hat. Und während die Galerie Spuren der Zerstörung trägt, zeigt ein Video Doepfner beim Zeichnen von Kreidespuren. Kurz gefasst behandelt die Ausstellung den Gegensatz von manifester Materialität und flüchtiger Idee, der Prozess der Realisierung ist sozusagen das Leitmotiv.

Heute Abend diskutiert Doepfner mit dem Kulturtheoretiker Timotheus Vermeulen und dem Kulturphilosophen Robin van den Akker über die Idee einer Metamoderne. Vermeulen und van den Akker zufolge hat die Postmoderne als Erklärungsmodell zeitgenössischer Ästhetik ausgedient. (Ihre Beobachtungen veröffentlichen sie auf ihrem Blog Notes on metamodernism.)

Die Theorie zur Praxis – ein perfekter Anlass für einen Ausstellungsbesuch. Vor allem wenn sich der Künstler gegen falsche Unterstellungen wehren kann.

19 Uhr | 17. Dezember 2010 | Galerie Tanja Wagner | Pohlstraße 64 | Berlin Schöneberg