Die Schaubühne startet mit einer Nachmittagsvorstellung von Fräulein Julie ins neue Jahr.
Am besten schläft man gar nicht erst über Neujahrsvorsätze, sondern setzt sie gleich in die Tat um. Für alle, die 2011 ihren Fokus auf Kultur statt Party legen wollen, zeigt die Schaubühne bereits um 15 Uhr Fräulein Julie in der Fassung von Katie Mitchell und Leo Warner – und das heißt: als einen theatralischen Live-Film sehr frei nach August Strindberg.
Aus der Perspektive der Köchin erzählt das Stück die tragische Begegnung von Julie und Jean. Die selbst bestimmte adelige Julie schläft mit ihrem Bediensteten Jean. Der wiederum demütigt und manipuliert sie anschließend. Kaltblütig will er sie in den Selbstmord treiben. Denn Jean träumt nicht nur vom sozialen Aufstieg, er ist auch mit der frommen Kristin verlobt, besagter Köchin des gräflichen Anwesens.
Schaut man in die Nachtkritik, scheiden sich die Feuilletons an der Inszenierung: Was etwa der Süddeutschen Zeitung eine gelungene „theatralische Installation“ ist, watscht die Frankfurter Rundschau als unangemessen melancholisch ab. Auf jeden Fall ist Fräulein Julie ein medialer Grenzgang – und somit ein guter Neujahrskompromiss zum Kater-Fernsehnachmittag.
Und für diejenigen, die auf ihren Schlaf nicht verzichten wollen, bleibt immer noch die Abendvorstellung.
15 Uhr | o1. Januar 2010 | Schaubühne | Kurfürstendamm 153 | Berlin Charlottenburg