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2,2 Billionen Dollar Umweltschäden durch Top-Konzerne

Trucost aus London ist eine wirklich spannende Firma. Die Mitarbeiter machen nichts anderes, als CO2-Emissionen, Umweltschäden und Energiemaßnahmen in eine für Manager verständliche Sprache zu übersetzen: in Dollar und Cent. In Zusammenarbeit mit dem Magazin Newsweek erstellt Trucost außerdem regelmäßig Listen zu den „grünsten Unternehmen“ in den USA.

Jetzt meldet der britische Guardian, dass Trucost im Sommer eine neue Studie, von der UN in Auftrag gegeben, veröffentlichen wird: Wie hoch sind die Schäden, welche die 3.000 größten Aktiengesellschaften weltweit verursachen? Dazu zählt Trucost etwa das Anheizen des Klimawandels und übermäßigen Wasserverbrauch. Wie gesagt: Es geht nur um die Folgen von Unternehmen, nicht um Privatleute oder Regierungen. Wer ein wenig den Artikel herunterscrollt, findet eine interessante Grafik über die geschätzen Schäden der einzelnen Geschäftsbereiche.

Das Ergebnis ist eine kaum vorstellbare Zahl: 2,2 Billionen US-Dollar, allein im Jahr 2008. Müssten die Konzerne für die Folgen ihrer Tätigkeit zahlen, würde sie das rund ein Drittel ihrer Gewinne im Durchschnitt kosten.

Wird diese Zahl irgendwelche Folgen haben? Die Trucost-Leute hoffen schon. Sie setzen auf die Angst der Unternehmen, dass Regierungen neue Steuern und Regulierungen einführen, um die externen Kosten zu internalisieren . „Die Kosten machen einen Großteil der Gewinne der Unternehmen aus“, sagt Trucost-Studienleiter Richard Mattison dem Guardian. „Ob die Unternehmen auch tatsächlich dafür zahlen müssen, wird von den Bestrebungen der Politik abhängig sein, das Verursacher-Prinzip konsequent durchzusetzen.“

 

British Airways will Kerosin durch Biosprit ersetzen

Die Pläne sind ambitioniert: Als erstes Unternehmen in Europa will British Airways eine Biosprit-Anlage für Flugzeug-Treibstoff bauen. Aus Bio-Abfällen will das Unternehmen in der Nähe von London ab 2014 jährlich rund 72 Millionen Liter „Green Fuel“ herstellen und in seinen Flugzeugen einsetzen. British Airways will seine CO2-Emissionen bis 2050 um 50 Prozent halbieren. Rund 1200 neue Jobs soll das Projekt schaffen.

Der Flugverkehr ist unter anderem besonders klimaschädlich, weil Stickoxide hoch oben in der Luft zur Bildung des Klimagases Ozon beitragen. Außerdem glauben Forscher, dass Kondenssteifen den Treibhauseffekt noch verstärken. Klimaschutzanstrengungen in diesem Bereich – wie etwa auch die Aufnahme des Flugverkehrs in den Emissionshandel in der EU – sind also sinnvoll.

Es gibt nur ein Problem: Noch hat British Airways gar keine Genehmigung für seine Biosprit-Anlage, schreibt der britische Guardian. Die Behörden erwarten offenbar noch mehr Test, ob die Flugzeug-Motoren mit Biosprit genauso gut und vor allem sicher fliegen wie mit dem herkömmlichen, öl-basierten Kerosin. Dass das Projekt allerdings ganz stirbt, ist unwahrscheinlich: Die internationale Flugverkehrsorganisation IATA hat sich als Ziel gesetzt, dass bis 2017 mindestens zehn Prozent des Flugbenzins aus alternativen Treibstoffen sein sollen.

 

Arizona scheut plötzlich den CO2-Handel

Bislang gibt es in den USA ja noch kein Energie-und Klimaschutzgesetz auf Bundesebene – das Gesetzvorhaben, das unter anderem einen bundesweiten Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten einführen will, hängt zurzeit im Senat fest.

Vor drei Jahren sind allerdings einige Bundesstaaten vorgeprescht: Sie gründeten die Western Climate Initiative und wollten auf regionaler Ebene einen Emissionshandel etablieren. In zwei Jahren sollte das System starten.

Aber nun bekommen offensichtlich die ersten Staaten kalte Füße: Arizona – sogar einer der Gründungsstaaten – erklärte, nicht mehr am verpflichtenden Handel mitzumachen. „Wettbewerbsverzerrende Gründe“ nennt Gouverneurin Jan Brewer, Republikanerin. Arizonas Wirtschaft und Arbeitsplätze seien in Gefahr. Wie Dow Jones meldet, haben nur vier der 11 Bundesstaaten und kanadischen Provinzen, die zu der Initiative gehören, bislang Gesetz für den Emissionshandelssystem verabschiedet: Kalifornien, British Columbia, Ontario und Quebec. Mitgliedsstaaten wie Utah sollen ebenfalls zögern.

Für die Klimaschutzbestrebungen der USA wäre das fatal: Gerade nach dem Scheitern des Weltklimagipfels in Kopenhagen sind viele Fachleute desillusioniert, dass die USA überhaupt noch ein bundesweites Klimaschutzgesetz in diesem Jahr verabschieden. Ihre Hoffnung richtet sich daher auf lokale Bewegungen.  „Grassroot-„-Klimaschutz sozusagen. Mit Arizona haben diese Hoffnungen einen Dämpfer bekommen.

 

Solar: Ein Atomgigant bewegt sich

…ob  das Milliardengrab Olkiluoto den französischen Atomkonzern Areva zu diesem Schritt gebracht hat? In Finnland erweist sich ja der Bau des Atomkraftwerks als finanzieller Reinfall, die Kosten haben sich von drei auf etwa 5,3 Milliarden Euro verdoppelt. Areva gab nun jüngst bekannt, den kalifornischen Solarthermie-Spezialisten Ausra für geschätzte 200 Millionen US-Dollar (wie die britische Financial Times berichtet) zu kaufen.

Ausra stellt die Technik her, die eines Tages auch in dem Wüstenstrom-Projekt Desertec zum Zuge kommen könnte: Sonnenenergie wird mit Hilfe von Spiegeln auf eine Flüssigkeit wie etwa Öl gelenkt. Diese erhitzt sich dadurch und treibt in Turbinen Stromgeneratoren an. Erfahrung hat vor allem Solar Millenium mit diese Technologie, das deutsche Unternehmen hat in Spanien große Solarkraftwerke damit gebaut. Die Pläne von Areva sind ambitioniert – nicht weniger als ein „world leader in solar thermal energy“ will das Unternehmen werden.

Konkurrenz kommt allerdings von einem ehemaligen Weggefährten: Siemens, der sich inzwischen von dem französischen Partner lossagt und mit dem russischen Atomkonzern Rosatom anbandelt, hatte vergangenen Herbst das israelische  Solarthermie-Unternehmen Solel Solar für rund 418 Millionen US-Dollar gekauft.

Dass Konzerne wie Areva und Siemens auf Solarthermie setzen, ist kaum überraschend: Auch wenn der Brennstoff sich unterscheidet (Uran beziehungsweise Kohle versus Sonnenernergie): Die Technik ist den Unternehmen vertraut, es gibt riesige Dampfturbinen, Generatoren, mit dieser Großtechnologie haben die Firmen Erfahrung. Zudem gilt Solarthermie als einer der Wachstumsmärkte – nicht nur wegen Desertec.

 

Laufzeitverlängerung: 6 Milliarden Euro flöten

Wenn es um die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke geht, erwähnt die Bundesregierung fast schon reflexartig, dass sie die Zusatzgewinne der Energieversorger aus dem Stromverkauf abschöpfen will.

Eine interessante Zahl wurde heute bei einem Termin des Umweltbundesamts in Berlin bekannt. Dem Europäischen Emissionshandel ETS gehen bei einer pauschalen Laufzeitverlängerung der Meiler um acht Jahre rund sechs Milliarden Euro verloren. (Prinzip Emissionshandel: In der EU gibt es eine Mengenbegrenzung für CO2. Unternehmen müssen sich seit etwa vier Jahren Rechte kaufen, um CO2 ausstoßen zu dürfen. Mit diesen Rechten können sie an der Börse handeln.)

Der Einnahmeverlust entsteht dadurch, dass CO2-freier Atomstrom produziert wird – der nun nicht mehr in klimaschädlichen Kohlemeilern entsteht. Die Energieversorger benötigen nun also weniger Co2-Rechte als ursprünglich geplant. Würde man nicht eingreifen, dann wären einfach zu viele CO2-Rechte im Markt. Der Preis für diese würde in den Keller rauschen, alle Klimaschutzanstrengungen wären umsonst.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat nun ein theoretisches Konzept durchgespielt: Ab dem Jahr 2013 müssen die Stromkonzerne ja komplett die CO2-Rechte ersteigern. Diese Auktionierung führt die Bundesregierung durch. Diese könnte nun einfach weniger Rechte ausgeben, um damit dem Preisverfall zuvorzukommen. Und in genau diesem Fall würde sie auf Einnahmen in Höhe von rund sechs Milliarden Euro verzichten.

Für ihre Berechnung haben die UBA-Experten einen CO2-Preis von 15 Euro je Tonne unterstellt. Nun gut, derweil notiert die Tonne Kohlenstoff bei etwas mehr als 12 Euro… Aber das Ergebnis bleibt: Mehrere Milliarden Euro gehen dem internationalen Klimaschutz flöten, denn die Einnahmen aus dem ETS sollen ja in Klimaschutzprojekte investiert werden. Und dabei hat die EU auf dem Weltklimagipfel den Entwicklungsländern umfangreiche Finanzzusagen für den Klimaschutz gemacht.

Jochen Flasbarth, der neue Chef des atomkritischen Umweltbundesamts, plädiert für eine Anpassung der EU-weiten Zertifikateobergrenze. Um einen Preiseinbruch für CO2 zu vermeiden, solle die Gesamtmenge reduziert werden. Kein einfaches Unterfangen. Zwar bereiten die Experten in Brüssel gerade die dritte Handelsperiode ab 2013 mit Zertifikaten vor. Aber dass sie sich dabei nun auch noch mit dem deutschen Sonderfall „Laufzeitverlängerung“ beschäftigen müssen, hätten sie wohl kaum gedacht.

 

Solar: Kürzung später – aber höher

Heute hat die Koalition getagt – und Schwarz-Gelb hat sich offenbar auf erste Kompromisse zur  Solarstrom-Förderung verständigt, meldet just die dpa. Danach soll die Förderkürzung für Solaranlagen auf Dächern erst zum 1. Juni greifen und damit zwei Monate später als von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) geplant. Allerdings sollen die Subventionen dafür in diesem Jahr um 16 statt um 15 Prozent sinken.

Nachtrag: Einen guten Überblick, was die Koalition entschieden hat, findet sich in der Financial Times Deutschland.

 

Peak Oil: Virgin-Chef Branson ist alarmiert

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat zwar viele Staaten noch immer im Griff. Aber inzwischen mehren sich die Stimmen, die einen steigenden Ölpreis prognostizieren. Der Gründer der britischen Virgin Airlines, Milliardär Richard Branson, wird diese Woche gar mit einer spektakulären Prognose seine Aufwartung in London machen, meldet der Guardian: Er erwarte eine handfeste Ölkrise innerhalb der nächsten fünf Jahre, so Branson. Und sie werde sogar noch schlimmere Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben als die Finanzmarktkrise.

Dass der Ölpreis in die Höhe schnellen könnte, erwarten auch Experten der Internationalen Energie-Agentur in Paris. Ende vergangenen Jahres sorgten dort allerdings Vorwürfe eines Insiders  für Unruhe: Die IEA solle auf Drängen der USA gezielt die Gefahr von knappem Öl heruntergespielt haben, um für Ruhe an den internationalen Börsen zu sorgen. Es könnte also noch weitaus schlimmer kommen.

Noch allerdings rauscht der Ölpreis weiter nach unten. Am vergangenen Freitag kostete das Barrel gerade mal 70 US-Dollar. Allerdings rät schon jetzt die amerikanische Großbank Goldman Sachs, sich mit Ölkontrakten einzudecken. Die könnten sich als lukratives Geschäft entpuppen, weil sich das Angebot an Öl bald wegen der anziehenden Nachfrage wieder verknappen werde, ist Goldman Sachs überzeugt.

Steigende Preise gefallen natürlich den Ölkonzernen. Aber gibt es tatsächlich noch genug Vorräte oder ist an „Peak Oil“, der Theorie, dass die Produktionsspitze bald erreicht ist, etwas dran? Die großen Ölkonzerne bestreiten das. Erst in Davos gab sich der Chef der saudi-arabischen Ölgesellschaft Aramco noch bewusst gelassen: Es sei noch immer genug Rohöl da, die „Peak Oil“ Debatte habe sich zum Glück erledigt, zitiert ihn die Financial Times Deutschland.

 

Australien: Das Öko-Big Brother Projekt

Auf eine smarte Idee ist die Regierung im australischen Bundesstaat South Wales gekommen: Im ehemaligen olympischen Dorf bietet sie jungen Familien jetzt ein Jahr lang mietfreies Wohnen an, auch die Kosten für Strom und Wasser werden übernommen.

Na, da muss es doch einen Haken geben, denken Sie? Genau. Der Deal geht wie folgt: Die neuen Mieter ziehen in ein „smart home“ ein: Auf dem Dach die Solaranlage, vor der Tür ein Elektroauto, eine effiziente Gastherme im Keller, die gesamte Elektronik im Haus ist energieeffizient und lässt sich via iPhone fernsteuern.

Die junge Familie wird tagtäglich durchleuchtet: Energieverbräuche und Gewohnheiten werden dokumentiert, manchmal wird ein Filmteam auftauchen, ein Blog ist geplant, eine Internetseite. „Wir brauchen eine Familie mit Sinn für Humor und Geduld“, wird der Energieminister in australischen Medien zitiert.

Die Regierung und der Energieversorger Energy Australia erhoffen sich vor allem praktische Erfahrungen über den neuen, grünen Alltag. Für die Familien lohnt es sich: 32.000 australische Dollar sparen sie,  Energy Australia rechnet mit durchschnittlichen Energieeinsparungen von rund 20 bis 50 Prozent. Die Bewerbungsfrist läuft Ende Februar aus – und die Nachfrage soll immens ein.

Und ein solches Projekt in Australien, dem Land, das erst kürzlich seine Pläne zum CO2-Emissionshandel gestrichen hat

 

Nike macht Öko-Patente öffentlich

Was Turnschuhgigant Nike und zehn andere Unternehmen vergangene Woche auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vorgestellt haben, klingt erstaunlich: Die Firmen wollen eine Auswahl an Patenten öffentlich machen, um die Entwicklung von „grünen“ und klimafreundlicheren Produkten voranzubringen. Dafür haben sie die neue Internetseite „GreenXChange“ vorgestellt. Nike will dort etwa das Patent für ein umweltfreundlicheres Schuhgummi veröffentlichen, das 96 Prozent weniger Giftstoffe enthält als die übliche Turnschuhsohle. Insgesamt gibt der US-Konzern 400 Öko-Patente zur Forschung frei.

Und warum machen die das? Ganz einfach: Es geht um Patente, die nicht unbedingt einen Wettbewerbsvorteil bieten. Wer seine neue Ideen für eine umweltfreundliche Verpackung teilt oder sie einkaufen kann, hat Zeit, sich um die Entwicklung anderer Patente zu kümmern. Die Initiative will helfen, dass zwei Unternehmen nicht parallel an neuen, giftfreien Turnschuhsohlen forschen.

Aber ob die Rechnung aufgeht? Schließlich könnte es sich sehr wohl irgendwann als Vorteil  herausstellen, dass der eine Turnschuh umweltfreundlicher produziert wurde und der andere nicht. Das liegt an uns Kunden. Mal schauen, ob Nike und die anderen Firmen ihren Schritt nicht irgendwann bereuen werden…