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Emissionshandel beschert Atomkonzernen Zusatzgewinne

Eigentlich – oder besser: theoretisch – ist der Emissionshandel ja eine feine Sache. Das Klimagas Kohlendioxid wird bepreist und jeder, der es produziert, muss  dafür Verschmutzungsrechte bezahlen. Doch die aktuelle Organisation des europäischen Emissionshandels führt zu zahlreichen unerwünschten Nebeneffekten.

Einer betrifft die Bilanzen der großen Energiekonzerne. Die konnten nämlich zwischen 2005 und 2012 zwischen 35,6 und 38 Milliarden Euro Mehreinnahmen verbuchen, hat jüngst das Ökoinstitut im Auftrag der Umweltschutzorganisation WWF berechnet. Wie das? In den ersten beiden Handelsperioden bekamen die Energieunternehmen die Zertifikate umsonst zugeteilt. Der CO2-Preis wurde aber aber gleich auf den Strompreis umgelegt, dieser stieg also an. Da aber die Produktionskosten für Strom aus Atomkraftwerken gleich blieben, nahm die Gewinnmarge der Atomkonzerne zu.

„Abkassieren und Jammern“ wirft der WWF den Stromunternehmen nun vor.  Er fordert eine Erhöhung der so genannten Atomsteuer, an der die Regierung bastelt. Diese soll  die Zusatzgewinne der Atomkonzerne abschöpfen  – und die Einnahmen hat Finanzminister Schäuble fest für seinen Haushalt verplant. Doch was aus der Kernbrennstoffsteuer in Zeiten nach Fukushima wird, ist noch völlig unklar. Offenbar überlegt die Bundesregierung sogar auch, sie zu kippen – ein Dankeschön an die Atomkonzerne für den geplanten Atomausstieg.

 

Energiewende konkret: Die Pläne der Bundesregierung

Gleich sechs Gesetzesvorhaben will die Regierung noch vor der Sommerpause auf den Weg bringen – na, dann mal ran! Hier ein guter Überblick von dpa:

Norbert Röttgen muss sich erst einmal von seinem Staatssekretär einen Zettel reichen lassen. Aus dem Stegreif kann auch der sonst so informationssichere Umweltminister nicht aufzählen, was da alles im Rahmen des Energiepakets am 6. Juni an Gesetzen vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden soll.

«Die größte Überraschung», setzt er schmunzelnd an, sei sicher, dass ein neues Atomgesetz kommt. Dann folgt in seiner Aufzählung ein Netzausbaubeschleunigungsgesetz, eine Reform des erst kürzlich angepassten Energiewirtschaftsgesetzes, ein neues Baugesetzbuch, eine Reform des Ökoenergiefonds, Neuerungen zur Kraft-Wärme-Koppelung und Eckpunkte für eine Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

Und wäre das nicht genug, könnte auch die Mietrechtsreform von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in das Energiepaket aufgenommen werden. Das ist aber eher unrealistisch. Denn es ist umstritten, dass Mieter in der Zeit energetischer Gebäudesanierung für drei Monate keine Mietminderungen mehr geltend machen können, der Mieterbund geht dagegen auf die Barrikaden.

«Fast alles, was mit dem beschleunigten Ausbau regenerativer Energien zu tun hat, hat räumliche Auswirkungen. Das betrifft also das Planungs- und Baurecht», sagt Bauminister Peter Ramsauer (CSU). «Deswegen ziehen wir die Aspekte, die diesem Ziel dienen, aus der derzeit laufenden Novelle des Bauplanungsrechts vor.»

Der Grünen-Abgeordnete Oliver Krischer warnt vor unausgegorenen Reformen und verweist auf das Gesetz zur unterirdischen Speicherung des Klimakillers Kohlendioxid. Dieses war zur Begleitung der Energiewende von der Regierung verabschiedet worden und beinhaltet wegen des Widerstands im Norden nun eine Länderausstiegsklausel. So können CO2-Speicherstätten torpediert werden. Zu diesem Gesetz sind wegen offener Fragen und strittiger Punkte über 50 Änderungsanträge im Bundesrat eingegangen, berichtet Krischer.

«Ich kann mich nicht erinnern, dass in einem solchen Tempo schon mal so ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht worden ist», sagt Krischer. Doch ob die Länder überall mitspielen? Beim Netzausbau sollen sie einer Bundesfachplanung zustimmen. «Damit entmachten sich die Länder ja selbst», sagt Verbraucherschützer Holger Krawinkel. Und Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) betont, es könne nicht nur um Offshore-Windkraft gehen. Bayern will nicht abhängig werden von Energielieferungen von der norddeutschen Küste und setzt daher auf heimische Energie aus Biogasanlagen seiner Landwirte, sowie auf Sonnenstrom und Windräder in heimischen Gefilden.

Was ist nun geplant? Ramsauer und Röttgen wollen einheitliche Kriterien für die Ausweisung von geeigneten Flächen für Windkraftanlagen in allen Bundesländern. Das Planungsrecht soll dafür angepasst und ein Leitfaden für die Kommunen vorlegt werden. Geplant ist der Austausch älterer Windräder durch neuere, leistungsstärkere. Zudem wird es um die künftigen Vergütungen gehen. Zum Ausbau der Anlagen auf See wurde beschlossen, Genehmigungsverfahren beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie zu bündeln. Bisher mussten bei unterschiedlichen Behörden in zeitraubenden Verfahren Genehmigungen besorgt werden.

Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, betont, dass bei den Gesetzen das Prinzip Qualität vor Zeit gelten sollte. «Am Ende muss ein Gesetz stehen, das den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt und so einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergieenergie Dass der Bundesumweltminister jetzt eine Kürzung der Vergütung für Windenergie an Land vornehmen will, steht diesem Ziel entgegen», sagt Albers.

Auch beim Thema Biomasse will die Regierung neue Pflöcke einschlagen, etwa durch eine Begrenzung der Maismenge, die verwendet werden darf, um eine «Vermaisung» der Landwirtschaft und steigende Lebensmittelpreise zu verhindern. Und dann ist da noch ein Problem, das auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Sorgen macht. Da wohl mehrere der 17 Meiler sofort stillgelegt und die Laufzeiten verkürzt werden, könnten Milliarden der AKW-Betreiber im Ökoenergiefonds und bei der Brennelementesteuer fehlen.

Daher muss auch hier ein neues Gesetz her, die Neuverhandlung der Zahlungen dürfte für die Regierung zu einer besonders komplizierten Operation werden. In Koalitionskreisen wird es für wahrscheinlich gehalten, dass die Atomsteuer wegen des Atomausstiegs gekippt wird, was Schäubles Sparziele über den Haufen werfen könnte. «Bei der Energiewende hängt alles mit allem zusammen», seufzt ein Koalitionär ermöglicht. Dass der Bundesumweltminister jetzt eine Kürzung der Vergütung für Wind an Land vornehmen will, steht diesem Ziel entgegen», sagt Albers.

 

Libyens Chaos bedroht Thunfisch-Bestände

Libyens Staatschef Muamar Al-Gadhafi stürzt nicht nur sein Land in Chaos, sondern inzwischen auch die europäische Fischereipolitik. Wie die Umweltschutzorganisationen WWF und Greenpeace warnen, will Libyen offenbar ab heute seine Gewässer für den Fang des extrem bedrohten Blauflossen-Thunfischs freigeben. Und das, obwohl das Land gerade unmöglich dafür sorgen kann, dass Fischfangpläne eingehalten werden können und sich die Bestände erholen können. Dazu hat sich Libyen international verpflichtet. Gerade die Gewässer vor der Küste Libyens sind ein wichtiges Laichgebiet für den Blauflossen-Thunfisch. Dessen Bestände sind so überfischt, dass Fischereiexperten vor dem Aussterben warnen. WWF und Greenpeace fordern daher die industriefreundliche Internationale Organisation zum Schutz der Atlantischen Thunfischs (ICCAT) auf, die Thunfisch-Fischerei vor Libyen auszusetzen.

 

VW wird zum Ökostrom-Händler

Europas größter Autokonzern erschließt sich ein neues Geschäftsfeld. Wie die Financial Times Deutschland heute berichtet, wollen VW als auch Audi in Ökostrom investieren und sich an Offshore-Windparks beteiligen. Im Gespräch seien eine zweistellige Millionensumme und Nordsee-Windparks des Offshore-Entwicklers Bard. Sie sollen den Ökostrom produzieren, mit dem Elektrowagen aus dem Hause Audi betrieben werden können. Wer ein Elektroauto kauft, bekommt also den Ökostrom bei Interesse gleich mitgeliefert. Das ist smart, denn ein Elektroauto wird erst dann richtig „grün“, wenn es mit dem richtigen, klimafreundlichen Strommix fährt. Und Autokäufer werden es mögen, wenn es zum Ökoauto gleich den passenden Strom gibt.

Für VW ist es übrigens nicht der erste Kontakt mit der grünen Branche. Schon jetzt liefert ein Windpark am VW-Werk in Emden ein Drittel des Strombedarfs, gibt es Solaranlagen auf Werkdächern etc.. Für den Ökostrom-Anbieter Lichtblick baut der Auto-Konzern zudem seit etwa einem Jahr das „ZuhauseKraftwerk“, ein gasbetriebenes, effizientes Mini-Blockheizkraftwerk für den Keller. 60 Anlagen sind bereits in Privatwohnungen installiert und werden gerade getestet. Die Gasheizung, die auch Strom produziert und ihn ins öffentliche Netz einspeist, reduziere die CO2-Emissionen um bis zu 60 Prozent, wirbt Lichtblick. Mehr als 100.000 Anlagen wollen die Hamburger in den kommenden Jahren installieren. Das klingt nach Massenmarkt – und nicht mehr nach Nische.

 

Atomausstieg: Industrienationen als Vordenker

Was sind das für Zeiten: Japan (drittgrößte Volkswirtschaft der Welt) und Deutschland (viertgrößte Volkswirtschaft der Welt) wenden sich von der Atomkraft ab und sehen ihre Zukunft in den erneuerbaren Energien. Anfang der Woche erklärte der japanische Premier, Japan wolle auf die Aufstockung der Atomkraftanteils am Energiemix von 30 auf 50 Prozent verzichten (Nun gut, das ist noch kein kompletter Verzicht, aber ein Anfang). Und Berlin bereitet ja gerade den Atomausstieg per Gesetz vor. Kaum überraschend, dass da der Guardian schon fragt: Wenn sogar Deutschland und Japan die Energiewende wollen – warum dann nicht auch andere Staaten? Dabei wurden Atomkraftgegner doch früher oft als lächerliche Utopisten dargestellt. Die Zeiten nach Fukushima sind andere…

 

Energiewende ohne deutsche Solarfirmen

In Berlin wird um die Energiewende gerangelt – und eine verrückte Situation ist entstanden: Die großen deutschen Solarfirmen vermelden alles andere als vielversprechende Zahlen. Dieser Tage werden Unternehmen wie Q-Cells, Phoenix Solar und der Wechselrichter-Spezialist SMA Solar ihre Bilanzen für´s erste Quartal vorlegen. SMA wird wohl einen Umsatz- und Gewinneinbruch erklären müssen, Phoenix Solar nach ersten Schätzungen ebenfalls. Es sind die Folgen der mehrfachen Kürzung der Solarförderung. Sonnenstromproduzenten erhalten je  Kilowattstunde Solarstrom ja eine gesetzlich garantierte Vergütung. Mitte vergangenen Jahres hatte Bundesumweltminister Röttgen hier den Rotstrich angesetzt – und zum Anfang des Jahres erneut. Und das wirkt sich nun direkt bei den Umsätzen der Solarunternehmen aus.

Während es der Bundesregierung mit der Energiewende scheinbar nicht schnell genug gehen kann, sind die Aussichten für die Solarfirmen auch eher trübe. Berlin setzt auf Offshore-Wind, hier soll es ein zusätzliches Kreditprogramm geben, die Fördersätze sogar eventuell erhöht werden. Solarlobbyisten zeigen sich verdutzt, dass das Energiekonzept vor allem Windkraft auf hoher See fördert. Und haben bereits eine Begründung parat: Die großen Energiekonzerne bräuchten eben eine Kompensation für den Atomausstieg – und da sei ihnen Offshore mit den großen, zentralen Windparks am vertrautesten und am liebsten. Dabei könne Solarstrom vielleicht schon in zwei, drei Jahren zu den gleichen Kosten wie Offshore-Windstrom produziert werden.

 

Aus Brachgelände mach` Gemüsegarten

Fast jede Stadt hat sie – und ist in der Regel nicht stolz auf sie: riesige Brachflächen der Bahn mitten in der City. Verschwendeter, ungenutzter Raum, der allerdings wegen belasteter Böden kaum nutzbar ist. In Osnabrück hat sich jetzt der Kulturverein Traumfabrik Petersburg des alten Güterbahnhofs angenommen. Dort entsteht gerade ein großer Gemeinschaftsgarten, bei dem jeder mitgärtnern darf. Er ist Teil der Initiative „Transition Town Osnabrück“, das die niedersächsische Stadt ins postfossile Zeitalter begleiten will.

Die Osnabrücker sind nicht die einzigen, die öffentlichen Raum umwidmen. Die aktuelle Ausgabe von „Schrot und Korn“ widmet dem Thema „Urban Gardening“ gerade einen Schwerpunkt. „Beete statt Facebook“ laute bei vielen Gärtnern die Devise, also nicht nur online mit Freunden chatten, sondern zusammen raus gehen und im Mulch wühlen.

Copyright: Gartengruppe
Copyright: Gartengruppe

In Osnabrück werden zurzeit Bäume, Obst und Gemüse angepflanzt, allerdings in Plastikkübeln und mit herbeigeschafftem Mutterboden, weil das Gelände zu stark balastet ist. Rund 20 Leute finden sich bereits wochenends in dem neuen Gemeinschaftsgarten ein, berichtet die Lokalzeitung NOZ. In Berlin waren es vergangenes Jahr sogar 700, die im Prinzessinengarten gegärtnert haben. Sie alle verwandeln ein ungeliebtes Stück Stadt langsam in ein Klein(garten)od.

 

Atomausstieg bedeutet Milliardenverlust für Energiekonzerne

Ein Ausstieg aus der Atomenergie wird für die vier großen Energiekonzerne ein milliardenschweres Verlustgeschäft. Bei einem Komplettausstieg bis zum Jahr 2015 (und eben keiner Laufzeitverlängerung) würden ihnen Gewinne in Höhe von 75 Milliarden Euro entgehen, schätzt Greenpeace. Würde der Ausstieg erst 2020 passieren, wären es immer noch 60 Milliarden Euro. Die Atomkraftgegner unterstellen, dass jeder Meiler einen täglichen Gewinn von rund einer Million Euro abwirft.

Mit solchen Schätzungen will die Umweltschutzorganisation die Bundesregierung auf harte Ausstiegsverhandlungen vorbereiten: „Die Manager und Lobbyisten der Atomkonzerne werden um jedes Jahr Laufzeit für ihre gefährlichen, aber profitablen Uralt-Meiler kämpfen“, erklärte Tobias Riedl, Atomenergieexperte bei Greenpeace.

Die Zahlen sind interessant – aber auch sehr gewagt. Denn viel zu viele Kenngrößen sind noch unbekannt. Liegt der Gewinn tatsächlich bei einer Million Euro? Niemand weiß das so genau, die Gewinnkalkulationen gehören zu den bestgehütetsten Geheimnissen der Branche. Das Ökoinstitut kam im vergangenen Jahr in einer Studie sogar auf noch höhere Gewinnspannen.

Zudem basiert die Schätzung auf dem theoretischen Fall, dass keine Störfälle in den AKW passieren und diese nicht vom Netz müssen – wie schnell das passieren kann, zeigt der Vattenfall-Meiler Krümmel.

Und noch wird in Berlin heftig diskutiert, ob es überhaupt ein festes Ausstiegsdatum geben soll, das für alle Meiler gilt, oder ob – wie bisher – für jeden Meiler Reststrommengen vergeben werden sollen. Dass E.on, RWE, Vattenfall und vor allem EnBW im Fall eines Ausstiegs aus der Laufzeitverlängerung Milliardenverluste verbuchen müssen, ist nichts Neues. Nur wie hoch diese sind, das kann heute wohl niemand seriös sagen.

 

1. Offshore-Windpark in der Ostsee in Betrieb

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte heute morgen einen angenehmen Termin: Sie nahm den ersten Offshore-Windpark in der Ostsee in Betrieb. Der Windpark Baltic 1 des süddeutschen Energiekonzerns EnBW hat eine Leistung von 48,3 Megawatt und kann damit theoretisch rund 50.000 Haushalte versorgen.

Vor drei Jahren hatte EnBW den Windpark rund 16 Kilometer vor der Halbinsel Darß/Zingst gekauft. Die Schwaben planen außerdem einen weiteren, viermal so großen Offshore-Windpark (Baltic 2 vor Rügen) . Sie  investieren nach eigenen Angaben insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro. Im Unterschied zu den anderen Energiekonzernen RWE, Eon und Vattenfall hat EnBW das Thema Offshore-Windenergie relativ spät für sich entdeckt. Während die anderen Unternehmen bereits seit Jahren vor allem auch im Ausland investieren, will EnBW bis 2015 erst einmal nur vier Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee realisieren. Wegen der ausgesetzten Laufzeitverlängerung und der neuen grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg steht EnBW unter enormem Druck, seinen Energiemix schnell und stärker auf erneuerbare Energien auszurichten.

Merkel nutzte übrigens den Termin, um ein neues Kfw-Sonderprogramm für die erneuerbaren Energien anzukündigen. Fünf Milliarden Euro will die Bundesregierung für die Energiewende zur Verfügung stellen. Das Programm könne hoffentlich bald in Kraft treten, so die Bundeskanzlerin.

Das klingt nicht schlecht, ist aber, sorry, nichts Neues. Das Kreditprogramm hat die Bundesregierung schon in ihrem Energiekonzept vor einem halben Jahr angekündigt. Und seitdem ist leider nichts passiert, dabei wartet gerade die Offshore-Windbranche sehnlichst auf staatliche Unterstützung. Ein bisschen mehr Ehrlichkeit wäre also wünschenswert: Trotz ambitionierter Pläne und vieler Beteuerungen verschleppt die Bundesregierung gerade den Ausbau der Offshore-Windkraft.

 

Globalisierung verwässert Klimaschutz-Statistiken

Die Grundstruktur des Kyoto-Klimaschutzprotokolls ist ja eigentlich simpel: Es unterscheidet zwischen Industrienationen wie Deutschland, die sich zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen verpflichten, und Entwicklungsländern, die – aus Rücksicht auf ihr Wirtschaftswachstum – nicht daran teilnehmen müssen. Seitdem hat sich vor allem Europa eine ambitionierte Klimaschutzpolitik verordnet, um die CO2-Emissionen zu mindern.

Auf den ersten Blick könnten man meinen, es ist ein Erfolg: Zwischen 1990 und 2008 konnte in den Industrieländern der Emissionsanstieg gebremst werden. Doch das Kyoto-Protokoll hat eine entscheidende Lücke: Es geht nicht auf die Emissionen ein, die durch Waren entstehen, die in Entwicklungsländern produziert und anschließend importiert werden. Das führen die Klimawissenschaflter Glen Peters, Jan Minx, Christopher Weber und Ottmar Edenhofer in ihrer aktuellen Studie  „Growth in  emission transfer via international trade from 1990 to 2008“ aus:

„Der Konsum in Industrienationen verursachte einen Emissionsanstieg in Entwicklungsländern, welcher die bis 2008 erreichten Emissionseinsparungen in den Industrienationen um ein Fünffaches übersteigt.

„Wir begrenzen Emissionen bei uns, verursachen aber zugleich mehr CO2-Ausstoß in Regionen ohne Klimaschutzziele“, sagt Minx. Nur durch dieses Auslagern von Emissionen, so die Autoren, könnten die Industrieländer bislang ihre Klimaschutzziele mit vergleichsweise geringen Anstrengungen und trotz wachsenden Konsums erreichen.“

CO2 ist ein globales Klimagas, das sich an keine Ländergrenzen hält – entscheidend ist eben, wie die weltweite Klimagasbilanz aussieht. Und die sieht schlecht aus:  Zwischen 1990 und 2008 sind die Emissionen global um 39 Prozent gestiegen. Offenbar gibt es  enormen Zahlenbedarf. Denn bislang werden die CO2-Emissionen nur dem Land zugeschrieben und unter dem Protokoll erfasst, auf dessen Gebiet sie entstehen. Dabei wird immer öfter Produktion ins Ausland ausgelagert:

„Beispielsweise führt das niedrigere Lohnniveau in Entwicklungs- und Schwellenländern zu Produktionsverlagerungen aus Industrieländern.  (…)  So zeigt ein Vergleich der Europäischen Union und der USA: Nur in der EU gibt es verbindliche Regeln für Klimaschutz, trotzdem ist hier wie dort der Transfer von Emissionen durch Handel gleichermaßen gestiegen.“

Was tun? Leider bleibt die Studie hier relativ vage, die Autoren fordern, dass auf jeden Fall auch die Emisionen von importierten Gütern erfasst werden müssten. Aber das ändert nichts am Grundproblem des Kyoto-Protokolls: Die weltweiten größten CO2-Emittenten China und USA machen nicht mit.