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Trotz Kürzungen boomt Solarbranche

Es sind wirklich keine einfachen Zeiten für Solarstromfans – und vor allem für solche, die es noch werden wollen und sich eine Solaranlagen kaufen wollen. Seit fast einem halben Jahr streitet Berlin über die Kürzungen: Der Bundestag beschloss nach langem Hin und Her, zum 1. Juli die Förderung für Solaranlagen auf Dächern um 16 Prozent und auf den meisten Freiflächen um 15 Prozent zu kappen. Vergangene Woche blockierte dann der Bundesrat die Entscheidung.

Interessant ist es aber, sich einmal die Branchenprognose anzuschauen. Denn die Deutschen rennen den Installateuren weiterhin die Bude ein. Das Branchenmagazin Photon, bekannt für seine kritische Haltung der eigenen Branche gegenüber, schätzt aktuell, dass in diesem Jahr neue Anlagen mit einer Kapazität von mehr als 8800 Megawatt auf deutschen Dächern installiert werden (Börsen-Zeitung vom 5.6.2010).  Das wäre weit mehr als das Doppelte als noch in 2009.  Und auch der Bundesverband der Solarwirtschaft rechnet mit einem Wachstum im „deutlich zweistelligen Prozentbereich“.

Wie geht das zusammen? Es ist wohl auf der einen Seite die angekündigte Kürzung, welche die Nachfrage anheizt. Viele Bürger wollen sich noch schnell die hohe Förderung sichern: Denn wer es schafft, bis zum Sommer noch eine Solarstromanlage an Stromnetz anzuschließen, der genießt die alten Vergütungssätze nicht nur in diesem Jahr, sondern 20 Jahre lang.

Auf der anderen Seite sind Solarmodule gerade im Schnitt relativ günstig. Denn inzwischen ist der Solarmarkt ein globaler, nicht nur deutsche Anbieter tummeln sich dort, sondern vor allem auch Hersteller aus Asien, die einfach günstigere Preise bieten können. Trotz gesunkener Förderung lässt sich also dank niedriger Solarmodulpreise noch immer eine Rendite von etwa sieben Prozent erzielen. Fazit: Auch wenn die Branche laut über die Einschnitte klagt –  ganz so schlimm wird´s wohl nicht werden.

 

Deutsche Firmen bauen weltgrößten Offshore-Windpark „Gwynt y Môr“

Während hierzulande über die Zukunft der Atomkraft gestritten wird – interessanterweise redet ja kaum noch jemand über die Zukunft der erneuerbaren Energien – entsteht vor der Küste von Nordwales der größte Offshore-Windpark aller Zeiten. „Gwynt y Môr“ (walisisch: Wind im Meeer) soll eine Kapazität von rund 576 Megawatt besitzen – das kommt einem kleinen Kohlekraftwerk schon ganz nahe. 160 Windräder werden sich im Meer drehen – sie benötigen allein eine Fläche von 79 Quadratkilometer. In vier Jahren schon soll der Windpark fertig sein. Rund zwei Miliarden Euro wird er kosten, gaben heute RWE Innogy, die Stadtwerke München und der Turbinenbauer Siemens bekannt.

Es ist wirklich eine interessante Konstellation, die sich da für die Windkraft begeistert. RWE Innogy ist die Ökostrom-Sparte von RWE. Sie setzt gezielt auf große Ökostrom-Projekte, egal ob Windparks oder Biogasanlagen. Hauptsache „big“. Dazu kommt Siemens, Weltmarktführer bei Offshore-Windturbinen. Zwar baut Siemens noch keine 5-Megawatt-Turbinen, wie sie sich seit kurzem in der Nordsee drehen. Aber ihre 3,6 Megawatt-Anlage hat sich weltweit etabliert. Siemens setzt inzwischen ganz gezielt auf den britischen Markt und will in UK sogar eine eigene Fertigung eröffnen, wie das Unternehmen vor kurzem mitteilte.

Und dann sind da noch die Stadtwerke München, die 30 Prozent an dem Offshore-Gemeinschaftsunternehmen halten. Eigentlich ein Gegenspieler zum RWE-Konzern , schließlich setzen die Stadtwerke ausdrücklich auf lokale Versorgung und sträuben sich gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. In Großbritannien mischen die Münchner aber mit, weil sie ihre Ökostrom-Ziele realisieren wollen. Und die sind ambitioniert:

„Bis 2015 wollen wir soviel Ökostrom in eigenen Anlagen erzeugen, dass damit alle rund 800.000 Münchner Privathaushalte versorgt werden könnten. Bis 2025 wollen wir sogar den gesamten Münchner Strombedarf decken können und damit weltweit die erste Millionenstadt sein, die dieses ehrgeizige Ziel schafft.“

Mit „Gwynt y Môr“ kommen die Stadtwerke ihrem Ziel einen gewaltigen Schritt näher. Jetzt müssten sie eigentlich nur noch ihre 25-Prozent-Beteiligung am E.on-Atomkraftwerk Isar loswerden. Erst Anfang des Jahres hatten sie sich gegen eine Laufzeitverlängerung ausgesprochen.

 

Klimaschutz – mit Josef Ackermann in der ersten Reihe

Lieber Leser, Sie sind bestimmt wegen Josef Ackermann an diesem Blog hängengeblieben. Danke dafür. Gedulden Sie sich kurz, ich muss etwas ausholen:

450 ppm – das ist die bislang die magische Schwelle, wenn man über Erderwärmung spricht. Will man eine durchschnittliche Temperatursteigerung von zwei Grad Celsius in Kauf nehmen, dann darf die CO2-Konzentration in der Luft 450 ppm nicht überschreiten.

Der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell, einer der „Väter“ des Erneuerbare-Energien-Gesetz, hat jetzt einen ambitionierteren Plan vorgelegt (pdf: Finanzwirtschaft und Klimaschutz _Mai 2010). Weil sich die Stimmen mehren, dass das zwei-Grad Ziel zu schwach sein könnte und die Ererwärmung weitaus schneller als gedacht voranschreitet, legt er die Latte höher. Er will 330 ppm erreichen.

Das allerdings hat weitreichende Folgen. Denn zum einen dürften keine neuen CO2-Emissionen entstehen. Und wir müssten der Atmosphäre sogar aktiv Kohlendioxid entziehen.

So´n Unsinn, denken Sie vielleicht. Aber es gibt tatsächlich Wissenschaftler, die sich ernsthaft mit solchen Szenarien auseinandersetzen. Da sind etwa Jacobson und DeLucchi von den kalifornischen Universitäten Stanford und Davis. Glaubt man ihren Kalkulationen, dann wäre eine Umstellung auf 100 Prozent Ökoenergie bis 2030 machbar.

Fragt sich nur, zu welchem Preis, oder? 100.000 Milliarden US-Dollar würde die Kompletttransformation bis 2030 kosten, sagen die beiden Amerikaner. Fell und die Energy Watch Group schätzen, dass im gleichen Zeitraum für fossile Brennstoffe Kosten in Höhe von 200.000 Milliarden US-Dollar entstehen (Hier das pdf-Dokument). Die Umstellung auf Öko wäre also deutlich günstiger – auch wenn man sicherlich über die Zahlen streiten kann.

Was folgt nun daraus, gerade für die nationale Politik? Für Fell ist klar: Der Emissionshandel bringt nicht die nötigen CO2-Einsparungen. Er will an andere Stelle ran, will die Förderung von regenerativen Energien ausbauen (kaum überraschend für einen Mitautoren des EEG). Vor allem aber fordert Fell die Streichung von Subventionen, insbesondere für die fossilen Energieträger, für die Chemieindustrie und industrielle Landwirtschaft.

Einen ungewöhnlichen Adressaten hat der Politiker zudem ausgemacht: die Finanzbranche, also Banken, Versicherungen, Pensionsfonds. Denn schließlich sind immense Kosten zu stemmen. „Ich will, dass nicht mehr nur Greenpeace zu Barack Obama geht und sich für einen ambitionierten Klimaschutz einsetzt, sondern auch Georg Soros“, sagt Fell und schreibt in seinem Papier:

„Es wäre hilfreich und sinnvoll, wenn bedeutende und führende Personen im Finanzsektor die erfolgreiche und durchgehende Umgestaltung der Investitionsrahmenbedingungen in allen klimarelevanten Sektoren als ernsthafte persönliche Pflicht aufgreifen, und mit persönlichem Einsatz wirksam vorantreiben.“

Vielleicht muss man einfach mal das Unmögliche denken: Warum sollte nicht auf dem nächsten Weltklimagipfel in Cancun Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann die Key Note-Speak halten…


 

E.on hilft RWE bei der Laufzeitverlängerung

Er ist das Sorgenkind von RWE, der Atommeiler Biblis. Nach dem aktuellen Atomgesetz müsste er in einigen Monaten wohl vom Netz gehen. Doch seit Schwarz-Gelb an der Macht ist, lockt die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Weil sich die Gespräche darüber allerdings hinziehen – ebenso wie das Energieszenario, das die Bundesregierung vorlegen will – hat RWE jetzt zu einem Trick gegriffen:

Der Konzern ersteht von seinem Konkurrenten E.On ein Stromkontingent für 4,8 Terrawattstunden. Es stammt aus dem 2003 stillgelegten E.on-Meiler in Stade. Damit kann ein Atomkraftwerk mit einer Kapazität von 1200 Megawatt rund sechs Monate arbeiten. Für RWE die optimale Lösung, wie das Unternehmen gestern in einer Pressemitteilung bekannt gab:

„Damit stellt das Unternehmen sicher, dass vor dem Vorliegen des Energiekonzeptes und einer im Koalitionsvertrag angelegten Rücknahme der Laufzeitverkürzung keine Fakten geschaffen werden.“

Einen Preis gaben die beiden Unternehmen nicht bekannt, aber E.on wird sich die kostbaren Terrawattstunden sicher gut bezahlen lassen. Auch der Energiekonzern EnBW hatte schließlich wegen seines Meilers Neckarwestheim Interesse an dem Stade-Kontingent gezeigt – am Ende aber nicht zugeschlagen, weil es sich wohl als zu teuer entpuppte.

Für die Energiekonzerne ist die Laufzeitverlängerung inzwischen zu einem riskanten Spiel geworden. Neben RWE hat auch EnBW die Leistung seines Meilers Neckarwestheim reduziert, um den Zeitpunkt des Abschaltens hinauszuzögern. Doch bis die Bundesregierung ein Energieszenario vorgelegt hat, können noch Monate vergehen.

Und selbst dann ist es der Ausstieg vom Atomausstieg noch nicht klar: Nach der gestrigen Landtagswahl in NRW wackelt auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat. Der müsste, so sieht es zumindest das federführende Bundesumweltministerium, ebenfalls einer Laufzeitverlängerung zustimmen. SPD und Grüne haben bereits bekannt gegeben, dass sie da nicht mitspielen werden.

 

Förderstopp für Solarkollektoren

Warum soll man im Sommer teures Gas dafür verschwenden, um das Duschwasser zu erwärmen – wenn draußen doch die Sonne umsonst scheint? Das ist – nun gut, a bisserl vereinfacht gesagt – die Idee von Solarkollektoren. Sie erzeugen warmes Wasser und nicht Strom. Ihre Installation auf dem Dach ist unkompliziert, bewährte Technik, alles für den Eigenverbrauch. Ein sinnvoller Beitrag zum Klimaschutz.

Findet die Bundesregierung eigentlich auch. Doch gestern hat der Bundestag beschlossen, dass die Förderung von Solarkollektoren, Biomasseheizungen und Wärmepumpen in diesem Jahr gestoppt wird. 115 Millionen Euro Förderung fallen weg. Ein erneuter Rüffel für die erneuerbaren Energien. Auch Klimaschutzprojekte in den Kommunen sind betroffen.

Dabei war das Programm ein Renner. Allein im vergangenen Jahr wurden 253.000 Anträge bewilligt. Und jeder Euro ist gut investiert. Die 115 Millionen Euro lösen nach Angaben des Bundesumweltministeriums Investitionen in Höhe von 900 Millionen Euro aus.

Da kann man doch nur noch erstaunt sein, oder? Das Bundesumweltministerium hatte sich monatelang gegen einen Förderstopp gewehrt. Erneut wird Minister Röttgen ausgebremst – wie schon bei der Berechnung der Laufzeitverlängerungen für das Energiekonzept.

Dabei sind doch selbst im Koalitionsvertrag ambitionierte Klimaschutzziele festgehalten. Doch mit einer solchen unkoordinierten Energie- und Klimaschutzpolitik wird das wohl nichts. Die Solarstrom-Förderung wird gekürzt, Marktanreizprogramme laufen aus, Energieeffizienz-Standards werden völlig unambitioniert umgesetzt, der gestrige Elektroauto-Gipfel ist vor allem eine PR-Veranstaltung. Aber die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke – die steht…

 

Kohle-Emissionen in Real Time

Mal `was für´s Auge: Standen Sie schon einmal vor dem Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York? Er hat 39. Stockwerke und ist knapp 150 Meter hoch (etwas so wie der Kölner Dom) – ein riesiges Gebäude. Der amerikanische Grafiker Adam Niemann, der sich auf Umweltthemen spezialisiert hat, hat mit seiner Hilfe den Klimawandel einmal visualisiert: Kohlendioxid-Emissionen in Real Time: Die 2006 weltweit emittierten Klimagase würden allein in vier Sekunden sieben UN-Gebäude füllen. Hier sein kurzes Video:

 

Die tatsächliche Laufzeitverlängerung

Dass Ökostrom und Atomkraft sich nur schwer kombinieren lassen, ist ja mittlerweile bekannt. Auf der einen Seite die Schwergewichte der deutschen Kraftwerksszene – große, relativ inflexible Meiler. Auf der anderen Seite die Wind- und Solaranlagen: klein und flexibel.

Was aber passiert, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien schneller vorankommt als geplant? Und wenn die Bundesregierung zugleich die Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke durchzieht? Das hat das Aachener Institut für Sustainable Solutions and Innovation (ISUSI) für den Grünen-Abgeordneten Hans-Josef Fell einmal ausgerechnet.

Das Ergebnis: Entscheidend ist, auf welcher Basis die Bundesregierung die Laufzeitverlängerung plant. Spricht sie eigentlich von Jahren oder Volllaststunden? Der Atomausstieg basiert ja auf Reststrommengen – umgerechnet auf Jahre mit Hilfe der Volllaststunden. Darunter verstehen Experten die Anzahl der Stunden im Jahr, die ein Kraftwerk voll ausgelastet laufen müsste, um eine bestimmte Jahresenergiemenge zu produzieren. Im Schnitt sind dies bei einem Atomkraftwerk etwa 8000 Volllaststunden im Jahr.

Das Konzept hat allerdings einen Haken. Es gibt, so sieht es das Erneuerbare-Energien-Gesetz vor, einen Vorrang für Ökostrom. Das heißt: Solarstrom oder Windstrom schlägt Atomstrom und darf zuerst ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Sprich: Eigentlich müsste man die Atomkraftwerke zurückfahren, weil die benötigte Strommenge ja von Solar- und Windräder produziert wird. In einem Hintergrundpapier zur Studie heißt es:

„Das Ergebnis ist, dass je länger die Laufzeiten verlängert werden, desto geringer wird die Zahl der jährlichen Nutzungsstunden.“

Und nun kommt der entscheidende Knackpunkt: Hält die Bundesregierung an ihrer Rechengrundlage Volllaststunden fest, würde das bedeuten, dass die Meiler länger am Netz bleiben, weil sie ja sozusagen Strommengen noch gut haben, die nicht sie, sondern die Ökostromanlagen produziert haben.

„Eine Angabe von 28 Jahren Laufzeitverlängerung auf Basis aktueller Jahresvolllaststunden (ca. 8000) dürfte in der Realität zur Folge haben, dass Atomkraftwerke bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts laufen, bevor ihre Reststrommengen abgetragen sind.“

Das heißt: Es gibt eigentlich zwei Laufzeitverlängerungen: eine auf dem Papier und eine tatsächliche. Das jüngste Atomkraftwerk, das eigentlich rund um 2022 vom Netz gehen müsste, würde bei einer Laufzeitverlängerung um zwölf Jahre de facto 15 Jahre am Netz bleiben – ginge der Ökostromboom weiter wie bisher. Und bei einer Laufzeitverlängerung um 28 Jahre sogar 46 Jahre. Das jüngste Atomkraftwerk ginge also etwa erst um das Jahr 2067 vom Netz.

Ob das ISUSI-Institut nun richtig gedacht und gerechnet hat, wird sich erst in einigen Wochen zeigen. Vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen wird es wohl kaum Konkretes zum Energieszenario geben, das die Bundesregierung gerade errechnen lässt – und das genau solche Fragen zur Laufzeitverlängerung klären will.


 

Wind versus Atom – Zinsen und CO2-Preis entscheiden

Ich gestehe, als ich die Überschrift las, wollte ich die neuste Studie der Internationalen Energie Agentur zur Seite legen: Projected Cost of Generating Electricity – puh, das klingt nach hartem Stoff. Aber der Inhalt ist doch interessant. Die Studie vergleicht die wichtigsten Energieträger Atom, Kohle, Gas und Erneuerbare Energien und fragt: Wieviel kostet es jeweils, eine Megawattstunde Strom herzustellen? 200 Kraftwerke weltweit hat sie dafür verglichen.

Pah, sagen Sie vielleicht: Die Erneuerbaren haben doch sicherlich am Ende die Nase vorn. Am Anfang hat man hohe Investitionskosten in ein Windrad oder eine Solarzelle. Aber „in the long run“ spart man sich den Einkauf von teurer Kohle oder Gas – und das macht sie wettbewerbsfähig.

Die Studie kommt zu einem anderen Schluss: Die Technologien lassen sich nicht so einfach gegeneinander ausspielen. Denn zwei Faktoren beeinflussen das Kostenkalkül: Wie hoch sind die Zinsen und wie hoch ist der Preis für eine Tonne Kohlendioxid?

Die IEA hat zwei Szenarien durchrechnen lassen. Für beide unterstellt sie einen CO2-Preis von 30 US-Dollar (aktuell liegt er bei umgerechnet etwa 17 Dollar). Im ersten Szenario unterstellt sie einen niedrigen Zinssatz von fünf Prozent. In diesem Fall sind Technologien wie Atomkraft und Kohlekraftwerke mit der Abscheidung von Kohlendioxid (CCS) am günstigsten – kaum überraschend, schließlich gehören sie auch zu den kapitalintensivsten Technologien.

Im zweiten Szenario unterstellt die IEA einen Zinssatz von zehn Prozent. Sich Geld zu beschaffen, kostet also mehr. In diesem Fall stellen einfache Kohlekraftwerke ohne CCS und Gasturbinen am günstigsten Energie bereit.

Bei den erneuerbaren Energien – die Studie schaut sich vor allem Windanlagen an Land an – ist die IEA etwas zurückhaltend. Hier käme es sehr auf die örtlichen Begebenheiten an. Allerdings attestiert sie in einigen Regionen Wind- und Wasserkraft schon heute die Wettbewerbsfähigkeit.

Was ist nun von der Studie zu halten? Interessant ist, dass sie explizit sagt, dass kein Energieträger grundsätzlich einen Vorteil hat. Auffällig ist allerdings, wie sehr sich die Studie doch mit Atom- und Kohlekraft auseinandersetzt und sich vor allem mit deren Wettbewerbsfähigkeit beschäftigt. Vielleicht aber auch nicht überrschend. Die Atomsparte der OECD hat ebenfalls an der Studie mitgearbeitet. Und unter den beratenden Experten findet sich viel Know-How aus dem Bereich konventioneller Energie und der Atombranche, wenig allerdings aus der Ökostrombranche.

 

Trotz Krise investieren Deutsche 17 Milliarden in Ökostrom

Mit Zahlen hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen heute in Berlin um sich geschleudert. Er stellte die neusten Daten aus der Ökostrom-Branche vor, welche die Arbeitsgruppe Erneuerbare-Energien-Statistik jährlich zusammenstellt. Die eine oder andere war bereits bekannt, etwa dass Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft im vergangenen Jahr auf einen Ökostrom-Anteil von 16,1 Prozent kamen.

Trotz zäher Wirtschaftskrise (und Deutschland musste im vergangenen Jahr einen Rückgang des BIPs um fünf Prozent verkraften) wuchsen die alternativen Energien dank lukrativer Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz kräftig. „Diese Entwicklung ist ein enorm positiver Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung in Krisenzeiten“, sagt Röttgen. Mehr als 300.000 Menschen verdienen inzwischen in Deutschland direkt oder indirekt in der Ökostrom-Branche ihr Geld – das sind sechs Mal mehr Beschäftigte als im deutschen Kohlebergbau.

Gerade bei den Investitionen lohnt sich ein zweiter Blick. Ingesamt wurden in Deutschland nach Recherchen des ZSW aus Stuttgart im vergangenen Jahr rund 17,7 Milliarden Euro in Ökostromanlagen investiert. Das ist ein neuer Rekord und entspricht einem Plus von 20 Prozent zum Vorjahr. Der größte Profiteur war die Solarstrom-Branche: Rund 9,6 Milliarden Euro investierten die Deutschen in die azurblauen Zellen, ein wahrer Solarboom dank gesunkener Modulpreise.

Auf Windanlagen entfielen rund 2,6 Milliarde Euro. Und Röttgen geht von einem weiteren Wachstum aus. Schließlich starteten die Offshore-Windparks in Nord-und Ostsee im vergangenen Jahr nur langsam, dieses Jahr soll es dort richtig zur Sache gehen. Gleich mehrere Offshore-Windparks werden nach seinen Informationen bald ans Netz gehen: das Prestige-Projekt „Alpha Ventus“  im April diesen Jahres und kurz später die zwei komplett privat finanzierten Windparks „Bard“ und „Baltic 1“.

ERGÄNZUNG: Der Windpark Alpha Ventus ist übrigens bereits am Netz, im April wird Bundeskanzlerin Angela Merkel den Offshore-Windpark offiziell eröffnen. Die Bauarbeiten für die Offshore-Windparks „Bard“ und „Baltic 1“ haben noch nicht begonnen.

Die Verkündigung von Ökostrom-Zahlen sind für jeden Bundesumweltminister ein Wohlfühl-Termin, schließlich geht es um Klimaschutz und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die aktuelle Diskussion um das Energiekonzept der Bundesregierung bringt allerdings auch Röttgen in Bedrängnis. Auf der einen Seite steht sein Bekenntnis zu den Erneuerbaren – und daran lässt er auch keinen Zweifel. Doch zugleich kommen die Gerüchte über die Laufzeitverlängerungen der Atommeiler und die Kürzungen der Solarstrom-Vergütung immer wieder hoch. Welchen Kurs fährt Röttgen? „Der Kurs liegt in der Mitte“, sagt er. Ob das allerdings tatsächlich möglich ist, wird wohl nur der Praxistest zeigen.

 

Unser Konsum überfordert den Globus

Gestern war ich ja ein Berlin auf einer Fachtagung über Klimabilanzen und ökologische Fußabtritte unterwegs. Prompt gibt es heute die passende Meldung zum Thema Konsum. Das amerikanische Worldwatch Institute, wohl eines der renommiertesten Nachhaltigkeits-Institute weltweit, stellt heute seinen neuen Bericht zur Lage der Welt vor. Wichtigste Aussage: Wir konsumieren zu viel und zu dreckig. Weltweit liegt der Ressourcenverbrauch rund ein Drittel über dem, was die Erde überhaupt verkraften kann.

„Ein durchschnittlicher Europäer verbraucht täglich 43 Kilogramm Materialien wie Metalle, Lebensmittel oder Energie. Ein Amerikaner bringt es auf 88 Kilogramm täglich.“

Rund 60 Fachleute haben auf rund 300 Seiten jede Menge Informationen über Konsum und Nachhaltigkeit zusammengetragen. So gebe die Werbeindustrie in den USA derzeit 17 Milliarden Dollar für Werbung für die Zielgruppe Kinder aus – im Jahr 1983 waren es nur 100 Millionen Dollar. Erschreckend sind auch die Ergebnisse einer – leider etwas veralteten – Studie aus dem Jahr 2002: Britische Kinder kennen im Alter von acht Jahren mehr Pokemon-Figuren als Wildtierarten.

Lässt sich diese Konsumfixierung ändern? Die Wissenschaftler ziehen eine überraschend nüchterne Bilanz. Ihrer Meinung nach sind Konsummuster fest im Alltag verankert.

„Nach Einschätzung der Wissenschaftler, die am State-of-the-World-Bericht 2010 arbeiteten, werde sich der Sinn für Nachhaltigkeit nur mühsam etablieren.“

Für Neugierige hier die Buchdaten:

Worldwatch Institute (Hrsg.): „Zur Lage der Welt 2010: Einfach besser leben. Nachhaltigkeit als neuer Lebensstil“,  März 2010, ca. 316 Seiten, ISBN 978-3-86581-202-5, 19,90 Euro