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Die Deutschen sind vernarrt in Bio

© David Ebener/dpa
© David Ebener/dpa

Die jüngsten Zahlen aus der Bio-Ecke lassen das Bundeslandwirtschaftsministerium einmal mehr Jubeln. Abgesehen von den USA gebe es kein Land auf der Welt, in dem sich Bio-Produkte so großer Beliebtheit erfreuen wie in Deutschland, sagte Minister Christian Schmidt (CSU) am Dienstag. Mit Bio-Produkten erwirtschafteten Unternehmer und Landwirte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 7,5 Milliarden Euro – ein Plus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Bio-Anbau macht inzwischen 6,4 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland aus. Gerade Rheinland-Pfalz, inzwischen ja rot-grün regiert, hat die Förderung für Öko-Anbau mächtig ausgeweitet. Die Fläche, die nach biologischen Kriterien bewirtschaftet wurde (keine Gentechnik, kein Spritzen), ist um ein Fünftel gestiegen. Weiter„Die Deutschen sind vernarrt in Bio“

 

Gentechnik verdrängt Biobaumwolle

Mode aus Biobaumwolle ist zu teuer? Wer das denkt, war lange nicht mehr bei C&A – und ja, ich gehöre auch dazu. Der Modekonzern hat sich der Biobaumwolle verschrieben und verkauft Textilien aus Biofasern zum gleichen Preis wie aus konventionellem Anbau. Inzwischen ist C&A der weltweit größte Einkäufer von Biobaumwolle und Anbieter von „Bioklamotten“. Wer hätte das gedacht. Der Biobaumwoll-Anteil an der gesamten Kollektion liegt bei 38 Prozent. Spätestens im Jahr 2020 will C&A komplett auf Biobaumwolle umstellen. Schließlich können Landwirte ihr Saatgut selbst produzieren, müssen keine Kredite aufnehmen, benötigen keinen Kunstdünger und erzielen auf den Märkten im Schnitt dank Prämienzahlungen höhere Preise. Auch die Böden profitieren, weil sie weniger ausgelaugt werden.

Alles wunderbar? Mitnichten, wenn man C&A glaubt. 2012 hat das Unternehmen seine Nachfrage um 78 Prozent gesteigert. Jetzt warnt das Unternehmen vor Lieferengpässen: Das Angebot von Biobaumwolle könne die Nachfrage nicht mehr decken. Allein in 2012 (aktuellere Zahlen sind noch nicht verfügbar) ging laut Textil Exchange das weltweite Biobaumwollangebot um acht Prozent zurück, während die Nachfrage weiter gestiegen ist. Landwirte, die umstellen wollen, brauchen einen langen Atem: Mindestens drei Jahre dauert es, bis ein Betrieb von konventionell auf Bio umgestellt hat. Gerade der richtige Umgang mit Dünger und die besten Anbaumethoden zu lernen ist anspruchsvoll und dauert Jahre. Viele Bauern scheuen genau diesen Aufwand.

Syrien fällt als Bio-Produzent weg

Die Knappheit hat viele Gründe. Syrien ist beispielsweise als wichtiger Lieferant aufgrund des Bürgerkriegs weggefallen. Zu Hochzeiten produzierte das Land jährlich rund 20.000 Tonnen Biobaumwolle, jetzt exportiert es überhaupt keine Biobaumwolle mehr. Dazukommen Dürren in den USA, gerade die Baumwollhochburg Texas ist von Ernteausfällen schwer getroffen.

Der wichtigste Player aber ist Indien, das inzwischen 74 Prozent der weltweiten Biobaumwolle bereitstellt. Das Land beliefert die Modekonzerne dieser Welt – doch am liebsten mit Gentechnik-Baumwolle. Der Anteil gentechnisch veränderter Baumwolle steigt dort seit Jahren, inzwischen liegt er laut Datenbank transGEN bei 92 Prozent. Das indische Textil-Fachmagazin Tecoya Trend schreibt, dass man bei der Biobaumwolle allein bis zum kommenden Jahr in Indien mit einem ein Mengeneinbruch von 50 Prozent rechne.

„Die Situation in Indien ist sehr wackelig, vor allem der Zugang zu gutem, gentechnikfreiem Saatgut ist kritisch“, warnte bereits Liesl Truscott von Textil Exchange im vergangenen Frühjahr. Das Problem ist nicht nur die Versorgung mit Saatgut, sondern eben auch die Verunreinigung von Biofeldern mit gentechnisch verändertem Material. „Das ist ein großes Risiko“, betont auch C&A. Biobauern trafen sich daher erst vergangene Woche in Indien und gründeten – mit Unterstützung von C&A – ein Gremium, dass unter indischen Bauern für die Umstellung auf Bio werben soll und an der Verbesserung von gentechnikfreiem Baumwollsaatgut. Da gibt’s noch genügend Potenzial nach oben: Biobaumwolle kommt bislang nur auf einen Marktanteil von gerade einmal ein Prozent.

Kirsten Brodde, eine Ökomode-Expertin und gern gesehene Mitautorin hier im Blog, ist sich nicht so sicher, wie clever die C&A-Warnung vor Lieferengpässen war. Wieder würde der Eindruck erweckt, dass Bio nicht aus der Nische käme und zu wenig Ertrag erwirtschafte. Das könnte die aktuellen Biobauern demotivieren.

Ich halte mal diese Statistik entgegen, die Roland Stelzner von der Biobaumwollmarke Cotonea in Eigenarbeit und etwas provisorisch erstellt hat.

Erträge von Baumwollbauern © Roland Stelzner mit Daten von ICAC
Erträge von Baumwollbauern © Roland Stelzner mit Daten von ICAC

 

 

 

 

 

 

 

 

In welchem Land erwirtschaften Baumwollbauern die höchsten Erträge je Hektar? Und siehe da: Biobaumwollbauern halten locker mit konventionellen Bauern mit. Die kleinen lokalen Biobaumwoll-Initiativen in Kirgistan und Uganda kommen fast auf einen ähnlichen Output wie die konventionellen Baumwollbauern in hochindustrialisierten Landwirtschaften wie Australien und übertrumpfen sogar die Türkei und China.

 

Millionen gegen das Gentech-Label

Wer sich durch die Tabellen der Public Disclosure Commission in Washington klickt, einer Transparenzplattform für Lobbygeld, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Welche Millionensummen für Lobbying ausgegeben werden! Bestes Beispiel ist die jüngste Volksabstimmung im Bundesstaat Washington. Die Einwohner sollen über die erste verpflichtende Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln in den USA entscheiden. Das fordert das Volksbegehren, die sogenannte Initiative 522. Bis zum 5. November läuft die Abstimmung.

Ein solches Genfood-Label wollen große Lebensmittel- und Agrarkonzerne verhindern. Laut PDG haben die Gegner inzwischen mehr als 21 Millionen Dollar investiert. Am stärksten engagiert sich der amerikanische Verband der Lebensmittelhersteller, die Grocery Manucaturers Association (GMA). Dem Spitzenverband der Lebensmittelindustrie gehören Firmen wie Coca-Cola, Nestle und Syngenta an. Die GMA investiert insgesamt fünf Millionen US-Dollar in TV-Spots, Anzeigen und Netzkampagnen, um die geplante Kennzeichnung zu verhindern. Ihre Befürchtung: Die Kennzeichnungspflicht stigmatisiert Genfood. Dabei würde Genfood zur Linderung der weltweiten Lebensmittelknappheit beitragen und dafür sorgen, dass die Lebensmittelpreise stabil bleiben.

Ähnlich argumentieren, kaum überraschend, auch die großen Konzerne in der Branche, die ebenfalls zu den Großspendern gehören: Der weltweit größte Agrartechnik-Konzern Monsanto hat bereits 4,5 Millionen Dollar gespendet. Der deutsche Bayer-Konzern ist mit seiner Sparte Cropscience mit knapp 600.000 Dollar dabei.

Natürlich sammeln auch die Unterstützer der Transparenz-Initiative Millionen ein, allerdings in sehr viel kleinerem Ausmaß, nämlich gerade einmal knapp sechs Millionen US-Dollar. Firmen wie die Biomarkt-Kette Wholefoods und der Bio-Seifenspezialist Dr. Bronners (nein, den kannte ich auch noch nicht) fordern die Kennzeichnung, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Setzen sich die Befürworter des Labelings durch, wäre es die erste Genfood-Kennzeichnung in den USA. Die USA würden dann mit dem europäischen Standards gleichziehen – und auch mit dem entscheidenden Manko, dass etwa Milch, Fleisch und Käse nicht gekennzeichnet werden, wenn das Tierfutter gentechnisch verändert ist (und weil die Tiere größtenteils gentechnisch verändertes Soja essen, würden auf zahlreichen Produkte dann zukünftig ein „Enthält Gentechnik“-Stempel prangen).

Wie die Entscheidung Anfang November in Washington ausgeht, ist noch völlig offen. In Kalifornien, wo die Amis für gentechnikfreie und ökologisch produzierte Produkte recht aufgeschlossen ist, scheiterte die Abstimmung vergangenen Herbst.

 

Der tägliche Fleischwahn

Die Daten, die die Böll-Stiftung und die Umweltorganisation BUND in ihrem Fleischatlas heute veröffentlichen, erinnern mich an meine Kindheit. Da gab es jeden Tag ein warmes Tellergericht – und Fleisch gehörte selbstverständlich dazu.

Quelle: Fleischatlas/zeo2/Vebu, CC-BY-SA

Offenbar hat sich seit den achtziger Jahren, in denen ich aufwuchs, nicht viel verändert. Der Vegetarierbund rechnet vor, dass jeder Deutsche im Durchschnitt am Ende seines Lebens 1.094 Tiere verzehrt hat, darunter vier komplette Rindviecher und 945 Hühner (siehe Grafik hier links).

Von den zahlreichen Skandalen und negativen Entwicklungen in der Ernährungsindustrie – Dioxin in Tierfutter, Analogkäse, Klebefleisch oder Hygienemängel in Hühnerställen – lässt sich der Verbraucher offenbar immer nur kurz beeindrucken. 85 Prozent der Deutschen essen täglich Fleisch.

Allerdings gibt es große Unterschiede: Männer, vor allem zwischen 19 und 24 Jahren, essen deutlich häufiger Fleisch als Frauen. Diese entdecken ihre Fleischleidenschaft etwas später, ihr Fleischkonsum ist zwischen 25 und 34 Jahren am höchsten.

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Deutschlands Biobauern fehlt es an Ackern

Das Europäische Statistikamt Eurostat hat kürzlich spannende Zahlen über die Agrarwirtschaft in der EU veröffentlicht. Wer sich durch den Zahlenwust wühlt, entdeckt interessante Entwicklungen in der Bio-Landwirtschaft in Europa. Nur etwa 1,3 Prozent der europäischen Betriebe wirtschafteten im Jahr 2010 nach Bio-Kriterien: Sie halten also ihre Tiere auf größeren Flächen und setzen weniger Dünger ein als ihre konventionell arbeitenden Kollegen – und wenn, dann biologischen Dünger. Die Fläche, die sie bewirtschaften, entsprach im Jahr 2010 gerade einmal 2,9 Prozent der Agrarfläche in der EU.

Und genau da ist der Knackpunkt. Glaubt man Alexander Gerber, dem Geschäftsführer des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, dann kommt in Deutschland die Bio-Anbaufläche nicht mehr der Nachfrage der Konsumenten hinterher. Weiter„Deutschlands Biobauern fehlt es an Ackern“

 

Thunfisch, geangelt mit Samthandschuhen

Fischer mit Handangeln, Copyright: Naturland
Fischer mit Handangeln, Copyright: Naturland

Manchmal kommt man ja in der Küche um die Dose Thunfisch nicht drumherum. Schaut man sich die Packungen an, dann ist da viel von „delfinfreundlichem Fang“ die Rede. Das heißt aber noch lange nicht, dass er wirklich auch aus einem intakten Bestand stammt und man mit seinem Kauf nicht zur Überfischung beigetragen hat.

Immer mehr Anbieter bringen daher Thunfisch mit einem Ökosiegel auf dem Markt. Die wichtigsten Zertifizierer hierzulande sind das Marine Steward Council (MSC) und Naturland. Sie garantieren Fischkonsum mit gutem Gewissen. Bei Naturland spielen, im Unterschied zu MSC, auch soziale Kriterien wie Krankenversorgung für die Fischer und Schulausbildung für deren Kinder eine Rolle.

Ein Bio-Fischanbieter arbeitet mit etwa mit einer Thunfisch-Fischerei auf den Malediven zusammen. Es ist wohl die ineffizienteste, dafür aber umweltverträglichste Fischerei überhaupt: Die Fischer angeln den Thunfisch einzeln mit Bambusangeln. Beifangprobleme? Unbekannt.

Der Inselstaat hat sich in den vergangenen Jahren auf Leinenfang spezialisiert. Mehr als 570 traditionelle maledivische Boote, die Dhonis, sind dort unterwegs. Die Fische werden vor Ort verarbeitet, das stärkt die heimische Wirtschaft.

Umweltverbände wie Greenpeace unterstützen solche Initiativen.  „Wir favorisieren die Angelruten-Fischerei“, sagte mir Greenpeace-Experte Thilo Maack in einem Gespräch, „sie ist eine der selektivsten und damit umweltverträglichsten Fischereien überhaupt.“

Auch das Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung findet Angelroutenfischerei gut, betont allerdings, dass sie nicht per se die beste Methode sei. „Leinenfischerei ist gut, aber reicht nicht aus“, sagt Rainer Froese, Meeresbiologe am Helmholtz-Zentrum. „Auch wenn man den letzten Fisch mit Samthandschuhen fängt – es bleibt der letzte Fisch.“

Wichtig ist also nicht nur die Fangmethode, sondern auch, wie es dem Bestand geht. Für die Malediven sieht das ganz gut aus. Nach Einschätzung des jüngsten Berichts der Indian Ocean Tuna Commission ist der Bestand des Skipjack-Thunfisches vor den Malediven groß genug und nicht zu hart befischt.

 

 

Was Ölpipelines und Biogemüse verbindet

Das städtische Gärtnern ist ja schon seit einigen Jahren Thema. Aber in einer so originellen Form wie in Rio de Janeiro dürfte es eher selten zu bewundern sein. Am Stadtrand der brasilianischen Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt (das ist nur der Kernbereich von Rio) bewirtschaften 16 Familien Flächen, die der staatliche Ölkonzern Petrobras sonst mühsam von Büschen und Bäumen freihalten müsste. Da, wo im Untergrund Wasserrohre und Ölpipelines verlegt sind, bauen die Familien als Biolandbau-Kooperative Salat und Gemüse an.

Eine Nichtregierungsorganisation hatte diese Idee, die beiden Seiten hilft. Petrobras muss die Rohre nicht mehr vor Tiefwurzlern schützen. Und die Bauernfamilien verdienen sich einen bescheidenen Lebensunterhalt. Auf etwa die Höhe eines Mindestlohns, also 640 Real (knapp 250 Euro), kommt die Chefin der Kooperative Univerde, Alzeni da Silva Fausto. Petrobras hat mit der Kooperative einen ordentlichen Vertrag gemacht. Er garantiert den Familien die Nutzungsrechte für das Land, die sie sogar vererben dürfen, wenn sie sich an die Regeln halten. Sie dürfen also nur Pflanzen anbauen, deren Wurzeln nicht mehr als 30 Zentimeter in die Tiefe reichen, und Tiere dürfen auf diesem Land auch nicht gehalten werden. Dafür hat Petrobras den Bauern Brunnen zur Verfügung gestellt; die Bauern selbst bezahlen nur den Strom für die Pumpen.

In der Kooperative haben die Frauen das Sagen. Vier von fünf Führungspositionen bei Univerde sind in der Hand der Frauen. Mit einem klapprigen Kombi, „der mal fährt und mal nicht“, bringen sie im Monat rund eine Tonne Gemüse auf die Märkte der Umgebung, einmal die Woche auch in der Innenstadt von Rio. Dieser Markt ist allerdings den Mitarbeitern von Petrobras vorbehalten. Außerdem beliefern die Stadtgärtner Schulkantinen. Dabei hilft ihnen ein Gesetz, das vorschreibt, dass öffentliche Institutionen wie Schulen, Krankenhäuser oder Kindergärten 30 Prozent ihrer Waren von Kleinbauern beziehen müssen. Für Univerde ist das ein Segen, weil sie anderenfalls wohl kaum den Zuschlag dafür bekommen hätten.

Ob sie keine Angst haben, dass ihre mühsam gezogenen Bio-Salt- oder ihre Kohlköpfe womöglich im Öl versinken könnten? Nein, sagt Alzeni da Silva Fausto, in den Pipelines gebe es eine automatische Überwachung. Und in den genau sieben Jahren, in denen das Pilotprojekt nun existiert, hat es offenbar noch nie Probleme mit den Pipelines gegeben. Seit sie ihr Land bearbeitet, fühlt sich nicht nur Alzeni da Silva viel gesünder. Eine ihrer Mitstreiterinnen berichtet von Depressionen, die sich durch die Arbeit, die Vermarktung des Gemüses und das daraus gewonnene Selbstbewusstsein stark gebessert haben. Doch dass das harte Arbeit ist, daran lässt die Chefin der Kooperative auch keinen Zweifel. Sie arbeite sieben Tage die Woche auf ihrer Parzelle: „Die Landwirtschaft gibt keine Pause.“

Am anderen Ende der Stadt wird derweil auf der Vorkonferenz des dritten Weltgipfels Rio + 20 über das Konzept einer umweltverträglichen Wirtschaftsweise (Green Economy) verhandelt. Was das sein könnte, zeigen die Bio-Bäuerinnen von Univerde und ausgerechnet der staatliche Ölkonzern Petrobras mit ihrer bemerkenswerten Kooperation. Alle mal hersehen!

Warnschild

 

Gärtnern in der Stadt: unten Fisch, oben Gemüse

Seitdem ich vor Kurzem über die Pläne einer schwedischen Kleinstadt geschrieben habe, groß ins Geschäft mit Agrar-Hochhäusern einzusteigen (jahaaa, ich weiß, es sind nur Pläne), kommen mir immer öfter städtische Garten- und Landwirtschaftsprojekte unter.

Dazu gehörte jüngst das Start-up „Efficient City Farming“. Die Berliner kombinieren dabei eine Fischfarm mit einem Gewächshaus, alles in einem ausrangierten Schiffscontainer. Dahinter steckt eine patentierte Technologie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei: Die Nährstoffe und die Fischrückstände werden recycelt und können anschließend als Dünger direkt in dem Gewächshaus verwendet werden. Unten Fischtank, oben Gewächshaus, das ist die Idee. Die Berliner Malzfabrik hat sich nun das erste Pilot-Fisch-Gewächshaus hingestellt und sucht übrigens für 200 Barsche noch Paten. Im Gewächshaus wachsen bereits Tomaten, Melonen und Basilikum, es funktioniert also tatsächlich.

Diese City Farming-Projekte finde ich ja durchaus spannend. Als ich mit Christian Echternacht, einem der Gründer von ECF kürzlich telefonierte, erzählte er mir, dass das Interesse von großen deutschen Einkaufsketten enorm sei. ECF sei bereits mit drei Ketten im Gespräch (jahaa, bislang hat ECF noch keines dieser Projekte verkauft). Für verschiedene andere Interessenten erstelle man zurzeit Machbarkeitsstudien. Denn natürlich muss es nicht immer nur ein einziger klassischer 20-TEU-Container sein, das geht auch in einer anderen Liga. In Hamburg plant ein Investor mit einer Fläche von 1.000 Quadratmetern.

Was es allerdings nicht werden darf: ein grünes Feigenblatt für den Handel. Ja, es ist ein nettes i-Tüpfelchen, wenn der Supermarkt ums Eck vielleicht noch Gemüse aus den Containern anbietet. Oder dass ich den Fisch vor Ort aussuchen und vielleicht noch selbst angeln kann.

Aber zugleich ist es auch wichtig, die Anbauflächen und das Massengeschäft für Obst und Gemüse auf eine nachhaltige Wirtschaft umzustellen. In Deutschland wurden nach Angaben des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft 2009 knapp zehn Prozent des Gemüses (inklusive Erdbeeren) nach Bio-Kriterien angebaut, bei Obst sind es sogar noch weniger. Da gibt es also noch Luft nach oben.

Ergänzung 13:14 Uhr: In Deutschland machten übrigens Bio-Anbauflächen an der gesamten Landwirtschaftsfläche 6,1 Prozent aus. In Spanien, einem der wichtigsten Gemüse- und Anbauländer Europas, waren es 2010 nach Angaben des Schweizer Forschungsinstitus für biologischen Landbau 5,9 Prozent.

 

Mehr Waldschutz

Vom Brotaufstrich bis zur Bodylotion – überall steckt Palmöl drin. Jahr für Jahr steigt die Nachfrage um rund 15 Prozent. Palmöl ist das am meisten produzierte Pflanzenöl der Welt. Die bittere Nebeneffekt: Für Palmöl-Plantagen werden Regenwälder gerodet, vor allem in Indonesien und Malaysia, den beiden Hauptanbauländern.

Aber es gibt eine Alternative: Bio-Palmöl, für das kein Wald fallen muss. Nur hat die Bio-Variante bislang nur einen weltweiten Marktanteil von 0,1 Prozent.

Faktisch liefern zwei Bio-Produzenten aus Südamerika nahezu die gesamte Menge Bio-Palmöl: Agropalma aus Brasilien sowie Daabon aus Kolumbien. Allerdings ist Daabon mit rund 25.000 Tonnen und 70 Prozent Marktanteil das Schwergewicht der beiden Anbieter. Der Großteil geht nach Europa und landet zum Beispiel in Margarine, Nuß-Nougat-Creme oder Suppenwürfeln von Bio-Händlern wie Rapunzel, Allos oder Alnatura.

Das ist gut zu erkennen, denn die Hersteller weisen das Bio-Fett auf der Zutatenliste aus. Die konventionelle  Lebensmittelwirtschaft versteckt Palmöl dagegen in der Regel hinter Bausteinen wie „pflanzliches Fett“ oder „pflanzliches Öl“. Ein genauer Blick auf die Lebensmittelverpackung lohnt
sich also, wenn der Verbraucher nicht am Raubbau ökologisch bedeutsamer Wälder beteiligt sein will.

Weltweit wächst das Interesse an Bio-Palmöl, die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Ein Grund für die Knappheit: Die Öko-Plantagen sind mit 1500 Hektar deutlich kleiner als konventionelle Palmöl-Monokulturen. Bei größeren Flächen stößt der Bio-Anbau an seine Grenzen. So muss beispielsweise mit selbst erzeugtem Kompost statt mit Chemie gedüngt werden. Auch Schädlinge müssen auf natürliche Weise bekämpft werden.

Um die Bio-Flächen auszuweiten, gründete die Firma Daabon sogenannte Allianzas mit Kleinbauern, die etwa zehn bis 20 Hektar Land besitzen und darauf Ölpalmen anpflanzen. Wenn die zu hoch werden und nicht mehr gut abgeerntet werden können, wer den an ihrer Stelle junge Setzlinge gepflanzt. So bleibt der Wald verschont.

Als die Firma allerdings ihr Engagement im Landesinneren ausweiten wollte, stießen sie auf Widerstand. Gemeinsam mit einem Partner hatten sie Land aufgekauft, auf das die dortigen Bauern Anspruch erhoben. Daabon zog sich im Herbst 2010 völlig aus dem Projekt zurück.

Bislang ist der Anteil von Bio-Palmöl am Gesamtmarkt verschwindend gering. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass Bio-Produkte die Kraft haben können, ganze Branchen in Richtung mehr Umweltschutz zu treiben. Wer hätte gedacht, dass Bio-Schokolade irgendwann auch mal von Unternehmen wie Ritter Sport angeboten wird? Oder sich kaum noch ein Hersteller von Baby-Gläschen dem Vorbild von Bio-Pionier Hipp entziehen kann?