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Wo wir stehen

Seit September vergangenen Jahres ist die Redaktion von ZEIT ONLINE dabei, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Zeit für ein Zwischenfazit.

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Auf der Habenseite verbuchen wir Ökostrom, die Visualisierung des Stromverbrauches, Recyclingpapier, Dienstreisen mit der Bahn oder das Runterdrehen der Heizungen. Das zeigt, dass das Team der C02-Diät grundsätzlich wohlwollend gegenüber steht. Das Prinzip des Schrumpfens finden wir gut.

Was nicht heißt, dass die Diät im Arbeitsalltag ein Selbstläufer ist. Da wird jede Glühlampe weniger plötzlich schwierig und das doppelseitige Ausdrucken klappt immer noch nicht. Diese Rückschläge kennen alle, die sich anschicken, Klimaschutz in praktisches Handeln zu übersetzen. Es ist einfach so viel leichter, über das Weltretten zu reden als tatsächlich etwas zu tun. Aber wer wie ZEIT ONLINE journalistisch ein grünes Profil pflegt, der sollte auch praktisch den Hintern hochbekommen. Anders gesagt: Wer von anderen viel fordert, sollte bei sich selbst nicht kleinlich sein.

Climate Partner, die uns beraten haben, werden demnächst zu einer Art Evaluation in die Redaktion kommen. Das ist kein Haltesignal. Selbstverständlich machen wir weiter.

An dieser Stelle möchte ich mich verabschieden. Ab sofort übernimmt meine Kollegin Marlies Uken wieder die „Grünen Geschäfte“. Bleiben Sie uns gewogen.

 

Zwist um Ökosiegel für Zuchtfisch

Der WWF hat ein neues Siegel für Fische aus Unterwasserfarmen entwickelt, das Aquaculture Stewardship Council (ASC). Es soll nachhaltige Fischzucht auszeichnen. Bereits jetzt gibt es das Marine Stewardship Council (MSC), das auf vielen Fischverpackungen im Supermarkt klebt. Es gilt jedoch nur für Meeresfisch. Die Supermärkte drängen auf das zweite Zeichen, denn die einst als blaue Revolution gepriesene Aquakultur ist in Verruf geraten.

Umweltschützer monieren allerdings, das Zeichen des WWF tauge wenig. Statt eherner Vorgaben gebe es wachsweiche Empfehlungen, damit möglichst viel Zuchtfisch als nachhaltig geadelt werden könne.

Zugleich steht fest, dass sich der Verbraucher sich klare und einfache Siegel an Produkten wünscht, um eine gute Entscheidung fällen zu können. Und Fisch steht inzwischen häufig auf dem Speiseplan. Das geben die Meere aber nicht her. Egal wie viel Kabeljau, Lachs oder Shrimps gefangen wird, es ist zu wenig, um den wachsenden Appetit zu stillen. Der Verzehr ist mit rund 17 Kilogramm pro Kopf so hoch wie nie zuvor, wie aus dem aktuellen Weltfischereibericht hervorgeht. Fast die Hälfte davon kommt bereits aus Fischzucht. Aquakulturen müssen zunehmend den Bedarf decken, da die Fischbestände nach Jahrzehnten der Überfischung in einem beklagenswerten Zustand sind.

Zuletzt nahm die Produktionsmenge jährlich um rund sieben Prozent zu. Die Versprechung der Aquakultur ist verlockend: Statt Fische zu fangen, könne man sie züchten und ihre Artgenossen im Meer in Ruhe lassen. Das zweifeln Naturschützer aber bereits seit langem an. Aquakultur sei keine Lösung, sondern eher ein Grund für die Überfischung. Für die Mast der Fische braucht man Futter. Und das werde aus Wildfisch hergestellt. Für ein Kilo Lachs werden bis zu fünf Kilo wild gefangener Fisch verfüttert. Weitere Kritik: Typisch sei die Zerstörung küstennaher Lebensräume wie Mangrovenwälder etwa für Shrimpszuchten, das Fangen von wildem Jungfisch, um die Farmen aufzufüllen oder der Eintrag von Chemikalien und Antibiotika aus den Käfigen, Bassins und Netzen ins Meer.

„Aquakultur ist nur dann eine Alternative zu Wildfisch, wenn sie umweltfreundlich betrieben wird“, bestätigt WWF-Fischereiexpertin Heike Vesper. Deshalb habe der WWF das neue Zeichen speziell für Zuchtfisch angeschoben. Unterstützt wird der ASC von Handelskonzernen wie Metro oder Edeka. ASC-Fische sollen demnächst in jedem namhaften Supermarkt zu finden sein.

Inzwischen liegen die ersten Standards für Pangasius und Tilapia vor, zwei der mengenmäßig bedeutsamsten Zuchtfische. In Deutschland zählt der billige, weiße Pangasius zu den Top Fünf der beliebtesten Speisefische. Die Regeln für Lachs, Shrimps und Forelle folgen Mitte des Jahres. Parallel wird ein Logo entwickelt.

Aber wie hoch ist die Messlatte, die der ASC an sein Zeichen anlegt? Vom WWF als starker Stimme im Naturschutz erwarten die Verbraucher zu Recht viel. An der Güte der WWF-Wimpels entzündet sich aber momentan Streit.

Naturland, die ein eigenes Bio-Siegel für Aquakultur verwenden, bemängeln, dass die Umweltstandards zu niedrig seien und wichtige Fragen wie die Besatzdichte, also die Intensität des Farmens, nicht geregelt seien. „Wenn zu viele Fische auf zu dichtem Raum gehalten und gemästet werden, ähnelt das der Käfighaltung von Hühnern“, sagt Naturland-Fischexperte Stefan Bergleiter. Dafür sollte es kein Prädikat geben. Allzu lax geregelt sei auch, was gefüttert werde und mit welchen Medikamenten die Fische behandelt werden dürften. All das wird bei den Ökozuchten von Naturland definitiv schärfer gehandhabt.

Auch Greenpeace lässt kein gutes Haar an der WWF-Plakette. Das Siegel werde analog zum MSC schon im Planungsprozess vergeben, obwohl die Fischerei noch gar nicht nachhaltig sei. „Das ist so, als würde jemand schon als schlank bezeichnet, obwohl er noch 25 Kilo Übergewicht hat“, kritisiert Thilo Maack von Greenpeace. Vorschusslorbeeren seien in einem derart veritablen Wirtschaftszweig, wo es um sehr viel Geld gehe, keine gute Idee.

WWF-Fischexpertin Heike Vesper bestreitet, dass das Siegel vergeben wird, bevor alle Umweltauflagen umgesetzt seien. Und auch Besatzdichten seien festgelegt. Sie gesteht allerdings zu, dass für den ASC Kompromisse gemacht worden seien. Und natürlich sei Bio immer besser. Aber davon sei einfach zu wenig da.

Der Handel diskutiert zur Zeit, ob man nicht selber nachlegen solle und Nachbesserungen fordern als sich für einen wachsweichen Standard prügeln zu lassen. Auf die Händler, die Umweltstandards für Fisch nach oben nachjustieren wollten, wartet der WWF nach eigenen Angaben gerne.

 

Gegen den Strom schwimmen

Endlich! Der Vertrag ist unter Dach und Fach. Wir haben jetzt Ökostrom. Und ja, liebe Kommentatoren, es ist einer der vier Ökostromanbieter, die alle für die besten halten. Man fühlt sich jetzt schon ein bisschen mehr wie ein Kämpfer und nicht mehr nur wie ein Kunde.

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Für viele Deutsche ist offenbar der Wechsel zu Ökostrom eine Last, die sie nicht schultern wollen. Oder weiß jemand nicht, wie es geht? Jedenfalls beziehen nur acht Prozent der Haushalte Ökostrom, obwohl gefühlt in dieser Republik jeden Tag über erneuerbare Energien geredet wird. Zur Ehrenrettung dient allenfalls, dass es vor einigen Jahren nur vier Prozent waren.

Touché. Unsere C02-Bilanz in Berlin ist jetzt eklatant besser. Dank intelligentem Stromzähler wissen wir seit neuestem, dass unsere 35 Stehlampen echte Stromschlucker sind. Da wir nicht jeden Deckenfluter in eine Tranfunzel verwandeln wollen – das führte zu Aufstand in der Redaktion – experimentieren wir jetzt damit, einzelne Lampen auszuschalten. Das ist wirklich kein echter Verzicht. Mehr Verschlankung. Und kleine Schritte summieren sich ja auch.

Das Damen-Redaktionsrad, was im Hof unten steht, hat übrigens seine Jungfernfahrt hinter sich. Beatrice Simmon ist bereits dienstlich damit zum Potsdamer Platz unterwegs gewesen. Fragt sich, wann die Herren der Schöpfung sich erstmals aufs Rad schwingen? Die Redaktion könnte ihre Rate an Fahrradfahren und Laufen sicher locker verdoppeln….  Mobilität verändern gehört jedenfalls zwingend auf die To-Do-Liste jedes Klimaschützers.

 

Gorleben ist undicht

Im Salzstock Gorleben finden sich bedeutsame Mengen Gas, die von außen eindringen. Dies belegen bisher unveröffentlichte Untersuchungsberichte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoff (BGR), die jetzt im Auftrag von Greenpeace ausgewertet wurden. Für die Umweltorganisation ein Beweis, dass das geplante Atommüllendlager nicht dicht ist und damit als Standort nicht in Frage kommt.

Greenpeace fordert Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) deshalb auf, die Endlagerpläne in Gorleben aufzugeben. „Es gab in der Vergangenheit Wege für das Gas in den Salzstock“, sagt Mathias Edler, Atomexperte bei Greenpeace. Also könnten auch Wasser oder hochradioaktive Teilchen einen Weg finden. Von einer wirksamen Barriere gegenüber der Umwelt könne nicht die Rede sein.

Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), hatte bereits Ende 2010 erklärt, sollten kritische Mengen Gas im Erkundungsbereich gefunden werden, könne das zum „K.O.-Kriterium“ für Gorleben werden. Laut BfS müssen sichere Endlager in „einschlusswirksamen Gebirgsbereichen“ liegen. Heute betonte das BfS, dass die Gasvorkommen weiter untersucht werden müssen. Zumal der Salzstock unter dem größten Erdgasvorkommen Deutschlands liegt.

Pikant ist, dass dem BGR die entscheidenden wissenschaftlichen Befunde bereits seit dem Jahr 2002 bekannt waren. Konsequenzen blieben jedoch aus. Noch heute spielt die Bundesanstalt die Herkunft der Gase und das Eindringen über Klüfte und Spalten herunter. Die BGR-Berichte sind Grundlage für eine vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene „Sicherheitsanalyse“, die 2013 fertig sein und die Eignung des Salzstocks nachweisen soll.

Dass Gas den geplanten Endlagerbereich durchzieht, wird sicher auch nächste Woche Thema sein. Dann reist  Umweltminister Röttgen ins Wendland, um mit den Gegnern des Endlagers zu sprechen.

Im November 2010, als die Castoren gen Gorleben rollten, hatte Röttgen die Region übrigens gemieden und stattdessen lieber in Fernseh-Talkshows den Atomkompromiss der schwarz-gelben Regierung verteidigt. Der Protest gegen Gorleben hatte Zehntausende von Menschen auf die Straße getrieben.



 

Auf dem Holzweg

Der Ticker am Berliner Hauptbahnhof erinnert rein äußerlich betrachtet an den Countdown bei einem Raketenstart. Nur, dass beim Waldticker des WWF nicht rückwärts gezählt wird, sondern vorwärts. Die digitale Uhr zeigt, wie Minute für Minute Wälder weltweit verschwinden.

Unter dem Zähler prangt in großen Lettern der Satz: „Innerhalb der nächsten 60 Stunden verlieren wir Wald von der Größe Berlins“. Der WWF enthüllte seinen Ticker passgenau zum heutigen Start des UN-Jahres der Wälder. Trotz zahlreicher Initiativen gegen den Kahlschlag, blieben Erfolge bislang aus: Allein Südamerika verliert jährlich vier Millionen Hektar Wald pro Jahr. Afrika knapp über drei Millionen Hektar.

Ein Quäntchen mehr Aufmerksamkeit und symbolträchtige Aktionen kann das Thema Waldschutz also vertragen. Klugerweise belässt es der WWF nicht dabei. Denn der Wald verschwindet nicht einfach so, sondern auch durch unseren Konsum. Und so rechnen die Naturschützer vor, dass die Deutschen in den letzten Jahren im Schnitt 235 Kilo Papier jährlich verbrauchten. Damit liegt Deutschland EU-weit an der Spitze. Laut UN-Experten liegt der Grundbedarf an Toilettenpapier, Zeitungen oder Schulheften lediglich bei spartanischen 40 Kilogramm.

Der Wald bleibt natürlich nicht nur für Papier auf der Strecke, sondern auch um den wachsenden Bedarf an Fleisch, Futtermitteln, Holz oder Bioenergie zu decken. Aber immerhin gewichtige 40 Prozent des industriell geschlagenen Holzes werden zu Papier verarbeitet. Soll heißen: Aus fast jedem zweiten Baum wird heute Papier.

Allein 30 Kilogramm Werbeprospekte landen jährlich in deutschen Briefkästen. Das sind 1,3 Millionen Tonnen Papier. Ein Aufkleber: „Bitte keine Werbung“ würde diese Flut verringern. Sieben Milliarden Papier-Küchenrollen helfen beim Putzen. Schwammtücher wären ein Ersatz . Und vielleicht am beeindruckensten: Für den Kaffee unterwegs dienen sechs Milliarden Pappbecher. Ein Thermobecher täte es auch. Nur durch diese letzte Mini-Aktion müssten rund eine halbe Million Bäume weniger gefällt werden.

Eigentlich wissen wir doch, dass in allen diesen Wegwerfprodukten Wald steckt, oder? Fragt sich, warum uns simple Aktionen im Alltag so schwerfallen? Unterm Strich – das zeigen die neuen WWF-Statistiken – reden wir gerne über Umweltschutz, konsumieren aber ständig mehr. Etwa Papier. Als sei der ganze grüne Lebensstil nur eine Art Zuschauersport und nicht essentiell für ein modernes und aktives Bürgertum, das den sorgsamen Umgang mit begrenzten Ressourcen im Sinn hat.

 

Was Kaltwaschmittel bringen

Durch die Werbung geistern derzeit kaltaktive Waschmittel, die schon ab 15 Grad sauber waschen sollen. „Kalt ist das neue Heiß“ lautet einer der Slogans, mit dem beispielsweise „Ariel Excel Gel“ oder „Persil Actic Power“ angepriesen werden. Die Hersteller betonen vor allem ihren Beitrag zum Umweltschutz.

Aber sind die neuen Waschmittel wirklich so umweltschonend? Einerseits sparen Niedrigtemperaturen Strom und Geld, weil die Kosten für das Aufheizen des Waschwassers fast komplett entfallen. Andererseits sind Kaltaktiven aber bis dato Flüssigwaschmittel und enthalten damit mehr Tenside, die die Kläranlagen belasten. Obendrein müssen die Flüssigen im Gegensatz zu den trockenen Pulvern mit Konservierungsmitteln haltbar gemacht werden. Die Umweltbilanz ist deshalb bestenfalls gemischt.

Die meisten Waschmaschinen verfügen derzeit auch noch nicht über ein echtes Niedrigtemperaturprogramm. Zwar gibt es solche Super-Öko-Waschmaschinen im Handel, aber seine alte Maschine deshalb zu verschrotten, macht ökologisch und auch finanziell keinen Sinn. Eine Waschmaschine sollte zehn bis 15 Jahre halten.

Flüssigwaschmittel sind zudem in puncto Sauberkeit den Pulvern unterlegen. Laut Stiftung Warentest ist die Fleckentfernung der Flüssigwaschmitteln bei 20 Grad bestenfalls mittelmäßig (test 10/2010). Sehr hygienisch sei kaltes Waschen auch nicht. Nach einer 20-Grad-Wäsche blieben auf Kleidung und in der Maschine viele Keime zurück. Gesunden macht das zwar nichts, Kranken aber schon. Hausstaubmilben-Allergiker sollten ohnehin heißer waschen.

Deshalb sei Kaltwaschen noch das „Waschen der Zukunft“, bilanziert das Umweltbundesamt. Erst ab Dezember 2013 muss jede Waschmaschine ein 20-Grad-Programm haben. Das schreibt die EU-Ökodesign-Verordnung vor.

Nicht wärmer zu waschen als nötig, bleibt trotzdem ein guter Rat. Für Buntwäsche reichen 30 Grad. Diese Erkenntnis hat sich hierzulande allerdings noch nicht durchgesetzt. Die durchschnittliche Waschtemperatur der Deutschen verharrt seit 2004 bei 46 Grad Celsius. Soll heißen, auf Kochwäsche wollen viele nicht verzichten. Übrigens: der Strom für eine 90-Grad-Wäsche verschlingt satte 39 Cent.

 

Mehr Waldschutz

Vom Brotaufstrich bis zur Bodylotion – überall steckt Palmöl drin. Jahr für Jahr steigt die Nachfrage um rund 15 Prozent. Palmöl ist das am meisten produzierte Pflanzenöl der Welt. Die bittere Nebeneffekt: Für Palmöl-Plantagen werden Regenwälder gerodet, vor allem in Indonesien und Malaysia, den beiden Hauptanbauländern.

Aber es gibt eine Alternative: Bio-Palmöl, für das kein Wald fallen muss. Nur hat die Bio-Variante bislang nur einen weltweiten Marktanteil von 0,1 Prozent.

Faktisch liefern zwei Bio-Produzenten aus Südamerika nahezu die gesamte Menge Bio-Palmöl: Agropalma aus Brasilien sowie Daabon aus Kolumbien. Allerdings ist Daabon mit rund 25.000 Tonnen und 70 Prozent Marktanteil das Schwergewicht der beiden Anbieter. Der Großteil geht nach Europa und landet zum Beispiel in Margarine, Nuß-Nougat-Creme oder Suppenwürfeln von Bio-Händlern wie Rapunzel, Allos oder Alnatura.

Das ist gut zu erkennen, denn die Hersteller weisen das Bio-Fett auf der Zutatenliste aus. Die konventionelle  Lebensmittelwirtschaft versteckt Palmöl dagegen in der Regel hinter Bausteinen wie „pflanzliches Fett“ oder „pflanzliches Öl“. Ein genauer Blick auf die Lebensmittelverpackung lohnt
sich also, wenn der Verbraucher nicht am Raubbau ökologisch bedeutsamer Wälder beteiligt sein will.

Weltweit wächst das Interesse an Bio-Palmöl, die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Ein Grund für die Knappheit: Die Öko-Plantagen sind mit 1500 Hektar deutlich kleiner als konventionelle Palmöl-Monokulturen. Bei größeren Flächen stößt der Bio-Anbau an seine Grenzen. So muss beispielsweise mit selbst erzeugtem Kompost statt mit Chemie gedüngt werden. Auch Schädlinge müssen auf natürliche Weise bekämpft werden.

Um die Bio-Flächen auszuweiten, gründete die Firma Daabon sogenannte Allianzas mit Kleinbauern, die etwa zehn bis 20 Hektar Land besitzen und darauf Ölpalmen anpflanzen. Wenn die zu hoch werden und nicht mehr gut abgeerntet werden können, wer den an ihrer Stelle junge Setzlinge gepflanzt. So bleibt der Wald verschont.

Als die Firma allerdings ihr Engagement im Landesinneren ausweiten wollte, stießen sie auf Widerstand. Gemeinsam mit einem Partner hatten sie Land aufgekauft, auf das die dortigen Bauern Anspruch erhoben. Daabon zog sich im Herbst 2010 völlig aus dem Projekt zurück.

Bislang ist der Anteil von Bio-Palmöl am Gesamtmarkt verschwindend gering. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass Bio-Produkte die Kraft haben können, ganze Branchen in Richtung mehr Umweltschutz zu treiben. Wer hätte gedacht, dass Bio-Schokolade irgendwann auch mal von Unternehmen wie Ritter Sport angeboten wird? Oder sich kaum noch ein Hersteller von Baby-Gläschen dem Vorbild von Bio-Pionier Hipp entziehen kann?

 

Das neue ABC der Energie

Ende 2011 ändern sich die EU-Energielabel für Waschmaschinen, Geschirrspüler und Kühlgeräte. Erstmals fallen auch Fernsehgeräte unter die Kennzeichnungspflicht.

Für den Verbraucher wird aber es keineswegs einfacher: Das Prädikat besonders sparsam, so ist in den Köpfen der Kunden verankert, verdienen Geräte mit dem Buchstaben A und der Farbe Grün. Nur bei Kühl- und Gefrierschränken gab es seit 2004 bereits A++.

Weil das Zeichen die Branche dazu animiert hat, sparsamere Modell zu produzieren, erreichen jetzt praktisch alle zumindest die Klasse A. Kurz, das über zehn Jahre alte Zeichen hat sich überlebt.

Statt aber die sieben Kategorien von A bis G beizubehalten und nur die wirklich Besten mit A auszuzeichnen, werden die effizientesten Geräte seit neuestem sogar mit bis zu drei Pluszeichen belohnt.

Das Ergebnis ist kurios: Geräte mit einem  A+ spielen faktisch nur noch in der dritten Liga und Geräte mit einem einfachen A sind alles, aber nicht energieeffizient. „Solche Geräte sollten die Verbraucher gar nicht mehr kaufen“, rät Frauke Rogalla vom Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin. Sie seien die schlechtesten Geräte auf dem Markt. A ist sozusagen das neue D.

Ab Juli 2012 werden Waschmaschinen und Geschirrspüler mit der Effizienzklasse A von der EU komplett verboten. Es ist zu erwarten, dass die Hersteller die A-Modelle deshalb in diesem Jahr im großen Stil verramschen werden, prognostiziert Rogalla. Wer ein solches Gerät kauft, dem muss aber klar sein, dass es eine ganz kleine Nummer in puncto Klimaschutz ist.

Gerade in Haushalten, in denen viele Personen leben und häufig gewaschen, gespült und viel gekühlt wird, sollte es schon ein Gerät aus der Kategorie A+++ sein. Zwar sind die neuen Energielabel erst Ende dieses Jahres Pflicht,Verbraucherschützer rechnen aber damit, das die Hersteller sie jedoch ab sofort freiwillig nutzen. „Sie brennen darauf, mehr zu zeigen“, sagt Rogalla.

Einzige Ausnahme: Bei Fernsehern kann man weiterhin bedenkenlos A kaufen, denn hier besteht beim Energieverbrauch noch extremer Nachholbedarf. Bis dato fällt das Gros der Fernsehgeräte in die Kategorien C und D.

Neu sind obendrein die Piktogramme am unteren Rand der Label. Dort verbergen sich weitere wichtige Informationen. Ein Lautsprecher-Symbol kennzeichnet den Lärmpegel der Geräte, was bei Waschmaschinen durchaus eine Rolle spielt. Eine Milchtüte steht für das Kühlvolumen, eine Schneeflocke symbolisiert das Gefriervolumen, ein tropfendes T-Shirt zeigt die Schleuderwirkung.

 

Voller Durchblick

Ab sofort macht ZEIT ONLINE den eigenen Stromverbrauch sichtbar. In der Redaktion zeigt ein Monitor den aktuellen Verbrauch an. Über das Stromkabel aus dem Keller laufen die Daten hoch in den sechsten Stock und ermöglichen uns, unseren Stromverbrauch in Echtzeit zu verfolgen. Neben der Seitenstatistik jetzt also auch Stromstatistik.

Für uns ist diese dauerhafte Transparenz ein echter Ansporn. Wann verbrauchen wir wie viel Strom? Sind wir zu lax mit dem Abschalten der Computer? Müssen diese Stehlampen alle so hell sein? Können wir noch Birnen raus drehen? Bringt es was, wenn wir keine bunten Animationen mehr als Bildschirmschoner laufen lassen, sondern alles schwarz bleibt?

Manch einer mag das etwas belächeln, aber auch kleine Dinge haben in Summe eine große Wirkung. Letztendlich haben wir im Team festgestellt, dass das Thema Stromverbrauch inzwischen fest in unseren Köpfen verankert ist und wir nicht nur zu Hause, sondern nahtlos im Büro weitermachen und auf unsere Bilanz achten.

Das ist ein großer Sprung. Etwas großspuriger formuliert: Wir exerzieren gerade vor, was wir uns für die Welt wünschen. Und wer an andere Ansprüche formuliert, muss sich halt auch im Alltag daran messen lassen. Alles andere wäre nicht glaubwürdig.

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Christoph Dowe hat es unlängst schon vermeldet. Wir haben jetzt einen eigenen Stromzähler im Keller. Er ermöglicht ZEIT ONLINE zu Ökostrom zu wechseln und mit dieser Entscheidung Strahlkraft im ganzen Haus zu entwickeln. En passant verbessern wir unsere Kohlendioxidbilanz für den Standort Berlin auf einen Schlag um 30 Prozent – das ist etwas, auf das wir getrost stolz sein können.

Die Gespräche mit dem neuen Anbieter laufen, wenn der Vertrag fertig ist, lüften wir das Geheimnis.

Ach ja, noch etwas Erstaunliches: Die Heizungen sind trotz der arktischen Temperaturen kaum an. Wir schreiben uns offenbar warm. Oder der Tagesspiegel von unten heizt für uns mit und sorgt für warme Füße. Oder unsere Deckenleuchten ersetzen die Heizung. Nur über das Stoßlüften verhandeln wir intern noch. Wer frische Luft braucht, kann ab dem Frühjahr mit den neuen Dienstfahrrädern unterwegs sein – die schonen im übrigen die Transportbilanz.

In diesem Sinne ein gutes Neues Jahr.

 

Alles fließt – bloß wohin?

Nun gut, es ist nicht gerade ein Rekordergebnis. Gut 1000 Bürgerinnen und Bürger nahmen am ersten Bürgerdialog der Kanzlerin im Internet teil. Angesichts von lautstarker Werbung im Kino und auf Youtube, war die Mitmachquote des zweimonatigen Dialogs von September bis Mitte November mager.

„Wohin soll die Nation in puncto Nachhaltigkeit steuern?“ lautete das Thema. 27.000 Besuche verzeichnete der Seitenzähler. Erreicht wurde vor allem die eloquente, gebildete Schicht ab 36 Jahren, die sich selbstbewusst zu Wort meldete und über grüne Wirtschaft und grünen Lebensstil diskutierte. Top-Thema mit über 260 Beiträgen war der Klimaschutz, das bedeutsame Thema Wasser tröpfelte mit 70 Beiträgen eher dahin. Das lag allerdings auch daran, dass die Seite unübersichtlich war und viele Themen nicht besonders prominent präsentiert wurden.

Das größte Manko ist allerdings: Niemand weiß so genau, was jetzt mit dem Beitrag der Bürger passiert. Es heißt, alles werde an die zuständigen Ministerien „weitergeleitet“ und „fließe“ in einen Fortschrittsbericht ein. Ungeordnet? Ohne klare Voten herauszuarbeiten?

Das klingt eben doch genau so autistisch, wie viele Bürger die Regierung empfinden. Zumindest bleibt der Eindruck, das Angela Merkel das Wissen der Bürger nicht für wirklich wichtig hält. Zweifellos müssen offene Dialoge, wie sie sie führen will, dringend erprobt werden, wenn die zerrüttete Beziehung zwischen Bürgern und Politik gekittet werden soll. Wer aber mehr Bürger für E-Konsultationen hinter dem Ofen hervorlocken will, muss in Zukunft ein attraktiveres Angebot machen. Schön gewesen wäre beispielsweise die Aussicht an einzelnen Kapiteln mit schreiben zu können.

Leider blieb die Kanzlerin auch noch stumm. Dabei hatte sie sich zum Auftakt noch tapfer via Podcast zu Wort gemeldet. So ein Online-Dialog ist aber eben keine Einbahnstraße. Besser machte das Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Am Ende seiner E-Konsultation zur Netzpolitik stellte er Anfang Dezember eine Videobotschaft ein. Das wirkte noch ungelenk, zeigt aber, dass er die Stimmen von außen ernst nimmt.

Feedback – das könnte Angela Merkel doch auch mal versuchen. Eigentlich gleicht es politischem Harakiri, erst einen Dialog anzubieten und dann nur die Achseln zu zucken.