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Festspiele zur Energieeffizienz: Vorhang auf für die Stromlobby

Wunderbar, wie gerade eben selbst der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), also die Lobby der Stromversorger, die beiden Minister Rösler und Röttgen rüffelt und auf eine EU-Regelung zum Energiesparen drängt:

„Große Sorge bereitet der Energiebranche, dass Deutschland bislang keine einheitliche politische Position zum Thema Energieeffizienz gefunden hat und somit bei den Verhandlungen das deutsche Interesse nicht vertreten kann. Es geht hier jedoch um einen zentralen Hebel, der zum Gelingen der Energiewende notwendig ist. Deutschland kann es sich bei diesem Thema nicht leisten, sich der Stimme zu enthalten und dadurch zusätzliche Lasten für die Energiewirtschaft zu riskieren“, erläuterte Müller. (Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung, muk).

Sicher, der BDEW ist gegen die umstrittene Einsparverpflichtung von 1,5 Prozent – kaum überraschend. Aber an erster Stelle beklagt er das Nichtstun der Politik. Das sollte der Bundesregierung nun wirklich mal zu Denken geben. Bis kommenden Dienstag haben Rösler und Röttgen noch Zeit, dann treffen sich in Brüssel die Energieminister.

 

Ein paar Zahlen zur Kältewelle und zum Strombedarf

Das klingt ja dramatisch, was Spiegel Online heute Vormittag als Aufmacher vermeldet. „Kältewelle: Strom in Deutschland wird knapp.“ Die Netzbetreiber würden Reservekapazitäten im Ausland anknapsen, so schlimm sei schon die Situation.

Die Netzengpässe gibt es sicherlich, keine Frage. Aber der Zusammenhang „Kältewelle – Strommangel“ stimmt einfach so nicht – zumindest hat diese Meldung einen falschen Tenor und bringt die Energiewende in Verruf.

Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW
Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW

In Deutschland spielt Strom beim Heizen kaum eine Rolle (siehe Grafik), gerade einmal sechs Prozent aller Wohnungseinheiten werden mit Strom geheizt. Nachtspeicheröfen sind inzwischen ja sogar ein Auslaufmodell. Ich habe flott beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft nachgehakt und auch dort bestätigt man: In Kälteperioden steigt die Stromnachfrage nicht besonders stark.
Anders natürlich die Situation in Frankreich. Frankreich ist ein Land der Stromheizungen, die AKW liefern schließlich dort wunderbar billigen Grundlaststrom, der dann in den Nachtspeicheröfen geparkt wird – so wie früher in Deutschland. Und jetzt kauft eben Frankreich bei uns Strom ein. Es ist ein europäischer Markt, wie es heute auch in der Financial Times Deutschland heißt:

„Auch die Stromexporte nach Frankreich sind eine Folge des kalten Winters. In Frankreich heizen große Teile der Bevölkerung mit Strom. Am Dienstag benötigten die Franzosen 100,5 Gigawatt Stromleistung. Das ist so viel wie nie zuvor und mehr als das Atomland selbst bereitstellen kann. Der Preis für kurzfristige Lieferungen schoss in Frankreich auf rund 360 Euro pro Megawattstunde hoch. Das Normalniveau liegt bei 50 Euro. Auch in Deutschland stieg der Börsenpreis, allerdings nur auf rund 76 Euro.“

Ein Knackpunkt ist natürlich die Gasnachfrage: Erdgas kommt im deutschen Wärmemarkt aktuell auf einen Anteil von 49 Prozent. Und klar gibt es regionale Engpässe, wenn – wie gestern – die EnBW einen Block vom Gaskraftwerk Karlsruhe wegen Lieferengpässen vom Netz nehmen muss. Aber auch hier betonen die Versorger: alles im Griff. Wie heißt es gestern bei dpa:

„Die Strom- und Gasversorgung in Deutschland ist trotz der anhaltenden Kältewelle gesichert. Stromnetzbetreiber, Gasversorger und die Bundesnetzagentur geben Entwarnung.“

Aber das klingt natürlich nicht so knackig wie: „Kältewelle – Strom in Deutschland wird knapp.“

 

Zäh, zäh, zäh: Deutschland und das Energiesparen

Nun gut, es ist nicht das erste Mal, dass Wort und Tat bei dieser Bundesregierung auseinanderklappen. Aber diesmal ist es doch wirklich eklatant. Da hat sich Bundeskanzlerin Merkel 2007 richtig ins Zeug geschmissen für eine ambitionierte Klimapolitik der EU und damals die berühmten 20 Prozent-Ziele eingetütet: 20 Prozent Anteil Erneuerbare Energien in 2020, eine Reduktion der Treibhausgase um 20 Prozent und eine Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent.

Und wo stehen wir heute? Für den Ökostrom-Anteil und die CO2-Reduktion gibt es in der EU verbindliche Vorgaben. Nur beim Energiesparen fehlt es bislang an verbindlichen Regeln. Das will die EU-Kommission nun mit ihrem Vorschlag zur Energieeffizienz-Richtlinie ändern.

Und wer blockiert? Deutschland. Wobei – blockieren ist wohl viel zu aktiv ausgedrückt: Die deutsche Bundesregierung hat offenbar noch nicht einmal eine Position, mit der sie in Brüssel auftritt. Und das macht es für alle Beteiligten nicht gerade einfach, sich bis zum Sommer auf einen Vorschlag zu einigen.

Umstritten ist immer noch der berühmte Artikel 6, der vorsieht, das Unternehmen jedes Jahr 1,5 Prozent ihres Energieabsatzes im Vergleich zum Vorjahr einsparen müssen. Einen Markt für´s Energiesparen will Brüssel so schaffen.

Und hat gute Argumente für sich: Mit jedem Euro, der in neue Fenster und eine bessere Heizung investiert werde, würden am Ende neun Euro Kosten für Energie eingespart. Von 400.000 neuen Arbeitsplätzen geht die EU-Kommission aus.

Kommende Woche treffen sich die europäischen Energieminister in Brüssel zu dem Thema. Mit welchen Alternativvorschlägen Deutschland dort auftritt, ist noch völlig unklar, seit Monaten, ach: Jahren, rangeln ja Bundeswirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium bei dem Thema miteinander.

Es ist ein gefährliches Spiel, was die Bundesregierung da veranstaltet. Irgendwie scheint es fast Parallelen zu Deutschlands jüngstem Auftreten im Griechenland-Poker zu geben. Schwarz-Gelb lähmt gerade einen Markt mit Milliardeninvestitionen und sorgt für Verunsicherung. Warum bloß?

PS: Noch ein paar Beispiele der Energieexperten von RAP, was in anderen Ländern passiert ist, die Energieeffizienz-Vorgaben gemacht haben. Allein in Frankreich wurden zwischen 2006 und 2009  jedes Jahr rund 950.000 Dächer gedämmt. Und die Briten haben zwischen 2005 und 2008 jedes Jahr rund 1,25 Millionen effizientere Kühlgeräte angeschafft.

 

Effizienter Druckluftspeicher lässt auf sich warten

Ein Knackpunkt der Energiewende wird die Entwicklung von Stromspeichern sein – schließlich weht der Wind nicht immer und auch die Sonne verschwindet mal hinter einer Wolke. Vor einigen Jahren haben sich der Energieversorger RWE und General Electric (GE) daher zusammengetan. Sie wollen einen adiabaten Druckluftspeicher entwickeln, das Projekt Adele.

Druckluftspeicher ADELE, Copyright: RWE
Druckluftspeicher ADELE, Copyright: RWE

Die Idee ist einfach: Wenn es besonders hohe Windstrom-Überschüsse gibt, wird diese Energie dafür genutzt, unter Tage Luft in einen Speicher zu pressen. Einen solchen Speicher gibt es bereits jetzt, in Huntorf bei Oldenburg. Bei hoher Stromnachfrage kann diese Druckluft abgelassen werden, eine Turbine antreiben und so Strom produzieren. Der Clou: Die beim Verpressen anfallende Wärme wird zwischengespeichert und beim Ablassen der Druckluft genutzt, um diese wieder zu erwärmen. Dass die Wärme (wenn Luft verdichtet wird, erhitzt sie sich auf bis zu 600 Grad Celsius) im  Prozess verbleibt, erhöht den Wirkungsgrad enorm. Bisherige Speicher nutzten Gas, um die abgekühlte Druckluft zu erhitzen – das ist weitaus weniger effizient.

Zwar kann der Speicher auch nur kurzfristige Stromlücken überbrücken – er ersetzt für etwa fünf Stunden die Stromproduktion von etwa 40 großen Offshore-Windrädern (200 Megawatt). Aber immerhin.

Leider aber verzögert sich das Projekt. Wie Stephan Reimelt, Vorsitzender von GE Deutschland, jüngst mitteilte, werde weiter an Adele geforscht, von einer Realisierung sei man aber noch weit entfernt. Ursprünglich war geplant, schon in diesem Jahr mit den Bauarbeiten loszulegen. Ob es 2015 etwas werde? „Eventuell.“

Entscheidend sind die Kosten. Rund zehn Millionen Euro investieren die Projektbeteiligten RWE, GE, Züblin und das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum. Technisch sei das Projekt machbar. „Aber bislang rechnet es sich einfach nicht,“ so Reimelt. Gerade die hohen Temperaturen und Drücke verlangten anspruchsvolle Technologie und Komponenten.

Und so glaubt kaum einer in der Branche, dass sich Stromspeicher im derzeitigen System ohne staatliche Förderung rechnen. „Der Kosten-, Nutzen- und Ertragseffekt zwischen Einspeicherung und Ausspeicherung bedarf eines wirtschaftlichen Fördermodells“, teilt GE mit. So würden die Kosten für eine Pilotanlage transparent gemacht.

Mal schauen, wie es weitergeht und ob sich die Bundesregierung wirklich an eine weitere Förderung herantraut. Kaum zu glauben, wie viele Baustellen die Energiewende der Bundesregierung „eingebrockt“ hat. Wenn die Energiewende klappt, wird uns das Ausland applaudieren. Wenn es schief geht, steht Deutschlands guter Ruf auf dem Spiel.

 

Röttgen, Rösler und der nächste Zoff: Ökostrom

Egal, ob Energieeffizienz-Richtlinie, Kohlekraftwerke oder CCS: Kaum ein Thema, bei dem das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium aneinanderrasseln. Heute gibt es neuen Zoff, und zwar rund um das Erneuerbare-Energien-Gesetz. De facto stellt Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gleich ein paar Grundprinzipien des EEG in Frage, den Einspeisevorrang für Ökostrom und die Vergütung je Kilowattstunde Ökostrom. Der grüne Strom hat nämlich Vorfahrt im Netz und wird lukrativ vergütet – und das bringt das System so langsam durcheinander. Rösler hätte den Vorrang wohl am liebsten abgeschafft bzw. durch ein marktnäheres System ersetzt.

Bundesumweltminister Röttgen (CDU) betonte dagegen heute, dass er am derzeitigen EEG-Zuschnitt festhalte:

„Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat sich grundsätzlich bewährt und ist mit der Energiewende und den dazu gehörigen Beschlüssen noch einmal bekräftigt worden“, sagte Röttgens Sprecherin am Montag in Berlin.

Dass sich die beiden Ministerien beim Energiethema regelmäßig bekriegen ist ja nichts Neues, das lässt sich mit dem Ressortzuschnitt einfach nicht vermeiden. Allerdings wäre es wirklich hilfreich, wenn man vieles vielleicht erst einmal im direkten Dialog klärt. Die Energiewende ist eine der größten Herausforderungen für die Bundesregierung – nun gut: abgesehen vielleicht von der Schulden- und Eurokrise. Dass die politische Umsetzung nicht vorankommt, sorgt jeden Tag mehr für Verunsicherung bei den Unternehmen, welche die Energiewende doch am Ende stemmen müssen. Langfristig klare Förderbedingungen müssen her – oder eben klare Ansagen, wann eine Förderung ausläuft. Das permanente öffentliche Infragestellen bringt da herzlich wenig.

 

Statt Solarkollektoren: Die Hauswand, die Energie produziert

Die Hochschule Wismar hat vergangene Woche ein spannendes Experiment begonnen. Sie testet zurzeit draußen – im echten Leben sozusagen – verschiedene Häuserfassaden, mit denen sich Energie produzieren lässt. Dazu haben Wissenschaftler in einer Putzschicht eine feine Kapillarrohrmatte eingebracht, in der eine Flüssigkeit mit Frostschutzmittel zirkuliert. Dieses wird mit einer Wärmepumpe heruntergekühlt. Mit Hilfe  der Temperaturdifferenz zwischen der Umgebung und der Putzschicht lässt sich nun Energie gewinnen, mit der ein Wärmespeicher betrieben werden kann, etwa für die Heizung.

Versuchsfläche zur Energiegewinnung aus einer Fassade, Copyright: Hochschule Wismar
Versuchsfläche zur Energiegewinnung aus einer Fassade Copyright: Hochschule Wismar

Die Kraftwerk-Hauswand könnte eine Alternative zum Solarkollektor sein, da sie unabhängiger vom Sonnenschein funktioniert. Der Testlauf über zwei Jahre soll jetzt eine Energiebilanz ergeben: Wie viel Energie muss ich einspeisen (mit der Wärmepumpe zur Abkühlung des Frostschutzmittels) und wie viel erhalte ich am Ende für die Warmwasserproduktion – und steht das in einem sinnvollen Verhältnis?

Das Energiewand-Projekt, das unter anderem vom Bundesforschungsministerium unterstützt wird, könnte eine sinnvolle Ergänzung sein, verstärkt auf erneuerbare Energien bei der Häusersanierung zu setzen. Wenn ein Haus gedämmt und neu verputzt wird, ließe sich das Netzsystem gleich in den Putz einarbeiten. Es wäre ein Beitrag, wie gerade auch der Altbaubestand zur Energiewende etwas beitragen kann – und nicht nur die Neubauten, die ja schon jetzt hohe Energieeffizienzstandards erfüllen müssen.

Ach ja: Die Profis unter Ihnen werden vielleicht einwenden: Oh nein, wenn die Wandoberfläche kälter als die Luft ist, kann sich in manchen Fällen Tauwasser oder Eis bilden. Und dann Algen. Und dann sieht die Wand nicht nur usselig aus, sondern ist auch anfälliger für Wind und Wettereinflüsse. Die Wissenschaftler kommen diesem Einwand zuvor und haben ein ausgeklügeltes Messsystem installiert, um dies zu vermeiden. Mal schauen, ob’s klappt.

 

 

Elektroschrott? Von wegen – wahre Schätze!

Es ist die andere Seite unserer Konsumgesellschaft. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass mehr als ein Fünftel aller dort weggeschmissenen Elektrogeräte – vom Handy über´s Laptop bis zum Bügeleisen – sich mit Mini-Aufwand gewinnbringend weiterverkaufen lassen. 23 Prozent der Geräte aus den Elektroschrott-Recyclingcentern hätten man entweder direkt weiterverwenden können. Oder man hätte sie nur geringfügig reparieren müssen, meldet die Organisation WRAP (Together working for a world without waste).

Denn de facto werfen wir mit unserem Elektroschrott einfach Geld aus dem Fenster. Die Waren hätten immerhin einen Wert von mehr als 230 Millionen Euro. Zieht man die Kosten für das Einsammeln und Reparieren ab, würde immer noch ein Gewinn von knapp 120 Millionen Euro übrigbleiben.

„Verbraucher denken oft, dass es einfacher und kostengünstiger ist, ein Gerät neu zu kaufen – aber unsere Untersuchung zeigt, dass die weggeworfenen Geräte noch einen wirklichen Wert haben“, sagt WRAP-Mitarbeiterin Lucy Keal.

Allerdings kommt die Studie zu dem Schluss, dass sich das Weiterverkaufen und Reparieren vor allem bei großen Elektrogeräten lohnt, bei Waschmaschinen, Kühlschränken und Trocknern. Je kleiner das Gerät, desto schlechter die Kosten-Nutzen-Bilanz.

Und ich würde noch einen Einwand machen: Wichtig ist natürlich auch die Energieeffizienz. Sicher, ich kann einen wunderschönen Bosch-Kühlschrank aus den 50er Jahren (Energieeffizienzklasse unterirdisch) reparieren lassen. Aber ob sich meine Stromrechnung – und das Klima – darüber so freuen, ist eine andere Frage.

Ganz passend übrigens die wirklich beeindruckende Fotostrecke „Ein Strom, der nie versiegt“ im aktuellen stern (einfach etwa fünf Mal auf die rechte Ecke oben des stern-Heftes klicken): Eisbären, die im Elektroschrott wühlen, ein Müllplatz für ausrangierte Flugzeuge der US-Airforce. Wirklich verstörend, wie wir Menschen gerade unseren Planeten zumüllen.

 

 

Deutschland hält am Energiesparen fest – mit Schlupfloch

Update 16:18: Das Bundesumweltministerium macht darauf aufmerksam, dass – anders als es über die Nachrichtenagenturen lief – das verbindliche 1,5 Prozent-Ziel sehr wohl weiterhin im Richtlinien-Entwurf bleibt und die Bundesregierung dieses Ziel auch in Brüssel unterstützt. Allerdings wird es ergänzt: Die Nationalstaaten sollen selbst entscheiden, wie sie die Vorgaben umsetzen wollen. Die Einsparziele der EU würden weiterhin unterstützt und auch nicht abgeschwächt.

„Wir wollen verbindliche Ziele und verbindliche Maßnahmen. Welche Maßnahmen das sind, darüber sollen die Mitgliedstaaten weitgehend selbst entscheiden können“, sagt Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

Von einer wirklichen Einigung zwischen Bundeswirtschafts- und Umweltministerium kann man also offenbar noch nicht reden…

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Die Bundesregierung will die Energiesparziele der EU abschwächen. Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) haben sich heute bei einem informellen Treffen darauf geeinigt, auf verbindliche Einsparvorgaben in der Energieeffizienz-Richtlinie zu verzichten.

Das Thema mag Sie vielleicht schon nerven – aber tut mir leid: Es ist wichtig. Denn schaut man die Klimaschutzziele der Bundesregierung an, dann gibt es nur zwei Wege, um sie zu erreichen: der radikale Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.

Brüssel will per Richtlinie den EU-Staaten verbindliche Einsparziele vorgeben, die Stromversorger sollen  jährlich 1,5 Prozent Energieeinsparung im Vergleich zum Vorjahr nachweisen. Am Donnerstag werden sich die EU-Energieminister in Brüssel treffen, um den Richtlinien-Entwurf zu besprechen. Deutschland wird dort nun mit wenig Ehrgeiz auftreten und konkrete Einsparvorgaben ablehnen.

Dass das 1,5-Prozent-Ziel nicht mehr verfolgt wird, ist ein Erfolg des Bundeswirtschaftsministerium, immer wieder hatte Minister Rösler es als „Planwirtschaft“ bezeichnet.

Auf Unverständnis stößt die Entscheidung der Bundesregierung bei ausgewiesenen Energieexperten. Hans-Joachim Ziesig ist einer von ihnen. Er ist nicht irgendwer, er ist der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, so etwas also wie der – salopp gesagt – „Graf Zahl der Energiewende“. Die AG Energiebilanzen erstellt jedes Jahr die Energiebilanz Deutschlands, ermittelt den Energieverbrauch und die Entwicklungen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Glaubt man Ziesig, dann ist die EU-Richtlinie nur eine kleine Maßnahme im Vergleich zum Großprojekt Energiewende in Deutschland. „Die Vorgaben der Effizienzrichtlinie reichen noch nicht einmal aus, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen“, sagt er. Das sei ein enormes Problem. „Deutschland hinkt in der Umsetzung aller seiner Klimaschutz-Ziele hinterher.“

 

 

 

Cleantech-Auszeichung für deutsche Firmen

Der britische Guardian hat heute die 100 innovativsten Cleantech-Firmen weltweit vorgestellt. Und tatataa: Sogar fünf deutsche Firmen haben es auf die Liste geschafft. Dazu zählen:

EnOcean  (batterielose Funktechnik)

O-Flexx Technologies (thermoelektrische Generatoren)

Heliatek (organische Solarzelle)

Soltecture (Ex-Sulfurcell, CIS-Solarmodule)

Compact Power Motors (Entwicklung von Elektromotoren)

Auch wenn ich mich für die Unternehmen freue, überrascht war ich doch. Nur fünf Prozent? Dafür, dass uns doch laufend von Wirtschafts- und Regierungsseite erzählt wird, wie innovativ deutsche Firmen seien, fand ich die Ausbeute doch gering. Die meisten Unternehmen stammen zurzeit aus den USA. Gerade aus einem Land, was zurzeit, salopp gesagt, auf Klimaschutz pfeifft. Verkehrte Welt!

 

 

 

 

Modernstes Gaskraftwerk der Welt am Netz

GuD-Kraftwerk Irsching, Copyright: E.On
GuD-Kraftwerk Irsching, Copyright: E.On

Im bayrischen Irsching wird heute das leistungsstärkste Gaskraftwerk der Welt eingeweiht. Das Gas-und Dampfkraftwerk (GuD-Kraftwerk) Ulrich Hartmann (benannt nach einem ehemaligen E.on-Vorstand, klingt fast ein wenig sozialistisch, oder?) kommt auf einen Wirkungsgrad von mehr als 60 Prozent:  In einem Probebetrieb erreichte die Siemens-Turbine, in der sechs Jahre Entwicklung stecken, im Frühjahr einen Wirkungsgrad von 60,75 Prozent, das ist Weltrekord. Im operativen Betrieb werden 60,4 Prozent erreicht.

Zum Vergleich: Ein altes Steinkohlekraftwerk wie etwa das RWE-Kraftwerk Ensdorf im Saarland kommt auf gerade einmal etwas mehr als 30 Prozent. Neue Steinkohlemeiler schaffen etwa 45 bis 46 Prozent. Rund eine halbe Milliarde Euro hat E.on in das GuD-Kraftwerk mit einer Leistung von 561 Megawatt investiert.

Warum sind solche neuen GuD-Kraftwerke so wichtig? Ohne sie wird es schwer, hierzulande die Energiewende zu realisieren.

Zum einen sind sie dank des hohen Wirkungsgrads effizienter – mit dem gleichen Input an Energie lässt sich in Irsching doppelt so viel Strom erzeugen wie etwa in Ensdorf. Braunkohlekraftwerk sind zudem weitaus klimaschädlicher, weil beim Verbrennen von Braunkohle etwa drei Mal so viel CO2 freigesetzt wird als bei Erdgas. Und vor allem sind GuD-Kraftwerke flexibel. Wenn Wind-und Sonnenstrom nicht ausreichen, können sie relativ schnell hochgefahren werden und Spitzenlasten ausgleichen.