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Solar: Ein Atomgigant bewegt sich

…ob  das Milliardengrab Olkiluoto den französischen Atomkonzern Areva zu diesem Schritt gebracht hat? In Finnland erweist sich ja der Bau des Atomkraftwerks als finanzieller Reinfall, die Kosten haben sich von drei auf etwa 5,3 Milliarden Euro verdoppelt. Areva gab nun jüngst bekannt, den kalifornischen Solarthermie-Spezialisten Ausra für geschätzte 200 Millionen US-Dollar (wie die britische Financial Times berichtet) zu kaufen.

Ausra stellt die Technik her, die eines Tages auch in dem Wüstenstrom-Projekt Desertec zum Zuge kommen könnte: Sonnenenergie wird mit Hilfe von Spiegeln auf eine Flüssigkeit wie etwa Öl gelenkt. Diese erhitzt sich dadurch und treibt in Turbinen Stromgeneratoren an. Erfahrung hat vor allem Solar Millenium mit diese Technologie, das deutsche Unternehmen hat in Spanien große Solarkraftwerke damit gebaut. Die Pläne von Areva sind ambitioniert – nicht weniger als ein „world leader in solar thermal energy“ will das Unternehmen werden.

Konkurrenz kommt allerdings von einem ehemaligen Weggefährten: Siemens, der sich inzwischen von dem französischen Partner lossagt und mit dem russischen Atomkonzern Rosatom anbandelt, hatte vergangenen Herbst das israelische  Solarthermie-Unternehmen Solel Solar für rund 418 Millionen US-Dollar gekauft.

Dass Konzerne wie Areva und Siemens auf Solarthermie setzen, ist kaum überraschend: Auch wenn der Brennstoff sich unterscheidet (Uran beziehungsweise Kohle versus Sonnenernergie): Die Technik ist den Unternehmen vertraut, es gibt riesige Dampfturbinen, Generatoren, mit dieser Großtechnologie haben die Firmen Erfahrung. Zudem gilt Solarthermie als einer der Wachstumsmärkte – nicht nur wegen Desertec.

 

Solar: Kürzung später – aber höher

Heute hat die Koalition getagt – und Schwarz-Gelb hat sich offenbar auf erste Kompromisse zur  Solarstrom-Förderung verständigt, meldet just die dpa. Danach soll die Förderkürzung für Solaranlagen auf Dächern erst zum 1. Juni greifen und damit zwei Monate später als von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) geplant. Allerdings sollen die Subventionen dafür in diesem Jahr um 16 statt um 15 Prozent sinken.

Nachtrag: Einen guten Überblick, was die Koalition entschieden hat, findet sich in der Financial Times Deutschland.

 

Bundesumweltminister Röttgen: viel Ziel, wenig Weg

Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist ein brillianter Redner. Gerade, wenn es um sein neues Themengebiet Energie und Klimawandel geht. Dann packt ihn die Leidenschaft. Mit betenden Dürer-Händen beschwört er die Zuhörer: „2010 ist das Jahr der energiepolitischen Grundsatz-Entscheidungen.“ Man nimmt ihm ab, dass die Klimaverhandlungen in Kopenhagen ihn beeindruckt haben.

Röttgen redet von Energierevolution, von Energiekonzepten, von Gerechtigkeitsfragen. Er will Ziele diskutieren, Ziele definieren. Das Ziel heißt „Das Zeitalter der erneuerbaren Energien einläuten“. Sagt Herr Röttgen.

Norbert Röttgen ist ein brillianter Zieldefinierer. Nur wie der Weg dorthin aussieht – das schweigt er. Viel Ziel, wenig Weg. Wie das energiepolitische Konzept, das die Bundesregierung im Herbst im Kabinett beschließen will, aussehen könnte, verrät er nicht, nicht einmal Andeutungen.

Also bleibt es an uns, aus den Taten der Bundesregierung Rückschlüsse zu ziehen. Da steht eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke. Die geplante Kürzung der Solarstromförderung. Das geplante Ende der Förderung von hocheffizienten Mini-KWK-Anlagen. Die geplante Kürzung der Forschungförderung für Photovoltaik.

Ist das der Weg, der zum Ziel führt?

 

Windbranche in Euphorie

„Es läuft super“, schwärmt der Pressesprecher des Bundesverbands Windenergie. Gerade hat die Branche die Zahlen für 2009 vorgestellt – und die Krise scheint mit einer Sturmböe weggeflogen zu sein: Knapp 1000 neue Windräder wurden in Deutschland neu installiert, ein Plus von 15 Prozent zum Vorjahr. Inzwischen stehen Anlagen mit einer Leistung von 25.770 Megawatt in Deutschland: Das ist Rekord – zumal es theoretisch der Leistung von etwa 18 Atomkraftwerken entspricht.

Die ersten Offshore-Räder stehen, endlich, in der Nordsee. Dass es so gut läuft, verdankt die Branche vor allem einer Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetz, das für 20 Jahre lukrative Vergütung für Windstrom garantiert. Seit 2009 fördert es ausdrücklich Offshore-Anlagen und den Ersatz alter Anlagen durch neue, leistungsstärkere (Repowering).

Schaut man sich allerdings den weltweiten Trend an, dann ähnelt das Bild arg der Solarbranche: Das große Wachstum passiert inzwischen in anderen Teilen der Welt. Die wichtigen Zukunftsmärkte sind China und die USA – in Deutschland findet vor allem Forschung und Entwicklung statt. Deutschlands Anteil am Weltmarkt wird von Jahr zu kleiner, inzwischen liegt er bei nur noch sechs Prozent.

Gerade China hat in den vergangenen Jahren den großen Sprung nach vorne gemacht und seit 2006 seine installierte Kapazität jedes Jahr verdoppelt. Gut für den Wettbewerb – doch für deutsche Windspezialisten auch ungewohnt: Firmen wie Enercon sind nicht mehr die unangetastete Nummer 1. Stattdessen sind es nun Unternehmen wie Goldwind, Dongfang oder Sinovel. Das Verrückte ist nur: Es sind Unternehmen, die mit deutschem Know-How groß geworden sind. Goldwind, Chinas ätester Windanlagenbauer und Marktführer, kaufte sich vor allem Lizenzen ein. In erster Linie beim deutschen Windanlagenbauern Jacobs Energie.

 

Investoren-Liebling „Better Place“

Draußen herrscht Wirtschaftskrise – und die Jungs von Better Place, dem amerikanischen Autobatterie-Spezialisten, haben es trotzdem geschafft, 350 Millionen US-Dollar Wagniskapital einzusammeln, wie die New York Times vermeldet. Nach Einschätzung von Branchenexperten hat kein Cleantech-Untenehmen bislang soviel Risikokapital am freien Markt erhalten können. Noch immer scheuen sich gerade private Geldgeber vor zuviel Engagement, zu unklar sind derzeit die politischen Rahmenbedingungen für die CO2-freie Wirtschaft. Better Place will weltweit ein Netz für Elektroauto-Ladestationen aufbauen, in Israel und Dänemark haben die Vorbereitungen begonnen, Renault hat seine Unterstützung bereits angekündigt.

Da passt es ganz gut, dass Bundesumweltminister Norbert Röttgen heute die Aktionswoche „Klima und Finanzen“ eröffnet. Er will mehr privates Kapital für den Klimaschutz mobilisieren, von 40 Milliarden Euro jährlich ist die Rede, damit Europa sein Ziel, die CO2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren, erreichen kann. Klingt viel . Klingt teuer. Aber wie hat schon Lord Stern gesagt: Wenn wir nichts gegen den Klimawandel tun, wird´s noch teurer.

 

Chinas Sonnenkrieger

Rainer Brüderle, unser gut gelaunter FDP-Wirtschaftsminister, hat heute auf der Handelsblatt-Energietagung angekündigt, dass er sich eine Absenkung der Solarstrom-Förderung um 16 bis 17 Prozent gut vorstellen könnte. Damit nähert er sich den Plänen an, die seit Tagen im Bundesumweltministerium kursieren. Die Kürzung wird also wohl kommen – und sicherlich in China nicht gerade für gute Laune sorgen. Dort kann ja schließlich sogar Dr. Shi, der Gründer des weltgrößten Modulherstellers Suntech, das Wort „Einspeisevergütung“ inzwischen akzentfrei aussprechen.  Das schreibt zumindest FTD-Reporter Claus Hecking heute in seiner lesenswerten Agenda über die chinesische Solarbranche.

 

Solar: Mehr Innovation, bitte!

Für die deutsche Solarwirtschaft wird´s  diese Woche wohl duster: Die neue Bundesregierung erarbeitet zurzeit die Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz. Schon zum 1. April – früher als gedacht – sollen wohl die Vergütungssätze für Solarmodule einmalig um 16 bis 18 Prozent sinken. Die Politik fürchtet eine Überförderung: Schließlich erhält Solarstrom die höchste Förderung überhaupt, die Preise für Solaranlagen sind aber in den vergangenen Monaten eingebrochen. In der Branche herrscht Panik angesichts der Pläne aus Berlin: Von einem Verlust von 50.000 Arbeitsplätzen warnt der Bundesverband Solarwirtschaft.

Vielleicht sollte man sich aber in diesem Zusammenhang mal eine interessante Zahl anschauen: Wieviel Prozent investiert eigentlich die deutsche Solarbranche in Forschung und Entwicklung. Das ist doch schließlich der Treiber für neue Produkte, aber natürlich auch für Kostensenkungen.

Es waren im Jahr 2008  gerade einmal knapp 1,5 Prozent des jährlichen Branchenumsatzes, schaut man sich die Zahlen des Bundesverbands Solarwirtschaft an. Das ist schlicht zu wenig. Allein der Mobilfunkgigant Nokia investiert rund 9,5 Prozent seiner Nettoumsätze in die Forschung. Gerade in der Halbleiterbranche sind die Innovationspotenziale enorm. Und am Ende kommen günstigere Solarmodule nicht nur dem Stromkunden zu gute. Sondern sie sorgen auch dafür, dass Solarstrom genauso und sogar noch günstiger als Kohle- und Atomstrom ist. Und das ist schließlich auch das Ziel der Solarbranche. Zumindest sagt sie das…

 

Telekom schielt auf die Energiewende

Deutschlands Telefongigant Telekom will den Anschluss an die Zukunft nicht verpassen. Zusammen mit dem Schweizer Automations-Spezialisten ABB will die Großkundensparte T-Systems im großen Stil ins Geschäft mit intelligenten Stromzählern einsteigen, meldet am Mittwoch Spiegel online.

Über die neuen, digitalen Stromzähler hat ZEIT ONLINE ja schon öfter berichtet – insbesondere auch über das Datenschutzproblem. Die so genannten smart meters sind eine Schlüsseltechnologie beim Umbau der Stromnetze. Sie sollen das steigende Angebot an schwankendem Ökostrom aus Wind- und Sonnenenergie und die Stromnachfrage harmonisieren. So könnte es eines Tages günstige Stromtarife geben, wenn besonders viel Windstrom im Netz ist. Oder Waschmaschinen, die sich bei Sturm automatisch anschalten. Doch soviel Flexibilität ist bislang nicht möglich, es fehlen attraktive und flexible Stromtarife. Und um die anzubieten, braucht man neue Stromzähler im Keller.

Dass die Telekom in das Geschäftsfeld einsteigt, macht absolut Sinn. Als Ex-Monopolist kennt sie das deutsche Datennetz wie kein anderes Unternehmen. Und Strom- und Telekommunikationsleitungen werden sich in Zukunft noch enger miteinander vernetzen. Das zeigen die zahlreichen smart-meter Pilotprojekte, in denen Haushaltskunden ihren aktuellen Energieverbrauch (Strom) per Internet (Telekomunikation) abfragen.

Völlig offen ist allerdings, ob die IT-Branche oder doch die Energieversorger in dem Segment das Rennen machen. Denn was der Telekom fehlt, ist der Strom. Den haben die Energieversorger. Und die bieten allesamt – bislang allerdings oft als Modellprojekte – die digitalen Zählerboxen an. Der norddeutsche Versorger EWE spielt hier sogar eine ungewöhnliche Sonderrolle. Er hat von Anfang an seinen Kunden nicht nur Strom, sondern auch Telefon bzw. Internet verkauft – das könnte sich inzwischen als Wettbewerbsvorteil erweisen. Andere Energieversorger wie etwa RWE (o.tel.o)  hatten sich Ende der 90er von den Telekommunikationssparten getrennt. Bei den aktuellen Entwicklungen könnten sie dies heute bereuen.

 

Die neuen Sonnenprinzen aus Bayern

Bislang hat sich das  Fürstenhaus von Thurn und Taxis kaum als aktiver Klimaschützer einen Namen gemacht. Das soll sich jetzt ändern: Die Bayern planen bei Straubing den weltgrößten Solarpark. Rund 115 Millionen Euro wollen sie investieren. Die Kapazität soll bei 65 Megawatt liegen, das Modulfeld wäre so groß wie 280 Fußballfelder. Dank der EEG-Vergütung kalkuliert Thurn und Taxis mit einer attraktiven Verzinsung seines Investments. Doch die enormen Ausmaße des Parks stoßen auf Widerstand. Die Bürger vor Ort fürchten um ihre Heimat, Unterschriften werden gegen den Solarpark gesammelt.

Ob das Investment aufgeht? Schwarz-Gelb hat eine Kürzung der Förderung angekündigt. Zu hoch sei die Solarstromförderung angesichts der sinkenden Preise für Module. Die Pläne werden jetzt konkret. Mitte Januar sollen die Gespräche mit dem Bundesverband Solarwirtschaft, Verbraucherschützern und dem Bundesumweltministerium beginnen.

Und die werden wohl verlaufen wie Tarifverhandlungen: Die Solarbranche will nicht zu stark absenken, die Verbraucherschützer dagegen umso mehr. Branchenvertreter haben bereits angekündigt, die jährliche Senkung der Förderung vorzuziehen. Das heißt, die Vergütung von Solarstrom könnte im kommenden Jahr um mehr als die vorgesehenen neun Prozent niedriger ausfallen. Wer dieses Jahr eine Solaranlage in Betrieb genommen hat, erhält für jede eingespeiste Kilowattstunde Solarstrom 43 Cent. Wer die Anlage erst im kommenden Jahr ans Netz bringt, bekommt dagegen nur noch 39,5 Cent (sprich neun Prozent weniger).

Zwar liegt die Vergütung bei Freiflächenanlagen wie der von Thurn und Taxis geplanten etwas niedriger. Aber sie ist immer noch so lukrativ, dass das Fürstenhaus auf eine schnelle Entscheidung drängt.

Die EEG-Förderung sorgte übrigens im vergangenen Jahr trotz Krise für einen kleinen Solarboom in Deutschland. Das Branchenmagazin Photon rechnet damit, dass Anlagen mit einer Kapazität von insgesamt bis zu vier Gigawatt neu ans Netz gingen. Was in absoluten Zahlen erst einmal enorm klingt, relativiert allerdings eine Mitteilung des BDEW am Montag. Der Solarstrom-Anteil an der Stromerzeugung lag 2009 bei einem Prozent. Und daran wird auch der fürstliche Solarpark wohl nichts ändern.

 

Das Meer als neuer Klimaretter

Zwei Arten von Klimaschützern haben dieser Tage das Meer neu entdeckt. Da ist auf der einen Seite die Europäische Union, die gerne die gesetzlichen Vorgaben dafür schaffen möchte, das Klimagas Kohlendioxid nun auch im Meeresboden und nicht nur im Festland zu verpressen. Dafür hat die EU beschlossen, das sogenannte OSPAR-Abkommen zu ändern (OSPAR steht übrigens für „Abkommen zum Schutz der Meere des Nordatlantiks“).  Den Meeresschutz sehen Umweltschützer mit der Vorlage allerdings nicht mehr gewährleistet, im Gegenteil:

„Wir brauchen im Nordostatlantik keine großtechnische Anwendung von CCS und damit verbundene Milliardensubventionen in Kohlekraftwerke mit CCS-Technologie.“

heißt es in einem aktuellen Antrag der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Grünen befürchten eine gefährliche Versauerung des Meereswassers. Unterstützung bekommen sie von prominenter Seite:  Das Umweltbundesamt spricht sich bereits seit längerem gegen das Abscheiden von Kohlendioxid in Kohlekraftwerken und Verpressen (CCS) im Meeresboden aus – auch wenn Staaten wie Norwegen dies bereits seit Jahren im großen Stil praktizieren. Man solle besser auf Energieeffizienz statt auf Kohlekraft setzen.

Das Meer als Klimagas-Halde? Vor Schottland will man einen anderen Weg gehen. Dort experimentiert das  Unternehmen Pelamis seit Jahren mit Wellenkraftwerken. Riesige Stahlrohrschlangen, ausgelegt auf der Wasseroberfläche, fangen die Wellenenergie ein und treiben Hydraulikgeneratoren an, die Strom erzeugen.

Bislang krebste Pelamis jedoch vor sich hin, eine erste Mini-Pilotanlagen vor der Küste Portugals mussten die Schotten Anfang des Jahres wieder abbauen, zu groß waren die technischen Herausforderungen. Das könnte sich jetzt ändern: Der schwedische Versorger Vattenfall, einer der größten Stromkonzerne Europas, gab jetzt bekannt, bei Pelamis einzusteigen und das erste Wellenkraftwerk vor den Shetland Inseln zu bauern. Nun gut, es ist eine Pilotanlage mit gerade einmal 20 Megawatt – das sind vier Offshore-Windräder, wie sie sich zurzeit vor Borkum drehen. Aber Fachleute schätzen die Entwicklungsmöglichkeiten von Wellenenergie als enorm ein.

Vattenfall gehört übrigens zu den Unternehmen, die auch  von der staatlichen CCS-Förderung profitieren. Während der Konzern nun vor Schottland auf klimafreundlichen Strom aus Wellenenergie setzt, vor den Küsten Schwedens und Dänemarks seit Jahren riesige Windfarmen betreibt, entwickelt es im ostdeutschen Jänschwalde ein CCS-Demonstrationsprojekt. 180 Millionen Euro EU-Förderung kassiert es für sein „klimafreundliches Kohlekraftwerk“.