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Wind versus Atom – Zinsen und CO2-Preis entscheiden

Ich gestehe, als ich die Überschrift las, wollte ich die neuste Studie der Internationalen Energie Agentur zur Seite legen: Projected Cost of Generating Electricity – puh, das klingt nach hartem Stoff. Aber der Inhalt ist doch interessant. Die Studie vergleicht die wichtigsten Energieträger Atom, Kohle, Gas und Erneuerbare Energien und fragt: Wieviel kostet es jeweils, eine Megawattstunde Strom herzustellen? 200 Kraftwerke weltweit hat sie dafür verglichen.

Pah, sagen Sie vielleicht: Die Erneuerbaren haben doch sicherlich am Ende die Nase vorn. Am Anfang hat man hohe Investitionskosten in ein Windrad oder eine Solarzelle. Aber „in the long run“ spart man sich den Einkauf von teurer Kohle oder Gas – und das macht sie wettbewerbsfähig.

Die Studie kommt zu einem anderen Schluss: Die Technologien lassen sich nicht so einfach gegeneinander ausspielen. Denn zwei Faktoren beeinflussen das Kostenkalkül: Wie hoch sind die Zinsen und wie hoch ist der Preis für eine Tonne Kohlendioxid?

Die IEA hat zwei Szenarien durchrechnen lassen. Für beide unterstellt sie einen CO2-Preis von 30 US-Dollar (aktuell liegt er bei umgerechnet etwa 17 Dollar). Im ersten Szenario unterstellt sie einen niedrigen Zinssatz von fünf Prozent. In diesem Fall sind Technologien wie Atomkraft und Kohlekraftwerke mit der Abscheidung von Kohlendioxid (CCS) am günstigsten – kaum überraschend, schließlich gehören sie auch zu den kapitalintensivsten Technologien.

Im zweiten Szenario unterstellt die IEA einen Zinssatz von zehn Prozent. Sich Geld zu beschaffen, kostet also mehr. In diesem Fall stellen einfache Kohlekraftwerke ohne CCS und Gasturbinen am günstigsten Energie bereit.

Bei den erneuerbaren Energien – die Studie schaut sich vor allem Windanlagen an Land an – ist die IEA etwas zurückhaltend. Hier käme es sehr auf die örtlichen Begebenheiten an. Allerdings attestiert sie in einigen Regionen Wind- und Wasserkraft schon heute die Wettbewerbsfähigkeit.

Was ist nun von der Studie zu halten? Interessant ist, dass sie explizit sagt, dass kein Energieträger grundsätzlich einen Vorteil hat. Auffällig ist allerdings, wie sehr sich die Studie doch mit Atom- und Kohlekraft auseinandersetzt und sich vor allem mit deren Wettbewerbsfähigkeit beschäftigt. Vielleicht aber auch nicht überrschend. Die Atomsparte der OECD hat ebenfalls an der Studie mitgearbeitet. Und unter den beratenden Experten findet sich viel Know-How aus dem Bereich konventioneller Energie und der Atombranche, wenig allerdings aus der Ökostrombranche.

 

China führt grüne Energien an

Wie kein anderes Land investiert China zurzeit in saubere Energien. Das zeigt eine neue Studie des amerikanschen Pew Charitable Trust in Kooperation mit Bloomberg. Gleich doppelt so viel wie die USA hat China im vergangenen Jahr in Green Tech gesteckt: 34,6 Milliarden US-Dollar. Deutschland wird in der Studie – mal wieder – gelobt. Dank seiner umfassenden Gesetzgebung (EEG)  und der Emissionsziele sei der Umwelttechnologiesektor hier besonders robust.

 

US-Gesundheitsreform als Treiber für Klimaschutzgesetz

Glaubt man Philip Murphy, dem amerikanischen Botschafter in Berlin, und Energieexperte diesseits und jenseits des Atlantiks, dann könnte die heute geglückte Gesundheitsreform von Präsident Obama einen ungeahnten Nebeneffekt haben: Sie erweitert die innenpolitischen Möglichkeiten der Demokraten, ein Klimaschutzgesetz doch noch bis zum Herbst über die Bühne zu bringen.

Warum? Der enorme Druck auf die Demokraten und Obama, endlich einen Erfolg vorzuweisen und ein angekündigtes Reformvorhaben umzusetzen, hat mit der verabschiedenten Gesundheitsreform nachgelassen. Das erweitere die politischen Spielräume, sind Murphy und andere Politiker auf den Deutsch-Amerikanischen Energietagen überzeugt. Wenn man einmal etwas geschafft hat, spornt das für das nächste Projekt an.

Etwas weniger euphorisch ist allerdings  das US-Blog Grist: Seinen Platz in der Geschichte hat Obama mit der Health Reform Bill nun sicher – dafür braucht er kein Klimaschutzgesetz mehr. Und vielleicht werden die Republikaner nun alles versuchen, dem Präsidenten einen weiteren Erfolg zu vermiesen…

 

Kohlegegner wettern gegen E.On

Und dabei war E.On so stolz auf seine Zahlen. „E.On trotzt Wirtschaftskrise mit stabilem Ergebnis“ titelte der Energiekonzern heute morgen um acht Uhr seine Geschäftszahlen für 2009. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuer lag bei 9,6 Milliarden Euro. E.On werde auch weiterhin in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren, hieß es in der Mitteilung. Die großen Windpark-Projekte in den USA und Europa und der Einstieg in Solarenergie seien nur der Anfang.

Es dauert genau zwei Stunden, da kommt prompt die Antwort aus dem Lager der E.On-Kritiker. Zuerst Oxfam:

„E.On ist mit seinem aus Kohlekraft erzeugten Strom für 40 Millionen Tonnen CO2-Emission pro Jahr in Deutschland verantwortlich. Das ist die Menge, die Norwegen oder Bangladesch jährlich ausstoßen.“

Und wenig später die Klima-Allianz:

Der heute veröffentlichte E.ON-Geschäftsbericht 2009 verschleiert nicht nur die Verantwortung des Unternehmens für den Klimawandel, sondern auch zentrale Unternehmensrisiken. Neue Kohlekraftwerke blockieren die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien.“

Nebenbei gibt es noch ein paar interessante Zahlen: Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland sieben geplante Kohlekraftprojekte abgesagt, so die Klima-Allianz. E.On will weiterhin vier Kohlekraftwerke in Deutschland bauen und kämpft zurzeit für sein Kohlekraftwerk in Datteln, eines der größten Kraftwerke in Europa. Ein Gericht hatte im Herbst einen Baustopp verfügt.

Und noch eine Zahl zum E.On Strommix: Ziehe man die Wasserkraft ab – schließlich stammt sie aus längst abgeschriebenen Kraftwerken – komme E.On auf einen Ökostrom-Anteil von gerade einmal ein Prozent, so die Klima-Allianz…



 

Die neuen Freunde des Offshore-Windstroms

„Friends of the Supergrid“ – das klingt doch mal nett, oder? Dass sich dahinter eines der größten Infrastrukturprojekte Europas verbergen wird, glaubt man kaum. Das Supergrid soll ein Verbund von Stromautobahnen in Europa sein: Offshore-Windstrom von der Nordsee soll genauso darüber transportiert werden wie Solarstrom aus Portugal. Anschauungsbedarf? Dieses kleine Video gibt einen ersten Überblick (wenn auch in Englisch):

Gestern präsentierten zehn Unternehmen in London erstmals ihre Pläne für das Supernetz, darunter der französische Atomgiganten Areva (der sich inzwischen auch für Solarkraftwerke interessiert), Siemens und Hochtief.

Was die Initiative genau vorhat, das allerdings bleibt noch unklar. In erster Linie klingt es danach, dass sich die Unternehmen einfach so früh wie möglich positionieren wollen: First come, first served. Und offenbar soll es ein äußerst exklusiver Kreis bleiben: Gerade einmal zwanzig Unternehmen sollen maximal mitmachen dürfen…

 

Viel zu wenig Ökostrom-Projekte in Afrika

Dass Afrikas Potenzial für Ökostrom enorm ist, bezweifelt ja längst niemand mehr – erst recht nicht, seitdem Desertec sich anschickt, in Nordafrika Wind-und Solarenergie im großen Stil zu produzieren und nach Europa zu exportieren.

Doch bislang passiert auf diesem riesigen Kontinent kläglich wenig. Das zeigt eine neue Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), die analysiert, wieviele CDM-Projekte es inzwischen dort gibt. CDM steht für Clean Development Mechanism und ermöglicht Industrieländern, in Klimaschutzprojekte in ärmeren Ländern zu investieren, um ihre eigene CO2-Bilanz zu verbessern. Das können Windfarmen sein, aber auch Wiederaufforstungsprojeke oder Biogas-Anlagen auf Mülldeponien.

Von den 4890 CDM-Projekten, die es zurzeit weltweit gibt bzw. geplant werden befinden sich gerade einmal 122 in Afrika. Man findet sie in den üblichen Staaten, in Südafrika, Kenia und Uganda. Zu den vielen Staaten, die noch keines haben, gehört kaum überraschend u.a. Äquatorialguinea, eines der korruptesten Länder der Welt, das seine Milliarden mit Erdöl verdient.

UNEP-Chef Achim Steiner glaubt, dass es vor allem nationale Politiken sind, die ein Wachstum im grünen Bereich anstoßen. So hat Kenia seit kurzem eine Einspeisevergütung ähnlich dem deutschen Erneuerbaren-Energien-Gesetz. Das macht das Land inzwischen für Investoren aus dem Ausland attraktiv. Zurzeit plant Kenia am See Turkana Afrikas größte Windfarm, ein 300 Megawatt-Projekt, das mehr als ein Fünftel der Energieversorgung des Landes stemmen soll.

 

CO2-Emissionshandel in den USA vor´m Aus

Keine guten Nachrichten aus den USA. Glaubt man dem republikanischen Senator Lindsey Graham, dann wird es in den USA wohl keinen Emissionshandel geben. Der Politiker erklärte gestern: „Die Emissionshandelsgesetze im Repräsentantenhaus und im Senat sind tot. Das Konzept des Emissionshandels wird ersetzt.“

Graham kommt eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen über das stockende Klimaschutzgesetz zu. Er ist eine der wenigen Personen aus dem Lager der Republikaner, die das Gesetz bislang unterstützten. Seit Wochen arbeitet er  im Senat an der Seite des Demokraten John Kerry an einem Kompromissvorschlag.

Interessante Einschätzungen zur aktuellen Entwicklung finden sich auch im Blog von Arne Jungjohann.

 

Evonik plant größten Windstrom-Speicher der Welt

Die Mega-Batterie von Evonik (Copyright: Li-Tec Battery GmbH)

So sieht sie also aus, die Mega-Batterie, die Evonik heute vorgestellt hat. Das Unternehmen will damit in den Zukunftsmarkt Ökostrom-Speicher einsteigen. Die Speicherkapazität wird etwa 700 Kilowattstunden betragen können. Die Batterie soll etwa so groß wie ein Schiffscontainer werden. Nach Tests soll die Kapazität in wenigen Jahren auf etwa 10 Megawatt wachsen. Jede Anlage könnte so mehrere tausend Haushalte mit Strom versorgen. Ohne solche Mega-Speicher für schwankenden Solar-und Windstrom wird die Energiewende nicht klappen.

 

Das Schlupfloch der Solarstrom-Branche

Heute hat ja das Kabinett Grundzüge der zukünftigen Solarstrom-Förderung entschieden. Die Große schwarz-gelbe Koalition hat sich darauf verständigt, dass die Förderung erst im Juli und damit drei Monate später als ursprünglich vorgesehen gekürzt werden soll. Damit kann die Industrie noch auf einen Auftragsboom hoffen. Für Solaranlagen auf Dächern wird die Förderung um 16 Prozent gekürzt. Die Solarstrom-Sätze sollen ja reduziert werden, weil die Politik eine Überförderung befürchtet.

Glaubt man den Spezialisten des Solarstrom-Magazins Photon, sieht die Geschichte etwas anders. Denn die Koalition will ausdrücklich den Eigenverbrauch stärken – und das frisst die geplante Kürzung zum Teil wieder auf. Jeder Solaranlagenbesitzer, der Strom nicht ins öffentliche Netz einspeist, sondern selbst verbraucht, soll einen zusätzlichen Nutzen von acht Cent haben: Er kassiert zum einen eine Eigenverbrauchs-Vergütun (die zurzeit 22 Cent beträgt, aber bislang kaum genutzt wird) und muss zudem keinen Strom von außen mehr einkaufen.

Dank dieser neuen Eigenverbrauchsregelung werden Solaranlagen trotz offizieller Kürzungen attraktiv für Investoren – Photon rechnet auf jeden Fall mit einem starken Nachfrageplus. „Durch den Trojaner Eigenverbrauch wird die Kürzung der Förderung in vielen Fällen nur maximal neun Prozent betragen statt der ankündigten 16 Prozent“, sagt Photon Chefredakteurin Anne Kreutzmann.