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Merkel vergisst Klimapolitik beim Zukunftsgipfel

Spargipfel, Bildungsgipfel, Zukunftsgipfel: Die Bundesregierung hängelt sich zurzeit ja von Gipfeltreffen zu Gipfeltreffen. Heute nachmittag gibt´s mal wieder einen: Bundeskanzlerin Angela Merkel lädt Wirtschaftsvertreter und Gewerkschaftler zum „Zukunftsgipfel“ auf Schloss Meseberg. Aber schaut man sich die Themen der Tagesordnung an, dann klingt das reichlich desillusionierend: Vor allem Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften wurden eingeladen, die alternde Gesellschaft und wirtschaftspolitische Themen sollen sie diskutieren.

Typisch: Energie- und Klimapolitik findet in dieser Koalition de facto nicht mehr statt. Vorbei die Zeiten, als sich Merkel auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm als Klimakanzlerin präsentierte. Wir sind wieder bei der typischen Trennung von Wirtschafts- und Klimapolitik. Beide werden gegeneinander ausgespielt.

Das zeigt auch das jüngste Gutachten aus dem Hause des Bundeswirtschaftsministers Brüderle: Erst gestern stellte er eine Studie vor, die zu dem Schluss kommt, dass ein ambitioniertes CO2-Klimaschutzziel (minus 40 Prozent bis 2020 auf EU-Ebene) zu einem BIP-Verlust von 0,9 Prozent führen würde.

Dabei könnten vor allem Mittelständler von einer aktiven Politik profitieren, die Umwelttechnologien fördert. Denn es kommt auf eine smarte Umverteilung der Steuergelder an. Kurz vor dem Spargipfel hat etwa das Umweltbundesamt aufgezeigt, welche Steuerbeträge sich durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen sparen ließen: 48 Milliarden Euro wären das. Wohlgemerkt: Jahr für Jahr. Und dann sage noch jemand, dass für Umwelt- und Klimaschutz kein Geld da sei…

 

Deutsche Firmen bauen weltgrößten Offshore-Windpark „Gwynt y Môr“

Während hierzulande über die Zukunft der Atomkraft gestritten wird – interessanterweise redet ja kaum noch jemand über die Zukunft der erneuerbaren Energien – entsteht vor der Küste von Nordwales der größte Offshore-Windpark aller Zeiten. „Gwynt y Môr“ (walisisch: Wind im Meeer) soll eine Kapazität von rund 576 Megawatt besitzen – das kommt einem kleinen Kohlekraftwerk schon ganz nahe. 160 Windräder werden sich im Meer drehen – sie benötigen allein eine Fläche von 79 Quadratkilometer. In vier Jahren schon soll der Windpark fertig sein. Rund zwei Miliarden Euro wird er kosten, gaben heute RWE Innogy, die Stadtwerke München und der Turbinenbauer Siemens bekannt.

Es ist wirklich eine interessante Konstellation, die sich da für die Windkraft begeistert. RWE Innogy ist die Ökostrom-Sparte von RWE. Sie setzt gezielt auf große Ökostrom-Projekte, egal ob Windparks oder Biogasanlagen. Hauptsache „big“. Dazu kommt Siemens, Weltmarktführer bei Offshore-Windturbinen. Zwar baut Siemens noch keine 5-Megawatt-Turbinen, wie sie sich seit kurzem in der Nordsee drehen. Aber ihre 3,6 Megawatt-Anlage hat sich weltweit etabliert. Siemens setzt inzwischen ganz gezielt auf den britischen Markt und will in UK sogar eine eigene Fertigung eröffnen, wie das Unternehmen vor kurzem mitteilte.

Und dann sind da noch die Stadtwerke München, die 30 Prozent an dem Offshore-Gemeinschaftsunternehmen halten. Eigentlich ein Gegenspieler zum RWE-Konzern , schließlich setzen die Stadtwerke ausdrücklich auf lokale Versorgung und sträuben sich gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. In Großbritannien mischen die Münchner aber mit, weil sie ihre Ökostrom-Ziele realisieren wollen. Und die sind ambitioniert:

„Bis 2015 wollen wir soviel Ökostrom in eigenen Anlagen erzeugen, dass damit alle rund 800.000 Münchner Privathaushalte versorgt werden könnten. Bis 2025 wollen wir sogar den gesamten Münchner Strombedarf decken können und damit weltweit die erste Millionenstadt sein, die dieses ehrgeizige Ziel schafft.“

Mit „Gwynt y Môr“ kommen die Stadtwerke ihrem Ziel einen gewaltigen Schritt näher. Jetzt müssten sie eigentlich nur noch ihre 25-Prozent-Beteiligung am E.on-Atomkraftwerk Isar loswerden. Erst Anfang des Jahres hatten sie sich gegen eine Laufzeitverlängerung ausgesprochen.

 

Zu schnelles Wachstum lässt Windindustrie in China überhitzen

… machmal dauert es ja einige Tage, bis ein guter Artikel wirklich angemessene Resonanz findet (erst recht, wenn der Text aus China stammt.)  Deswegen will ich hier einmal kurz Werbung für Lu Zhenhua machen, einen Reporter vom chinesischen 21st Century Business Herald, der gerade einen Umweltjournalismuspreis des Guardians gewonnen hat. Sein  – nun gut, recht ausführlicher – Report deckt eine Blase in der chinesischen Windindustrie auf. Die Branche wächst ja seit Monaten nahezu unglaublich. Werden alle Projekte realisiert, würde allein die Provinz Gansu bald mehr Elektrizität produzieren als der bekannte Drei-Schluchten-Staudamm.

Doch inzwischen ist allerdings von einer nationalen Windblase die Rede, schreibt Lu Zhenhua. Und selbst der Chef des chinesischen Windenergie-Verbands würde das nicht mehr leugnen und von Überhitzung sprechen. Denn schließlich hofften alle Investoren auf staatliche Subventionen und lukrative Einspeisevergütungen. Ob sich die Investitionen tatsächlich rechnen, sei ein Pokerspiel.

 

Rem Kolhaas denkt Europa neu

Copyright: OMA

Okay, bislang sagte mir der niederländische Architekt Rem Koolhass nur etwas, weil er unter anderem den neuen Hauptsitz des staatlichen Fernsehsenders CCTV in Peking gebaut hat. Nun gut, und weil er einfach berühmt ist für seine futuristischen Gebäude weltweit. Jetzt hat sein Architektenbüro OMA ein neues Projekt vorgestellt, die Roadmap 2050. Es ist eine Vision für ein Europa, das sich voll mit erneuerbaren Energien versorgt. ENEROPA nennt sein Büro den neuen Kontinent. Das Zeitalter der Einzelstaaten ist vorbei, stattdessen leben wir Geothermien, aus Italien wird Solaria und das ehemalige Habsburger Reich wird zu Biomassburg. Die neue Landkarte ist übrigens Teil der Roadmap2050, einer Initiative der European Climate Foundation, an der auch McKinsey mitarbeitet. Egal, ob Prophezeiung oder Provokation: Gut zu haben, attestiert der Guardian ENEROPA.

 

Auch die Ostsee bekommt ihren 1. Windpark

Eine flotte Meldung aus der Windsparte. Vor einigen Tagen wurde ja mit viel Pomp der erste deutsche Offshore-Windpark in der Nordsee eröffnet. Jetzt zieht die Ostsee nach. Heute hat der Energiekonzern EnBW dort den Grundstein für Baltic 1 gelegt, einen Windpark mit einer Leistung von 50 Megawatt. Das 48-Millionen Euro-Projekt liegt vor der Halbinsel Darß-Zingst.

Im Gegensatz zu E.On und Vattenfall hat EnBW noch nicht so viel Erfahrung mit Offshore. Erst 2008 ist das Unternehmen in das Geschäftsfeld eingestiegen. Vier Parks mit einem Investitionsvolumen von rund 3 Milliarden Euro wollen die Baden-Württemberger in den kommenden Jahren realisieren, zwei in der Ostsee und zwei in der Nordsee.  Mal schauen, wie es mit solchen Plänen aussieht, wenn es zur Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke kommt. Vier Meiler betreibt nämlich EnBW – und produziert so allein die Hälfte des Strombedarfs von Baden-Württemberg.

 

Google investiert in Windfarm

Dass Google viel mehr als eine Suchmaschinenfirma ist, deutete sich ja schon Anfang des Jahres an, als sich der Konzern  eine Lizenz als Stromhändler besorgte. Jetzt hat das Unternehmen mehr als 38 Millionen US-Dollar in die Hand genommen und in zwei Windparks in den USA investiert. 169,5 Megawatt Leistung haben die zwei Windpark in North Dakota, etwa 55.000 Haushalte können damit versorgt werden. Es ist nicht das erste Öko-Engagement, Google hat bereits in kleine, aufstrebende Solarfirmen und Erdwärme-Projekte investiert.

Aber warum? Laut Wall Street Journal wird der Ökostrom nicht genutzt, um die gigantischen Server des Unternehmens zu versorgen. Für Google ist es offenbar vor allem ein gutes Geschäft, denn der Konzern kann dank des Investments leichter Steuern absetzen. Und für´s Image ist es sicherlich auch nicht schlecht…

 

Förderstopp für Solarkollektoren

Warum soll man im Sommer teures Gas dafür verschwenden, um das Duschwasser zu erwärmen – wenn draußen doch die Sonne umsonst scheint? Das ist – nun gut, a bisserl vereinfacht gesagt – die Idee von Solarkollektoren. Sie erzeugen warmes Wasser und nicht Strom. Ihre Installation auf dem Dach ist unkompliziert, bewährte Technik, alles für den Eigenverbrauch. Ein sinnvoller Beitrag zum Klimaschutz.

Findet die Bundesregierung eigentlich auch. Doch gestern hat der Bundestag beschlossen, dass die Förderung von Solarkollektoren, Biomasseheizungen und Wärmepumpen in diesem Jahr gestoppt wird. 115 Millionen Euro Förderung fallen weg. Ein erneuter Rüffel für die erneuerbaren Energien. Auch Klimaschutzprojekte in den Kommunen sind betroffen.

Dabei war das Programm ein Renner. Allein im vergangenen Jahr wurden 253.000 Anträge bewilligt. Und jeder Euro ist gut investiert. Die 115 Millionen Euro lösen nach Angaben des Bundesumweltministeriums Investitionen in Höhe von 900 Millionen Euro aus.

Da kann man doch nur noch erstaunt sein, oder? Das Bundesumweltministerium hatte sich monatelang gegen einen Förderstopp gewehrt. Erneut wird Minister Röttgen ausgebremst – wie schon bei der Berechnung der Laufzeitverlängerungen für das Energiekonzept.

Dabei sind doch selbst im Koalitionsvertrag ambitionierte Klimaschutzziele festgehalten. Doch mit einer solchen unkoordinierten Energie- und Klimaschutzpolitik wird das wohl nichts. Die Solarstrom-Förderung wird gekürzt, Marktanreizprogramme laufen aus, Energieeffizienz-Standards werden völlig unambitioniert umgesetzt, der gestrige Elektroauto-Gipfel ist vor allem eine PR-Veranstaltung. Aber die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke – die steht…

 

USA genehmigen 1. Offshore-Windpark

Nu also auch die Amis. Gestern hat die US-Regierung den ersten Offshore-Windpark namens „Cape Wind“ in amerikanischen Gewässern genehmigt. Gleich 130 Windrädern mit einer Leistung von rund 468 Megawatt sollen sich vor dem idyllischen Cape Cod an der Ostküste bald drehen. Nur zum Vergleich: Diese Woche ging Deutschlands erster Windpark mit zwölf Rädern offiziell ans Netz (hier eine tolle Fotostrecke von Alpha Ventus).
Einfach war das Genehmigungsverfahren in den USA nicht. Cape Cod ist der Sitz der Reichen und Schönen an der Ostküste. Die Kennedy-Familie hatte sich gewehrt, ebenso eine einflussreiche Industriellenfamilie und Tourismusvertreter, schreibt der Guardian.

US-Präsident Obama wirbt indes weiter für die erneuerbaren Energien. So langsam muss man sich allerdings fragen, ob das nicht einfach nur erfolgreiches Green Washing seiner Energiepolitik ist: Zugleich genehmigt er Millionenkredite für den Bau neuer Atomkraftwerke, erlaubt das umstrittene Offshore-Drilling nach Öl vor der Küste – und verschiebt nun auch noch sein Klimaschutzgesetz, auf das die Welt doch wartet…

 

Chinas erstes CO2-fressendes Auto

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Das Zukunftsauto "Ye Zi" aus China. Copyright: SAIC/www.autohome.com.cn

Huch, wie geht denn das? Auf dem Expo-Pavillion „Take a drive to 2030“ in Shanghai will China in diesem Jahr eine Konzeptstudie für das erste CO2-fressende Auto präsentieren. Das Portal Autohome China stellte vergangene Woche das „Yi Zi“ der Shangai Automotive Industry Corporation vor. Hier die Pressemitteilung des Unternehmens, das von einer „einmaligen Ko-Existenz von Mensch und Natur“ schwärmt.

„Yi Zi“, was übersetzt so viel wie „Blatt“ bedeutet, ist eine auf den ersten Blick skuril anmutende Kombination von Reifen aus Windrädern, Solarzellen auf dem Dach und einer intergrierten Mini-Brennstoffzelle, die Kohlendioxid einsammeln soll und – fast wie in einer Mini-Biogasanlage – Methan und Energie produziert. Ausführlich vorgestellt haben das Auto die Kollegen des US-Magazins Wired und des Portals Treehugger. Mag irre klingen und nach Zukunftsmusik – aber vielleicht sollte man im Jahr 2030 noch einmal mit den Machern sprechen.

 

Offshore-Windgeschäft wird attraktiv

Hinter diesen kleinen Unternehmensmeldung verbirgt sich noch mehr: Den Münchner Siemens-Konzern, der sich seit jüngstem ja gerne mit seinem Umweltportfolio rühmt, zieht es auf die Insel: In Großbritannien will das Unternehmen  einen „hohen zweistelligen Millionenbetrag“ in eine eigene Fertigung für Offshore-Windanlagen investieren und 700 Arbeitsplätze aufbauen. Gestern unterschrieben dafür Siemens-Chef Peter Löscher und Großbritanniens Premier Gordon Brown eine Absichtserklärung. Siemens hofft vor allem von dem angekündigten Boom der Offshore-Windenergie vor Englands Küste zu profitieren. In den kommenden zehn Jahren will England Offshore-Windräder mit einer Kapazität von 32.000 Megawatt ins Meer stellen. Nur mal ein Vergleich: In Deutschland drehen sich zurzeit an Land Windräder mit einer möglichen Leistung von 25.700 Megawatt.

Und nun zur Geschichte: Hätten Sie gedacht, dass die weltweit führenden Offshore-Windanlagenproduzenten fast allesamt deutsche Unternehmen sind, mit Sitz an der Nordseeküste? Friesisches Know-How für die Welt, sozusagen. Da ist zum einen der Hersteller Bard aus Emden, der bald den ersten privat finanzierten Offshore-Park in die Nordsee setzen will. Dann gibt es Areva/Multibrid aus Bremerhaven und Repower aus Hamburg,  zwei Firmen, welche die Anlagen für den deutschen Pilotpark Alpha Ventus liefern. Und natürlich Siemens. Die anderen größeren Hersteller von seetüchtigen Windrädern steigen erst jetzt wieder in das Geschäftssegment ein: Weltmarktführer Vestas aus Dänemark und GE aus den USA.